Presserechtlicher Auskunftsanspruch, § 4 PresseG: Behörde, Auskunft, Rechtsfolge. Informationsfreiheit, Art. 5 I 1 GG. Pressefreiheit, Art. 5 I 2 GG. Recht auf Benutzung einer kommunalen Einrichtung, § 8 GO NRW

OVG Münster
Urteil vom 13. 3. 2013, AZ. 5 A 1293/11

Fall (Presse und Oper)

Die Stadt S betreibt ein Drei-Sparten-Theater als eigenbetriebsähnliche Einrichtung ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Das Theater ermöglicht seine Nutzung durch Abschluss privatrechtlicher Verträge. Hierzu gelten allgemeine Geschäftsbedingungen. Darin ist bestimmt, dass das Fotografieren sowie Anfertigen von Bild- und/oder Tonaufzeichnungen während der Aufführung aus urheberrechtlichen Gründen und mit Rücksicht auf die mitwirkenden Künstler und die Besucher untersagt ist. Foto- und Stellproben für die Presse werden nicht angeboten. Die Opernleitung lässt jedoch bei Proben und Aufführungen durch einen von ihr beauftragten Fotografen Aufnahmen anfertigen, die für Presseveröffentlichungen freigegeben werden. Sofern Persönlichkeitsrechte der Mitwirkenden verletzt sein können, erfolgt die Veröffentlichung nur mit ihrer Einwilligung.

Die V-GmbH ist Verlegerin der örtlichen Tageszeitung. Die Redaktion beschäftigt einen Fotojournalisten, der auch über Theateraufführungen berichtet. Im Vorfeld der Premiere von „Samson und Dalila" wurde bekannt, dass sich Sänger, auch Hauptdarsteller, krank gemeldet hätten, weil ihnen die Inszenierung zu grausam sei. Dargestellt würden eine Schlacht mit Maschinengewehren und eine Massenvergewaltigung. Der Regisseur wurde dahingehend zitiert, es sollten antike Feiern gezeigt werden, die durch Alkohol- und Blutrausch in Gemetzel ausarteten. V wollte über die Premiere einen Bericht mit Bildern veröffentlichen und bat die Opernleitung darum, das Anfertigen eigener Fotos bei der Generalprobe oder der Premiere zu gestatten. Die Pressestelle der Oper lehnte dies mit der Begründung ab, den Statisten sei vertraglich zugesichert worden, nicht fotografiert zu werden. Sie verwies darauf, die Medien könnten von einem Dramaturgen ausgewählte Bilder zum Preis von jeweils 60 Euro erwerben.

Nachdem ein Eilantrag beim Verwaltungsgericht keinen Erfolg hatte, beabsichtigt V eine grundsätzliche gerichtliche Klärung der Frage, ob ihr ein Zugang zu Opernpremieren zum Zwecke der Anfertigung von Fotos gestattet werden muss. Sie bittet um eine gutachtliche Stellungnahme, ob ein solches Vorgehen Aussicht auf Erfolg hat. Dabei sollten sowohl spezielle presserechtliche und grundrechtliche Rechtspositionen als auch Rechte auf Theaterbenutzung als Einwohner der Stadt herangezogen werden. Nach Ansicht der V gebiete die Pressefreiheit, eigene Bilder anfertigen zu können und sich keiner Zensur durch die Oper unterwerfen zu müssen. Ihr Fotograf verwende eine lautlose Kamera ohne Blitzlicht, so dass die Aufführungen nicht gestört würden. Bei der Veröffentlichung werde sie Intimbereiche der Hauptdarsteller und die Gesichter der Statisten verpixeln.

A. Es ist die Zulässigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Klage zu prüfen.

I. Der Verwaltungsrechtsweg hat nach § 40 I VwGO eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit zur Voraussetzung.

1. Als Anspruchsgrundlage für die Zulassung eines Mitarbeiters der V zur Anfertigung von Premierenfotos kommt der presserechtliche Auskunftsanspruch aus § 4 (Landes-)PresseG in Betracht. Dieser verpflichtet „Behörden“, folglich Hoheitsträger und ist deshalb eine öffentlich-rechtliche Vorschrift, die zu einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit führt.

