Bearbeiter: Prof. Dieter Schmalz

Streitigkeit zwischen Bund und Land nach § 50 I Nr. 1 VwGO. Fortsetzungsfeststellungsklage, § 113 I 4 VwGO; Erledigung des Verwaltungsakts, § 43 II VwVfG. Feststellungsklage, § 43 VwGO; Begriff des Rechtsverhältnisses. Bindung des Bundes an Landesrecht. Erlass von Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern. Konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes nach Art. 74 I Nr. 21 GG

BVerwG
Urteil vom 25. 9. 2008 (7 A 4.07) www.bundesverwaltungsgericht.de

Fall (Schleusenturm am Nord-Ostsee-Kanal)

Die Bundeswasserstraßenverwaltung der Bundesrepublik Deutschland (künftig als K bezeichnet, weil spätere Klägerin) ist Eigentümerin eines im Lande L gelegenen Kanals und der dazu gehörenden Schleusenanlage, zu der wiederum ein vor dem 1. Weltkrieg gebauter Turm gehört. Der Schleusenturm wird nicht mehr für den ursprünglichen Zweck genutzt, sondern im Untergeschoss sind Teile der zentralen Heizung für die Schleusenanlage und die Schaltzentrale untergebracht.

Als das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt der K damit begann, das nicht mehr genutzte Obergeschoss des Schleusenturmes abreißen zu lassen, erließ die zuständige Denkmalschutzbehörde B des Landes L, gestützt auf das Landesdenkmalschutzgesetz, am 13. 10. 2006 eine Anordnung, wonach der Turm vorläufig unter Denkmalschutz gestellt wurde. Eine vollständige oder teilweise Beseitigung bedürfe der vorherigen Genehmigung der B. Der Anordnung war eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, wonach „innerhalb eines Monats nach Zustellung Widerspruch schriftlich bei der B-Behörde“ einzulegen sei.

Zwei Monate nach Zustellung der Anordnung hat K Widerspruch eingelegt, über den bisher nicht entschieden wurde. Auch ist eine endgültige Unterschutzstellung des Turms durch Eintragung in das Denkmalbuch nicht erfolgt. Weitere zwei Monate später will K verwaltungsgerichtliche Klage erheben. Sie hält die Unterschutzstellung für rechtswidrig. Außerdem bestreitet sie allgemein und im vorliegenden Fall, dass sie bei Arbeiten an Anlagen des Kanals eine Genehmigung der B-Behörde einzuholen hat. Hätte die Klage Aussicht auf Erfolg ?

Landesdenkmalschutzgesetz (DSchG)

§ 5 Unterschutzstellung

(1) Kulturdenkmale, die wegen ihres geschichtlichen, wissenschaftlichen, künstlerischen, städtebaulichen oder die Kulturlandschaft prägenden Wertes von besonderer Bedeutung sind, sind in das Denkmalbuch einzutragen. - Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass der Schleusenturm wegen seines städtebaulichen Wertes von besonderer Bedeutung ist.

§ 7 Vorläufiger Schutz

(1) Die Denkmalschutzbehörde kann anordnen, dass eine Sache, mit deren Eintragung in das Denkmalbuch zu rechnen ist, vorläufig als eingetragenes Kulturdenkmal gilt.

(2) Die Anordnung ist dem Verfügungsberechtigten zuzustellen. Sie verliert ihre Wirksamkeit, wenn nicht spätestens binnen drei Monaten die endgültige Eintragung erfolgt.

§ 9 Genehmigungsbedürftige Maßnahmen

(1) Der Genehmigung der Denkmalbehörde bedürfen,

1. die Instandsetzung, die Veränderung und die Vernichtung eines eingetragenen Kulturdenkmals,…

Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG)

§ 7 Allgemeine Vorschriften über Unterhaltung und Betrieb

(4) Bei der Unterhaltung der Bundeswasserstraßen sowie der Errichtung und dem Betrieb der bundeseigenen Schifffahrtsanlagen sind die Erfordernisse des Denkmalschutzes zu berücksichtigen.

§ 48 Anforderungen der Sicherheit und Ordnung

Satz 1: Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ist dafür verantwortlich, dass die bundeseigenen Schifffahrtsanlagen und Schifffahrtszeichen sowie die bundeseigenen wasserbaulichen Anlagen allen Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen. Satz 2: Behördlicher Genehmigungen, Erlaubnisse und Abnahmen bedarf es nicht.

