Bearbeiter: Prof. Dieter Schmalz

Feststellungsklage, § 43 VwGO. Anpassung einer nach § 6 BImSchG genehmigten Anlage an geänderte Anforderungen. Bedeutung der BImSchG-Genehmigung; Umfang des Bestandsschutzes. Eigentumsschutz, Art. 14 GG. Unechte Rückwirkung einer Rechtsvorschrift. Verhältnismäßigkeit einer Regelung im Interesse des Tierschutzes, Art. 20a GG. Unmittelbare Anforderungen an eine Anlage durch Normgeber


BVerfG Beschluss vom 14. 1. 2010 (1 BvR 1627/09) NVwZ 2010, 771 und BVerwG Urteil vom 30. 4. 2009 (7 C 14.08) NVwZ 2009, 1441

Fall
(Legehennen in Altanlage)

Die G-GmbH betreibt eine noch aus DDR-Zeiten stammende Legehennenanlage mit 780.000 Legehennenplätzen. Da eine solche Anlage nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftig ist, stellte G einen dahingehenden Antrag, auf Grund dessen ihr am 7. 3. 1996 von der zuständigen Bezirksregierung (B) eine BImSchG-Genehmigung erteilt wurde. Die Genehmigung stützte sich auf die Hennenhaltungsverordnung von 1987 und gestattete die damals übliche Käfighaltung, bei der für jede Henne eine Käfigbodenfläche von 450 cm² für ausreichend erachtet wurde. G ließ die Anlage an die Anforderungen der Genehmigung anpassen.

Nach einer im Jahre 1999 erlassenen EU-Richtlinie ist die herkömmliche Käfighaltung in Europa nur noch bis zum 31. 12. 2011 zulässig. Zur Umsetzung wurde in der Bundesrepublik Deutschland in die (Bundes-) Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TNVO) im Jahre 2002 ein § 13 II eingefügt. Danach müssen Haltungseinrichtungen für Legehennen 1.) eine Fläche von mindestens 2,5 Quadratmetern aufweisen, auf der die Legehennen sich ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend angemessen bewegen können; 2.) so ausgestattet sein, dass alle Legehennen artgemäß fressen, trinken, ruhen,

staubbaden sowie zur Eiablage ein Nest aufsuchen können. Praktisch bedeutet das, dass die einzelne Henne einen Platz von mindestens 750 cm² erhält. Nach § 38 TNVO endet die Laufzeit herkömmlicher Anlagen am 31. 12. 2009. Verstöße gegen die VO können als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeld geahndet werden kann (§ 26 I Nr. 17 TNVO). Die Vorschriften der TNVO stehen mit der Ermächtigung des § 2a Tierschutzgesetz in Einklang.

Nach Auffassung der G-GmbH fällt ihre Anlage nicht unter § 13 II TNVO, weil eine erneute Verpflichtung zu einer kapitalintensiven Umrüstung mit der Genehmigung von 1996 unvereinbar sei und sie auch in ihren Grundrechten verletze. Zumindest müsse zuvor die Genehmigung von 1996 widerrufen werden. Sie hat ein entsprechendes Schreiben an die B-Behörde gerichtet und die Antwort erhalten, die Genehmigung von 1996 sei weiterhin gültig, allerdings müsse sich G an die neuen Vorschriften halten, diese würden auch für G gelten. G bittet um ein Gutachten zu der Frage, wie sie auf dem Rechtsweg eine Klärung der Rechtslage erreichen könne und ob sie dabei mit einer für sie günstigen Entscheidung rechnen kann.

Vorüberlegung: Rechtsschutzziel der G-GmbH

I.
Das weitestgehende Begehren der G zielt darauf, dass der neue § 13 II TNVO für sie nicht gilt und sie nicht zu einer Nachrüstung verpflichtet ist. Dieses Ziel könnte G mit einer dahingehenden gerichtlichen Feststellung erreichen. Diese ist das primäre Klagebegehen der G.

