Bearbeiter: Prof. Dieter Schmalz
► Grundrecht auf Schutz des Eigentums, Art. 14 GG. ► Enteignungsbegriff, Art. 14 III GG; Güterbeschaffung als notwendiges Merkmal. ► Inhalts- und Schrankenbestimmung (Art. 14 I 2 GG) bei Atomanlagen. ► Verminderter Schutz wegen starken sozialen Bezugs. ► Schutz von Leben und Gesundheit (Art. 2 II GG) und Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (Art. 20 a GG). ► Verhältnismäßigkeit, Vertrauensschutz, Gleichheit. ► Ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung. ► Frustrierte Aufwendungen
BVerfG Urteil vom 06.12.2016 (1 BvR 321/12) NJW 2017, 217
Fall (Atomausstieg)
Im Jahre 2001 schloss die (von SPD und GRÜNEN geführte) Bundesregierung mit den Energieversorgungsunternehmen (EVUs) eine Atomkonsensvereinbarung, die durch das Ausstiegsgesetz 2002 umgesetzt wurde. Ohne Festlegung von Ausstiegsterminen wurde jedem Kernkraftwerk (KKW) eine Reststrommenge zugeteilt, die noch produziert werden durfte, und bestimmt, dass danach der Leistungsbetrieb dieses KKW endet. Dabei wurde eine Regellaufzeit eines KKW von 32 Jahren zugrundegelegt und davon ausgegangen, dass sich danach das KKW amortisiert und auch einen angemessenen Gewinn erwirtschaftet hat. Atomkonsens und Ausstiegsgesetz hatten auch den Zweck, den EVUs Rechts- und Planungssicherheit zu gewährleisten. Nachdem die Bundestagswahl 2009 von der CDU/CSU/FDP gewonnen worden war, beschloss der Bundestag auf Vorschlag der Bundesregierung Ende 2010 die 11. Atomgesetz-Novelle, in der jedem KKW eine zusätzliche Strommenge (Zusatzreststrommenge) zugeteilt wurde, die die Produktionszeit eines KKW um durchschnittlich 12 Jahre verlängerte. Im März 2011 ereignete sich im japanischen Fukushima ein schweres Reaktorunglück. Daraufhin nahm die Bundesregierung eine Neubewertung der Risiken der Atomenergie vor und bekundete noch im März die Absicht, die Nutzung der Kernenergie zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu beenden. Dementsprechend beschloss der Bundestag Ende Juli 2011 die 13. AtG-Novelle. Darin wurden die Zusatzreststrommengen aus der 11. AtG-Novelle gestrichen und in dem neu gefassten § 1 Abs. 1 a Satz 1 AtG für jedes KKW feste Abschalttermine gestaffelt bis 2022 festgelegt. Diese orientierten sich an den dem Ausstiegsgetz 2002 zugrunde gelegten Regellaufzeiten und den damals dort festgelegten Reststrommengen. Bei den meisten KKWs, insbesondere denen von E.ON und EnBW, können bis zum Abschaltzeitpunkt die zugebilligten Reststrommengen produziert werden. Bei den KKWs von RWE und Vattenfall ist das nicht möglich; vielmehr bleibt bei ihnen eine Strommenge ungenutzt, die der Produktion von über vier Jahren entspricht. Eine Entschädigungsregelung enthält das Gesetz nicht.
Gegen die 13. AtG-Novelle und das dadurch neu gefasste AtG haben RWE-AG, Vattenfall-GmbH und E.ON-GmbH in zulässiger Weise Verfassungsbeschwerde erhoben und diese auf eine Verletzung ihres Eigentums an den KKWs gestützt. Zwar werde die im Jahre 2002 getroffene Grundsatzentscheidung über einen Atomausstieg nicht in Frage gestellt. Jedoch sei das rigorose Abschalten der KKWs durch die 13. AtG-Novelle eine Enteignung, ohne dass dafür eine Entschädigung vorgesehen sei. Der neu gefasste § 1 AtG führe die einzelnen KKWs konkret auf, enthalte also keine generelle Regelung, sondern sei ein unzulässiges Einzelfallgesetz. Vor allem aber bestehe für einen verschärften Atomausstieg kein Grund. Wie die Bundesregierung anlässlich der 11. AtG-Novelle selbst erklärt hat, seien die Reaktoren in Deutschland sicher. Daran habe das Unglück in Japan nichts geändert, weil in Deutschland ein durch Erdbeben ausgelöster Tsunamie praktisch ausgeschlossen sei. RWE und Vattenfall rügen auch noch, dass in den unterschiedlichen Abschaltterminen ein Gleichheitsverstoß liege, der sich bei ihnen dahin auswirke, dass jedes Unternehmen die ihm im Ausstiegsgesetz 2002 zugebilligte Reststrommenge in einem Umfang von viereinhalb Jahresproduktionen nicht mehr nutzen könne. Auch würden Investitionen, die sie im Vertrauen auf die Verlängerung der Laufzeiten durch die 11. AtG-Novelle vorgenommen hätten, bei den KKWs mit einem frühen Abschalttermin wertlos.