1. Teil. Verwaltungsgerichtliche Klage gegen die Anordnung vom 13. 10. 2006

A. Zulässigkeit

I.
Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 I VwGO gegeben.

1. Streitentscheidende Normen sind die Vorschriften des WaStrG, des LDSchG, evtl. Vorschriften des GG über die Zuständigkeitsverteilung im Bundesstaat. Sämtliche dieser Vorschriften gehören zum öffentlichen Recht, so dass eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegt.

2. Die wesentlichen der anzuwendenden Normen gehören zum Verwaltungsrecht und nicht zum Verfassungsrecht. Somit ist die Streitigkeit auch nichtverfassungsrechtlicher Art.

II. In dem hier gegebenen Fall, dass eine Bundesbehörde bzw. der Bund als deren Rechtsträger gegen eine Landesbehörde bzw. gegen das Land klagt, bedarf es einer Bestimmung des instanziell zuständigen Verwaltungsgerichts. Denn abweichend von der normalen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts 1. Instanz könnte hier das Bundesverwaltungsgericht zuständig sein. Nach § 50 I Nr. 1 VwGO entscheidet das BVerwG im ersten und letzten Rechtszug über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den Ländern…

Im Originalfall hatte der Bund sich auf diese Vorschrift gestützt und Klage vor dem BVerwG erhoben. Das Land Schl-H hatte dem widersprochen, so dass eine Vorabentscheidung des BVerwG erforderlich wurde, die dieses mit Beschluss vom 19. 3. 2008 (gleiches Aktenzeichen wie in der Hauptsache) getroffen hat.

1. BVerwG Rdnr. 4: Aufgrund der Rüge des Beklagten entscheidet der Senat nach § 83 Satz 1 VwGO, § 17a Abs. 3 GVG vorab über die sachliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts.

2. Zur Auslegung dieser Vorschrift führt das BVerwG unter Rdnr. 6 aus: Die Sonderregelung des § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO schließt von den sonst geltenden Zuständigkeitsbestimmungen nur diejenigen Verfahren aus, deren Gegenstände durch die Eigenart der Bund-Länder-Beziehung geprägt sind. Die erstinstanzliche Zuständigkeit des BVerwG ist demgemäß nur bei Streitigkeiten begründet, die sich in ihrem Gegenstand einem Vergleich mit den landläufigen Verwaltungsstreitigkeiten entziehen. Um Fälle dieser Art handelt es sich namentlich dann, wenn der Rechtsstreit durch die Frage geprägt ist, wie die Hoheitsrechte des Bundes einerseits und des Landes andererseits voneinander abzugrenzen sind (…). Demgemäß hat das BVerwG seine sachliche Zuständigkeit nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO für eine Streitigkeit angenommen, die das Verhältnis zwischen der Ordnungshoheit des Landes und der Verteidigungshoheit des Bundes betraf, nämlich die Frage, ob ein Land bei einer der Verteidigungshoheit zugeordneten baulichen Anlage aus Gründen der öffentlichen Ordnung nach der Landesbauordnung Änderungen verlangen kann (NJW 1977, 163). Ebenso hat es seine Zuständigkeit für eine Streitigkeit über die Frage angenommen, ob ein Planfeststellungsbeschluss der Bundeswasserstraßenverwaltung gemäß § 14 Abs. 3 WaStrG des Einvernehmens der zuständigen Landesbehörde bedurfte, weil das Vorhaben Belange der Landeskultur berührte (NVwZ 2002, 1239 [1240]).

3. BVerwG Rdnr. 7, 8: Die Voraussetzungen des § 50 Abs.1 Nr. 1 VwGO sind auch hier gegeben. Die Klägerin leitet die Rechtswidrigkeit der vorläufigen Unterschutzstellung und die fehlende Genehmigungspflicht für bauliche Maßnahmen aus Normen her, die die Hoheitsbefugnisse des Bundes gegenüber den Vollzugsbehörden der Länder abgrenzen. Der Rechtsstreit wird durch die Auslegung dieser Normen geprägt.

Somit ist das BVerwG für die Entscheidung des Rechtsstreits sachlich zuständig. Die Klage müsste beim BVerwG in Leipzig erhoben werden.

