Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann
► Hausrecht eines Hotelbetreibers, §§ 858 ff., 903, 1004 BGB. ► Hausverbot gegenüber einem gegenwärtigen und möglichen späteren Hotelgast wegen dessen parteipolitischer Funktion. ► Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, §§ 2, 19 AGG. ► Anwendbarkeit von Grundrechten im Privatrecht. ► Zivilprozessuale Behandlung einer Klage, deren Leistungsantrag sich erledigt hat; Feststellungsklage (§ 256 ZPO)
BGH Urteil vom 9. 3. 2012 (V ZR 115/11) NJW 2012, 1725
Fall (Hausverbot für NPD-Vorsitzenden)
K, der spätere Kläger, war Bundesvorsitzender der NPD. Er hatte bereits mehrfach einen Urlaub über mehrere Tage im Wellnesshotel der B-GmbH verbracht. Hierbei hatte er sich nicht politisch geäußert; Störungen hatte es keine gegeben. Am 6. Oktober. buchte die Ehefrau E des K über ein Touristikunternehmen für sich und ihren Ehemann ein Doppelzimmer im Hotel der B für die Zeit vom 6. bis 10. Dezember. B und T bestätigten die Buchung. Am 19. November teilte das Touristikunternehmen der E mit, B habe erklärt, der Aufenthalt von K und E in ihrem Hotel sei nicht möglich. Als E sich damit nicht einverstanden erklärte und dies B mitteilte, erteilte B dem K mit Schreiben vom 23. November ein Hausverbot. Dieses begründete sie am 8. Dezember damit, dass die politische Überzeugung des K als des Bundesvorsitzenden der extremistischen NPD nicht mit dem Ziel des Hotels zu vereinbaren sei, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten. K und E sahen daraufhin von der Reise ins Hotel der B ab.
Am 20. Dezember erhob K Klage vor dem zuständigen Landgericht auf Widerruf des Hausverbots. Er versicherte, er habe sich auch diesmal politisch nicht äußern wollen. B habe durch das Stornieren der Buchung gegen ihre Vertragspflichten verstoßen, außerdem ihn durch das Hausverbot diskriminiert und in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Wie ist über die Klage zu entscheiden ?
A. Die Klage müsste zulässig sein.
I. Der Zivilrechtsweg ist nach § 13 GVG gegeben, wenn eine privatrechtliche Streitigkeit vorliegt.
1. Die Rechtsbeziehungen zwischen K und der B-GmbH können sich zunächst aus dem geschlossenen Hotelvertrag (Beherbungsvertrag) ergeben. Dieser ist ein gemischter Vertrag mit Elementen der Miete, des Kauf- und Dienstvertrags und ist jedenfalls ein privatrechtlicher Vertrag. Das Hausverbot, gegen das K sich wendet, kann auf Eigentum und Besitz gestützt werden, so dass es ebenfalls privatrechtlichen Charakter hat.
2. Soweit K sich auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) berufen kann, ist dieses ebenfalls privatrechtlicher Natur. Nach § 2 I Nr. 8 ist es anwendbar auf den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Solche Güter und Dienstleistungen werden grundsätzlich in privatrechtlichen Formen geleistet und erbracht.
3. Dass möglicherweise auch Grundrechte des K, die zum öffentlichen Recht gehören, anzuwenden sind, ändert daran nichts. Diese kommen nur mittelbar, als Vorfragen bei der Entscheidung über die genannten Rechtsinstitute zur Anwendung und prägen deshalb den Rechtscharakter der Streitigkeit nicht. Deshalb ist hier eine Anwendung des § 17 II GVG, wonach das Gericht des zulässigen Rechtsweges auch über rechtswegfremde Vorschriften zu entscheiden hat, nicht nötig.
Der Zivilrechtsweg ist eröffnet.
II. Einschränkungen für die Zulässigkeit der Klage könnten sich aus der Klageart ergeben. Hierfür ist zunächst das Klagebegehren des K näher zu bestimmen. Nach der Formulierung in der Aufgabenstellung klagt K auf Widerruf des Hausverbots.
1. Der BGH (vgl. {28]) sieht darin einen Antrag, B zu verurteilen, die durch das Hausverbot bewirkte Beeinträchtigung des K zu beseitigen, indem sie das Hausverbot aufhebt. Insoweit handelt es sich um eine Leistungsklage. Für diese gelten keine Einschränkungen.