Ist die VfB begründet?
Lösung
Vorbemerkung: Angesichts der Länge des Urteils (35 eng bedruckte Seiten in der NJW) wurden Sachverhalt und Lösung vereinfacht und gekürzt; auch die Originalzitate wurden modifiziert.
Die Zulässigkeitsprüfung (BVerfG [181-211]) wurde nicht zum Gegenstand des Gutachtens gemacht, weil es dabei wesentlich um die recht spezielle Frage der Beschwerdefähigkeit der Vattenfall-GmbH ging. Diese war problematisch, weil nach deutschem Verfassungsrecht staatliche und vom Staat beherrschte Unternehmen keine Grundrechte haben (BVerfG [187/8]) und Vattenfall ein schwedisches Staatsunternehmen ist. Das BVerfG hat gleichwohl die Beschwerdefähigkeit bejaht, u. a. mit der Begründung, da Vattenfall sich auf die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49, 54 AEUV berufen könne, zwinge die Europarechtsfreundlichkeit des GG dazu, ihr auch die VfB-Beschwerdefähigkeit zuzubilligen (vgl. BVerfG LS 2).
A. Eine VfB ist begründet, wenn der Beschwerdeführer (Bf.) durch den angegriffenen Hoheitsakt in einem Grundrecht verletzt wird. Hoheitsakt ist im vorliegenden Fall das AtG i. d. F. durch die 13. AtG-Novelle (künftig: 13. AtGN). Diese könnte die Bf. RWE, Vattenfall und E.ON in ihrem Grundrecht auf Schutz des Eigentums (Art. 14 GG) verletzen.
Das Grundrecht aus Art. 14 GG steht einer AG und einer GmbH, die ein EVU betreibt, nach Art. 19 III GG zu. BVerfG [182] Die Bf. können sich auf die als verletzt gerügten Grundrechte aus Art. 14, 12 und 3 GG berufen. Diese sind ihrem Wesen nach auf sie als juristische Personen des Privatrechts anwendbar (Art. 19 Abs. 3 GG).
Der Prüfung des Art. 14 GG stellt BVerfG [216-218] Überlegungen zur Bedeutung des Eigentumsschutzes voran: Der Eigentumsgarantie kommt im Gefüge der Grundrechte insbesondere die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern. Das verfassungsrechtlich gewährleistete Eigentum ist durch Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis des Eigentümers über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet. Dabei genießt es einen besonders ausgeprägten Schutz, soweit es um die Sicherung der persönlichen Freiheit der Einzelnen geht. Zugleich soll der Gebrauch des Eigentums dem Wohl der Allgemeinheit dienen (Art. 14 Abs. 2 GG). Die Eigentumsgarantie schützt den konkreten Bestand in der Hand der einzelnen Eigentümer gegenüber Maßnahmen der öffentlichen Gewalt. Im Falle einer verfassungsgemäßen Enteignung tritt an die Stelle der Bestandsgarantie eine Wertgarantie, die sich auf Gewährung einer vom Gesetzgeber dem Grunde nach zu bestimmenden Entschädigung richtet.
I. Eine Verletzung des Eigentums durch die 13. AtGN hat zunächst einen Eingriff in den Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts zur Voraussetzung.
1. Eigentum i. S. des Art. 14 GG ist weit zu fassen und umfasst jedes vermögenswerte Privatrecht (BVerfGE 89, 1, 6; 95, 267, 300). Auch öffentlich-rechtliche Positionen werden geschützt, wenn sie eigentumsgleich sind, insbesondere auf eigener Leistung beruhen.
a) BVerfG [228] Eigentum ist das zivilrechtliche Sacheigentum, dessen Besitz und die Möglichkeit, es zu nutzen. Das sind im vorliegenden Fall das Eigentum und der Besitz der Bf. an den Werksgrundstücken und den Kraftwerksanlagen. Verfassungsrechtlich geschützt ist auch die Nutzbarkeit dieser Anlagen.
b) Dagegen sind die folgenden Rechtspositionen selbst kein Eigentum, sondern werden über die Nutzbarkeit des KKW geschützt:
aa) BVerfG [231] Die atomrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Kernkraftwerksanlage oder die Genehmigung zum Leistungsbetrieb (§ 7 Abs. 1 und 1 a AtG) selbst sind kein nach Art. 14 GG geschütztes Eigentumsrecht. Solche Genehmigungen sind nicht vergleichbar mit subjektiven öffentlichen Rechten, denen Eigentumsschutz zuerkannt wird. Solche Rechte sind durch eine Verfügungsbefugnis und durch einen auf Eigenleistung beruhenden Erwerb gekennzeichnet. Beides fehlt den atomrechtlichen Genehmigungen.