III. Es ist die Klageart zu bestimmen, die sich nach dem Klagebegehren der K richtet (§ 88 VwGO). Im vorliegenden Zusammenhang (1.Teil) wendet sich K gegen die vorläufige Unterschutzstellung vom 13. 10. 2006.

1. Diese war ein Verwaltungsakt, entweder gemäß § 35 Satz 2 Fall 2 VwVfG, weil der Schleusenturm durch die Anordnung die öffentlich-rechtliche Eigenschaft eines Denkmals erhalten hat, oder als eine die Denkmaleigenschaft feststellende Regelung im Einzelfall (§ 35 Satz 1 VwVfG).

a) Ursprünglich war deshalb eine gegen diese Maßnahme gerichtete Anfechtungsklage statthaft (§ 42 I VwGO).

b) Der VA könnte aber inzwischen unwirksam geworden sein (§ 43 II VwVfG). Die Unwirksamkeit würde den Wegfall des VA bedeuten und damit die Anfechtungsklage, weil sie keinen aufhebbaren VA mehr zum Gegenstand hätte, unzulässig machen.

aa) Die Unterschutzstellung könnte sich dadurch „auf andere Weise erledigt“ haben (§ 43 II VwVfG), dass der Schleusenturm abgerissen worden ist. Ein VA, der sich auf ein bestimmtes Objekt bezieht, erledigt sich mit dem Wegfall des Objekts. Allerdings kann ein vollständiger Abriss dem Sachverhalt nicht entnommen werden, so dass aus tatsächlichen Gründen eine vollständige Erledigung nicht angenommen werden kann. Die Unterschutzstellung könnte sich noch auf das bisher erhalten gebliebene Untergeschoss beziehen.

bb) Nach § 43 II VwVfG kann sich ein VA auch durch Zeitablauf erledigen. Nach § 7 II 2 DSchG verliert die vorläufige Unterschutzstellung ihre Wirksamkeit, wenn nicht binnen drei Monaten die endgültige Unterschutzstellung erfolgt. Im Zeitpunkt der Klageerhebung sind bereits vier Monate abgelaufen, ohne dass eine endgültige Unterschutzstellung erfolgt ist. BVerwG Rdnr. 11: Die vorläufige Unterschutzstellung hat deshalb mit Ablauf des 16. Januar 2007 ihre Wirksamkeit verloren. Das Maschinenhaus und der Pegelturm gelten nicht mehr als eingetragene Kulturdenkmale. Die Klägerin unterliegt seither bezogen auf diese Anlagen keinen denkmalrechtlichen Pflichten mehr, die an eine vorläufige Unterschutzstellung anknüpfen.

cc) Das BVerwG sieht in der Unterschutzstellung einen VA mit Dauerwirkung, dessen Rechtswirkung (und Rechtmäßigkeit) zeitabschnittsweise unterschiedlich beurteilt werden kann. Die zu einem späteren Zeitpunkt (3 Monate nach Erlass) eingetretene Erledigung durch Zeitablauf hat die Rechtswirksamkeit für die vorausgegangenen drei Monate unberührt gelassen. BVerwG Rdnr. 12: Zwar hat sich die vorläufige Unterschutzstellung nur mit Wirkung für die Zukunft erledigt. Für die drei Monate vom 16. Oktober 2006 bis zum 16. Januar 2007 galten der ehemalige Pegelturm und das ehemalige Maschinenhaus als eingetragene Kulturdenkmale. Diese in der Vergangenheit liegende Wirkung der Verfügung könnte durch deren Aufhebung beseitigt werden.

Jedoch wird die Klägerin durch die in der Vergangenheit liegende Wirkung der Verfügung nicht mehr beschwert. Die zuständigen Denkmalschutzbehörden haben anknüpfend an die vorläufige Unterschutzstellung keine weiteren gegen die Klägerin gerichteten denkmalrechtlichen Maßnahmen getroffen, die jetzt noch fortbestehen und die eine in der Vergangenheit bestehende vorläufige Unterschutzstellung zur Voraussetzung haben. Die Denkmalschutzbehörden sind vielmehr nach Anordnung der vorläufigen Unterschutzstellung gegenüber der Klägerin untätig geblieben. Wegen des Wegfalls der fingierten Denkmaleigenschaft können derartige Maßnahmen jetzt nicht mehr getroffen werden, etwa eine Verpflichtung zum Wiederaufbau des teilweise abgetragenen Gebäudes.
Rdnr. 10: Für die Aufhebung der Verfügung [mit Wirkung für die Vergangenheit] fehlt der Klägerin das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Die Klägerin ist durch die vorläufige Unterschutzstellung nicht mehr beschwert.

c) Somit ist gegen die Unterschutzstellung eine Anfechtungsklage nicht (mehr) zulässig.

