Bearbeiter: Prof. Dieter Schmalz
► Bauplanungsrecht, §§ 29 ff. BauGB. ► Außenbereich, § 35 BauGB. ► Einvernehmen der Gemeinde, § 36 BauGB. ► Veränderungssperre, §§ 14 ff. BauGB. ► Bauvorbescheid. ► Klagebefugnis einer Gemeinde, § 42 II VwGO. ► § 113 I 1 VwGO bei Drittanfechtungsklage. ► Zeitpunkt für Entscheidung über Klage. ► Heilung eines rechtswidrigen VA durch veränderte Rechtslage
BVerwG Urteil vom 09.08.2016 (4 C 5.15) DVBl 2016, 1543 (Sachverhalt modifiziert)
Fall (Kein weiteres Wohnhaus )
E ist Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten größeren Grundstücks in der im Lande L gelegenen Kleinstadt K. Das Gebiet, in dem das Grundstück liegt, ist Landschaftsschutzgebiet. Einen Bebauungsplan gibt es nicht, es gibt aber einige Wohngebäude in der Nähe. E will ein weiteres Wohnhauses auf seinem Grundstück bauen. Ende 2013 erhielt er vom Bauamt der zuständigen Kreisverwaltung (B) mit Zustimmung der Gemeinde K einen Vorbescheid, wonach Planungsrecht dem Bauvorhaben nicht entgegensteht und eine Ausnahme vom Landschaftsschutz in Aussicht gestellt wird. Zur Verwirklichung des Bauvorhabens kam es zunächst nicht.
Inzwischen wurde von der Gemeinde K ein Entwicklungskonzept erarbeitet, wonach ein Bebauungsplan die zulässige Bebauung regeln soll. Danach fällt das Grundstück des E in das vom Bebauungsplan erfasste Gebiet, soll aber von einer weiteren Bebauung freigehalten werden. Am 12.01.2015 fasste der Rat der K formell fehlerfrei den Beschluss, einen dahingehenden Bebauungsplan aufzustellen. Gleichzeitig beschloss der Rat - ebenfalls formell fehlerfrei - eine Veränderungssperre. Da E die Auskunft erhalten hatte, der Vorbescheid sei nur während einer begrenzten Zeit gültig, stellte er im Jahre 2016 bei B einen Antrag auf Verlängerung. B legte den Antrag der K vor und bat um Zustimmung. K berief sich auf die Beschlüsse vom 12.01.2015 und verweigerte das Einvernehmen mit der Verlängerung des Vorbescheids.
E war damit nicht einverstanden und erreichte, dass B ihm mit Bescheid vom 12.12.2016 die beantragte Verlängerung des Vorbescheids erteilte und das von K verweigerte Einvernehmen ersetzte. Dagegen hat K am 10.01.2017 verwaltungsgerichtliche Klage erhoben und diese damit begründet, der Vorbescheid sei entgegen der Veränderungssperre und dem Bauplanungsrecht ergangen und verletze ihre Planungshoheit. B und E bezweifeln die Klagebefugnis der K und halten die Klage jedenfalls für unbegründet. Die Veränderungssperre stehe dem Vorhaben des E nicht entgegen, weil E durch den Vorbescheid eine gesicherte Rechtsstellung und damit Vertrauensschutz erlangt habe. Selbst wenn die Veränderungssperre ursprünglich dem Vorbescheid entgegengestanden hätte, wäre dieses Hindernis mit Ablauf der Veränderungssperre entfallen. Inzwischen hat E einen Antrag auf eine Baugenehmigung gestellt. Der Bebauungsplan für das Gebiet ist noch nicht erlassen, der Rat der K hat aber am 12.04.2017 erneut eine Veränderungssperre beschlossen. Wie ist über die Klage der K zu entscheiden? Ein Widerspruchsverfahren ist im Lande L nicht mehr vorgesehen.