bb) [233-239] Die Reststrommengen, die den einzelnen KKWs durch das Ausstiegsgesetz zugewiesen wurden, genießen keinen eigenständigen Schutz. Sie prägen zwar die unter den Schutz von Art. 14 Abs. 1 GG fallende Nutzung der KKWs; ihnen fehlen jedoch wesentliche Merkmale selbständig eigentumsfähiger Rechtspositionen. Nach § 7 Abs. 1 b AtG können die Reststrommengen in begrenztem Umfang auf andere KKWs übertragen werden. Frei verfügbar wie sonstige Eigentumsrechte sind sie jedoch nicht. Gleiches gilt für die Zusatzstrommengen.
c) [240] Mit dem Eigentumsschutz für die Betriebsgrundstücke und die Kraftwerksanlagen sowie für deren Nutzung, insbesondere in ihrer Konkretisierung durch die Reststrommengen, sind alle wesentlichen Eigentumsbelange der Bf. erfasst. Weitergehender verfassungsrechtlicher Eigentumsschutz gegen die 13. AtGN könnte ihnen auch nicht über die Rechtsfigur des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs zuteilwerden. Deren Schutz erfasst nur den konkreten Bestand an Rechten und Gütern; bloße Umsatz- und Gewinnchancen oder tatsächliche Gegebenheiten werden auch unter dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nicht von der Eigentumsgarantie erfasst. Es bedarf daher weiterhin keiner Entscheidung, ob und inwieweit das im Fachrecht als sonstiges Recht gemäß § 823 Abs. 1 BGB anerkannte Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auch Eigentumsschutz nach Art. 14 Abs. 1 GG genießt.
2. In das Eigentum an den KKWs müsste ein Eingriff erfolgt sein. Dieser liegt insbesondere vor, wenn die Nutzbarkeit der Kraftwerksanlagen beschränkt wird.
a) BVerfG [222] Die 13. AtGN bestimmt im neu gefassten § 7 Abs. 1 a Satz 1 AtG erstmals konkrete Termine für das Erlöschen der Berechtigung zum Leistungsbetrieb der einzelnen KKWs. Mit dem Ende der Betriebsberechtigung entfällt das aus dem Eigentum an den Grundstücken und Anlagen fließende Nutzungsrecht der Stromerzeugung aus Kernkraft.
b) [224] Durch die 13. AtGN werden die erst kurz zuvor mit der 11. AtGN den KKWs zusätzlich zugewiesenen Reststrommengen gestrichen. Dadurch nimmt der Gesetzgeber die gerade zugesprochene Laufzeitverlängerung von rund 12 Jahren je KKW wieder zurück und verkürzt deren Nutzungsdauer entsprechend.
c) [226] Schließlich kann die Einführung von festen Abschaltterminen dazu führen, dass im Vertrauen auf die bestehende Rechtslage vorgenommene Investitionen hinfällig werden.
Somit enthält die 13. AtGN Eingriffe in den Schutzbereich des Art. 14 GG.
II. Die Eingriffe könnten gerechtfertigt sein. Art. 14 GG enthält zwei Rechtfertigungsmöglichkeiten: Abs. 3 für Enteignungen und Abs. 1 Satz 2 (ggfs. i. V. mit Abs. 2) für die Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums. Insbesondere der unter I 2 a) bejahte Eingriff durch die Festsetzung von Abschaltterminen könnte eine Enteignung i. S. des Art. 14 III GG sein.
1. Weil das Abschalten eines KKW ein massiver Eingriff ist, der die Anlage vollständig entwertet, befasst sich das BVerfG unter [243-266] genauer mit dem Enteignungsbegriff und seiner Anwendung im vorliegenden Fall. Ausgangsdefinition ist: Die Enteignung ist auf die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter subjektiver, durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteter Rechtspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben gerichtet (st. Rspr). Sie ist zwingend entschädigungspflichtig.
a) [245] Unverzichtbares Merkmal der Enteignung in Abgrenzung zur grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmenden Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ist das Kriterium der vollständigen oder teilweisen Entziehung von Eigentumspositionen und der dadurch bewirkte Rechts- und Vermögensverlust. Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen von Eigentümerbefugnissen können daher keine Enteignung sein, selbst wenn sie die Nutzung des Eigentums nahezu oder völlig entwerten.
b) Außerdem könnte die Enteignung voraussetzen, dass sie der Güterbeschaffung dient. Ob das der Fall ist, ist umstritten und wurde vom BVerfG bisher nicht einheitlich beurteilt. Nunmehr hat es diese Frage dahin entschieden [246]: Die Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG setzt weiterhin zwingend voraus, dass der hoheitliche Zugriff auf das Eigentumsrecht zugleich eine Güterbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand oder des sonst Enteignungsbegünstigten ist.