2. Zulässig sein könnte eine ursprüngliche Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 I 4 VwGO.

a) Dass die Unterschutzstellung ein VA ist und sich erledigt hat, ergibt sich aus den Ausführungen oben 1 b bb). BVerwG Rdnr. 14: Eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auch dann statthaft, wenn sich der Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt hat (BVerwGE 129, 142).

b) K müsste ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit haben. Dieses könnte sich aus einer Wiederholungsgefahr ergeben. BVerwG Rdnr. 16: Ein solches Interesse liegt vor, wenn die hinreichend konkrete Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (…). Das beklagte Landesamt hat gegenüber der Klägerin deutlich gemacht, es halte weitere bundeseigene Schifffahrtsanlagen für geeignet, als Kulturdenkmal in das Denkmalbuch eingetragen zu werden. Zwischen den Beteiligten ist aus Anlass der erledigten Verfügung allein die Frage streitig geworden, ob eine vorläufige Unterschutzstellung bundeseigener Schifffahrtsanlagen unzulässig in die Hoheitsbefugnisse des Bundes eingreift und gemäß § 7 Abs. 4, § 48 WaStrG von vornherein unzulässig ist. Diese Frage macht das Wesentliche des Streits der Beteiligten aus und würde sich bei jeder vorläufigen oder endgültigen Unterschutzstellung unverändert erneut stellen. Für die drohende Wiederholungsgefahr sind die konkreten Gegebenheiten der einzelnen Anlagen und deren Bewertung als denkmalwürdig ebenso unwesentlich wie die Frage, ob sie nur vorläufig oder endgültig unter Schutz gestellt werden sollen.

c) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist allerdings nicht mehr zulässig, wenn der VA vor Erledigung schon bestandskräftig geworden war. Das könnte sich hier daraus ergeben, dass K erst nach Ablauf der Monatsfrist des § 70 I VwGO Widerspruch eingelegt hat. Dazu BVerwG Rdnr. 16: Die Klage ist nur zulässig, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt seiner Erledigung noch nicht bestandskräftig war…Die Klägerin konnte gegen die Verfügung abweichend von § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO binnen eines Jahres seit Zustellung Widerspruch einlegen, weil die Verfügung mit einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung versehen war (§ 58 Abs. 2 VwGO)). Die Rechtsmittelbelehrung enthielt den irreführenden Zusatz, der Widerspruch sei schriftlich einzulegen, ohne die weitere zulässige Möglichkeit zu erwähnen, den Widerspruch zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben (BVerwGE 57, 188 Nr. 39). Es genügt, wenn die irreführende Belehrung objektiv geeignet ist, die Einlegung des Rechtsmittels zu erschweren. Es kommt nicht darauf an, ob der zu beanstandende Zusatz tatsächlich einen Irrtum hervorgerufen und dazu geführt hat, dass das Rechtsmittel nicht (rechtzeitig) eingelegt worden ist (BVerwG NVwZ 1998, 170).

Somit war der VA noch nicht bestandskräftig. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig.

B. Begründet ist die Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 I 1 VwGO, wenn der VA vor seiner Erledigung rechtswidrig war und die K in ihren Rechten verletzt hat.

I. Ermächtigungsgrundlage für die vorläufige Unterschutzstellung sind §§ 7 I, 5 I DSchG. Gegen deren Anwendbarkeit im vorliegenden Fall bestehen aber deshalb Bedenken, weil die darauf gestützten Maßnahmen sich gegen den Bund als zuständige Behörde für die Verwaltung der Bundeswasserstraßen (vgl. Art. 89 II GG) richten.