Lösung
A. Eine verwaltungsgerichtliche Klage müsste zulässig sein.
I. Für den Verwaltungsrechtsweg verlangt § 40 I VwGO eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Sie liegt vor, wenn die streitentscheidenden Normen solche des öffentlichen Rechts sind. Streitentscheidend sind im vorliegenden Fall die Vorschriften des Baurechts, insbesondere die des Planungsrechts (§§ 29 ff. BauGB) und die über die Veränderungssperre (§§ 14 ff. BauGB). Sie gehören zum öffentlichen Recht. Die Streitigkeit ist auch nichtverfassungsrechtlich und keinem anderen Gericht zugewiesen. Der Verwaltungsrechtsweg ist gegeben.
II. Als Klageart kommt eine Anfechtungsklage (§ 42 I VwGO) in Betracht. Dann müsste sich die Klage gegen einen Verwaltungsakt (§ 35 VwVfG) richten. Die von K erhobene Klage richtet sich gegen den Bescheid vom 12.12.2016.
1. In erster Linie enthält der Bescheid die Verlängerung des Bauvorbescheids. Dabei handelt es sich um die Maßnahme einer Verwaltungsbehörde (B) auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, des Baurechts, die einen Einzelfall betrifft. Eine Regelung enthält der Bescheid, wenn er auf eine Rechtsfolge gerichtet ist. Ein - in der LandesbauO geregelter - (Bau-)Vorbescheid ist zwar noch keine Baugenehmigung, bereitet diese aber vor. Er entscheidet über einzelne Fragen des Bauvorhabens, im vorliegenden Fall über dessen planungsrechtliche Zulässigkeit. Im späteren Baugenehmigungsverfahren steht dann verbindlich fest, was der Vorbescheid entschieden hat, hier also dass das Vorhaben des E planungsrechtlich zulässig ist. Darin liegt eine Rechtsfolge und somit eine Regelung. Was für den Vorbescheid gilt, gilt auch für dessen Verlängerung. Die Verlängerung des Vorbescheids ist somit ein VA.
2. Ob auch das Ersetzen des Einvernehmens der K eine Regelung ist, kann nur entschieden werden, wenn Klarheit darüber besteht, in welchem Zusammenhang diese Maßnahme ergangen ist. Es könnte sich um eine Maßnahme im Anwendungsbereich des § 36 BauGB handeln.
a) Ein die planungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens feststellender Vorbescheid ist nur rechtmäßig, wenn das Vorhaben nach §§ 29 ff. BauGB genehmigungsfähig ist. Besteht ein Bebauungsplan, richtet sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 30 I BauGB i. V. mit dem Plan (und der Baunutzungsverordnung, die näher bestimmt, welche Vorhaben im Wohngebiet, Gewerbegebiet usw. zulässig sind). Im vorliegenden Fall besteht (noch) kein Bebauungsplan. Es ist lediglich ein Aufstellungsbeschluss nach § 2 I 2 BauGB ergangen. Erlassen ist der Bebauungsplan erst mit dem Satzungsbeschluss nach § 10 I BauGB, der nicht vorliegt. Eine Anwendung des § 33 BauGB (Vorhaben während der Planaufstellung) scheitert an den Nr. 2 und 3. Für eine Anwendung des § 34 BauGB fehlt es an einem im Zusammenhang bebauten Gebiet; einige Wohngebäude in der Nähe reichen dafür nicht aus. Das Grundstück des E ist daher Außenbereich; die Erteilung einer Baugenehmigung richtet sich nach § 35 BauGB.