Wesentliche Begründung dafür ist das praktisches Bedürfnis, dem Staat die Befugnis zur Entziehung von Sachen zu geben, die als gefährlich oder störend betrachtet werden, ohne dass damit eine Entschädigungspflicht ausgelöst wird. Als Beispiele für den Eigentumsentzug ohne Enteignungscharakter und deshalb ohne Entschädigungspflicht bringt das BVerfG die Einziehung deliktisch erlangten Eigentums als Nebenfolge einer strafrechtlichen Verurteilung, der Verfall und die Vernichtung beschlagnahmter Güter nach Strafrecht oder Polizeirecht, die Sicherstellung und die Beschlagnahme von Gegenständen zu Beweiszwecken. Es entspricht der grundsätzlichen Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG), den Eigentumsentzug in solchen Fällen nicht als entschädigungspflichtige Enteignung zu qualifizieren, sondern als Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums.
Unter [255-257] weist das BVerfG die gegen diesen engen Enteignungsbegriff erhobenen Einwände zurück. Insbesondere verkürzt dieser keine gebotenen Entschädigungsansprüche, weil es auch im Anwendungsbereich des Art. 14 I 2 GG aus Gründen der Verhältnismäßigkeit geboten sein kann, eine Entschädigung zu gewähren (durch ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung, BVerfGE 58, 137; im vorliegenden Fall [258-260]).
2. Die unter a) und b) aufgestellten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall anzuwenden.
a) Durch das Gebot zur Abschaltung eines KKW wird weder das Eigentum noch der Besitz an dem KKW entzogen. Es wird die künftige Nutzung untersagt; eine Nutzungsuntersagung ist aber keine Enteignung, selbst wenn sie das Eigentums völlig entwertet (oben II 1 a). Der Entzug der Genehmigung zum Leistungsbetrieb und der Entzug einer Strommenge sind keine Enteignung, weil Genehmigung und Strommenge kein Eigentum sind (oben I 1 b).
b) Beim Atomausstieg erfolgt auch keine Güterbeschaffung. BVerfG [265] Weder die Befristung der Kraftwerkslaufzeiten noch die Streichung von Strommengen führen zu einem Übergang der betroffenen Positionen auf den Staat oder einen Dritten.
[262] Die angegriffenen Bestimmungen der 13. AtGN greifen in das Eigentum der Bf. ein, begründen aber keine Enteignung.
III. Somit kann eine Rechtfertigung der Eingriffe durch die 13. AtGN nur über Art. 14 I 2 GG, der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, erfolgen. Zunächst macht das BVerfG unter [268-270] grundsätzliche Ausführungen zu Art. 14 I 2 GG:
Der Gesetzgeber, der Inhalt und Schranken der als Eigentum grundrechtlich geschützten Rechtspositionen bestimmt, hat dabei sowohl der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) Rechnung zu tragen. Er hat die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen und sich dabei im Einklang mit allen anderen Verfassungsnormen zu halten. Insbesondere muss jede Inhalts- und Schrankenbestimmung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Soweit das Eigentum die persönliche Freiheit des Einzelnen im vermögensrechtlichen Bereich sichert, genießt es einen besonders ausgeprägten Schutz. Andererseits ist die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung umso weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion steht. Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie ist zudem der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist er an den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG auch bei der inhaltlichen Festlegung von Eigentümerbefugnissen und -pflichten gebunden.
Nach Art. 14 I 2 GG darf der Gesetzgeber Eigentumsrechten einen neuen Inhalt geben, darf neue Rechtspositionen begründen und darf das Entstehen von Rechten, die nach bisherigem Recht möglich waren, für die Zukunft ausschließen. Selbst die völlige Beseitigung bisher bestehender, durch die Eigentumsgarantie geschützter Rechtspositionen kann unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein. Allerdings müssen die Gründe des öffentlichen Interesses, die für einen solchen Eingriff sprechen, so schwerwiegend sein, dass sie Vorrang haben vor dem Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand seines Rechts. Auch kann in solchen Fällen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gebieten, eine ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung anzunehmen und eine Entschädigung zu gewähren.
1. Die 13. AtGN verstößt nicht gegen formelle Vorschriften. Insbesondere verfügt der Bund über die Gesetzgebungszuständigkeit (Art. 73 Nr. 14 GG). Einem formellen Mangel würde es allerdings zumindest nahekommen, wenn die 13. AtGN ein nach Art. 19 I 1 GG verbotenes Einzelfallgesetz wäre. Dazu BVerfG [393-395]:
a) Gesetze, die - wie hier die 13. AtGN - gestaltend in geschützte Eigentumsrechtspositionen eingreifen, sind an Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG zu messen. Danach muss ein Gesetz, durch das ein Grundrecht eingeschränkt wird, allgemein und darf nicht nur für den Einzelfall gelten. Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG enthält letztlich eine Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes; danach ist es dem Gesetzgeber verboten, aus einer Reihe gleichgelagerter Sachverhalte einen Fall herauszugreifen und zum Gegenstand einer Sonderregel zu machen.
b) Zwar ist die Regelung über die verbindlichen Abschalttermine nicht allgemein gefasst; vielmehr erfolgt für jedes in Betrieb befindliche KKW eine eigene Festlegung. Das Gesetz greift damit aber nicht aus einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle einen einzelnen Fall oder eine bestimmte Gruppe heraus, sondern regelt abschließend alle verbleibenden Fälle. Die Willkür einer gesetzlichen Einzelfallregelung, vor der Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG schützen will, ist hier nicht gegeben. Art. 19 I 1 GG ist somit nicht verletzt.