1.Früher wurde vielfach die Auffassung vertreten, ein Hoheitsträger (hier: das Land L durch die Denkmalschutzbehörde) dürfe grundsätzlich keine Maßnahmen ergreifen, die sich im Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers (hier: des Bundes als Wasser- und Schifffahrtsbehörde) auswirken. Zwar ist anerkannt, dass der Bund z. B. beim Bau oder der Verwaltung der Bundesfernstraßen oder Bundeswasserstraßen auch die Fachgesetze der Länder zu beachten hat, insbesondere Vorschriften des Naturschutzes und des Denkmalschutzes (sog. fachfremde Gesetze). Jedoch bestünde keine Befugnis einer Landesbehörde , einen anderen Hoheitsträger wie beispielsweise den Bund durch VA zur Beachtung der Gesetze anzuhalten. Vielmehr sei jeder Hoheitsträger selbst dafür verantwortlich, dass er die Gesetze einschließlich der fachfremden beachtet.

2.
Nach neuerer Rspr., die das BVerwG im vorliegenden Fall bestätigt, sind aber VAe von Fachbehörden gegenüber einem anderen Hoheitsträger nicht mehr grundsätzlich ausgeschlossen. Vielmehr richtet sich diese Frage nach den Fachgesetzen. BVerwG Rdnrn. 18 - 23: Eine fehlende Vollzugskompetenz der Landesdenkmalbehörden lässt sich nicht schon mit einem vermeintlich dem Gesetz voraus liegenden Grundsatz begründen, nämlich einem (allgemeinen) Verbot behördlicher Eingriffe in den Aufgabenbereich anderer selbstständiger Hoheitsträger. Maßgeblich sind vielmehr die Vorschriften des jeweils einschlägigen Fachrechts (BVerwGE 117, 1 [2 f.]). So wurde von BVerwG NVwZ 2003, 346 („Frankfurter Panoramabad“) der Erlass eines immissionsschutzrechtlichen VA zugelassen. Dementsprechend prüft das BVerwG im vorliegenden Fall, ob sich dem LDSchG oder dem WaStrG entnehmen lässt, dass sich die Befugnis des Landesdenkmalschutzbehörde nicht auf Maßnahmen gegenüber einer Bundesbehörde erstreckt:

a) Weder aus § 5LDSchG noch aus anderen Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes ergibt sich, dass von einer Eintragung in das Denkmalbuch Sachen ausgenommen sind, die im Eigentum eines Hoheitsträgers stehen und ihm zur Erfüllung seiner hoheitlichen Aufgaben dienen. Daher ist auch eine vorläufige Unterschutzstellung solcher Sachen zulässig.

b) Eine Ausnahme für bundeseigene Schifffahrtsanlagen ergibt sich auch nicht aus dem Bundeswasserstraßengesetz, namentlich nicht aus § 7 Abs. 4 oder § 48 WaStrG.

aa) Nach § 7 Abs. 4 WaStrG sind bei der Unterhaltung der Bundeswasserstraßen sowie der Errichtung und dem Betrieb der bundeseigenen Schifffahrtsanlagen die Erfordernisse des Denkmalschutzes zu berücksichtigen. Der Vorschrift lässt sich nichts dafür entnehmen, die für den Vollzug der Landesdenkmalgesetze zuständigen Behörden sollten bereits gehindert sein, bundeseigene Schifffahrtsanlagen formell unter Denkmalschutz zu stellen… Die Entstehungsgeschichte belegt, dass die Erfordernisse des Denkmalschutzes im Sinne des § 7 Abs. 4 WaStrG gerade solche sind, die durch eine förmliche Unterschutzstellung erst begründet werden… Die Festlegung der Denkmaleigenschaft einer Anlage belässt § 7 Abs. 4 WaStrG bei den dafür zuständigen und entsprechend fachlich ausgestatteten Landesbehörden. Deren Entscheidung macht die Vorschrift des § 7 Abs. 4 WaStrG für die Wasser- und Schifffahrtsbehörden erst handhabbar.