b) Fallen Baugenehmigungsbehörde und Gemeinde auseinander - wie vielfach außerhalb der kreisfreien und größeren Städte und auch im vorliegenden Fall -, soll die Einvernehmensregelung des § 36 BauGB die gemeindliche Planungshoheit wahren (BVerwGE 28, 270). Deshalb wird nach § 36 I 1 BauGB ü ber die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 BauGB im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden; Einvernehmen ist praktisch dasselbe wie Zustimmung. Die Gemeinde darf das Einvernehmen aber nur aus den sich aus §§ 31, 33 bis 35 BauGB ergebenden Gründen versagen (§ 36 II 1 BauGB). Hat die Gemeinde das Einvernehmen rechtswidrig versagt, kann ein betroffener Bürger auf Erteilung der Baugenehmigung klagen; in diesem Verfahren wird die Entscheidung der Gemeinde, die mangels Außenwirkung kein VA ist, inzidenter überprüft (BVerwGE 28, 145). Nach § 36 II 3 BauGB kann aber auch die zuständige Behörde das versagte Einvernehmen der Gemeinde ersetzen; davon hat B im vorliegenden Fall Gebrauch gemacht. Dadurch wird die sich aus der Versagung des Einvernehmens ergebende Sperre beseitigt, was eine Rechtsfolge und damit eine Regelung im Einzelfall i. S. des VA-Begriffs ist. Folglich ist auch das Ersetzen des Einvernehmens ein VA.
3. Dagegen ist eine nach § 14 II BauGB grundsätzlich mögliche Ausnahmegenehmigung von der Veränderungssperre nicht erteilt worden. Vielmehr ist B als Baugenehmigungsbehörde davon ausgegangen, die Veränderungssperre stehe der Verlängerung des Vorbescheids nicht entgegen; danach war eine Ausnahme nicht nötig.
4. Der Klageantrag gegen die Verlängerung des Vorbescheids und der gegen die Ersetzung des Einvernehmens können zusammen erhoben und verhandelt werden. Es handelt sich um eine objektive Klagehäufung nach § 44 VwGO, weil beide Anträge sich gegen den Kreis als Träger der B richten und, da die Ersetzung des Einvernehmens die Verlängerung des Vorbescheids ermöglichen soll, im Zusammenhang stehen.
Der Bescheid vom 12.12.2016 ist ein VA mit zwei Regelungen. Die von K erhobene Klage ist eine Anfechtungsklage.
III. Der Stadt K müsste die Klagebefugnis (§ 42 II VwGO) zustehen. Das bedarf genauerer Prüfung, weil K als Dritte den gegenüber E ergangenen, diesen begünstigenden VA angreift (Situation der §§ 80 I 2, 80 a I VwGO: begünstigender VA mit belastender Dritt- bzw. Doppelwirkung). K beruft sich darauf, der Vorbescheid sei entgegen der Veränderungssperre und dem Bauplanungsrecht ergangen und verletze ihre Planungshoheit. Ein den Gemeinden zustehendes subjektives Recht - allerdings kein Grundrecht - ist das Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 II 1 GG), zu dessen Ausprägungen die Planungshoheit gehört.
1. Die in § 14 BauGB geregelte Veränderungssperre soll verhindern, dass die Planungsmöglichkeiten der Gemeinde innerhalb des laufenden Verfahrens zur Aufstellung eines Bebauungsplans durch die Erteilung und Umsetzung von Baugenehmigungen erschwert werden, und schützt damit die Planungshoheit der Gemeinde (BVerwG [14]). Zwar ist der zugunsten des E verlängerte Vorbescheid noch keine Baugenehmigung. Auf ihn kann der Bauherr aber einen Baugenehmigungsantrag stützen, der dann zu einer Genehmigung und zu einem Bau führt. Somit beruft sich K auf die Verletzung der Vorschriften über die Veränderungssperre, die die Planungshoheit der K und damit ihr Selbstverwaltungsrecht schützen. Daraus ergibt sich eine Klagebefugnis.
2. K kann auch geltend machen, die Vorschriften über das Einvernehmen (§ 36 BauGB) seien verletzt. Wie unter II 2 b) ausgeführt wurde, bezwecken auch sie den Schutz der Planungshoheit. Somit kann sich K auch gegenüber der Ersetzung des Einvernehmens auf eine Verletzung der Planungshoheit und damit des Selbstverwaltungsrechts berufen.
K verfügt über die Klagebefugnis.