2. Soweit weiterhin Grundrechte aus Art. 5 I 1 und 2 GG heranzuziehen sind, sind diese ebenfalls öffentlich-rechtliche Vorschriften. Eine verfassungsrechtliche Streitigkeit ergibt sich daraus nicht, weil Klägerin ein privater Rechtsträger ist und kein am Verfassungsleben beteiligtes Organn.

2. Weitere Anspruchsgrundlagen können ohne Rücksicht auf ihren Rechtscharakter mit geprüft werden. Denn nach § 17 II 1 GVG entscheidet d as Gericht des zulässigen Rechtsweges den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten.

Der Verwaltungsrechtsweg ist gegeben.

II. Es ist die richtige Klageart zu bestimmen.

1. Die von V begehrte allgemeine Zulassung von Fotoaufnahmen durch die städtische Oper betrifft nicht einen Einzelfall, so dass eine Verpflichtungsklage nach § 42 I VwGO mangels eines einen Einzelfall regelnden Verwaltungsakts nicht vorliegt. Die von V begehrte grundsätzliche Klärung ihrer Rechtsstellung bei künftigen Opernaufführungen kann weder durch eine Einzelfallentscheidung mittels VA noch in Form einer Entscheidung über die Zulassung als schlichte Leistung im Einzelfall erfolgen.

2. Für die grundsätzliche Klärung könnte eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO die richtige Klageart sein.

a) V könnte das Bestehen eines Rechtsverhältnisses begehren. OVG [34]: Nach st. Rspr. des BVerwG sind unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d. h. es muss „in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits übersehbaren Sachverhalt streitig" sein.

[36]: Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Kl. begehrt die Feststellung, dass die Bekl. einem Fotojournalisten die Anfertigung von Fotoaufnahmen anlässlich der in der Oper stattfindenden Premierenaufführungen…gestatten muss. Sie ist der Auffassung, § 4 PresseG NRW und Art. 5 Abs. 1 GG sowie Art. 10 Abs. 1 EMRK gewährten ihr einen entsprechend weitreichenden Anspruch unabhängig vom Inhalt der jeweiligen Aufführung. Der hiergegen erhobene Einwand der Bekl., das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs könne nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten jeder einzelnen Aufführung beurteilt werden, betrifft lediglich den inhaltlichen Kern der zwischen den Beteiligten bestehenden Meinungsverschiedenheit. In Anwendung der geltend gemachten Anspruchsgrundlagen und der daraus abgeleiteten weitreichenden Informationszugangsrechte ist der streitentscheidende Sachverhalt durch die Einschränkung auf die Premierenaufführungen der Oper in S hinreichend übersehbar.

b) Dass der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage (§ 43 II VwGO) nicht entgegen steht, folgt aus den Ausführungen oben 1.

c) Nach OVG [38] besteht auch das erforderliche Feststellungsinteresse. Die Kl. kann sich auf eine Wiederholungsgefahr berufen, weil sie geltend gemacht hat, bei künftigen Premierenaufführungen für ihre…Pressearbeit eigene Bilder anfertigen zu wollen. Die Bekl. hat durch ihr Vorbringen hinreichend deutlich gemacht, dass sie dies auch künftig nicht gestatten werde. Sie hat nicht erkennen lassen, von ihrer bisherigen Praxis abrücken zu wollen. Danach lässt sie selbst Bilder zur Veröffentlichung erstellen, um sich in jedem Einzelfall die Prüfung möglicher entgegenstehender Belange vorbehalten zu können.

Folglich ist die Feststellungsklage die statthafte Klageart, und es liegen auch die sich aus § 43 VwGO ergebenden Zulässigkeitsvoraussetzungen vor.

III. Falls mit BVerwGE 100, 262, 271 eine analoge Anwendung des § 42 II VwGO für richtig gehalten wird, ergibt sich die Klagebefugnis der V aus den zur Stützung ihrer Rechtsauffassung herangezogenen subjektiven Rechten aus § 4 PresseG und Art. 5 I 2 GG, deren Verletzung durch S sie geltend macht.

IV. Weitere Zulässigkeitsbedenken gegenüber der - gegen die Stadt S zu richtenden (§ 61 Nr. 1 VwGO) - Klage bestehen nicht. Somit wäre eine Feststellungsklage zulässig.

B. Die Feststellungsklage ist begründet, wenn S der V die Anfertigung von Fotoaufnahmen durch einen Fotojournalisten anlässlich der in der Oper stattfindenden Premierenaufführungen gestatten muss.