bb) Auch aus § 48 Satz 2 WaStrG, der die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes von Genehmigungen anderer Behörden freistellt, ergibt sich kein Ausschluss der Befugnis zur vorläufigen Unterschutzstellung durch die zuständige Landesbehörde. Die vorläufige Unterschutzstellung führt dazu, dass die Sache vorläufig als eingetragenes Kulturdenkmal gilt und wie ein solches behandelt wird. Ebenso wie aus der endgültigen Eintragung in das Denkmalbuch ergeben sich aus der vorläufigen Unterschutzstellung Rechtsfolgen, die sich nicht in der Begründung einer Genehmigungspflicht erschöpfen. So ist der Eigentümer nach § 10 DSchG verpflichtet, der oberen Denkmalschutzbehörde mitzuteilen, wenn er ein eingetragenes Kulturdenkmal veräußert. Nach § 12 DSchG hat der Eigentümer, Besitzer und sonstige Verfügungsberechtigte für die Erhaltung eines eingetragenen Kulturdenkmals zu sorgen, soweit ihm das zumutbar ist. Aus § 48 Satz 2 WaStrG kann sich mithin nur ergeben, dass die Denkmalschutzbehörden gegenüber der Klägerin eine einzelne Rechtsfolge nicht geltend machen können, die an die Eintragung bundeseigener Schifffahrtsanlagen und wasserbaulicher Anlagen in das Denkmalbuch anknüpft. Hingegen hindert § 48 WaStrG nicht schon die Begründung der Denkmaleigenschaft der Anlage, weil mit der Denkmaleigenschaft auch Rechtsfolgen verbunden sind, die durch § 48 WaStrG nicht ausgeschlossen werden.

Somit ist es nicht ausgeschlossen, dass die B-Behörde eine Unterschutzstellung eines Denkmals auch gegenüber der Wasserstraßenverwaltung der K vornimmt. §§ 7 I, 5 I DSchG sind anwendbar.

II. Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der vorläufigen Unterschutzstellung bestehen nicht. Insbesondere hat die zuständige Denkmalschutzbehörde B gehandelt. Davon, dass es vorherige Kontakte zwischen der B-Behörde und dem Wasser- und Schifffahrtsamt gegeben hat und letzteres dadurch angehört worden ist (§ 28 VwVfG), kann ausgegangen werden.

III. In materieller Hinsicht müssen die Voraussetzungen der §§ 7 I, 5 I DSchG vorliegen. Das ist nach dem Sachverhalt der Fall und war auch im Originalfall zwischen Bund und dem Land Schleswig-Holstein nicht streitig.

IV. Was die Rechtsfolge betrifft, so steht die vorläufige Unterschutzstellung nach § 7 I DSchG - im Gegensatz zur endgültigen Unterschutzstellung, die nach § 5 I DSchG eine gebundene Entscheidung ist - im Ermessen. Dem Sachverhalt kann jedoch kein Ermessensfehler entnommen werden.

Ergebnis: Die vorläufige Unterschutzstellung war rechtmäßig. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist unbegründet. Sie hätte keine Aussicht auf Erfolg.

2. Teil. K wendet sich gegen die Genehmigungsbedürftigkeit von Arbeiten an den Kanalanlagen

A. Zulässigkeit einer Klage

I.
Auch insoweit wäre der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 I VwGO zulässig, weil streitentscheidende Norm § 48 Satz 2 WaStrG ist. Zuständiges Gericht wäre auch hier das BVerwG als erste und letzte Instanz (§ 50 I Nr. 1 VwGO).

II. Klageart könnte eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO sein.

1. Die Klage der K könnte auf das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet sein.

a) In erster Linie (im Originalfall mit dem Hauptantrag) zielt das Klagebegehren der K auf die generelle Feststellung, dass K bei Arbeiten an ihren Kanalanlagen eine Genehmigung der B-Behörde einzuholen hat. Der Klageantrag mit diesem Inhalt müsste auf das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet sein.

aa) BVerwG Rdnr. 30, 31: Ein konkretes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liegt vor, wenn die Anwendung einer öffentlich-rechtlichen Norm auf einen bestimmten, bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist (BVerwGE 124, 47[54]). An einem Rechtsverhältnis in diesem Sinne fehlt es, wenn Gegenstand der begehrten Feststellung eine abstrakte Rechtsfrage ist, etwa die Auslegung einer bestimmten Rechtsnorm losgelöst von einem konkreten Sachverhalt.

bb) Die zwischen den Beteiligten streitige Genehmigungsbedürftigkeit nach § 9 DSchG setzt die vorläufige oder endgültige Unterschutzstellung der betroffenen Anlage voraus. Ohne eine solche Unterschutzstellung fehlt noch ein konkreter Sachverhalt, auf den sich die Anwendung der Norm beziehen kann. Beantwortet werden könnte nur die abstrakte Frage, ob für Schifffahrtsanlagen und wasserbauliche Anlagen des Bundes durch Unterschutzstellung eine Genehmigungspflicht begründet wird oder ob § 48 WaStrG dem allgemein entgegensteht. Die Streitigkeit um die Beantwortung dieser abstrakten Frage begründet aber keinen Streit um ein konkretes Rechtsverhältnis. Ein Antrag mit dem oben a) beschriebenen Inhalt wäre nach § 43 VwGO nicht zulässig.