IV: Die Parteifähigkeit der K und des Kreises, gegen den die Klage gerichtet ist (§ 78 I Nr. 1 VwGO), ergibt sich aus § 61 Nr. 1 VwGO (juristische Personen). Bauherr E ist beizuladen, da eine Aufhebung des Bescheids vom 12.12.2016 ihm gegenüber wirkt und zum Verlust der Rechtsstellung aus dem Vorbescheid führt (§ 65 II VwGO, notwendige Beiladung - Materiell ist E der eigentliche Klagegegner und hatte im Originalfall auch die zum BVerwG führende Revision eingelegt).
V. Ein Widerspruchsverfahren ist im Lande L nicht mehr erforderlich. Die Monatsfrist des § 74 VwGO wurde bei der gegen den Bescheid vom 12.12.2016 am 10.1.2017 erhobenen Klage eingehalten. Die Anfechtungsklage ist zulässig.
B. Begründet ist die Anfechtungsklage, wenn der angegriffene VA rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 I 1 VwGO).
I. Bei der hier gegebenen Drittanfechtungsklage wird überwiegend die Rechtsverletzung des Klägers dergestalt in den Vordergrund gerückt, dass der angefochtene VA nur insoweit auf seine Rechtmäßigkeit geprüft wird, wie bei seinem Erlass subjektive Rechte des Klägers betroffen sind. So OVG Münster DVBl 2014, 533 (m. w. Nachw.) für den Fall einer Anwendung drittschützender Normen im Baurecht: „Nur daraufhin ist das genehmigte Vorhaben in einem nachbarrechtlichen Anfechtungsprozess zu prüfen.“ (Allerdings bleibt auch eine nach Rechtswidrigkeit und Rechtsverletzung getrennte Prüfung zulässig, wenn die dem Vorhaben entgegenstehenden Vorschriften noch nicht bekannt sind und deshalb ihr drittschützender Charakter noch nicht bestimmt werden kann, so wie im Fall BVerwG DVBl 2014, 530.) Da im vorliegenden Fall wegen des Inhalts des Vorbescheids nur planungsrechtliche Vorschriften zu prüfen sind und diese über die Planungshoheit und das Selbstverwaltungsrecht subjektive Rechte der Gemeinde begründen, wirkt sich die Einschränkung nicht aus.
II. Ein Vorbescheid, der die planungsrechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens feststellt, ist nur rechtmäßig, wenn Planungsrecht dem Vorhaben nicht entgegensteht. Als speziellere planungsrechtliche Regelung könnte die Veränderungssperre gemäß §§ 14 ff. BauGB dem Vorhaben des E entgegenstehen.
1. Da sich die Sachlage im Hinblick auf die Veränderungssperre in der Zeit von ihrem Erlass bis zur Entscheidung über die Klage durch Ablauf der Sperre geändert haben kann, ist vorab zu entscheiden, welcher Zeitpunkt für die Entscheidung über die verwaltungsgerichtliche Klage maßgebend ist.
a) Bei der Verpflichtungs-, Leistungs- und Feststellungsklage ist maßgebend der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, genauer: die letzte mündliche Verhandlung der Tatsacheninstanz (so für die Verpflichtungsklage BVerwG NVwZ 2012, 976; für eine auf Erfüllung eines Folgenbeseitigungsanspruchs gerichtete Leistungsklage BVerwG NJW 2015, 2358, 2360).
b) Bei der Anfechtungsklage lässt sich das nicht einheitlich entscheiden.
(1) BVerwG [13] Nach st. Rspr. des BVerwG beurteilt sich die Frage, ob ein belastender VA den Kläger i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtswidrig in seinen Rechten verletzt, nach dem materiellen Recht, dem nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermächtigungsgrundlage, sondern auch die Antwort auf die Frage zu entnehmen ist, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (vgl. BVerwGE…51, 15, 24; 78, 243, 244; 120, 246, 250).