II. Falls sie damit nicht durchdringt, weil sie grundsätzlich unter § 13 II TNVO fällt, wäre es für sie von Vorteil, wenn vor einer Umrüstungsverpflichtung die Genehmigung widerrufen oder abgeändert werden müsste. Denn dann könnte G gegenüber dem Widerruf bzw. der Änderung Rechts- oder Ermessensfehler gelten machen, und sie würde davor bewahrt, von sich aus und ohne weiteres eine teure Umrüstung vornehmen zu müssen. Deshalb ist ihr hilfsweises Begehren darauf gerichtet, dass sie solange nicht zur Nachrüstung der Legehennenanlage verpflichtet ist, wie die BImSchG-Genehmigung unverändert fortbesteht.

III. Eine Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen die 2002 geänderte TNVO scheitert daran, dass die Jahresfrist (§ 93 III BVerfGG) abgelaufen ist. Eine Verfassungsbeschwerde kommt aber nach Durchlaufen des nach den folgenden Ausführungen möglichen Rechtswegs (§ 90 II BVerfGG) in Betracht. Sie hat ein für G ungünstiges letztinstanzliches Urteils zur Voraussetzung und kann deshalb derzeit noch nicht geprüft werden.

(In den dieser Bearbeitung zu Grunde liegenden Originalentscheidungen hat das BVerwG über den Antrag oben II, das BVerfG über die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BVerwG - vgl. vorstehend III - entschieden.)

1. Teil. Klage auf Feststellung, dass § 13 II TNVO nicht auf G anwendbar ist

A. Es könnte eine verwaltungsgerichtliche Klage zulässig sein.

I.
Dann müsste der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 I VwGO eröffnet sein.

1. Voraussetzung ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Das Klagebegehren der G zielt auf die Feststellung, dass der neue § 13 II TNVO für sie nicht gilt und sie nicht zu einer Nachrüstung verpflichtet ist. Streitentscheidend hierfür sind die Vorschriften der TNVO und des BImSchG. Sie sind öffentlich-rechtliche Normen, so dass die auf ihrer Grundlage zu entscheidende Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur ist.

2. Die Streitigkeit müsste nichtverfassungsrechtlicher Art sein. Zwar kann es in dem Prozess auch auf verfassungsrechtliche Fragen ankommen, insbesondere auf die Vereinbarkeit der für G ungünstigen Vorschriften mit Art. 14 GG. Diese Fragen sind aber nur Vorfragen, die den Charakter des Rechtsstreits nicht prägen und nicht zur Annahme einer verfassungsrechtlichen Streitigkeit führen. Diese scheitert auch dem Erfordernis der doppelten Verfassungsunmittelbarkeit, wonach beide Parteien am Verfassungsleben teilnehmende Subjekte sein müssen; weder G noch B sind solche Subjekte. Der Verwaltungsrechtsweg ist zulässig.

II. Der Klageart nach könnte eine Feststellungsklage (§ 43 VwGO) zulässig sein.

1. Sie könnte auf das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet sein. Ein Rechtsverhältnis liegt vor, wenn ein Sachverhalt unter eine Rechtsnorm subsumiert wird und sich daraus eine konkrete Rechtsfolge ergibt. Sachverhalt im vorliegenden Fall ist das Vorhandensein und der Betrieb der Legehennenanlage der G. Rechtsnormen sind §§ 13 II, 38 TNVO, wonach die Haltung der Hennen bestimmte Anforderungen erfüllen muss. G macht geltend, dass die dort vorgesehene Rechtsfolge für sie nicht gilt. Damit bestreitet sie das Bestehen eines Rechtsverhältnisses. Es handelt sich um eine negative Feststellungsklage.