I. Ein dahingehender Anspruch der V könnte sich aus dem presserechtlichen Auskunftsanspruch des § 4 PresseG ergeben. OVG [43]: Diese Vorschrift verpflichtet die Behörden, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Bei der Auslegung des presserechtlichen Behördenbegriffs ist die objektiv-rechtliche Wertentscheidung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu berücksichtigen. Danach ist der Staat verpflichtet, in seiner Rechtsordnung überall, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung zu tragen (…).

1. Anspruchsgegner muss eine Behörde sein (wobei unter das Landes-PresseG nur Landes-, nicht Bundesbehörden fallen, BVerwG vom 20. 2. 2013, AZ. 6 A 2/12).

a) Allerdings ist die ein Theater betreibende Stadt in dieser Eigenschaft weder eine Behörde im organisationsrechtlichen Sinn noch i. S. des § 1 VwVfG. Sie nimmt keine Verwaltungsaufgaben in öffentlich-rechtlichen Formen vor, sondern erfüllt kulturelle Aufgaben unter Verwendung privatrechtlicher Verträge (sowohl gegenüber den Künstlern als auch gegenüber den Theaterbesuchern).

b) OVG [45]: Jedoch ist der Behördenbegriff des Presserechts nicht organisationsrechtlich, sondern funktionell-teleologisch zu verstehen. Er erfasst die Erfüllung öffentlicher Aufgaben unabhängig davon, ob diese in privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Organisationsform wahrgenommen werden. Dazu zählt auch der hier betroffene Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge, in dem die Nutzungsbedingungen privatrechtlich ausgestaltet sind (vgl. BGH NJW 2005, 1720). Auch für das IFG und das UIG gilt ein funktioneller Behördenbegriff, Ruttloff NVwZ 2013, 702.

Folglich ist die Leitung der Oper Behörde i. S. des § 4 PresseG.

2. V müsste eine Auskunft begehren.

a) OVG [47 - 49]: Seinem Gegenstand nach bezieht sich der einfach-gesetzlich eingeräumte presserechtliche Auskunftsanspruch auf die Mitteilung konkreter Tatsachen, die sich im amtlichen Raum manifestiert haben, bezogen auf einen bestimmten Sachverhalt (vgl. OVG NRW NJW 1995, 2741.; VGH Bad.-Württ. NVwZ 2011, 958; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, 5. Aufl. 2006, § 4 Rn. 77 f.). V begehrt aber nicht die Mitteilung konkreter Tatsachen, sondern verlangt die Erlaubnis für Fotoaufnahmen. Danach würde § 4 PresseG der V keinen Anspruch gewähren.

b) Diese Konsequenz zieht das OVG nicht, sondern stellt fest, dass nach § 4 PresseG eine bestimmte Form der Auskunftserteilung nicht verlangt werden kann. Vielmehr steht die Art und Weise der Auskunftserteilung im Ermessen der Behörde (Hinweis auf Rspr. und Lit.). Ferner führt es bei [53 - 55] aus, die bekl. Stadt sei als Trägerin der Oper grundsätzlich zur Auskunftserteilung verpflichtet. Als solche nimmt sie im Interesse des kulturellen Wohls der Gemeindeeinwohner eine kommunale Aufgabe der Daseinsvorsorge wahr… Auf entsprechende Anfrage hat die Bekl. der Presse auch über Premieren der aufgeführten Operninszenierungen Auskunft zu erteilen. Im Fall der Kl. muss die Art der Auskunft ihrem presserechtlich geschützten Wunsch Rechnung tragen, über die entsprechenden Aufführungen einen Bildbericht erstellen zu wollen. Folglich geht das OVG von einem auch auf die Bildberichterstattung gerichteten Anspruch aus, der mit einer erweiternden, auf Art. 5 I 2 GG gestützten verfassungskonformen Auslegung des § 4 PresseG begründet werden kann (dazu auch bereits oben I.). Somit begehrt V eine Auskunft i. S. des erweiternd ausgelegten § 4 PresseG.