2. Soweit sich K gegen das für die Zeit vom 23. 11. bis zur Entscheidung über die Klage verhängte Hausverbot sowie über die damit verbundene Stornierung der Buchung wendet, lässt sich dieser, vergangenheitsbezogene Vorgang durch eine Leistung nicht erfassen. Weder die Stornierung der Buchung noch ein für die Vergangenheit ausgesprochenes Hausverbot lassen sich durch eine - naturgemäß nur für die Zukunft wirkende - Leistung korrigieren. Es kommt deshalb eine Feststellungsklage (§ 256 ZPO) in Betracht.
a) Für die Vergangenheit könnte K beantragen, entweder dass B zur Stornierung der Buchung nicht berechtigt war oder dass das Hausverbot rechtswidrig war. Der BGH hat sich dahin entschieden, das Hausverbot zum Gegenstand des Streites zu machen. [6]: Gegenstand des Rechtsstreits ist zum einen die Frage, ob das Hausverbot hätte erteilt werden dürfen, soweit der Kläger dadurch an seinem bereits gebuchten Aufenthalt in dem Hotel der Beklagten gehindert wurde….Dem Umstand, dass eine Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit nicht mehr in Betracht kommt, ist durch die Feststellung Rechnung zu tragen, dass das Hausverbot in dem betreffenden Zeitraum rechtswidrig war.Mit Rücksicht darauf, dass das Hausverbot eine einseitige Erklärung war, die sich durch Zeitablauf erledigt hat, besteht eine Parallele zur verwaltungsprozessualen Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 I 4 VwGO (vgl. BGH NJW 1984, 2295; 2010, 534, 535; Mäsch JuS 2012, 556).
b) Ein rechtmäßiges Hausverbot begründet ein Rechtsverhältnis zwischen dem Hausrechtsinhaber und dem Betroffenen, wonach der Hausrechtsinhaber vom Betroffenen verlangen kann, dass dieser das Haus nicht betritt. K verlangt die Feststellung, dass das Hausverbot nicht rechtmäßig und deshalb nicht verbindlich war. Er verlangt somit die Feststellung, dass ein - von B behauptetes - Rechtsverhältnis nicht bestanden hat. Eine Feststellungsklage kann auch auf das (Bestehen oder) Nichtbestehen eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet sein.
c) K hat auch ein rechtliches Interesse an dieser Feststellung. Nicht zu Unrecht beruft er sich darauf, dass er das Hausverbot als Diskriminierung empfindet. Er hat deshalb - wiederum in Parallele zu § 113 I 4 VwGO - ein Rehabilitierungsinteresse, das ein Feststellungsinteresse begründet.
Somit ist für die Vergangenheit eine Feststellungsklage statthaft.
Da weitere Zulässigkeitsbedenken nicht bestehen, ist die Klage insgesamt zulässig.
B. Begründet ist die Klage, wenn das Hausverbot unberechtigt war und ist. Denn dann hat K bezogen auf die Zukunft einen quasinegatorischen Beseitigungsanspruch analog § 1004 I BGB (vgl. Mäsch JuS 2012, 557). Subjektives Recht ist das Persönlichkeitsrecht des K, das durch das fortdauernde unberechtigte Hausverbot verletzt wird. B müsste diese Beeinträchtigung durch Aufhebung des Hausverbots beseitigen. Für die Vergangenheit wandelt sich dieser Anspruch in eine Feststellung um (oben A II 2a).
I. Rechtsgrundlage für ein Hausverbot ist das dem Eigentümer und dem Besitzer eines Gebäudes zustehende Hausrecht. BGH [8]: Das Hausrecht beruht auf dem Grundstückseigentum oder -besitz (§§ 858 ff., 903, 1004 BGB) und ermöglicht es seinem Inhaber, in der Regel frei darüber zu entscheiden, wem er den Zutritt gestattet und wem er ihn verwehrt (BGH NJW 2006, 1054 Rn. 7; NJW 2010, 534, 535 Rn. 11; BGHZ 165, 62, 70 m. w. N.). In ihm kommt insbesondere die ihrerseits aus der grundrechtlichen Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) fließende Befugnis des Eigentümers zum Ausdruck, mit der Sache grundsätzlich nach Belieben zu verfahren und andere von der Einwirkung auszuschließen (§ 903 Satz 1 BGB). Darüber hinaus ist das Hausrecht Ausdruck der durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Privatautonomie, die die Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben schützt (BVerfG NJW 1994, 36, 38 m. w. N.). Dazu gehört, dass rechtlich erhebliche Willensentscheidungen in der Regel keiner Rechtfertigung bedürfen; das gilt in gleicher Weise für die Entscheidung, ob und in welchem Umfang einem Dritten der Zugang zu einer bestimmten Örtlichkeit gestattet wird. Danach ist die Beklagte aufgrund ihres Hausrechts grundsätzlich befugt, für das von ihr betriebene Hotel ein Hausverbot auszusprechen.