2. Materiell ist entsprechend den unter III. dargelegten Anforderungen die Verhältnismäßigkeit unter Einbeziehung des Vertrauensschutzes und des Gleichheitssatzes zu prüfen. Dabei braucht nicht zwischen den unter I 2 a) und b) aufgeführten Eingriffsmodalitäten unterschieden zu werden, weil sie einheitlich dem Zweck dienen, einen Ausstieg aus der Kernenergie in einem überschaubaren Zeitraum herbeizuführen. Ohne das Streichen der Zusatzstrommengen, die allein für sich einen Weiterbetrieb von 12 Jahren ermöglicht hätten, wären feste Abschalttermine bis 2022 nicht zu realisieren gewesen. Noch ausgeklammert werden aber hier unter 2. die Einwände von RWE und Vattenfall, sie könnten die Reststrommengen und ihre Aufwendungen nicht nutzen; diese werden unter 3. und 4. behandelt.
a) BVerfG [283] Der Gesetzgeber verfolgt mit der Beschleunigung des Atomausstiegs und seinem dahinter stehenden Wunsch, das mit der Nutzung der Kernenergie verbundene Restrisiko nach Zeit und Umfang zu minimieren, ein legitimes Regelungsziel. Die vom Gesetzgeber innerhalb seines weiten Spielraums bei der Auswahl von ihm verfolgter Gemeinwohlziele angestrebte Beschleunigung des Atomausstiegs dient dem Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) und der in Art. 20 a GG dem Staat auferlegten Aufgabe, die natürlichen Lebensgrundlagen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen zu schützen. [285/6] Für die Eignung des Gesetzes genügt, dass durch die Regelung der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, mithin genügt bereits die Möglichkeit einer Zweckerreichung. Die Festlegung fixer Abschalttermine und die Streichung der 2010 zugewiesenen Zusatzstrommengen sind ohne Zweifel geeignet, die endgültige Beendigung der Kernenergienutzung schneller als nach der bisherigen Rechtslage herbeizuführen.
b) [289, 290] Eine in Eigentumsrechte eingreifende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ist erforderlich, wenn kein anderes, gleich wirksames, aber das Eigentum weniger einschränkendes Mittel zur Verfügung steht. Hier ist kein weniger belastendes Mittel erkennbar… Insbesondere hätte mit den vom AtG zur Verfügung gestellten administrativen Maßnahmen (§§ 17, 19 AtG), etwa der Rücknahme und dem Widerruf aller atomrechtlichen Genehmigungen, das Gesetzesziel nicht gleich schnell und umfassend erreicht werden können. Über die Kontingentierung der Strommengen allein ließ sich das Ziel eines Ausstiegs bis 2022 nicht erreichen, weil die KKW-Betreiber dann in der Lage wären, nach Ermessen darüber zu entscheiden, wann sie diese Mengen verbrauchen, und so das kalendarische Ende der Kernenergie hätten hinausschieben können.
c) Die Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit i. e. S.) macht das BVerfG [292] davon abhängig, ob es sich um eine zumutbare und dabei auch die Anforderungen des Vertrauensschutzes und des Gleichbehandlungsgebots wahrende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums handelt.
aa) Das Streichen der Zusatzstrommengen bedeutet für jedes KKW durchschnittlich eine Verkürzung des Leistungsbetriebs um 12 Jahre. BVerfG [294] Der Umfang der entzogenen Verstromungskapazität und damit die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit der KKWs sind enorm.
[295-302] Allerdings ist die Schutzwürdigkeit der betroffenen Eigentumspositionen mehrfach eingeschränkt.(1) Bei den Atomanlagen handelt es sich um eine Hochrisikotechnologie, die unter anderem mit extremen Schadensfallrisiken aber auch mit bisher noch nicht geklärten Endlagerproblemen belastet ist. Das prägt den intensiven sozialen Bezug des Eigentums an KKWs und verschafft dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Atomrechts einen besonders weiten Gestaltungsspielraum. (2) Die Zuweisung des sehr großen Kontingents an Zusatzstrommengen beruht nicht auf der Eigenleistung der betroffenen Unternehmen. Diese Zusatzstrommengen sind, anders als die 2002 zugewiesenen Reststrommengen, keine Kompensation für anderweitige Einschränkungen des Eigentums der Bf. Sie beruhten vielmehr auf einer politisch motivierten Gewährung. (3) Ein größeres Vertrauen auf den Fortbestand der 11. AtGN hatte sich nicht bilden können. Die 11. AtGN wurde Ende 2010 erlassen. Bereits im März 2011, also drei Monate später kündigte die Bundesregierung an, die Nutzung der Kernenergie zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu beenden.