3. Auf Rechtsfolgeseite besteht hinsichtlich des Ob einer Auskunft eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung. Hinsichtlich des Wie der Auskunft hat die Behörde Ermessen (oben 2b).

a) Dazu führt OVG [55 - 60] aus, dass es verschiedene Maßnahmen gibt, die ermessensfehlerfrei sind: Eine Auskunft zum Zwecke der Ermöglichung einer Bildberichterstattung kann beispielsweise dadurch geschehen, dass Aufnahmen - gegebenenfalls im Rahmen einer presseöffentlichen Fotoprobe - gestattet werden. Hierzu ist die Bekl. allerdings nicht verpflichtet. Vielmehr kann sie dieses Begehren unter Hinweis auf das generelle Fotografierverbot bei - ihrem Hausrecht unterliegenden - nur saalöffentlichen Aufführungen ermessensfehlerfrei ablehnen und die Kl. auf eine andere Art der Auskunftserteilung verweisen… Eine der Pressefreiheit ebenso Rechnung tragende Information kann alternativ dadurch erfolgen, dass wesentliche Fakten zur Inszenierung mitgeteilt werden und ergänzend eine Auswahl an Bildaufnahmen aus der Probenarbeit angeboten wird. Sofern sich ein Journalist darüber hinaus einen eigenen unverkürzten authentischen Eindruck von der Aufführung verschaffen möchte, steht es ihm frei, sie als Zuschauer zu besuchen und unter diesem Eindruck seinen Bericht zu erstellen.

b) Gemessen daran ist es nicht erforderlich, während der Aufführung fotografieren zu dürfen. Vielmehr kann es je nach Umfang der angebotenen Aufnahmen genügen, wenn der Journalist unter Bildern verschiedener Szenen jene auswählen kann, die seinem Berichterstattungsinteresse sowie seinem Eindruck von der Aufführung am ehesten entsprechen. Das von den Klägern befürchtete Entstehen eines „schiefen Bildes" kann durch eine…repräsentative Auswahl an Bildaufnahmen und die in einem Opernbesuch liegende Informationsvermittlung verhindert werden. Die Pressefreiheit verlangt nur, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht.(Vgl. BVerfGE 101, 361, 389, 392; BGHZ 171, 275, 282.)… Dass die Behörde aus nicht uneingeschränkt allgemein zugänglichen Informationen die wesentlichen Fakten und sonstigen Umstände auszuwählen hat, die für eine vollständige und wahrheitsgemäße Beantwortung von Presseanfragen erforderlich sind, ist dem presserechtlichen Auskunftsanspruch immanent. Darin liegt weder eine unzulässige behördliche Zensur noch eine unvollständige Auskunftserteilung. Eine Ermessensreduzierung dahingehend, Fotojournalisten einen Informationszugang gerade in der Form zu gewähren, bei Opernpremieren oder Fotoproben eigene Aufnahmen zu gestatten, lässt sich dem presserechtlichen Auskunftsanspruch auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Pressefreiheit nicht entnehmen.… Die nicht gänzlich auszuschließende Gefahr, dass eine von der Oper zur Verfügung gestellte Bildauswahl hinsichtlich einzelner Schlüsselszenen unvollständig sein könnte und weitere Bilder für eine aktuelle Premierenberichterstattung nicht rechtzeitig beschafft werden könnten, wird dabei von § 4 Abs. 1 PresseG NRW als verfassungsrechtlich unbedenklich in Kauf genommen.

4. Da der Antrag der V auf Feststellung einer Gestattungspflicht gerichtet ist (oben II 2a), diese Verpflichtung sich aber aus § 4 PresseG nicht ergibt (vorstehend 3b), kann aus § 4 PressseG die Begründetheit der Klage nicht hergeleitet werden.

II. Auf das in § 5 Rundfunkstaatsvertrag geregelte Recht auf eine Kurzberichterstattung lässt sich der Anspruch der V nicht stützen, weil dieses Recht nur Fernsehveranstaltern zusteht. Nach OVG [60] handelt es sich um ein Zutrittsrecht für die Fernsehkurzberichterstattung über öffentlich zugängliche Veranstaltungen. Eine analoge Anwendung auf die allgemeine Presse und insbesondere auf die Printmedien kommt nicht in Betracht.

III. Der Anspruch der V könnte sich aus einem Recht auf freie Information herleiten.

1. Das Grundrecht der Informationsfreiheit (Art. 5 I 1 letzter Satzteil GG) bezieht sich nur auf die Information aus allgemein zugänglichen Quellen. Eine Opernaufführung, die nur aufgrund einer Eintrittskarte besucht werden darf und deren Darbietungen nur für die Saalöffentlichkeit bestimmt sind, ist keine allgemein zugängliche Quelle (dazu auch noch das OVG im Zusammenhang mit der Pressefreiheit unten IV 1b). Art. 5 I 1 letzter Satzteil rechtfertigt den Anspruch der V nicht.