II. Eine Einschränkung dieses Rechts der B könnte sich aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ergeben. Dessen Anwendungsbereich erfasst auch die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen (§ 2 I Nr. 8 AGG), was auf einen Hotelbetrieb zutrifft. Der Schutz vor Benachteiligungen im Zivilrechtsverkehr ist in §§ 19 - 21 AGG geregelt; dabei enthält § 19 AGG das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot.
1. Unter § 19 I Nr. 2 AGG fallen u. a. Schuldverhältnisse, bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen. Dazu führt BGH [9] aus, dass es zweifelhaft erscheint, ob Verträge über den Aufenthalt in einem Wellnesshotel unter den Tatbestand der Norm fallen (für Beherbergungsverträge bejahend Erman/Armbrüster, BGB, 12. Aufl., § 19 AGG Rn. 20; differenzierend Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, 3. Aufl., § 19 Rn. 8), und lässt die Entscheidung offen.
2. Denn § 19 AGG beschränkt sich auf das Verbot der Benachteiligungen aus bestimmten Gründen, wie z. B. der Rasse, ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion. Eine solche Benachteiligung des K liegt nicht vor. Nach BGH [9] hat der Gesetzgeber bewusst davon Abstand genommen, das Diskriminierungsverbot auf Benachteiligungen wegen politischer Überzeugungen zu erstrecken (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 16/2022, S. 13). Auch die der Regelung zugrunde liegenden Richtlinien 2000/43/EG vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. EG 2000 Nr. L 180 S. 22) und 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen (ABl. EU 2004 Nr. L 373 S. 37) enthalten insoweit keine weitergehenden Anforderungen (vgl. Bauer/Göpfert/Krieger, a. a. O., 3. Aufl., § 19 Rn. 2; Franke/Schlichtmann in Däubler/Bertzbach, AGG, 2. Aufl., § 19 Rn. 8; Adomeit/Mohr, AGG, § 19 Rn. 8).
Somit schränkt das AGG das Hausrecht der B nicht ein.
III. Für die Vergangenheit könnte der geschlossene Hotelvertrag das Hausrecht der B beschränken und dem Hausverbot entgegen stehen.
1. K steht aus dem von seiner Ehefrau geschlossenen Vertrag ein eigenes Recht auf Vertragserfüllung zu. BGH [10): Mit der Bestätigung der Buchung seitens des Touristikunternehmens erwarb nicht nur seine Ehefrau, sondern auch der Kläger selbst nach den Regeln des Vertrages zugunsten Dritter (§ 328 BGB) einen auf die Erbringung der vereinbarten Leistungen gerichteten Anspruch (vgl. auch BGHZ 93, 271, 274 ff.). Mit der sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtung der B, dem K ein Hotelzimmer zum Zwecke der Übernachtung zur Verfügung zu stellen, steht das Hausverbot in Widerspruch und ist danach unzulässig.
2. Etwas anderes gilt aber, wenn B berechtigt war, diesen Vertrag aufzulösen und die Auflösung auch herbei geführt hat. In Betracht kommt eine Anfechtung nach § 119 II BGB wegen Irrtums über wesentliche Eigenschaften der Person des K.
a) Eine verkehrswesentliche Eigenschaft des K könnte dessen rechtsextreme politische Ausrichtung sein. Jedoch richtet sich die Frage, was verkehrswesentlich ist, nach dem konkreten Vertrag (Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl. 2012, § 119 Rdnr. 25). Für einen Hotelvertrag ist die politische Einstellung eines Vertragspartners ohne Bedeutung.