(2) Grundsätzlich ist aber i m materiellen Recht nicht vorgesehen, dass ein rechtmäßig erlassener VA durch spätere Änderungen des Sachverhalts oder der Rechtslage rechtswidrig wird (Gärditz/Orth JURA 2013, 1104). Deshalb kann von dem Grundsatz ausgegangen werden, dass die Rechtmäßigkeit des VA zum Zeitpunkt seines Erlasses erforderlich und ausreichend ist (BVerwG NVwZ 2013, 278 [12]; OVG Münster NWVBl 2015, 148; Schröder JuS 2015, 238; Gärditz/Orth JURA 2013, 1106; Muckel JA 2014, 557). Dieser Grundsatz gilt insbesondere, wenn das Gesetz zwischen der Entziehung einer Rechtsposition und ihrer Wiedererteilung unterscheidet. So unterscheidet die Fahrerlaubnis-Verordnung zwischen der Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 46) und ihrer Wiedererteilung (§ 20). Deshalb wird ein Wohlverhalten zwischen Entziehung und Entscheidung über die Anfechtungsklage im Anfechtungsurteil nicht berücksichtigt, sondern ins Wiedererteilungsverfahren verwiesen.
(3) Das materielle Recht kann aber auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abstellen. Belastende VAe mit Dauerwirkung müssen während ihrer gesamten Geltungszeit rechtmäßig sein, so dass Änderungen der Sach- oder Rechtslage während der Zeit zwischen Erlass des VA und gerichtlicher Entscheidung zu berücksichtigen sind (BVerwGE 122, 301). Im Ausländerrecht ist bei allen für Ausländer belastenden VAen die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend (BVerwGE 138, 371; NVwZ 2013, 361 [16] und 365 [12]; NVwZ 2014, 973; Brühl JuS 2016, 23, 29). So sind bei Ausweisung, Erteilung und Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis Veränderungen bis zur gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen.
c) Der mit einer Baugenehmigung vergleichbare Vorbescheid fällt nicht unter die Fälle (3). Er ist kein VA mit Dauerwirkung (BVerwG [15]). Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Bau-(Planungs-)Recht erfordert, auf einen anderen Zeitpunkt als den des Erlasses abzustellen. BVerwG [12] Maßgeblich für die Beurteilung, ob die Verlängerung des Vorbescheids unter Ersetzung des…erforderlichen und von K verweigerten Einvernehmens zu Recht erfolgt ist, ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Verlängerungsentscheidung. Folglich ist bei der Prüfung der Rechtswidrigkeit des Bescheids (und der Rechtsverletzung) auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids am 12.12.2016 abzustellen.
2. Gegen die Veränderungssperre kann der Vorbescheid nur verstoßen, wenn die am 12.01.2015 - als Satzung (§ 16 I 1 BauGB) - erlassene Veränderungssperre rechtmäßig und rechtswirksam war.
a) Nach § 14 I 1 BauGB muss die Veränderungssperre der „ Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich“ dienen. BVerwG [19, 20] Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll (st. Rspr:…BVerwGE 120, 138, 146 f.). Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat (…).
b) Im vorliegenden Fall hat der Bebauungsplan der Umsetzung des Entwicklungskonzepts gedient… Im Entwicklungskonzept ist das Grundstück des E nicht als künftiger Siedlungsbereich vorgesehen. Das für den Erlass der Veränderungssperre erforderliche Sicherungsinteresse liegt damit vor…
Somit war die Veränderungssperre rechtmäßig und rechtswirksam.
3. Nach § 14 I Nr. 1 BauGB dürfen als Folge der Veränderungssperre Bauvorhaben nicht durchgeführt und dementsprechend auch nicht genehmigt werden.
a) Ein Vorbescheid bereitet die Baugenehmigung vor und darf deshalb ebenso wenig wie eine Baugenehmigung ergehen, zumal nicht mit dem Inhalt, dass planungsrechtliche Bedenken nicht bestehen. Darf er nicht ergehen, ist auch eine Verlängerung nicht zulässig.