2. Art. 10 I 2 EMRK gewährleistet die Freiheit, Informationen zu empfangen und weiter zu geben, und untersagt dem Staat Eingriffe in diese Freiheit. OVG [84 - 89]: Jedoch vermittelt Art. 10 Abs. 1 Satz 2 EMRK der Kl. keinen Anspruch auf den gewünschten Informationszugang. Diese Vorschrift untersagt einem Konventionsstaat, eine Person am Empfang von Informationen Dritter zu hindern. Sie kann jedoch grundsätzlich nicht so verstanden werden, dass sie dem Staat die Pflicht auferlegt, Informationen zu geben. (Vgl. EGMR NJW 2013, 521, 522…) Ausnahmsweise kann etwas anderes gelten, wenn der Staat in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse über ein Informationsmonopol verfügt oder eine Informationsquelle aus anderen rechtlichen Gründen zur öffentlichen Zugänglichkeit bestimmt ist. Selbst dann verbietet Art. 10 EMRK lediglich eine willkürliche zensurähnliche Verhinderung des Informationszugangs, die eine angemessene Presseberichterstattung unmöglich macht (…). Das ist angesichts der freien Zugänglichkeit von Opernpremieren und ergänzend verfügbarer Informationen sowie angebotener Bildaufnahmen erkennbar nicht schon dann der Fall, wenn Journalisten eigene Fotoaufnahmen verwehrt werden.

IV. Ein Recht der V könnte sich aus dem Grundrecht auf Gewährleistung der Pressefreiheit (Art. 5 I 2 GG) ergeben. Als Verlag ist V Inhaberin dieses Grundrechts.

1. Das von V erstrebte Ziel, Fotos von den Opernpremieren zu erhalten, müsste unter den Schutzbereich der Pressefreiheit fallen.

a) OVG [70 - 77]: Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG schützt die Pressefreiheit. Dazu gehört der Schutz der Berichterstattung von der medienspezifischen Form der Beschaffung von Informationen bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung. Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zur Information versetzt die Medien in die Lage, die ihnen in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wahrzunehmen.

b) Jedoch nimmt das OVG eine eingriffsbezogene Begrenzung des Schutzbereichs vor, indem es den Schutzbereich daraufhin prüft, ob er gerade die Belastung abwehren will, gegen die sich V zur Wehr setzt. Dabei verknüpft es das Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 I 2) mit dem Grundrecht der Informationsfreiheit (Art. 5 I 1 letzter Satzteil) und kommt zum Ergebnis, dass die Pressefreiheit nicht weitergehend schützt als die Informationsfreiheit.

aa) Zum Schutzbereich der Pressefreiheit gehört…ebenso wenig wie zu dem der Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG ein Recht auf Eröffnung einer Informationsquelle. Soweit die Medien an der Zugänglichkeit einer für jedermann geöffneten Informationsquelle teilhaben, wird der Zugang für diese nicht grundsätzlich anders als für die Bürger allgemein durch die Informationsfreiheit geschützt.

bb) Allerdings besteht ein gegen den Staat gerichtetes Recht auf Zugang…in Fällen, in denen eine im staatlichen Verantwortungsbereich liegende Informationsquelle auf Grund rechtlicher Vorgaben zur öffentlichen Zugänglichkeit bestimmt ist, der Staat den Zugang aber nicht in hinreichender Weise eröffnet. (Vgl. BVerfG NJW-RR 2008, 1069 Rn. 11, unter Bezugnahme auf BVerfGE 103, 44, 59 ff.… ) Opernaufführungen sind nicht auf Grund vergleichbarer zwingender rechtlicher Vorgaben zur öffentlichen Zugänglichkeit in dem Sinne bestimmt, dass währenddessen Fotoaufnahmen gestattet werden müssten… Dementsprechend kann der Veranstalter die allgemeine Zugänglichkeit zulässigerweise einschränken, ohne die Bestimmung der Informationsquelle zu beeinträchtigen oder zu begrenzen… Sofern dies erfolgt, ist der grundrechtliche Schutzbereich der Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht betroffen. Dies hat das BVerfG bereits für Gerichtsverhandlungen angenommen… Ein weitergehendes Informationszugangsrecht für Journalisten lässt sich auch der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht entnehmen.

c) Somit fallen die Opernaufführungen nicht unter den Schutzbereich des Art. 5 I 2 GG. Die Versagung von Fotoaufnahmen kann Art. 5 I 2 nicht verletzen.