b) BGH [12] lässt die Anfechtung an der Frist scheitern. Eine Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB wegen eines Irrtums über eine Eigenschaft des Klägers scheitert schon daran, dass die Beklagte sie nicht unverzüglich im Sinne von § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB erklärt hat. Dass die Beklagte den Kläger wegen dessen politischer Überzeugung nicht als Gast in ihrem Hotel wünschte, hat sie erstmals mit Schreiben vom 8. Dezember geltend gemacht. Diese nachgeschobene Begründung mag bei wohlwollender Betrachtung als Anfechtungserklärung zu verstehen sein. Den Grund kannte die Beklagte aber zumindest seit der auf ihre Veranlassung hin vorgenommenen Stornierung der Buchung durch das Touristikunternehmen am 19. November. Die damit mehr als zwei Wochen später erklärte Anfechtung kann nicht als unverzüglich angesehen werden (vgl. MünchKomm-BGB/Armbrüster, 6. Aufl., § 121 Rn. 7 m. w. N.).
3. Da es sich bei dem Hotelvertrag um ein, wenn auch nur sehr begrenztes Dauerschuldverhältnis handelt, kommt eine Kündigung durch B aus wichtigem Grund in Betracht.
a) Ein wichtiger Grund hat jedenfalls primär eine Vertragsverletzung des Gekündigten zur Voraussetzung; sie liegt hier aber nicht vor. BGH [13]: Soweit in der Erteilung des Hausverbots eine Kündigung des Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund durch die Beklagte zu erblicken sein sollte, ginge diese schon deshalb ins Leere, weil das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund regelmäßig eine, nicht notwendig schuldhafte, Vertragsverletzung durch eine Vertragspartei voraussetzt (vgl. BGHZ 150, 365, 369). Daran fehlt es.
b) Eine Lösung von dem Vertrag hält der BGH unter [14 - 18] auch dann für möglich, wenn hierfür besonders gewichtige Sachgründe sprechen. Ob die vom BGH vorgenommene Herleitung dieser Lösungsmöglichkeit aus den Grundrechten, deren Begründung wenig einsichtig ist, berechtigt ist, kann unentschieden bleiben. Denn solche Sachgründe bestehen nicht.
aa) Die von der Beklagten gegebene Begründung, wonach die politische Überzeugung des Klägers in einem Widerspruch zu dem Ziel des Hotels stehe, jedem Gast nach Möglichkeit ein „exzellentes Wohlfühlerlebnis“ zu bieten, trägt nicht die Weigerung, dem Kläger den bereits gebuchten Aufenthalt in dem Hotel zu gestatten…Feststellungen, aufgrund deren konkrete Störungen durch den Kläger zu befürchten wären, liegen nicht vor. Insbesondere hat das Berufungsgericht keine Tatsachen festgestellt, aufgrund deren die Befürchtung bestanden hätte, dass der Kläger bei dem beabsichtigten Aufenthalt in dem von der Beklagten betriebenen Hotel anders als bei seinen vorherigen Besuchen durch Äußerung rechtsextremer Thesen Unruhe gestiftet hätte.
bb) Der Beklagten bleibt angesichts der eingegangenen vertraglichen Bindung auch die Berufung darauf versagt, berechtigte Belange anderer Hotelgäste begründeten ein schutzwürdiges Interesse an der Erteilung des Hausverbots. Zwar liegt die Annahme durchaus nahe, dass die Anwesenheit des Klägers mit Blick auf die von diesem und dessen Partei vertretenen rechtsextremen Positionen bei anderen Gästen Missfallen erregen oder gar als Provokation empfunden wird. Das Bestehen unterschiedlicher politischer Auffassungen ist der freiheitlichen…Grundordnung indessen immanent (vgl. BVerfGE 2, 1, 12 f.). Das schließt die Möglichkeit ein, im alltäglichen Leben und damit auch in einem Wellnesshotel mit einer Person zusammenzutreffen, die innerhalb einer nicht verbotenen politischen Partei eine hervorgehobene Funktion innehat.
cc) Die Befürchtung, die Anwesenheit des Klägers in dem Hotel könne zu Beschwerden anderer Gäste oder gar dazu führen, das diese ihren Hotelaufenthalt vorzeitig beenden oder von einem neuerlichen Aufenthalt Abstand nehmen werden, vermag ein Hausverbot nicht zu tragen, weil es insoweit jedenfalls an hinreichend konkreten Anhaltspunkten für eine solche Annahme fehlt.
dd) Schließlich macht die Beklagte schon nicht geltend, dass ein Aufenthalt des Klägers in ihrem Hotel die naheliegende Gefahr begründet, sie werde dadurch in der öffentlichen Wahrnehmung mit den von diesem bzw. der NPD vertretenen politischen Positionen identifiziert.