2. Es darf keine Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Leistungsklage zulässig sein (§ 43 II 1 VwGO, Subsidiarität der Feststellungsklage). Eine Anfechtungsklage kommt in Betracht, wenn die zuständige Behörde die vermeintliche Verpflichtung der G zur Nachrüstung durch Verwaltungsakt durchsetzt. Jedoch ist derzeit ein solcher VA nicht ergangen und auch nicht angekündigt; die B-Behörde hat sich auf einen Hinweis beschränkt. Im BImSchG gibt es für einen solchen VA keine Ermächtigungsgrundlage; § 17 BImSchG beschränkt sich auf nachträgliche Anordnungen zum Immissionsschutz. (Nach BVerwG Rdnr. 28 sind nachträgliche Verpflichtungen zu einer tierschutzgemäßen Ausgestaltung der Käfige von der Tierschutzbehörde nach § 16a TierSchG durchzusetzen.) Der Verweis auf einen solchen VA trägt würde auch dem Rechtsschutzbedürfnis der G nicht ausreichend Rechnung tragen, weil G bereits jetzt ein Feststellungsinteresse an der Klärung der Rechtslage hat. Denn wenn sie zur Nachrüstung verpflichtet ist, muss sie umgehend die für Erfüllung dieser Pflicht nötigen Maßnahmen ergreifen, zumal die Verletzung dieser Pflicht als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeld geahndet werden kann (§ 26 I Nr. 17 TNVO).

Die Voraussetzungen für eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO liegen somit vor.

III. Wird mit BVerwGE 100, 262, 271 bei einer Feststellungsklage eine Klagebefugnis analog § 42 II VwGO verlangt, so ist diese gegeben. G kann sich auf eine Verletzung der Art. 12, 14 GG berufen.

IV. Die Behauptung, dass G zur Nachrüstung verpflichtet ist, ging von der B-Behörde aus. Diese ist eine Landesbehörde, so dass die Feststellungsklage gegen das Land zu richten ist (§ 78 I Nr. 1 VwGO).

Eine verwaltungsgerichtliche Feststellungsklage ist zulässig.

B. Für die Begründetheit der Feststellungsklage kommt es darauf an, ob G nach Ablauf der Übergangsregelung in § 38 TNVO von der Regelung des § 13 II TNVO erfasst wird und dazu verpflichtet ist, nur noch Hennen in der dort vorgesehenen Form zu halten.

I. Ob G unter § 13 II TNVO fällt, ist durch Auslegung der §§ 13 II, 38 TNVO zu entscheiden.

1. Dem Wortlaut nach gilt § 13 II für jede Haltungseinrichtung für Legehennen, also auch für die Einrichtung der G. Zwar waren Altanlagen noch bis zum 31. 12. 2009 davon ausgenommen; diese Frist ist aber mittlerweile abgelaufen. Die Übergangsvorschrift des § 38 TNVO spricht zusätzlich für eine Anwendung des § 13 II auf Altanlagen, weil sie unverständlich wäre, wenn Altanlagen von § 13 II auf Dauer ausgenommen wären.

2. Ein solches Ergebnis entspricht auch dem allgemeinen Grundsatz, dass andauernde Vorgänge von Rechtsänderungen erfasst werden. Wird beispielsweise vorgeschrieben, dass eine Heizung bestimmte Emissionsgrenzen nicht überschreiten darf, gilt das auch für Heizungen bereits errichteter Gebäude. Speziell zum Immissionsschutzrecht führt BVerwG Rdnr. 22 aus: Im Immissionsschutzrecht gibt es keinen Grundsatz, dass dem Betreiber eingeräumte Rechtspositionen trotz Rechtsänderungen zu belassen sind und nur gegen Entschädigung entzogen werden dürfen (BVerwGE 124, 47, 61).

3. Gleichwohl gibt es auch Argumente für eine der G günstigere Rechtsauffassung: § 13 II TNVO findet auf BImSchG-Genehmigungen über die die Erteilung einer Genehmigung regelnden §§ 4, 6 BImSchG Anwendung. Deshalb könnte sich der Anwendungsbereich der §§ 6 BImSchG, 13 II TNVO auf den Fall beschränken, dass über die Erteilung einer Genehmigung zu entscheiden ist, und nicht den Fall einer bereits genehmigten Anlage erfassen (dazu im folgenden II.). Weiterhin könnte die nachträgliche Verpflichtung zu einer kapitalintensiven Umrüstung gegen ein Grundrecht der G, insbesondere Art. 14 GG, verstoßen. Das könnte zu einer grundrechtskonformen Auslegung der TNVO oder zu ihrer Verfassungswidrigkeit führen, was im Ergebnis den Antrag der G, dass ihre Anlage nicht unter § 13 II fällt, rechtfertigen würde (dazu III.).