bb) [303] Die mit der 13. AtGN verfolgten Gemeinwohlbelange sind von hohem Wert und…von großem Gewicht. Die Beschleunigung des Atomausstiegs dient mit dem dadurch bezweckten Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung (Art. 2 Abs. 2 GG) und der natürlichen Lebensgrundlagen (Art. 20 a GG) verfassungsrechtlichen Gütern von hohem Wert. Mit der Rücknahme der Laufzeitverlängerung von 2010 leistet der Gesetzgeber durch die damit erreichte, im Durchschnitt 12 Jahre frühere Abschaltung der KKWs eine Risikominderung von ganz erheblichem Ausmaß.
cc) [305] In der Gesamtabwägung mit den durch die angegriffene Regelung geförderten Gemeinwohlbelangen erweist sich die Eigentumsbelastung der Bf. als verhältnismäßig. Das in Qualität und Quantität erhebliche Gemeinwohlinteresse an der durchschnittlich zwölfjährigen Laufzeitverkürzung der Kernkraftwerke überwiegt die für die Bf. verbundenen Eigentumsbelastungen eindeutig.
Dass die Bundesregierung anlässlich der 11. AtGN erklärt hat, die Reaktoren in Deutschland seien sicher, und dass das Unglück in Japan keine vergleichbaren Gefahren in Deutschland ausgelöst hat, steht damit nicht in Widerspruch. [307] Vielmehr ist die Hinnahme oder Nichthinnahme einer Hochrisikotechnologie wie die Nutzung der Kernenergie zuerst eine politische Entscheidung, die der Gesetzgeber wesentlich auch von der Akzeptanz dieser Technologie in der Gesellschaft abhängig machen darf. Insofern ist er nicht grundsätzlich gehindert, eine ursprünglich zugunsten der Nutzung der Kernenergie getroffene Entscheidung für die Zukunft zu ändern, selbst wenn keine substantiell neuen Erkenntnisse über deren Gefährlichkeit und Beherrschbarkeit vorliegen.
dd) Darf die Laufzeitverlängerung von 12 Jahren zurückgenommen werden, lassen sich auch die Abschalttermine rechtfertigen, da sich aus ihnen keine stärkeren und die Gemeinwohlbelange überwiegenden Belastungen der Bf. ergeben und sie weitgehend den Endterminen entsprechen, die bei dem von den EVUs 2001 mit unterschriebenen Atomkonsens zugrunde gelegt wurden. Dass sie unterschiedlich sind, verletzt den Gleichheitssatz nicht, weil die einzelnen KKWs zu unterschiedlichen Zeiten in Betrieb genommen wurden, die 32-Jährige Regellaufzeit deshalb auch zu verschiedenen Endterminen führen muss. BVerfG [389] Die mit der Staffelung der Abschaltzeiten verbundene Ungleichbehandlung der Kraftwerksbetreiber in Anknüpfung an die einzelnen KKWs verletzt nicht das Gebot gleichheitsgerechter Ausgestaltung von Inhalt und Schranken des Eigentums.
ee) BVerfG [309] Die geringe Schutzwürdigkeit der 2010 gewährten Zusatzstrommengen rechtfertigt deren Entzug auch ohne Entschädigung. Insbesondere liegt der Fall einer ausnahmsweise ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums angesichts der hier besonders geringen Schutzwürdigkeit der Zusatzstrommengen einerseits und der den KKWs generell innewohnenden Gemeinwohllast andererseits nicht vor.
d) Folglich ist die in der 13. AtGN betroffene Regelung grundsätzlich verhältnismäßig, verstößt auch nicht gegen den Vertrauensschutz oder den Gleichheitssatz und verletzt Art. 14 GG nicht.
3. Einer besonderen Beurteilung bedarf der Einwand von RWE und Vattenfall, sie könnten wegen der festen Abschalttermine die ihnen im Jahre 2002 zugebilligte Strommenge nicht mehr nutzen. Dabei könnte es sich - anders als bei III 2 c) - um eine unzumutbare, gegen den Vertrauensschutz und das Gleichbehandlungsgebot verstoßende Regelung handeln.
a) BVerfG [330, 331] Die Menge an nicht verbrauchbaren Stromzuweisungen ist für Vattenfall und RWE erheblich.Bei jedem von ihnen entspricht sie der durchschnittlichen Produktion eines KKWs von etwa viereinhalb Jahren. Die durch die 13. AtGN verursachten Eingriffe in die mit den Reststrommengen von 2002 verbrieften Nutzungsbefugnisse der Bf. an ihren KKWs sind damit schon in quantitativer Hinsicht gravierend.