4. Folglich stellt der BGH unter [10] fest, dass die Beklagte ihr Hausrecht bezogen auf die Zeit vom 6. bis zum 10. Dezember deshalb nicht frei ausüben konnte, weil sie vertraglich verpflichtet war, dem Kläger den gebuchten Aufenthalt in dem Hotel zu gestatten. Sie durfte deshalb kein Hausverbot aussprechen. Die Feststellungsklage ist begründet. Insoweit lautet der Tenor des BGH-Urteils: Es wird festgestellt, dass das dem Kläger von der Beklagten erteilte Hausverbot rechtswidrig war, soweit es den Zeitraum vom 6. bis zum 10. Dezember betrifft.
IV. Soweit das Hausverbot für die Zukunft gelten soll, wird B nicht durch einen Hotelvertrag beschränkt. In diesem Fall könnten andere Beschränkungen eingreifen. Der BGH entwickelt sie aus den Grundrechten. Grundrechte gelten im Privatrecht mittelbar, indem sie bei der Auslegung und Anwendung von Generalklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffen mit berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall lässt sich eine andere Begründung heranziehen. Das Hausverbot wird auf das Hausrecht gestützt. Für das Hausrecht des Eigentümers ist wiederum die Begründung aus § 903 BGB wesentlich (vgl. oben B I). Nach § 903 kann der Eigentümer mit der Sache nach Belieben verfahren, aber nur soweit das Gesetz oder Rechte Dritter nicht entgegenstehen. Ein entgegenstehendes Gesetz können auch Grundrechte sein. Da im Privatrecht in aller Regel und auch im vorliegenden Fall auf beiden Seiten Grundrechtspositionen betroffen sind, bedarf es ihrer Abwägung nach Maßgabe der jeweiligen Fallgruppe oder nach den Umständen des Einzelfalles.
1. BGH [22 - 24]: Einschränkungen bei der Ausübung des Hausrechts können sich…daraus ergeben, dass der Hausrechtsinhaber die Örtlichkeit für den allgemeinen Publikumsverkehr öffnet und dadurch seine Bereitschaft zu erkennen gibt, generell und unter Verzicht auf eine Prüfung im Einzelfall jedem den Zutritt zu gestatten, der sich im Rahmen des üblichen Verhaltens bewegt (BGH NJW 2006, 1054 Rn. 8; BGHZ 124, 39, 43 m. w. N.). Das schließt es zwar auch in solchen Fällen nicht aus, dass der Berechtigte die Befugnis zum Aufenthalt nach außen hin erkennbar an rechtlich zulässige Bedingungen knüpft (vgl. BGHZ 124, 39, 43; 165, 62, 70 jeweils m. w. N.). Geschieht dies jedoch nicht oder sind die Bedingungen erfüllt, bedarf ein gegenüber einer bestimmten Person ausgesprochenes Verbot, die Örtlichkeit (künftig) zu betreten, zumindest grundsätzlich eines sachlichen Grundes, weil in solchen Konstellationen die Grundrechte des Betroffenen, namentlich dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und das Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 GG), bei der gebotenen Abwägung einem willkürlichen Ausschluss entgegen stehen (BGH NJW 2010, 534, 535 Rn. 13). In solchen Fallgestaltungen tritt die Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) des Hausrechtsinhabers in ihrem Gewicht zurück. Das ist deshalb gerechtfertigt, weil bei einer Öffnung der Örtlichkeit für den allgemeinen Publikumsverkehr der Person des einzelnen Besuchers oder Kunden regelmäßig nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Hier liegt die Annahme besonders nahe, es sei unter Verzicht auf eine Prüfung im Einzelfall jedem der Zutritt gestattet, der sich im Rahmen des üblichen Verhaltens bewegt. Dabei verweist der BGH auf folgende vo0m BGH bereits entschiedenen Fälle: NJW 2006, 1054 (Flughafenterminal); NJW 2010, 534 (Fußballstadion); BGHZ 124, 39 (Einzelhandelsmarkt); NJW 1980, 700 (Apotheke); NJW-RR 1991, 1512 (Getränkemarkt).