b) K könnte die Feststellung der Nichtgenehmigungsbedürftigkeit auf die Arbeiten an dem Schleusenturm beschränken (so im Originalfall in Form eines Hilfsantrags).

aa) BVerwG Rdnr. 32: Aus den Überlegungen oben bb) ergibt sich zugleich, dass dem Hilfsantrag ein konkretes Rechtsverhältnis zugrunde liegt. Er bezieht sich auf bundeseigene Schifffahrtsanlagen im Bereich der Brunsbütteler Schleusen, namentlich den ehemaligen Pegelturm und das ehemalige Maschinenhaus. Insoweit hatte das beklagte Landesamt eine vorläufige Unterschutzstellung angeordnet. Hieran anknüpfend war zwischen den Beteiligten streitig, ob diese vorläufige Unterschutzstellung ein Genehmigungserfordernis für beabsichtigte weitere Bauarbeiten an den beiden Gebäuden ausgelöst hat.

bb) Allerdings waren die Teile des Turmes, an deren Abbruch K ein Interesse hatte, bereits abgebrochen. BVerwG Rdnr. 33: Gegenstand der Feststellungsklage kann auch ein vergangenes Rechtsverhältnis sein, bei dem sich die Rechtsbeziehungen zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits erledigt haben (BVerwGE 92, 172 [174]).

Somit ist der Streit um die Frage, ob gerade Arbeiten an dem Schleusenturm eine Genehmigungspflicht begründen, ein Streit um ein konkretes Rechtsverhältnis.

2. K kann ihr Interesse nicht mit einer anderen, rechtsschutzintensiveren Klageart durchsetzen, so dass die Subsidiarität der Feststellungsklage hier nicht entgegen steht.

3. BVerwG Rdnr. 33: Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass das streitige Rechtsverhältnis, nämlich die Genehmigungsbedürftigkeit von Arbeiten an den unter Schutz gestellten baulichen Objekten, nicht bestand. Dieses berechtigte Interesse ergibt sich aus der schon dargelegten Wiederholungsgefahr.

Folglich ist die Feststellungsklage mit dem unter b) beschriebenen Antragsinhalt zulässig. Sie ist gegen das Land L zu richten (§ 61 Nr. 1 VwGO).

B. Die Feststellungsklage ist begründet, wenn für den Teil-Abbruch des Schleusenturms keine Genehmigung der B-Behörde einzuholen war.

I. Grundsätzlich ergab sich eine Genehmigungsbedürftigkeit aus § 9 DSchG. Auf diese Rechtslage war in der - inzwischen erledigten - Anordnung vom 13. 10 2006 hingewiesen worden.

II. Etwas anderes könnte sich aber aus § 48 Satz 2 WaStrG ergeben.

1. Zur Bedeutung des § 48 WaStrG führt das BVerwG unter Rdnr. 37 aus:

a) Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes dafür verantwortlich, dass die bundeseigenen Schifffahrtsanlagen und wasserbaulichen Anlagen allen Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen. Der Begriff Sicherheit und Ordnung ist nicht eingeengt auf das technische Sicherheitsrecht, sondern in dem überkommenen Sinne zu verstehen, den er im Allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht erhalten hat. Die öffentliche Sicherheit umfasst neben dem Schutz zentraler Rechtsgüter die Unversehrtheit der Rechtsordnung [Schutzgut „positives Recht“]. § 48 Satz 1 WaStrG bedeutet danach, dass die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes beim Bau, der Instandsetzung, Änderung, aber auch der Beseitigung von Schifffahrtsanlagen und wasserbaulichen Anlagen die allgemeine Rechtsordnung einzuhalten hat, und damit auch solche Vorschriften außerhalb des fachbezogenen Wasserstraßenrechts zu beachten hat [so auch bereits oben 1. Teil B I 1], welche die Anforderungen der öffentlichen Sicherheit für ihren Sachbereich konkretisieren. Dazu gehören die Vorschriften der Landesdenkmalgesetze, die Teil der öffentlichen Sicherheit in dem hier gemeinten weiten Sinne sind.