[334-344] Das Vertrauen in die zeitlich ungebundene und grundsätzlich ungeschmälerte Verwertungsmöglichkeit der Reststrommengen aus dem Jahr 2002 ist wegen ihres Kompensationscharakters besonders schutzwürdig. Diese Reststrommengen sollten den durch das Ausstiegsgesetz herbeigeführten Verlust der bis dahin unbefristeten Nutzungsmöglichkeit der KKWs in einem die Amortisation der Anlagen und einen angemessenen Gewinn sichernden Umfang ausgleichen und so die Verhältnismäßigkeit der Ausstiegsentscheidung wahren helfen.
b) [347/8] Dieser Eingriff belastet RWE und Vattenfall auch deshalb, weil sie insofern gegenüber den konkurrierenden Unternehmen E.ON und EnBW benachteiligt werden, die ihre Reststrommengen innerhalb der Laufzeit ihrer Kraftwerke vollständig verwerten können. Insoweit handelt es sich um eine Ungleichbehandlung i. S. des Art. 3 I GG, an den der Gesetzgeber bei der Festlegung von Eigentümerpflichten nach Art. 14 I 2 GG gebunden ist.
[353/4] Ein hinreichender Grund für die Ungleichbehandlung von RWE und von Vattenfall gegenüber E.ON und EnBW ist nicht erkennbar. Es handelt sich nicht bloß um hinnehmbare Prognoseungenauigkeiten. Gesetzgeberische Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnisse tragen die Ungleichbehandlung ebenfalls nicht. Das Ziel der Beschleunigung des Atomausstiegs vermag die Ungleichbehandlung ebenfalls nicht zu tragen. Denn es spricht nichts dafür, dass die Beschleunigung nur über die Benachteiligung von RWE und Vattenfall möglich gewesen wäre (genauer dazu [366]).
c) [367] Im Ergebnis ist das Verstrombarkeitsdefizit so gewichtig, dass es sich in der Gesamtabwägung zwischen einerseits Eigentums- und besonderem Vertrauensschutz sowie der Schlechterstellung gegenüber konkurrierenden Unternehmen und andererseits den für die Regelung sprechenden Gemeinwohlgründen als für die Eigentümer nicht zumutbar erweist. Anders wäre es, wenn der Gesetzgeber die Regelung gegenüber RWE und Vattenfall als ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung ausgestaltet und eine Entschädigung vorgesehen hätte, was aber nicht geschehen ist. Folglich ist die 13. AtGN im Umfang der Überlegungen hier unter 3. unverhältnismäßig und verletzt Art. 14 GG.
Einen Entschädigungsanspruch hat das BVerfG den Bf. nicht zugebilligt; ihn könnte erst der Gesetzgeber einräumen (dazu noch bei den Rechtsfolgen unter C I 3). - Zur Staatshaftung nach den allgemeinen Rechtsinstituten in solchem Fall des legislativen Unrechts Schmitt/Werner NVwZ 2017, 21.
4. Nach BVerfG [369-382] gilt Gleiches für in der Zeit von Ende 2010 bis März 2011 im Vertrauen auf die Laufzeitverlängerung vorgenommene und nicht mehr amortisierbare („frustrierte“) Aufwendungen.
a) Das Eigentumsgrundrecht schützt auch berechtigtes Vertrauen in den Bestand der Rechtslage als Grundlage von Investitionen in das Eigentum und seiner Nutzbarkeit; ob und inwieweit ein solches Vertrauen berechtigt ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine Garantie der Erfüllung aller Investitionserwartungen besteht nicht.
b) Nach Erlass der 11. AtGN durften die die Kraftwerkbetreiber sich hierdurch zu Investitionen in ihre Anlagen ermutigt fühlen und mussten nicht damit rechnen, dass der Gesetzgeber noch in derselben Legislaturperiode von der energiepolitischen Grundsatzentscheidung der 11. AtGN wieder Abstand nehmen würde. Berechtigtes Vertrauen konnte allerdings nur in dem kurzen Zeitraum zwischen dem Beschluss des Bundestages über die 11. AtGN am 28. 10. 2010 und dem Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 16. 3. 2011 über das Atommoratorium bestehen. Ob solche Investitionen wirklich vorgenommen wurden, braucht nicht festgestellt zu werden. Der Gesetzgeber musste bereits dieser Möglichkeit Rechnung tragen.
Somit verstößt die 13. AtGN auch insoweit gegen Art. 14 I GG, als sie keine Entschädigungsklauseln oder sonstige Ausgleichsregelungen für den Fall vorsieht, dass Investitionen in KKWs durch die Streichung der 2010 zugeteilten Zusatzstrommengen entwertet worden sind.
B. Möglicherweise sind weitere Grundrechte verletzt.
I. Verletzt sein könnte Art. 12 GG.
1. Die 13. AtGN greift in die nach Art. 12 I, 19 III GG geschützte Berufsfreiheit der KKW-Betreiber ein. Es handelt sich um keine Regelung der Berufswahl, weil KKW-Betreiber kein eigener Beruf ist und die Wahl des Berufs EVU nicht untersagt wird.