b) Wenn E und B vortragen, die Veränderungssperre stehe dem Vorhaben des E deshalb nicht entgegen, weil E durch den Vorbescheid eine gesicherte Rechtsstellung und Vertrauensschutz erlangt habe, ist das nicht zutreffend. Vorbescheide sind nach Landesrecht befristet und gelten maximal drei Jahre (z. B. § 71 I LBauO NRW 2017). E wusste also, dass der ihm Ende 2013 erteilte Vorbescheid Ende 2016 auslief, weshalb er auch eine Verlängerung beantragt hatte. Für ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass eine Verlängerung trotz zwischenzeitlicher Veränderungen der Planungsabsichten erfolgen wird, gibt es keinen Grund. Welche Vorhaben von einer Veränderungssperre unberührt bleiben, steht in § 14 III BauGB. Keiner dieser Fälle liegt hier vor. Insbesondere wurde das Vorhaben nicht vor Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt, und mangels einer Genehmigung hätte auch nicht mit dessen Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre begonnen werden dürfen.
BVerwG [16] Aus der gemeindlichen Planungshoheit folgt das…Recht der Gemeinde, bis zu dem Zeitpunkt, in dem eine Baugenehmigung erteilt - oder wie hier ein Vorbescheid verlängert - wird, die planungsrechtlichen Voraussetzungen zu Lasten des Bauherrn im Wege der Bauleitplanung zu ändern. Erst die erteilte Genehmigung setzt der gemeindlichen Planungshoheit eine Grenze (BVerwGE 130, 113 Rn. 10).
c) Eine Ausnahmegenehmigung nach § 14 II BauGB wurde nicht erteilt (oben A II 3). Auch wären Gründe für eine Erteilung nicht ersichtlich. BVerwG [23] Das Grundstück des E war im Entwicklungskonzept der K, dessen Umsetzung der Bebauungsplan dient, nicht als künftiger Siedlungsbereich vorgesehen. Die Zulassung einer Ausnahme wäre folglich mit dem Sicherungszweck der Veränderungssperre nicht vereinbar. Somit verstieß die Verlängerung des Vorbescheids gegen die Veränderungssperre (§ 14 I Nr. 1 BauGB) und war rechtswidrig.
4. Nach § 17 I 1 BauGB tritt die Veränderungssperre nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Im vorliegenden Fall wurde sie am 12.01.2015 erlassen und ist deshalb am 12.01.2017, zwei Tage nach Klageerhebung und noch vor der Entscheidung über die Klage, außer Kraft getreten. Der nach § 17 III BauGB zulässige Beschluss über eine erneute Veränderungssperre wurde erst am 12.04.2017 gefasst. Durch den zwischenzeitlichen Wegfall der Veränderungssperre könnte das Bauvorhaben des E am 12.01.2017 zulässig und der rechtswidrige Bauvorbescheid nachträglich rechtmäßig geworden sein; darauf zielt der Vortrag von E und B. Für eine solche Heilung bedürfte es einer gesetzlichen Regelung - vergleichbar mit § 114, 2 VwGO -, die es aber nicht gibt. Auch würde die Möglichkeit einer Heilung in Widerspruch zu den Überlegungen oben B II 1 stehen, wonach es für die Rechtmäßigkeit des Bescheids auf den Zeitpunkt seines Erlasses ankommt. BVerwG [15] E kann sich nicht darauf berufen, dass der angefochtene Bescheid nicht durchgängig rechtswidrig gewesen ist. Die Vorstellung, für einen Aufhebungsanspruch nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO sei es erforderlich, dass der angefochtene VA während seiner gesamten Wirksamkeit rechtswidrig ist, ist rechtsirrig; sie setzt voraus, dass ein rechtswidriger VA durch eine nachträgliche Sach- und/oder Rechtslagenänderung rechtmäßig werden kann. Davon ist für VAe, die - wie hier - keine Dauerverwaltungsakte sind, grundsätzlich nicht auszugehen (vgl. etwa Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 97). Ändert sich die Rechtslage und führt dies dazu, dass der VA nunmehr ergehen darf, bleibt der Verwaltung nur die Möglichkeit, ihn unter Aufhebung des angefochtenen Bescheids…neu zu erlassen (vgl. Schenke NVwZ 1986, 522, 530). Etwas anderes kann nur gelten, wenn der Rechtsänderung ausdrücklich Rückwirkung beigemessen wird (Wolff, in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 108) und der VA auf der Grundlage des geänderten Rechts nunmehr rechtmäßig ist (BVerwGE 64, 218, 223; NVwZ 1991, 360, 361). Dies ist beim Außerkrafttreten einer Veränderungssperre wegen Ablaufs ihrer Geltungsdauer nicht der Fall.
