Bearbeiter: RA Prof. Dieter Schmalz
► Verwaltungsgerichtliche Feststellungsklage, § 43 VwGO, Begriff und Zulässigkeit; Verhältnis zur Fortsetzungsfeststellungsklage, § 113 I 4 VwGO. ► Versammlung nach Art. 8 I GG, §§ 1 ff. VersG; Einordnung sog. gemischter Veranstaltungen
BVerwG Urteil vom 16. 5. 2007 (6 C 23.06) www.bundesverwaltungsgericht.de
Fall (Fuckparade)
Mit Schreiben vom 19. 3. an das zuständige Polizeipräsidium P meldete der spätere Kläger K die Veranstaltung „Fuckparade“ als öffentliche Versammlung an, die am 14. 7. in der im Lande L gelegenen Stadt S stattfinden sollte. Voraussichtlich 10.000 Teilnehmer würden mit Musik, Tanz und anderen Unterhaltungsformen entlang einer weniger befahrenen Straße zu einem Platz ziehen. Die Veranstaltung verstehe sich auch als Gegendemonstration zur „Loveparade“ und habe Protestcharakter. Protestiert werden solle gegen die Kommerzialisierung solcher Veranstaltungen und gegen die Schließung von Jugendklubs, in denen Techno-Musik gespielt wird, auch gegen das behördliche Verbot bestimmter Partys. Es solle deutlich gemacht werden, wie wichtig eine „Sub- und Clubkultur“ sei. Zum Ausdruck gebracht werde der Protest auf Spruchbändern, die an ca. 40 mitgeführten Lkws angebracht werden, ferner auf Handzetteln, durch Internetauftritt und in Pressemitteilungen. Mit Schreiben vom 15. 5. teilte das Polizeipräsidium mit, die Anmeldung könne nicht als Anmeldung im Sinne des Versammlungsgesetzes entgegengenommen werden, weil die Veranstaltung vom 14. 7. keine Versammlung sei, sondern überwiegend der Unterhaltung diene; eventuelle Elemente des Protestes hätten für die durchschnittlichen Teilnehmer keine Bedeutung. Das Schreiben enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach Widerspruch eingelegt werden könne (im Lande L ist das Widerspruchsverfahren gegen Verfügungen der Polizei nicht gemäß § 68 I 2 1. Satzteil VwGO eingeschränkt). K hat fristgemäß Widerspruch erhoben.
Wegen der Nichtanerkennung der Veranstaltung als Versammlung erklärte die Stadt S, nunmehr sei für die Veranstaltung eine Sondernutzungsgenehmigung erforderlich, die aber nicht erteilt werde. K sagte daraufhin die Veranstaltung ab. Anfang August beabsichtigt er, verwaltungsgerichtliche Klage zu erheben mit dem Ziel einer Feststellung, dass die für den 14. 7. geplante Veranstaltung eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes war. Hilfsweise beabsichtigt er zu beantragen, den Bescheid des P vom 15. 5. aufzuheben oder dessen Rechtswidrigkeit festzustellen, was er auch damit begründet, dass dieser Bescheid keine Ermächtigungsgrundlage habe. K bittet um eine Stellungnahme zu den Erfolgsaussichten.
A. Zulässigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Klage
I. Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs setzt nach § 40 I VwGO eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit voraus. Öffentlich-rechtlich ist die Streitigkeit, wenn die streitentscheidende Norm eine öffentlich-rechtliche Norm ist, wobei auf die Hauptfrage der Streitigkeit abzustellen ist. Sowohl beim Hauptantrag des K als auch bei den beiden Hilfsanträgen geht es um die Frage, ob die Veranstaltung eine Versammlung ist und deshalb als solche angemeldet werden durfte. Die Beantwortung dieser Frage richtet sich nach dem Versammlungsgesetz, einem öffentlich-rechtlichen Gesetz. Somit ist die Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur, der Verwaltungsrechtsweg ist zulässig.
II. Es ist die Klageart zu bestimmen, da von ihr die weitere Prüfung abhängt.
1. Der beabsichtigte Hauptantrag könnte ein Feststellungsantrag nach § 43 VwGO sein.
Voraussetzung dafür ist, dass der Antrag auf Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist (§ 43 I 1. Fall VwGO). Rechtsverhältnis ist jede durch Anwendung einer Rechtsnorm auf einen konkreten Sachverhalt begründete Rechtsfolge. Anwendbare Rechtsnorm im vorliegenden Fall ist § 1 I VersG. Danach hat jeder das Recht, eine öffentliche Versammlung durchzuführen; nach § 14 VersG braucht er diese nur anzumelden. Diese Vorschriften könnten auf die von K beabsichtigte Veranstaltung anzuwenden sein, so dass sie dem K das Recht zubilligen, seine Veranstaltung nach diesen Vorschriften durchzuführen. Daraus würde sich ein Rechtsverhältnis zwischen K und dem Träger der Polizeibehörde P ergeben. K behauptet das und behauptet folglich das Bestehen eines solchen Rechtsverhältnisses. Somit ist der Klageantrag des K auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet.