2. Selbst wenn der Schutzbereich bejaht würde, läge eine Verletzung des Art. 5 I 2 nicht vor.

a) Denn dann müsste ein Eingriff verneint werden. Soweit Art. 5 I 2 als Freiheitsrecht auf die Abwehr von Eingriffen gerichtet ist, greift er dann nicht ein, wenn keine das Handeln beschränkende Maßnahme, sondern lediglich die Vorenthaltung einer Leistung vorliegt. Die Leitung der Oper verwehrt V nicht ein Handeln, das er normalerweise frei vornehmen kann, sondern gibt seinem Begehren auf Zulassung von Fotoaufnahmen anlässlich der Opernpremiere nicht statt. Darin liegt kein Eingriff in die Pressefreiheit, sondern die Vorenthaltung einer Leistung.

b) Allerdings kann sich aus einem Freiheitsrecht ausnahmsweise ein Anspruch auf eine Leistung ergeben. Voraussetzung ist, dass die begehrte und der Behörde mögliche Leistung zum Schutz des grundrechtlich geschützten Freiheitsraums unerlässlich ist (BVerwGE 61, 15, 19). Das ist aber zu verneinen, wie sich aus den Überlegungen I. 3. ergibt. Die dort dargelegte Verpflichtung zu einer ermessensfehlerfreien Entscheidung über den Auskunftsanspruch gewährleistet, dass V genügend Material für einen auch ausreichend bebilderten Bericht über die Opernpremieren zur Verfügung hat. Dass das Grundrecht der Pressefreiheit keine Auskunftsansprüche gewährt, wurde auch in anderen Fällen entschieden (BVerwGE 70, 310; 85, 283/4).

Somit ergibt sich aus Art. 5 I 2 GG kein Anspruch der V auf Zulassung zur Anfertigung eigener Fotos von den Opernpremieren.

V. Nach § 8 II GO NRW haben alle Einwohner der Gemeinde das Recht auf Benutzung einer öffentlichen Einrichtung der Gemeinde. Dieses Recht steht auch der in der Gemeinde ansässigen V-GmbH zu (§ 8 IV GO).

1. Das städtische Theater ist eine öffentliche Einrichtung der Stadt S. Alle Einwohner dürfen es deshalb so benutzen, dass sie Eintrittskarten erwerben und die Aufführungen besuchen.

2. V verlangt darüber hinaus, während der Aufführungen Fotoaufnahmen machen zu dürfen. § 8 II gewährt den Benutzungsanspruch nur im Rahmen der Gesetze. Wird die Benutzung privatrechtlich gewährt, sind auch rechtswirksame AGB gesetzliche Bestimmungen, die die Benutzung beschränken können. Sie dürfen aber V nicht unangemessen benachteiligen (§ 307 I BGB). Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Fotojournalist der V dabei Pressetätigkeit ausübt. Mit dieser Anforderung sind die AGB aber vereinbar. OVG [81]: Das generelle Fotografierverbot in der Oper ist sachlich gerechtfertigt und wird der Bedeutung der Pressefreiheit gerecht. Derartige Verbote sind bei Bühnenaufführungen allgemein üblich, um erhebliche Störungen und Urheberrechtsverletzungen zu verhindern sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Darsteller zu schützen. Die freie Presseberichterstattung wird hierdurch nicht nennenswert beeinträchtigt… Das Fotografierverbot ist nicht deshalb zu beanstanden, weil die Kl. geltend macht, sie könnte störungsfrei fotografieren und Verletzungen von Rechten Dritter ausschließen. Dieser Umstand stellt die Berechtigung des Fotografierverbots nicht durchgreifend in Frage, weil ein entsprechendes Verhalten nicht allgemein als selbstverständlich vorausgesetzt werden kann.

Somit rechtfertigt auch § 8 II GO nicht den von V geltend gemachten Anspruch. V steht ein Anspruch auf Zulassung von Fotoaufnahmen bei Opernpremieren nicht zu. Die von V beantrage Feststellung kann nicht erfolgen. Die Feststellungsklage wäre unbegründet.


Zusammenfassung