II. G könnte nicht unter § 13 II TNVO fallen, weil sie über eine 1996 erteilte Genehmigung verfügt, es sich also um eine Altanlage handelt, die jedenfalls grundsätzlich Bestandsschutz genießt.

1. Zur Bedeutung einer BImSchG-Genehmigung führt das BVerwG unter Rdnrn. 21 - 25 aus: Nach § 6 Abs. 1 BImSchG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer aufgrund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1), und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2). Zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG gehören auch die anlagenbezogenen Vorschriften des Tierschutzrechts… Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung, die kein Dauerverwaltungsakt ist (…), bewirkt zweierlei: Zum einen gestattet sie die Errichtung und den Betrieb der genehmigten Anlage. Zum anderen stellt sie fest, dass die Anlage mit den zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar ist… Aufgrund der Anknüpfung der Feststellungswirkung an den Zeitpunkt der Genehmigungserteilung kann sie sich jedenfalls nicht auf nachträgliche Rechtsänderungen erstrecken. Nachträglichen Rechtsänderungen kann daher nicht mit dem Einwand begegnet werden, in einen als rechtmäßig festgestellten Bestand dürfe nicht eingegriffen werden… Maßgeblich ist allein, ob die Verpflichtung, die Anlage nachträglichen Rechtsänderungen anzupassen, auf einer gesetzlichen Grundlage beruht und in ihrer konkreten Ausgestaltung verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt.

Im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG folgt die Anpassungspflicht an nachträgliche Rechtsänderungen schon aus der dynamischen Natur der Betreiberpflichten im Sinne von § 5 BImSchG. Zu ihrer Umsetzung dienen die §§ 7, 17, 20 und 21 BImSchG.
Eine solche Anpassungspflicht besteht auch im Anwendungsbereich des § 6 I Nr. 2 BImSchG, ungeachtet dessen, dass das BImSchG keine dahingehende ausdrückliche Regelung enthält. Hierzu führt das BVerwG aus, dass auch die Verpflichtungen, die sich aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zusätzlich ergeben, Änderungen unterworfen sein können. Die Verpflichtung, eine Anlage an solche nachträglichen Änderungen anzupassen, beurteilt sich im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG allein nach dem jeweils einschlägigen Fachrecht, hier also den tierschutzrechtlichen Vorschriften, insbesondere den §§ 2, 2a TierSchG und den Regelungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung.

2. Somit gewährt eine BImSchG-Genehmigung nur einen begrenzten Bestandsschutz, der nicht verhindert, dass verfassungsmäßig erlassene Rechtsänderungen zusätzliche Anforderungen an die Anlage stellen. Daraus folgt, dass die 1996 erteilte Genehmigung einer Anwendung des später erlassenen § 13 II TNVO auf G nicht entgegen steht.

III. Die Verpflichtung zu einer nachträglichen Umrüstung könnte G in ihrem Grundrecht auf Schutz des Eigentums (Art. 14 GG) verletzen.

1. §§ 13 II, 38 TNVO müssten einen Eingriff in Eigentum enthalten.

a) In erster Linie entwerten diese Vorschriften die der G erteilte BImSchG-Genehmigung. Diese ist eine öffentlich-rechtliche Position. Öffentlich-rechtliche Positionen sind nur Eigentum, soweit sie auf dem Einsatz eigener Arbeit oder eigenen Kapitals beruhen. Das dürfte auf eine solche Genehmigung nicht zutreffen. Das BVerfG führt unter Rdnr. 29 aus, dass die Frage, ob die (noch nicht verwirklichte) immissionsschutzrechtliche Genehmigung als solche von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt wird, in der Literatur umstritten ist (bejahend Sellner, Immissionsschutzrecht und Industrieanlagen, 3. Aufl. 2006, S. 192 f. und Dolde NVwZ 1986, S. 873, 874, verneinend Sach, Genehmigung als Schutzschild?: Die Rechtsstellung des Inhabers einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, 1994, S. 100), lässt sie aber wegen der folgenden Überlegungen offen.

b) BVerfG Rdnrn. 27, 28: Anknüpfungspunkt für den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz ist das zivilrechtliche Sacheigentum an der Anlage. Hierauf beschränkt sich der Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG allerdings nicht. Der Anlagenbetreiber tätigt seine (erheblichen) Investitionen in die Anlage gerade auf der Grundlage der den Anlagenbetrieb erst gestattenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Aufgrund dieser Verknüpfung der verwaltungsrechtlichen Grundlagen des Anlagenbetriebs mit den privatwirtschaftlichen Eigenleistungen des Anlagenbetreibers umfasst der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz grundsätzlich auch die durch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vermittelte Rechtsposition. Gemessen hieran stellt die auf der Grundlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung errichtete und in Betrieb genommene Anlage eine von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition dar (vgl. etwa Friauf, WiVerw, 1989, S. 121, 132 f.; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 17 BImSchG Rn. 18, Bearbeitungsstand Oktober 1996). In diese wird durch das Verbot, die Legehennenanlage in der bisherigen und genehmigten Form weiter zu betreiben, eingegriffen.

2. Der Eingriff könnte über Art. 14 I 2 als Inhalts- und Schrankenbestimmung gerechtfertigt sein.

a) §§ 13 II, 38 sind allgemeine Vorschriften, die die Nutzung von Tierhaltungsanlagen beschränken und damit den Inhalt und die Schranken des Eigentums an solchen Anlagen regeln. Sie beruhen auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage (§ 2a TierSchG). Sie dürfen aber keine unzulässige Rückwirkung enthalten und müssen verhältnismäßig sein.

b) Zum Problem der Rückwirkung BVerfG Rdnn. 78 - 83:

aa) §§ 13 ff. in Verbindung mit § 38 TNVO sind am Maßstab des rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbotes zu messen… Das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot enthält für verschiedene Fallgruppen unterschiedliche Anforderungen (vgl. hierzu etwa BVerfGE 101, 239, 263 f).

(1) Eine echte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Sie liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (vgl. BVerfGE 11, 139, 145 f.). Auch in diesem Fall gibt es aber Ausnahmen. Das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (vgl. BVerfGE 88, 384, 404). Es gilt dort nicht, wo sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Das ist namentlich dann der Fall, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht mit dem Fortbestand der Regelungen rechnen konnten. Ferner kommt ein Vertrauensschutz nicht in Betracht, wenn die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste. Schließlich muss der Vertrauensschutz zurücktreten, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung erfordern (vgl. BVerfGE 13, 261,272; 101, 239, 263 f; st. Rspr.).

(2) Eine unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Sie liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet. Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben…

bb) §§ 13 II, 38 TNVO beziehen sich nur auf den Zeitraum nach ihrem Inkrafttreten, haben also keine echte Rückwirkung. Sie haben aber eine unechte Rückwirkung, weil sie auch auf Altanlagen anwendbar sein sollen und deren Wert mindern. Unzulässig wäre diese zunächst dann, wenn G eine Vertrauensschutz zugebilligt werden muss, der das öffentliche Interesse an der getroffenen Regelung überwiegt. Das ist aber nicht der Fall. BVerfG: Die Rückwirkung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn jedenfalls konnte die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt darauf vertrauen, ihre Anlagen dauerhaft beziehungsweise zumindest für einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren unverändert nach Maßgabe der in der Hennenhaltungsverordnung normierten Haltungsanforderungen betreiben zu dürfen. Insbesondere spricht gegen einen Vertrauensschutz der G, dass die Käfighaltung auch schon früher gegen das Tierschutzgesetz verstieß. BVerfG Rdnr. 62: Denn wie das BVerfG in seinem Urteil vom 6. Juli 1999 (BVerfGE 101, 1,30 ff.) festgestellt hat, verstießen die einschlägigen Vorschriften der Hennenhaltungsverordnung gegen § 2a Abs. 1 TierSchG…Die von der Beschwerdeführerin praktizierte Form der Hennenhaltung war daher tierschutzrechtlich stets unzulässig.Das musste G spätestens seit dem BVerfG-Urteil von 1999 auch bekannt sein.

§
§ 13 II, 38 TNVO enthalten somit keine unzulässige Rückwirkung.

c) Als Eingriff in das Eigentumsgrundrecht und als Regelung mit unechter Rückwirkung müssen §§ 13 II, 38 TNVO verhältnismäßig sein. BVerfG Rdnr. 70: Regelungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG…sind nur zulässig, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind. Die Eingriffe müssen zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet und erforderlich sein, insbesondere dürfen sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten und für ihn deswegen unzumutbar sein (vgl. BVerfGE 21, 150, 155; 31, 275, 290;…117, 272, 294, st. Rspr.). Rdnrn. 74 - 76:

aa) §§ 13 ff. in Verbindung mit § 38 TNVO dienen dem legitimen Ziel, die Vorgaben des Tierschutzgesetzes auch in Bezug auf die Haltung von Legehennen umzusetzen und diesen Vorgaben widersprechende Haltungsformen (schrittweise) zu unterbinden. Die Geeignetheit der in §§ 13 ff. TNVO getroffenen Regelungen zur Erreichung dieses Ziels hat die Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogen.

bb) Das darin der Sache nach geregelte Verbot der Haltung von Legehennen in herkömmlichen Käfiganlagen ist erforderlich. Dies gilt auch für seine Erstreckung auf Anlagen, die bereits unter Geltung der Hennenhaltungsverordnung genehmigt und in Betrieb genommen worden sind. Dem Verordnungsgeber stand kein milderes, die Betroffenen weniger belastendes Mittel zur Verfügung, mit dem er seine Ziele ebenso gut hätte erreichen können. Insbesondere würde die Ausklammerung der noch unter Geltung der Hennenhaltungsverordnung genehmigten und in Betrieb genommenen Anlagen dazu führen, dass in diesen Betrieben die tierschutzwidrige Haltung von Legehennen fortgesetzt würde. Mit dieser Einschränkung ihres Anwendungsbereichs wären die in §§ 13 ff. TNVO getroffenen Regelungen zur Erreichung des verfolgten Ziels nicht gleichermaßen geeignet.

cc) Die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Einhaltung der neuen Haltungsanforderungen ab dem 1. Januar 2010 ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Beschwerdeführerin, die die (von Beginn an) tierschutzwidrige Legehennenhaltung auf der Grundlage der Genehmigung vom 7. März 1996 seit mittlerweile mehr als zehn Jahren praktiziert, wird auch unter Berücksichtigung der…erheblichen wirtschaftlichen Nachteile nicht unangemessen belastet. Da G, wie oben b) bb) ausgeführt, mit einem Auslaufen der herkömmlichen Käfighaltung rechnen musste, musste sie auch die finanzielle Vorsorge dafür treffen, dass sie die nötigen Umbaumaßnahmen durchführen lassen kann.

So auch BVerwG Rdnr. 35: Die Neuregelung der Anforderungen an die Haltung von Legehennen und die damit einhergehende nähere Ausgestaltung des Bestandsschutzes ist eine zulässige, insbesondere verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Der Eingriff in Art. 14 GG ist somit gerechtfertigt. Art. 14 GG ist nicht verletzt.