Folglich bleibt die Verlängerung des Vorbescheids wegen Verstoßes gegen die Veränderungssperre rechtswidrig und verletzt K in ihrem Recht aus der Planungshoheit.
III. Die Verlängerung des Vorbescheids könnte außerdem gegen § 35 BauGB verstoßen. Wäre das der Fall, hätte die Gemeinde K ihr Einvernehmen nach § 36 I BauGB versagen dürfen, und das Ersetzen der Versagung durch B wäre rechtswidrig. Folglich können § 35 und § 36 BauGB zusammen geprüft werden, wodurch auch deutlich wird, dass diese Vorschriften die Planungshoheit der K schützen und ihre Verletzung zu einer Rechtsverletzung der K als Klägerin führt.
1. Oben A II 2 a) wurde dargelegt, dass das Grundstück des E im Außenbereich liegt und § 35 BauGB anwendbar ist.
2. Die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 35 BauGB wird wie folgt geprüft:
(1) Grundsätzlich zulässig sind die in Absatz 1 aufgeführten privilegierten Vorhaben, beispielsweise bauliche Anlagen, die einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, und Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien. Das neue Wohnhaus des E ist nicht privilegiert.
(2) Sonstige Vorhaben können nach Absatz 2 zugelassen werden, wenn öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden.
(a) Grundsätzlich werden allerdings öffentliche Belange durch Bauvorhaben im Außenbereich beeinträchtigt, weil der Außenbereich von Bauvorhaben frei gehalten werden soll. Auch der Freiraumschutz ist ein wichtiges Anliegen des Bauplanungsrechts.
(b) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange ist insbesondere gegeben, wenn einer der Fälle des Absatzes 3 vorliegt. Weil das Grundstück des E im Landschaftsschutzgebiet liegt, werden Belange der Landschaftspflege i. S. der Nr. 5 beeinträchtigt. Außerdem enthalten Landschaftspläne und Landschaftsschutzverordnungen in aller Regel auch selbstständig ein Bauverbot.
(c) Andererseits kann sich aus Absatz 4 ergeben, dass bestimmte öffentliche Belange dem Vorhaben nicht entgegenstehen. Das von E geplante Wohnhaus fällt aber unter keinen der Fälle der Nr. 1-6.
3. Folglich verstieß das Vorhaben des E aus den Gründen (2) (a) und (b) gegen § 35 BauGB. Dass E ursprünglich einen Vorbescheid erhalten hatte, ist nach Ablauf von dessen Gültigkeitsfrist unerheblich, weil durch Ablauf der Frist die Gemeinde die Möglichkeit erhalten hat, die Planungssituation im Fall des E neu zu bewerten.
Daraus folgt weiter, dass die K-Gemeinde berechtigt war, ihr Einvernehmen nach § 36 BauGB zu versagen, und die B-Behörde nicht berechtigt war, das versagte Einvernehmen zu ersetzen. Die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 12.12.2016 - einschließlich der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens - ergibt sich folglich auch aus dem Verstoß gegen §§ 35, 36 BauGB. Darin liegt zugleich eine Verletzung des Rechts der K aus ihrer Planungshoheit.
IV. Der von K erhobenen Klage ist somit stattzugeben, indem der Bescheid vom 12.12.2016 aufgehoben wird. Zugleich steht fest, dass die zwischenzeitlich von E beantragte Baugenehmigung nicht erteilt werden darf.
Zusammenfassung