2. Die Freiheit der Berufsausübung kann im Rahmen der Verhältnismäßigkeit beschränkt werden (Art. 12 I 2 GG). Insoweit kann auf die Ausführungen A III 2 verwiesen werden. BVerfG [391] Der Schutz der Berufsfreiheit für die unternehmerische Betätigung geht in diesem Fall nicht weiter als der des Eigentumsrechts für dessen berufliche Nutzung. Also ist die 13. AtGN auch im Hinblick auf Art. 12 GG verhältnismäßig.
3. Die Ausführungen unter III 3 und 4 haben, da es bei Art. 12 GG keine ausgleichspflichtige Berufsausübungsregelung gibt, hier keine Bedeutung.
II. Art. 3 I GG wurde zusammen mit Art. 14 GG geprüft (A III 2 c dd und 3 b).
III. Art. 19 I 1 GG ist kein Grundrecht und wurde bei Art. 14 GG mitbehandelt (A III 1).
C.Zu den Rechtsfolgen BVerfG [396-406]
I. Die unter A III 3 und 4 festgestellten Verletzungen von Art. 14 I GG haben ihre Ursache in den durch § 7 Abs. 1 a Satz 1 AtG n. F. auch für die KKWs von RWE und Vattenfall eingeführten festen Endtermine für das Erlöschen der Berechtigung zum Leistungsbetrieb. Die Vorschrift verstößt insoweit gegen das Eigentumsgrundrecht.
1. Abweichend von § 95 III 1 BVerfGG erklärt das BVerfG in st. Rspr. ein Gesetz nicht für nichtig, sondern nur für unvereinbar mit dem GG, wenn dem Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung stehen, die Verfassungsverstöße zu beseitigen (dazu unten 3). Außerdem berühren die festgestellten Verfassungsverstöße das Hauptziel der 13. AtGN, die Beschleunigung des Atomausstiegs, nicht im Kern. Vielmehr haben sich die Rücknahme der Ende 2010 in großem Umfang zugeteilten Zusatzstrommengen, die Einführung fester Endtermine für den Betrieb der einzelnen Kernkraftwerke und die Staffelung der Abschaltfristen im Grundsatz als vereinbar mit dem GG erwiesen. Die verfassungsrechtlich zu beanstandenden Defizite betreffen gemessen an der Gesamtregelung nur Randbereiche. Die Gesamtregelung durch Nichtigerklärung des § 7 Abs. 1 a Satz 1 AtG auszuhebeln, wäre daher nicht gerechtfertigt.
2. Es wird deshalb die weitere Geltung des Gesetzes angeordnet und dem Gesetzgeber eine Anpassung aufgegeben, dies bis zum 30.06.2018.
3. Das BVerfG zeigt einige Möglichkeiten auf, wie die Verfassungsverstöße beseitigt werden können: Dem Verstromungsdefizit könnte mit einer entsprechenden Verlängerung der Laufzeiten einzelner KKWs Rechnung getragen werden. Für diesen Weg ist jedoch kein Vorrang durch die Verfassung vorgegeben, er liegt wie auch andere Ausgleichsmöglichkeiten im politischen Gestaltungsermessen des Gesetzgebers. Dem Gesetzgeber bleibt auch unbenommen, einen angemessenen finanziellen Ausgleich für aufgrund der gesetzlichen Regelung nicht verstrombare Reststrommengen vorzusehen… Der Ausgleich braucht nur das zur Herstellung der Angemessenheit erforderliche Maß zu erreichen, das nicht zwingend dem vollen Wertersatz entsprechen muss.
II. Beim Ausgleich der frustrierten Aufwendungen liegt es im Gestaltungsermessen des Gesetzgebers, die Voraussetzungen und den Umfang eines solchen Kompensationsanspruchs näher zu bestimmen.
D. Der (in der Formulierung modifizierte) Tenor des Urteils lautet:
1. Die 13. AtGN ist mit Art. 14 I GG unvereinbar, soweit das Gesetz nicht eine im Wesentlichen vollständige Verstromung der den KKWs im Ausstiegsgesetz 2002 zugewiesenen Elektrizitätsmengen sicherstellt und keinen angemessenen Ausgleich hierfür gewährt.
2. Die 13. AtGN ist insoweit mit Art. 14 I GG unvereinbar, als sie keine Regelung zum Ausgleich für Investitionen vorsieht, die im berechtigten Vertrauen auf die im Jahr 2010 zusätzlich gewährten Zusatzstrommengen vorgenommen, durch dieses aber entwertet wurden.
3. Im Übrigen werden die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen.
4. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis zum 30. 6. 2018 zu treffen. § 7 Abs. 1 a Satz 1 AtG ist bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar.
Das Urteil wird besprochen von Berkemann DVBl 2017, 793.
Als Zusammenfassung eignen sich die (teilweise modifizierten) Leitsätze des BVerfG: