Bearbeiter: Prof. Dieter Schmalz
► Inanspruchnahme eines Gebäudes zum Zwecke des Feuerschutzes, § 28 FSHG NRW. ► Eigentumsschutz, Art. 14 GG. ► Berufsfreiheit, Art. 12 GG. ► Verhältnismäßigkeit. ► Vorlage nach Art. 100 GG. ►Verfassungskonforme Auslegung einer gesetzlichen Vorschrift
BVerwG Urteil vom 21. 6. 2013 (6 C 1.12) NVwZ 2014, 243
Fall (Feuerwehrantenne auf Funkturm)
Die G-GmbH ist Inhaberin eines Gewerbebetriebs, dessen Gegenstand die Errichtung und der Betrieb von Funktürmen ist. Diese werden von G an Mobilfunkanbieter, Radio- und Fernsehsender sowie vorwiegend an amtliche Nutzer wie Polizei- und Feuerwehrbehörden vermietet. Einer dieser im Eigentum der G stehenden Funktürme befindet sich auf dem Gebiet einer zum Kreis K gehörenden Gemeinde. Auf ihm ist u. a. eine Funkanlage installiert, die vom Kreis K betrieben wird und für den Feuerschutz Verwendung findet, indem über sie die Angehörigen der Feuerwehr über die Notwendigkeit eines Einsatzes benachrichtigt werden.
Ursprünglich hatte sich der Kreis K das Recht zum Betrieb der Funkanlage durch einen privatrechtlichen Vertrag mit G gesichert, wobei als von K jährlich zu zahlendes Entgelt 1.500 Euro vereinbart wurden. Inzwischen wurde in das „Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung (FSHG)“ des Landes ein § 28 I eingefügt, in dem bestimmt ist: „Eigentümer und Besitzer von Gebäuden und Grundstücken sind verpflichtet, die Brandschau und die Anbringung von Feuermelde- und Alarmeinrichtungen sowie von Hinweisschildern zur Gefahrenbekämpfung ohne Entschädigung zu dulden.“ Unter Hinweis darauf verlängerte K den inzwischen abgelaufenen Vertrag nicht mehr und verlangte von G die unentgeltliche Duldung der Anlage. G verweigerte das. Nach ihrer Auffassung verstößt das Verlangen des K gegen ihre Grundrechte, weil ihr Geschäftsmodell nur funktioniere, wenn sie von den Nutzern ihrer unter erheblichem Kapitaleinsatz errichteten Funktürme auch ein Entgelt erhalte. Außerdem sei § 28 I FSHG für die Alarmierung der Bevölkerung durch Sirenen gedacht und gelte nicht für eine Benachrichtigung der Einsatzkräfte. K, der für die Ausführung des FSHG zuständig ist, richtete nach Anhörung der G an diese eine Duldungsverfügung, wonach G künftig die für den Feuerschutz auf ihrem Funkturm installierte Funkanlage unentgeltlich zu dulden habe. Die Verfügung wurde formell ordnungsgemäß begründet. G hat dagegen verwaltungsgerichtliche Klage erhoben. In seiner Klageerwiderung macht K noch geltend, G könne jedenfalls die wegen der unentgeltlichen Inanspruchnahme nicht gedeckten Kosten auf die übrigen Kunden ihres Funkturms abwälzen. Sowohl die Behörde als auch das Verwaltungsgericht seien an die Regelung in § 28 I FSHG gebunden, solange nicht das Bundesverfassungsgericht etwas anderes entschieden habe. Wie ist über die Klage zu entscheiden?
A. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig: Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 I VwGO eröffnet, weil eine der streitentscheidenden Normen die öffentlich-rechtliche Vorschrift des § 28 I FSHG ist. Die Duldungsverfügung ist ein belastender VA (§§ 42 I VwGO, 35 VwVfG). G kann gemäß § 42 II VwGO geltend machen, in Art. 14 und 12 GG (i. V. mit Art. 19 III GG) verletzt zu sein. Entsprechend dem Originalfall, der in NRW spielte - Standort des Funkturms war die Gemeinde Sendenhorst im Kreis Warendorf -, soll davon ausgegangen werden, dass ein Widerspruchsverfahren nicht mehr erforderlich ist (§ 110 JustizG NRW). Von der Einhaltung der Klagefrist (§ 74 VwGO) ist auszugehen.
B. Die Begründetheit der Anfechtungsklage hängt gemäß § 113 I 1 VwGO davon ab, ob die Duldungsverfügung rechtswidrig ist. Die formelle Rechtmäßigkeit dieses VA ergibt sich unmittelbar aus den Angaben des Sachverhalts: Der Kreis K, genauer: der Landrat des Kreises, ist für die Ausführung des FSHG zuständig. G wurde angehört (§ 28 VwVfG). Der VA wurde ordnungsgemäß begründet (§ 39 VwVfG).
I. In materieller Hinsicht muss die Duldungsverfügung auf eine Ermächtigungsgrundlage gestützt sein.
1. Anwendbare Ermächtigungsgrundlage könnte § 28 I FSHG sein. Nach ihrem Wortlaut wendet sich die Vorschrift an die Eigentümer und Besitzer von Gebäuden und Grundstücken und verpflichtet sie zur Duldung. Dass der Behörde damit eine Befugnis zum Erlass eines VA eingeräumt wird (VA-Befugnis), ergibt sich daraus nicht. § 28 I FSHG könnte aber in Verbindung mit der Vorschrift, wonach die Kreisbehörde zur Durchführung des FSHG zuständig ist, dahin ausgelegt werden, dass im Falle einer Verweigerung der Duldung dem Eigentümer oder Besitzer die Duldungsverpflichtung durch VA aufgegeben werden kann. Das OVG Münster als Berufungsinstanz hat unter [26] ausgeführt: Ermächtigungsgrundlage für die Duldungsverfügung des Beklagten ist § 28 Abs. 1 FSHG.“ Auch BVerwG [4, 14] spricht von § 28 I FSHG als Ermächtigungsgrundlage.
2. Das OVG hat aber in einem Klammerzusatz hinzugefügt: „(ggfs. i. V. m. §§ 12 Abs. 2, 14 Abs. 2 Satz 2, 14 Abs. 1 OBG)“, was wie folgt zu verstehen ist: Durch Anwendung des § 12 OBG wird der Kreisverwaltung als Feuerschutzbehörde die Eigenschaft einer Sonderordnungsbehörde zuerkannt, weil der Feuerschutz eine besondere Aufgabe der Gefahrenabwehr ist. Nach § 12 II OBG ist auf das Handeln des Kreises K als Sonderordnungsbehörde (auch) das OBG anwendbar. Sieht man § 28 I FSHG nicht als Ermächtigungsgrundlage an, greift § 14 II 2 OBG ein, wonach bei Fehlen einer speziellen Ermächtigung die Vorschriften des OBG anwendbar sind, also auch die Generalklausel des § 14 I OBG. Kommt ein zur Duldung Verpflichteter seiner Pflicht nicht nach, liegt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit durch Verstoß gegen das Schutzgut positives Recht vor. Die Durchsetzung des § 28 I FSHG erfolgt also mit Hilfe des § 14 I OBG.
3. Nach beiden Auffassungen muss G zur Duldung nach § 28 I FSHG verpflichtet sein. Dafür ist erforderlich, dass § 28 I FSHG rechtswirksam ist, insbesondere nicht gegen Grundrechte verstößt, und dass die Voraussetzungen der Vorschrift auf G zutreffen. Was die Reihenfolge der Prüfungen betrifft, sprechen Erwägungen der Logik zunächst für die vorstehend gewählte Reihenfolge. Denn im Fall einer Unwirksamkeit des § 28 I hat eine Prüfung der Voraussetzungen keinen Sinn, ist möglicherweise sogar rechtsstaatswidrig, weil die Anwendung einer unwirksamen Vorschrift gegen das Gebot verstößt (vgl. Art. 20 III GG), nur geltendes Recht anzuwenden. Es ist aber zu bedenken, dass das Verwaltungsgericht den § 28 I nicht als unwirksam behandeln darf. Eine Verwerfungskompetenz für formelle Gesetze hat nach Art. 100 GG nur das Verfassungsgericht. Das VG hat nur die Befugnis, die Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift dem Verfassungsgericht nach Art. 100 GG im Wege der konkreten Normenkontrolle vorzulegen. Ein solcher Vorlagebeschluss ist nach Art. 100 I GG nur zulässig, wenn es auf die Gültigkeit des Gesetzes für die Entscheidung des VG ankommt. Diese Feststellung setzt aber die Subsumtion des Falles unter die Norm, um deren Gültigkeit es geht, voraus. Somit ist zunächst zu prüfen, ob § 28 I FSHG im vorliegenden Fall eingreift, was auch den Vorteil hat, dass bei der späteren Prüfung der Verfassungsmäßigkeit bekannt ist, wie sich die Vorschrift im Falle der G auswirkt.
II. Es sind die Voraussetzungen des § 28 I FSHG zu prüfen.
1. Es muss sich bei der zu duldenden Anlage um eine Feuermelde- oder Alarmeinrichtung handeln.
BVerwG [15]: Nach dem festgestellten Sachverhalt handelt es sich bei der im Tatbestand beschriebenen Gleichwellenfunkanlage des Beklagten um eine Alarmeinrichtung im Sinne der Vorschrift. Hierunter sind technische Einrichtungen zu verstehen, die eine Alarmierung der Feuerwehr ermöglichen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Feuerwehr durch die Bevölkerung alarmiert werden soll oder ob - wie hier - Angehörige der Feuerwehr durch die Leitstelle alarmiert werden sollen. Auch findet die Auffassung der G, § 28 I FSHG sei nur für die Alarmierung der Bevölkerung durch Sirenen gedacht und gelte nicht für eine Benachrichtigung der Einsatzkräfte, keinen Ausdruck in der Vorschrift.
2. G ist Eigentümerin des Funkturms und damit Eigentümerin eines Gebäudes. Die Voraussetzungen des § 28 I FSHG liegen vor.
III. § 28 I FSHG müsste, um die Duldungsverfügung zu rechtfertigen, verfassungsmäßig sein. Die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers folgt aus Art. 70 I GG, weil der Bund weder allgemein für die Gefahrenabwehr noch speziell für den Feuerschutz eine Gesetzgebungskompetenz hat. § 28 I FSHG dürfte nicht gegen Grundrechte verstoßen.
1. § 28 I FSHG könnte gegen das Grundrecht auf Schutz des Eigentums (Art. 14 GG) der Duldungspflichtigen verstoßen.
a) Die Duldungspflicht beschränkt die Befugnis des Eigentümers, mit seinem Eigentum allein nach eigenen Vorstellungen zu verfahren, insbesondere funktechnische Anlagen Dritter nur gegen Entgelt zuzulassen, und enthält deshalb einen Eingriff in das Eigentum.
b) Der Eingriff könnte gerechtfertigt sein. Die Duldungspflicht entzieht das Eigentum an dem Gebäude nicht und enthält deshalb keine Enteignung i. S. des Art. 14 III GG. Sie fällt unter die Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums (Art. 14 I 2 GG). BVerwG [18] Bei § 28 Abs. 1 FSHG NRW handelt es sich um eine Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die anhand von Art. 14 Abs. 1 GG und nicht nach Art. 14 Abs. 3 GG zu beurteilen ist, denn die Regelung entzieht keine konkreten Eigentumspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben, sondern beschränkt generell und abstrakt die Nutzungsmöglichkeiten eines zur Anbringung von Feuermelde- und Alarmeinrichtungen geeigneten Gebäudes.
2. Bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art. 14 I 2 GG hat der Gesetzgeber bestimmte Grenzen und Schranken („Schranken-Schranken“) zu beachten.
BVerwG [19] Der Gesetzgeber muss bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen…, insbesondere ist er an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit…gebunden… Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse dürfen nicht weiter gehen, als der Schutzzweck reicht, dem die Regelung dient… Der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers sind unterschiedliche Schranken gezogen. Soweit das Eigentum die persönliche Freiheit des Einzelnen im vermögensrechtlichen Bereich sichert, genießt es einen besonders ausgeprägten Schutz (vgl. BVerfGE 42, 263, 294; 50, 290, 340; 70, 191, 201; 95, 64, 84). Demgegenüber ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers umso größer, je stärker der soziale Bezug des Eigentumsobjekts ist; hierfür sind dessen Eigenart und Funktion von entscheidender Bedeutung (vgl. BVerfGE 53, 257, 292). Begrenzungen der Eigentümerbefugnisse sind in diesem Rahmen als Ausfluss der Sozialgebundenheit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen. Überschreitet der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums die dargelegten Grenzen, so ist die gesetzliche Regelung unwirksam (BVerfGE 52, 1, 27 f.), hierauf gestützte Beschränkungen oder Belastungen sind rechtswidrig und können im Wege des Primärrechtsschutzes abgewehrt werden. Zu einem Entschädigungsanspruch führen sie von Verfassungs wegen nicht (vgl. BVerfGE 100, 226 Rn. 76 ff.).
Im vorliegenden Fall ist die Verhältnismäßigkeit des § 28 I FSHG zu prüfen.
a) Für den Normalfall der Inanspruchnahme privater Gebäude gilt, dass gegen die Verhältnismäßigkeit der Duldungspflicht keine durchgreifenden Bedenken bestehen. BVerwG [20, 21] Gemessen hieran begegnet § 28 Abs. 1 FSHG NRW im Allgemeinen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Vorschrift dient mit dem Brandschutz und dem Rettungsdienst Gemeingütern von hohem Rang. Die Anbringung von Feuermelde- und Alarmeinrichtungen stellt einen geeigneten und erforderlichen Beitrag zur Brandbekämpfung und zur Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes dar. Die Verpflichtung der Eigentümer und Besitzer von hierfür geeigneten Grundstücken und Gebäuden, die Anbringung solcher Anlagen zu dulden, belastet sie in der Regel nicht unzumutbar. Dem öffentlichen Interesse an der Alarmierung zur Brandbekämpfung kann nur durch Inpflichtnahme des Eigentümers von Grundstücken und Gebäuden in geeigneter Lage genügt werden, deren Eigentum daher einer gesteigerten Sozialbindung unterliegt. Sie ergibt sich aus der Situationsgebundenheit, hier der Lage und Beschaffenheit des Grundstücks (vgl. BVerwGE 94, 1,4; BGHZ 105, 15, 18 jeweils m. w. N…). Durch die Verpflichtung zur Anbringung einer Feuermeldeanlage wird die bestehende Nutzung eines Grundstücks oder Gebäudes nicht wesentlich eingeschränkt. Regelmäßig wird dem Eigentümer und Besitzer aufgrund des Feuerschutzgesetzes lediglich eine zusätzliche, von ihm bislang nicht aktualisierte und als wirtschaftlich unergiebig betrachtete Nutzung (zum Beispiel des Daches seines Hauses für die Anbringung einer Feuersirene) aufgezwungen.
b) Bei der Inanspruchnahme von Unternehmen, zu denen G gehört, ist jedoch zu berücksichtigen, dass sie mit ihrem Eigentum einen bestimmten Zweck verfolgen, nämlich den Funkturm auch an die öffentliche Hand zu Erwerbszwecken zu vermieten. BVerwG [23 - 29]:
aa) Bei gewerblichen Betreibern von Antennenträgern wird gerade auf die Nutzung zugegriffen, die der Betreiber bei der Errichtung seiner Anlage im Auge hatte, in die er zielgerichtet investiert hat und die er als Basis seiner geschäftlichen Aktivität verwendet. Mit ihrer Verpflichtung nimmt die Behörde ein kommerzialisiertes, marktgängiges Gut in Anspruch, das anderen - so bislang auch der Beklagten selbst - nur gegen Entrichtung eines frei ausgehandelten Entgelts zur Verfügung steht. Dieser Umstand wird dadurch verstärkt, dass die Klägerin gerade die Bedienung von öffentlichen Nachfragern zu ihrem Geschäftsfeld gemacht hat. Funktional verhält sich ihr Angebot beispielsweise an Sicherheitsbehörden wie die Auslagerung vormals öffentlich-rechtlich betriebener Infrastrukturen in den privaten Bereich. Diese Tätigkeit dürfen die Nachfrager nicht wie einen fortbestehenden Teil von öffentlicher Infrastruktur behandeln. Sie steht vielmehr wie die sonstigen Angebote von Waren und Dienstleistungen im privaten Sektor auch unter dem Schutz der Eigentums- und Vermögensordnung. Die Klägerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die vom Beklagten eingenommene Rechtsposition gegenüber ihrem Eigentum zu einem massiven geschäftlichen Einbruch führen würde, weil sie sich dann entsprechenden - entschädigungslosen - Inanspruchnahmen durch eine Vielzahl von Feuerwehren, Polizeidienststellen usw. ausgesetzt sehen würde. Deshalb handelt es sich bei dem Ausmaß des ihr drohenden Eingriffs - in der zu erwartenden Summe - auch nicht um vernachlässigungsfähige Geringwertigkeiten, sondern um beachtliche Beeinträchtigungen ihrer Eigentümerposition, die unverhältnismäßig und damit unzumutbar ist.
bb) Der staatliche Zugriff wäre nur zumutbar, wenn er einen Ausgleich erhielte, den das Gesetz hier gerade nicht vorsieht… Im Gegenteil bestimmt § 28 Abs. 1 FSHG NRW sogar, dass die Anbringung der Alarmeinrichtungen „ohne Entschädigung zu dulden“ ist. Dieser Mangel des Gesetzes kann nicht durch verfassungskonforme Auslegung ausgeglichen werden.
cc) Eine Inanspruchnahme kann zwar ausnahmsweise entschädigungslos zulässig sein, wenn ein hinreichender Verantwortungszusammenhang zwischen dem Zugriffsobjekt bzw. dem Eigentümer auf der einen und dem verfolgten Gemeinwohlziel auf der anderen Seite besteht (vgl. BVerfGE 30, 292; 58, 137 ff.). Der Betreiber eines gewerblichen Funkturms trägt aber keine besondere, herausgehobene Verantwortung für den Brand- und Katastrophenschutz, die eine Abkehr von dem Prinzip rechtfertigen würde, dass die öffentliche Aufgabe des Brandschutzes aus Steuermitteln zu finanzieren ist. Die überdurchschnittliche Eignung des Funkturms der Klägerin für die Anbringung der Funkanlage begründet eine solche Verantwortung nicht.
dd) Es kommt hinzu, dass nach der vorstehend genannten Rechtsprechung ein entschädigungsloser staatlicher Zugriff auf marktgängige Güter selbst bei Vorliegen eines besonderen Verantwortungszusammenhangs in aller Regel voraussetzen wird, dass dem Staat ihr kommerzieller Erwerb nicht mit geringem Aufwand möglich wäre. Eben dies wäre hier jedoch der Fall. Die in Rede stehende Entgelthöhe ist für den Beklagten unter fiskalischen Aspekten ohne weiteres zu verkraften, insbesondere wenn man sie in Beziehung zur Höhe der öffentlichen Gesamtaufwendungen für den Brandschutz und das Rettungswesen setzt.
ee) Mit Blick auf die grundrechtliche Sicherung des Eigentums greift auch nicht der Einwand durch, die Klägerin könne die aus der entschädigungslosen Verpflichtung entstehenden Kosten auf die übrigen Kunden ihres Funkturms abwälzen. Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung von Regelungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG kann es nicht allein darauf ankommen, ob der Eigentümer sich für ihm auferlegte Bindungen an anderer Stelle oder auf andere Weise schadlos halten kann. Die Eigentumsgewährleistung soll dem Rechtsträger eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Wirkungsbereichs ermöglichen (z.B. BVerfGE 24, 367, 389, 396; 50, 290, 339). Diese verfassungsrechtliche Funktion würde verfehlt, wenn der Staat Eigentümerpflichten begründen und das Ausmaß der Beschränkung mit einer mehr oder weniger spekulativen wirtschaftlichen Betrachtung legitimieren könnte.
c) Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass das BVerwG auf den Gesichtspunkt der Angemessenheit abgestellt und die Frage der Notwendigkeit ausgeblendet hat. Auch diese ist aber zu verneinen, weil die Feuerwehr als milderes Mittel die Möglichkeit hat, sich die Benutzung eines Funkturms durch Zahlung eines angemessenen Betrages zu verschaffen. Dafür, dass sie den Funkturm gerade unentgeltlich auf Kosten des Eigentümers benutzen muss, gibt es keinen hinreichenden Grund.
Somit ist die Auferlegung einer Duldungspflicht gegenüber den gewerblichen Betreibern von Antennenanlagen unverhältnismäßig und nicht gerechtfertigt. § 28 I FSHG verletzt diese Betreiber und mithin auch G in ihrem Grundrecht aus Art. 14 I GG.
3. Nunmehr ist zu prüfen, welche Rechtsfolge dadurch ausgelöst wird.
a) Normalerweise ist ein Gesetz, dessen Anwendung ein Grundrecht verletzt, verfassungswidrig und nichtig. Diese Feststellung kann aber ein VG nicht treffen, sondern nur das Verfassungsgericht. Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um ein Landesgesetz, das aber ein Grundrecht des GG verletzt, so dass normale Rechtsfolge ein Vorlagebeschluss des VG nach Art. 100 I 1 GG an das BVerfG wäre.
b) Es ist aber zu bedenken, dass § 28 I FSHG im Prinzip und für einen weiten Anwendungsbereich verfassungsmäßig ist (oben 2 a). Diesem Umstand wird dadurch Rechnung getragen, dass durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 28 I lediglich dessen Anwendungsbereich eingeschränkt wird. Das ist zwar nicht in der Weise möglich, dass auf die Formulierung „ohne Entschädigung“ verzichtet wird; denn insoweit ist das Gesetz eindeutig und nicht auslegungsfähig. Auslegungsfähig sind aber die Begriffe „Eigentümer und Besitzer“, weil damit nicht zwangsläufig alle Eigentümer und Besitzer gemeint sein müssen. Es erfolgt deshalb eine grundrechtskonforme Auslegung dahin, dass nicht solche Eigentümer erfasst werden, die mit der Errichtung und Vermietung von Funktürmen ein Gewerbe betreiben. Diese Auslegung vermeidet eine Verfassungswidrigkeit und damit auch die Notwendigkeit einer Vorlage nach Art. 100 GG.
BVerwG [13] Bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung erfasst § 28 Abs. 1 FSHG NRW nicht Eigentümer und Besitzer gewerblich errichteter und betriebener Antennenträger. Der Beklagte durfte deshalb seine Duldungsverfügung im Falle der Klägerin nicht auf diese Vorschrift als Ermächtigungsgrundlage stützen. [33] Der Verstoß gegen Art. 14 GG führt allerdings nicht dazu, die Regelung [§ 28 FSHG] als verfassungswidrig ansehen zu müssen. Sie lässt sich nämlich ohne weiteres verfassungskonform dahingehend auslegen, dass sie auf solche Sachverhalte nicht angewandt wird, in denen ein Eigentümer das fragliche Grundstück oder Gebäude gewerblich zur Vermietung von Kommunikationsflächen nutzt.