IV. Auch Art. 12 I GG ist nicht verletzt. Zwar greifen §§ 13 II, 38 TNVO in die freie Berufstätigkeit der G ein. Es handelt sich aber um eine nach Art. 12 I 2 zulässige Beschränkung der Berufsausübung, die aus denselben Gründen wie bei Art. 14 (oben III 2 b und c) weder eine unzulässige Rückwirkung enthält noch gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit verstößt. BVerwG Rdnr. 43: Soweit mit den Regelungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit einhergehen, dienen sie vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls. Dazu gehören auch die Erfordernisse des ethisch begründeten Tierschutzes, der, wie sich schon aus Art. 20a GG ergibt, zu den wichtigen Gemeinschaftsgütern zählt.


V. Ergebnis: Die Auslegung der §§ 13 II, 38 TNVO hat ergeben, dass diese Vorschriften auf G anwendbar sind. Dem stehen weder die Erlaubnis von 1996 noch die Grundrechte der G entgegen. Der auf eine gegenteilige Feststellung gerichtete Hauptantrag ist unbegründet.

2. Teil. Hilfsantrag auf Feststellung, dass G erst nach Abänderung der BImSchG-Genehmigung zur Umrüstung verpflichtet ist

Da der Hauptantrag keinen Erfolg hat, ist über den Hilfsantrag zu entscheiden. Die Zulässigkeit einer Verbindung von Haupt- und Hilfsantrag im vorliegenden Fall ergibt sich aus § 44 VwGO.

A. Auch dieser Antrag ist nach §§ 40 I, 43 VwGO als Feststellungsantrag zulässig.

B. Für die Prüfung der Begründetheit ist von den Ergebnissen des 1. Teils auszugehen, wonach G unter die Nachrüstungspflicht der §§ 13 II, 38 TNVO fällt.

I. Damit ist aber noch nicht entschieden, wie diese Verpflichtung umgesetzt wird. Denn hierfür gibt es zwei Möglichkeiten: 1) Die Umsetzung erfolgt, indem die BImSchG-Genehmigung durch VA geändert wird. 2) Ohne eine solche Änderung ergibt sich das Verbot des Weiterbetriebs der herkömmlichen Käfighaltung unmittelbar aus der TNVO.

II. Auch diese Frage ist durch Auslegung der TNVO zu entscheiden. BVerwG Rdrn. 27, 28: Für die Umsetzung der (verschärften) tierschutzrechtlichen Anforderungen an die Haltung von Legehennen hat der Gesetzgeber den Weg über eine unmittelbar geltende Verordnung beschritten. Aus Wortlaut und Regelungszweck der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung geht eindeutig hervor, dass sie die Pflichten der Betreiber von Haltungsanlagen für Legehennen zu Erwerbszwecken und die Anforderungen an die Haltungseinrichtungen unmittelbar gestaltet. Die Verordnung richtet sich unmittelbar an die Halter von Nutztieren (§ 4 TNVO) und bestimmt konkrete Haltungsvoraussetzungen und anlagenbezogene Anforderungen (§§ 3, 13 bis 14 TNVO). Sie begründet Ordnungswidrigkeitentatbestände, die voraussetzen, dass die im Einzelnen aufgeführten Gebote und Verbote der Verordnung unmittelbare Wirkung entfalten (§ 26 I Nr. 17 TNVO). Zudem enthält sie Übergangsvorschriften, die aus der unmittelbaren Geltung der Verordnung entstehende Härten für zugelassene Haltungseinrichtungen nach Maßgabe gestufter Regelungen abmildern sollen (§ 38 TNVO). Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung wirkt damit unmittelbar auf die Rechtsposition der Betreiber bereits zugelassener Anlagen zur Haltung von Legehennen ein. Eine Aufhebung oder Änderung der Genehmigung vom 7. März 1996 oder eine nachträgliche Anordnung sind zur Durchsetzung der Anforderungen der Verordnung nicht erforderlich.

Ergebnis: Auch der Hilfsantrag ist unbegründet. G kann nicht mit einer ihr günstigen Entscheidung rechnen. (Das BVerwG hat die Klage mit dem im 2. Teil behandelten Antrag abgewiesen, das BVerfG hat die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, dies aber ausführlich begründet.)


Zusammenfassung