2. Auf die Hilfsanträge, ihre Zulässigkeit und Begründetheit braucht erst eingegangen zu werden, wenn der Hauptantrag unzulässig oder unbegründet ist. Nur für diesen Fall wird ein Hilfsantrag gestellt. An dieser Stelle ist deshalb die Klageart, die den Hilfsanträgen zu Grunde liegt, nicht zu behandeln.
III. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Feststellungsklage ergeben sich aus § 43 I, II VwGO.
1. Erste Voraussetzung ist ein berechtigtes Interesse des K an einer baldigen Feststellung (ein Feststellungsinteresse; § 43 I).
a) BVerwG Rdnr. 12: Die Voraussetzungen des berechtigten Interesses decken sich weitgehend mit denen des Fortsetzungsfeststellungsinteresses nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (…). Ein solches schützenswertes ideelles Interesse an der Feststellung eines erledigten Verwaltungsakts kann sich aus der Art des Eingriffs, insbesondere in grundrechtlich geschützte Bereiche, verbunden mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, ergeben (…). Der Eingriff in den Schutzbereich der von Art. 8 Abs. 1 GG verbürgten besonders bedeutsamen Versammlungsfreiheit stellt einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dar (…). Ist angesichts des Vorbringens der Beteiligten ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG nicht von vornherein ausgeschlossen, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen. Entsprechendes gilt für das Feststellungsinteresse im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Daran gemessen hat der Kläger ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.
b) Allerdings hat P das Vorliegen einer Versammlung und damit den Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 mit vertretbarer Begründung bestritten. Ob eine Versammlung vorliegt, ist die Hauptfrage der Begründetheit und nicht hier zu entscheiden. Es erscheint deshalb vorzugswürdig, das Feststellungsinteresse mit der Wiederholungsgefahr zu begründen: Es kann davon ausgegangen werden, dass K das Anliegen, eine Fuckparade durchzuführen, nicht aufgegeben hat und im nächsten Jahr einen neuen Antrag stellen will. Dann besteht allerdings die Gefahr, dass dieser Antrag wiederum mit der Begründung abgelehnt wird, es handele sich nicht um eine Versammlung. Da auch nach einem neuen Antrag und seiner Ablehnung die Zeit nicht ausreichen wird, um die Frage in einem Hauptsacheverfahren zu klären, hat K bereits jetzt ein Interesse an der begehrten Feststellung.
2. Nach § 43 II 1 VwGO ist die Feststellungsklage subsidiär gegenüber einer Gestaltungsklage, insbesondere der Anfechtungsklage, und gegenüber einer Leistungsklage (Verpflichtungsklage oder allgemeinen Leistungsklage). Damit verfolgt das Gesetz zwei Zwecke: Der Kläger soll angehalten werden, die rechtsschutzintensivste Form der Rechtsverfolgung zu wählen. Auch sollen die für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltenden besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen (u. a. Fristen für Widerspruch und/oder Klage) nicht umgangen werden.
a) Eine Verpflichtungsklage scheidet hier aus, insbesondere weil für Versammlungen keine Erlaubnis vorgesehen ist. In Betracht kommt eine Anfechtungsklage. Das Schreiben vom 15. 5. kann als belastender feststellender VA behandelt werden, gegenüber dem eine Anfechtungsklage grundsätzlich möglich war. Sie wäre aber erst nach der Entscheidung über den Widerspruch, die noch nicht erfolgt ist, oder nach drei Monaten (§ 75 VwGO) erhoben werden. Zwischenzeitlich hat sich der Bescheid vom 15. 5. aber erledigt. Er betraf nur die am 14. 7. geplante Versammlung und kann, nachdem dieser Zeitpunkt verstrichen ist, keine Rechtsfolge mehr haben. Er ist durch Zeitablauf erledigt (vgl. § 43 II VwVfG). Deshalb war auch eine Anfechtungsklage nicht zulässig. (Damit steht bereits fest, dass der 1. Hilfsantrag auf Aufhebung des Bescheids vom 15. 5. nicht zulässig ist.)