2. Diese Erwägungen sind indes auf die Erteilung eines Hausverbots für ein Hotel mit Wellnesscharakter nicht übertragbar. Mit dem Betrieb eines Wellnesshotels soll erkennbar nur ein eingeschränkter Besucher- oder Kundenkreis angesprochen werden. Aus der Sicht potentieller Gäste tritt klar zutage, dass sich der Hotelbetreiber eine individuelle Entscheidung darüber vorbehalten wird, ob er demjenigen, der um eine Beherbergung nachsucht oder aus sonstigen Gründen das Hotelgelände betreten will, den Zutritt gestattet. Ein solcher Vorbehalt ist im Grundsatz nicht zu beanstanden (…). Er ist ebenfalls Ausdruck der Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG), der unternehmerischen Freiheit (Art. 12 GG) sowie der Freiheit des Eigentums (Art. 14 GG; § 903 Satz 1 BGB) und beruht auf dem legitimen Interesse, innerhalb der durch die Rechtsordnung gezogenen Grenzen auf die Zusammensetzung des Publikums Einfluss auszuüben. Daraus folgt, dass der Hausrechtsinhaber…in seiner unternehmerischen Entscheidung frei ist, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen er anderen den Aufenthalt in seinen Räumen gestattet. Die privatautonome Erteilung eines Hausverbots muss daher auch insoweit in der Regel nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt werden.
3. Eine Beschränkung könnte noch deshalb bestehen, weil B das Hausverbot mit der politischen Überzeugung des K begründet hat. Art. 3 III GG verbietet eine Benachteiligung wegen der politischen Anschauungen.
a) Ob diese Vorschrift im Wege einer mittelbaren Drittwirkung im Privatrecht anwendbar ist, wird unterschiedlich beurteilt. BGH [26] zitiert hierzu: bejahend Dürig in Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Abs. 1 Rn. 516…; ähnlich Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl., Art. 3 Rn. 133; AK-GG/Eckertz-Höfer, 3. Aufl., Art. 3 Abs. 2, 3 Rn. 93; Heun in Dreier, aaO; einschränkend Rüfner in Bonner Kommentar, GG, Art. 3 Abs. 2 und 3 Rn. 607; Starck in v. Mangoldt/Klein/Starck, aaO; a. A. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/2, 1988, S. 1580 f.; Poscher, Grundrechte als Abwehrrechte, 2003, S. 337 ff., insbes. S. 343).
b) Würde der ablehnenden Auffassung gefolgt, müsste Art. 3 III von vornherein ausscheiden. Für den anderen Fall nimmt der BGH bei [27] wieder die im Privatrecht mit Rücksicht auf die beiden Parteien zustehenden Grundrechte erforderliche Abwägung vor: Selbst wenn der Regelung des Art. 3 Abs. 3 GG auch im Verhältnis zwischen Privaten ein besonderes Gewicht beizumessen wäre, führte dies nicht dazu, dass sich das Interesse des Klägers, nicht auf Grund seiner politischen Überzeugung durch die Erteilung eines Hausverbots benachteiligt zu werden, bei der gebotenen Abwägung gegenüber den ebenfalls grundrechtlich geschützten Interessen der Beklagten durchsetzte. Der Kläger sieht sich durch das Verbot, das Hotel der Beklagten zu nutzen, lediglich in seiner Freizeitgestaltung beeinträchtigt. Im Übrigen erfährt er dadurch, dass das Hausverbot schriftlich und nicht etwa erst bei seiner Ankunft in dem Hotel erteilt wurde, auch keine öffentliche Bloßstellung. Demgegenüber trägt die Beklagte das wirtschaftliche Risiko für das von ihr betriebene Geschäftskonzept eines Wellnesshotels. Das lässt es gerechtfertigt erscheinen, der Beklagten…die Freiheit einzuräumen, solchen Gästen den Zutritt zu verweigern, von denen sie annimmt, ihr Aufenthalt könne mit Blick auf die von ihnen vertretene politische Auffassung diesem Konzept abträglich sein.
4. Somit unterliegt B im Verhältnis zu K keinen Einschränkungen beim Gebrauchmachen von ihrem Hausrecht für die Zukunft. Folglich durfte B gegenüber K ein Hausverbot für die Zukunft aussprechen. Die Leistungsklage auf Aufhebung des Hausverbots ist unbegründet.
Zusammenfassung