b) Auf diese umfassend erfassten fachfremden Vorschriften bezieht sich wiederum Satz 2 des § 48 WaStrG. Er bedeutet, dass die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes in diesen fachfremden Gesetzen vorgesehene behördliche Genehmigungen nicht einzuholen braucht. § 48 WaStrG bedeutet danach in seiner Gesamtheit, dass die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes bei Bau, Unterhaltung, baulicher Änderung oder Abriss von bundeseigenen Schifffahrtsanlagen zwar materiell umfassend an fachfremde Vorschriften gebunden ist, von formellen Erfordernissen dieser Fachgesetze jedoch freigestellt ist. Eine Vollzugskompetenz der Landesdenkmalbehörden besteht insoweit nicht. Danach braucht K keine Genehmigungen der B-Behörde einzuholen.

2. § 48, 2 WaStrG könnte allerdings die Genehmigungsbedürftigkeit nach § 9 DSchG nicht beseitigen, wenn die Vorschrift verfassungswidrig und damit nichtig wäre. Das hängt davon ab, ob § 48, 2 durch die Gesetzgebungskompetenz des Bundes gedeckt ist.

a) BVerwG Rdnr. 40: Dem Bund steht gemäß Art. 74 I Nr. 21 GG die konkurrierende Gesetzgebung für die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen zu. Er kann insoweit Regelungen treffen, die sich auf die Wasserstraßen als Verkehrswege beziehen…Der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ist die Aufgabe übertragen, die Bundeswasserstraßen als Verkehrsträger in einem für den Schiffsverkehr erforderlichen Zustand zu erhalten. § 48 WaStrG ermöglicht, diese Aufgabe effektiv wahrzunehmen. Er gibt der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes auf, in eigener Verantwortung ohne Bindung an formelle Erfordernisse fachfremder Gesetze dafür zu sorgen, dass die bundeseigenen Schifffahrtsanlagen allen Anforderungen der Sicherheit und Ordnung entsprechen und dadurch die Funktion der Wasserstraßen als Verkehrswege nicht beeinträchtigen. Gerade die Wahrung denkmalrechtlicher Anforderungen kann etwa mit den Anforderungen an die Verkehrssicherheit und Verkehrsfunktion einer Bundeswasserstraße kollidieren. Die dabei notwendige Abwägung (§ 8 DSchG) kann und muss die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung selbst vornehmen. Insoweit vollzieht der Bund ausnahmsweise Landesrecht.

b)
Somit bedarf K für die unter § 48 WaStrG fallenden Anlagen keiner Genehmigung.

3. Der Wegfall der Genehmigungsbedürftigkeit von Arbeiten an dem Schleusenturm hat weiterhin zur Voraussetzung, dass der Schleusenturm unter § 48 WaStrG fällt. BVerwG Rdnr. 41: § 48 WaStrG erfasst die hier unter Schutz gestellten Anlagen. Sie sind Schifffahrtsanlagen im Sinne dieser Vorschrift. Zu den Schifffahrtsanlagen gehören alle Anlagen, die in einer Beziehung zur Verkehrsfunktion der Wasserstraße stehen, indem sie diese Funktion ermöglichen, aufrechterhalten, verbessern oder sicherer machen… Nach § 1 Abs. 4 Nr. 1 WaStrG gehören dazu unter anderem Schleusen. Sowohl die zentrale Heizanlage als auch die Schaltzentrale stehen in einem funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb der Schleuse. Die ihrer Unterbringung dienenden Gebäude gehören damit zu den Schifffahrtseinrichtungen. Dabei kann nicht zwischen einzelnen genutzten oder leerstehenden Räumen und Stockwerken innerhalb der Gebäude differenziert werden.

4. Folglich bedurfte K für die Arbeiten an dem Schleusenturm keiner Genehmigung der Denkmalschutzbehörde. Der Feststellungsantrag wäre begründet. BVerwG Rdnr. 9: Die Klage hat mit dem (Hilfs-)Antrag Erfolg, festzustellen, dass die Klägerin für die Instandsetzung, Änderung und Beseitigung des ehemaligen Pegelturms und des ehemaligen Maschinenhauses im Bereich der Brunsbütteler Schleusenanlage keiner Genehmigung nach § 9 DSchG bedurfte.


Zusammenfassung