b) Zulässig war und ist aber eine (ursprüngliche) Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 I 4 VwGO gegen den Bescheid vom 15. 5. Insbesondere hat K eine Feststellungsinteresse, wie sich aus den Ausführungen oben III 1. ergibt. (Der dahingehende 2. Hilfsantrag wäre deshalb zulässig.) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist zwar weder eine Gestaltungs- noch eine Leistungsklage. Sie ist aber eine umgewandelte Anfechtungsklage und könnte deshalb die allgemeine Leistungsklage verdrängen. Dazu BVerwG Rdnr. 13:
aa) Nach der Rspr. des BVerwG bedarf § 43 Abs. 2 VwGO einer einschränkenden Auslegung (…). Die Bestimmung steht der Feststellungsklage nicht entgegen, wenn eine Umgehung der für Verpflichtungs- und Anfechtungsklagen geltenden Bestimmungen über Fristen und Vorverfahren nicht droht und die Feststellungsklage wirkungsvolleren Rechtsschutz bietet.
bb) Das ist hier der Fall. Der Bescheid vom 15. 5. ist vom Kläger vor seiner Erledigung fristgerecht mit dem Widerspruch angegriffen worden, und die Klage auf Feststellung der Versammlungseigenschaft erweist sich im Vergleich zu dem hilfsweise gestellten Fortsetzungsfeststellungsantrag als effektiver. Zwar käme die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 15. 5. wegen unzutreffender Verneinung der Versammlungseigenschaft in der Sache einer positiven Feststellung der Versammlungseigenschaft nahe. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist aber mit der Unsicherheit behaftet, ob die…[Frage der] Versammlungseigenschaft überhaupt entscheidungserheblich ist. Es ist jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Bescheid vom 15. 5. bereits wegen fehlender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig ist…, so dass es auf die den Kläger in erster Linie interessierende Frage der Versammlungseigenschaft nicht ankommen würde. Hinzu kommt, dass es der Gewährung effektiven Rechtsschutzes eher entspricht, die erstrebte Feststellung des Bestehens der Versammlungseigenschaft in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen, als sie in den Gründen eines Feststellungsurteils „zu verstecken“.
Somit steht die Subsidiaritätsklausel des § 43 II VwGO der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen.
IV. Weitere Bedenken gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen nicht. Eine verwaltungsgerichtliche Klage mit dem Antrag festzustellen, dass die für den 14. 7. geplante Veranstaltung eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes war, wäre deshalb zulässig.
B. Begründet ist die Feststellungsklage, wenn die Veranstaltung, die K zum 14. 7. geplant hatte, eine öffentliche Versammlung i. S. des Versammlungsgesetzes, insbesondere dessen § 1 ist. Da die Öffentlichkeit der Veranstaltung vom 14. 7. nicht zweifelhaft ist, kommt es allein darauf an, wie der Versammlungsbegriff zu verstehen ist und ob dessen Voraussetzungen hier vorliegen.
I. Vom Gesetz wird der Begriff der Versammlung nicht näher erläutert. Verwendet wird er sowohl im Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) als auch durchgängig im Versammlungsgesetz.
1. BVerwG Rdnr. 15: Der Versammlungsbegriff des Versammlungsgesetzes entspricht demjenigen des Grundgesetzes (vgl. BVerwGE 82, 34, 38; Laubinger/Repkewitz VerwArch 2001, 585, 613). Die Gleichsetzung beider Versammlungsbegriffe erweist sich als verfassungsgemäß (vgl. BVerfG Kammerbeschluss vom 12. Juli 2001 NJW 2001, 2459, 2460).
2. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit will das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Menschen zum Zwecke der gemeinsamen Meinungsbildung und Meinungsäußerung (kollektive Aussage) schützen (vgl. BVerwGE 56, 63, 69…)… Das Grundrecht schützt die Freiheit der Versammlung als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung. Der besondere Schutz der Versammlungsfreiheit beruht auf ihrer Bedeutung für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung in der freiheitlich-demokratischen Ordnung des Grundgesetzes.
3. Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG und damit auch des Versammlungsgesetzes sind demnach örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftlicher, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfGE 104, 92, 104; 69, 315, 342 f.; NVwZ-RR 2001, 442, 443…).…Die Erörterung und Kundgebung muss in Angelegenheiten erfolgen, die zur öffentlichen Meinungsbildung bestimmt und geeignet sind (vgl. Hoffmann-Riem, in: Alternativ-Kommentar zum GG, 3. Aufl., Art. 8 Rdnr. 15). Der Schutz der Versammlungsfreiheit umfasst nicht nur das gewählte Thema der Veranstaltung, sondern auch die Entscheidung, welche Maßnahmen der Veranstalter zur Erregung der öffentlichen Aufmerksamkeit für sein Anliegen einsetzen will (…). Die vom Versammlungsrecht geschützten Veranstaltungen sind nicht auf Zusammenkünfte traditioneller Art beschränkt, sondern umfassen vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens.
4. Volksfeste und Vergnügungsveranstaltungen fallen allerdings nicht unter den Versammlungsbegriff, ebenso wenig wie Veranstaltungen, die der bloßen Zurschaustellung eines Lebensgefühls dienen oder die als eine auf Unterhaltung ausgerichtete Massenparty gedacht sind, einerlei, ob der dort vorherrschende Musiktyp ein Lebensgefühl von so genannten Subkulturen ausdrückt oder dem Massengeschmack entspricht (…). So hat BVerfG NJW 2001, 2459/60 es gebilligt, dass die „Loveparade“ nicht als Versammlung angesehen wurde. Es hat dies auch für die „Fuckparade“ ausgesprochen, wobei aber nicht deutlich wurde, ob das Gericht von demselben Sachverhalt ausgegangen ist, der dem vorliegenden Fall zu Grunde liegt. Die frühere Entscheidung war somit für das BVerwG nicht bindend.
II. Die von K geplante Veranstaltung ist nach den unter I. entwickelten Kriterien zu beurteilen.
1. Es sollen Musik-, Tanz- und andere Formen der Unterhaltung stattfinden. Aus diesen ergibt sich aber noch kein Versammlungscharakter, sie stehen der Annahme einer Versammlung eher entgegen (oben I 4).
2. Außerdem soll gegen bestimmte Vorgänge protestiert und die Bedeutung anderer Aktivitäten hervor gehoben werden. Eine Musik- und Tanzveranstaltung wird zwar noch nicht dadurch zu einer Versammlung, dass bei ihrer Gelegenheit auch Meinungskundgaben erfolgen (BVerwG Rdnr. 15 a. E.). Die hier geplanten Äußerungen und Bekundungen gehen aber darüber hinaus. Sie sind vielfältigerer Natur und werden auch zu einem gewissen Gesamtkonzept zusammen geführt. Sie lassen sich deshalb als Elemente einer Versammlung verstehen.
3. Es ergibt sich somit, dass es sich um eine gemischte Veranstaltung handelt. Wie diese zu behandeln ist, führt das BVerwG bei Rdnr. 16 aus, wobei es zu folgendem Ergebnis kommt:
(1) |
Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob diese „gemischte“ Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. |
(2) |
Bleiben insoweit Zweifel, so bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln ist. |
a) BVerwG Rdnr. 25: Ein Vergleich zwischen den einzelnen Elementen rechtfertigt nicht die Annahme, die auf Musik, Tanz und Unterhaltung gerichteten Elemente hätten aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters im Vordergrund gestanden. Angesichts des Gewichts der dem Meinungsbildungsbereich zuzuordnenden Elemente ist vielmehr nicht auszuschließen, dass die Veranstaltung, hätte sie stattgefunden, ihrem Gesamtgepräge nach als auf die Teilhabe an der Meinungsbildung gerichtet angesehen worden wäre. Es ist möglich, dass insbesondere die Forderung nach dem Erhalt der angestammten Spielstätten bestimmter Techno-Musik und die Kritik an der Kommerzialisierung dieser Musik im Rahmen der „Loveparade“ als die Veranstaltung prägend wahrgenommen worden wären und die Musik- Tanz- und Unterhaltungsanteile als Mittel zum Zweck angesehen worden wären, den inhaltlichen Forderungen Gehör zu verschaffen. In diesem Zusammenhang ist auch in Rechnung zu stellen, dass die Musik, die bei der Veranstaltung gespielt worden wäre, wesentlicher Bezugspunkt der aufgestellten Forderungen war, was einem Außenstehenden nicht verborgen geblieben wäre.
b) Wie die Formulierungen des BVerwG, es sei „nicht auszuschließen“, „Es ist möglich“ zeigen, hat sich das Gericht nicht davon überzeugen können, dass die meinungsbildenden Elemente überwiegen und der Veranstaltung im Sinne der obigen These (1) das Gesamtgepräge geben. Es hat deshalb nach These (2) entschieden und ist unter Rdnr. 25 zu dem Ergebnis gelangt: Da sich nach alledem das Gesamtgepräge der „Fuckparade“ nicht zweifelsfrei feststellen ließ, war es von Verfassungs wegen geboten, sie als Versammlung zu behandeln. Es hat demgemäß der Klage stattgegeben und im Urteilstenor festgestellt, dass die vom Kläger angemeldete „Fuckparade“ wie eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes zu behandeln war.
C. Da der Hauptantrag Erfolg hat, sind die Hilfsanträge nicht mehr zu behandeln.
Zusammenfassung