Somit ist die Duldungsverfügung nicht durch § 28 I FSHG gedeckt. Sie ist rechtswidrig und verletzt G in ihrem Grundrecht aus Art. 14 GG.
4. Zu diesem Ergebnis könnte zusätzlich eine Verletzung des Art. 12 I GG führen.
a) G betreibt ein Gewerbe, das dem Begriff des Berufs unterfällt. Wenn ihr geboten wird, Funkanlagen, die sie normalerweise zur Gewinnerzielung vermietet, unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, wird ihre berufliche Betätigung beschränkt. Nicht zweifelsfrei ist allerdings die für einen Eingriff grundsätzlich erforderliche berufsregelnde Tendenz des § 28 I FSHG. Denn dessen Tendenz ist auf eine Ermöglichung des Funkverkehrs zum Zwecke des Feuerschutzes gerichtet, unabhängig davon, ob die Regelung berufliche Auswirkungen hat. Da aber der Gesetzgeber keine Ausnahmen gemacht hat, hat er eine Duldungspflicht auch bei gewerblich genutzten Gebäuden gewollt, womit sich ein Eingriff mit berufsregelnder Tendenz bejahen lässt.
BVerwG [30] Die Tätigkeit der Klägerin als kommerzielle Anbieterin von Plätzen für die Anbringung von Funkanlagen unterfällt dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG. Durch die gesetzliche Verpflichtung, die Anbringung von Fernmeldeanlagen für den Brandschutz entschädigungslos zu dulden, wird die Klägerin daran gehindert, eine entsprechende Nutzung - beispielsweise mit der Beklagten - vertraglich und entgeltlich zu vereinbaren… Es besteht auch kein Zweifel, dass die Regelung in § 28 Abs. 1 FSHG…eine objektiv berufsregelnde Tendenz erkennen lässt und daher als Regelung der Ausübung des Berufs im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zu qualifizieren ist (vgl. BVerfGE 113, 29, 48 m. w. N.). Die Vorschrift begründet…ihre Verpflichtung gerade mit Blick auf den wirtschaftlichen Bedeutungszusammenhang der betroffenen Gebäude und Grundstücke. Sie erfasst voraussetzungsgemäß auch eine abstrakt abgrenzbare Gruppe von Gewerbetreibenden, die aufgrund ihres Gewerbes geeignete Anlagen für die Anbringung von Alarmeinrichtungen vorhalten.
b) Da der Eingriff nur die Berufsausübung betrifft, könnte er unmittelbar über Art. 12 I 2 GG gerechtfertigt sein. Gesetz ist § 28 I FSHG. BVerwG [31] Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit sind nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist (…). Die Beschränkungen stehen unter dem Gebot der Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (…). Der Eingriff muss zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet sein und darf nicht weiter gehen, als es die Gemeinwohlbelange erfordern. Ferner müssen Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen (…).
aa) Hierbei kann auf die Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in das Eigentum verwiesen werden (III 2 b). Dort wurde bereits das Eigentum im Zusammenhang mit der gewerblichen Tätigkeit des Unternehmens behandelt, so dass dieselben Überlegungen bei Art. 12 I 2 GG ebenfalls zur Unverhältnismäßigkeit des Eingriffs führen.
bb) BVerwG [32] Die mit der entschädigungslosen Inanspruchnahme von Adressaten nach Art der Klägerin verbundene Beschränkung ihrer durch die Berufsausübungsfreiheit geschützten Befugnis, Vermietungen nur gegen Entgelt vorzunehmen, ist nicht durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Durch die Rspr. des BVerfG ist geklärt, dass der Staat die Bürger auch für Aufgaben, die im öffentlichen Interesse liegen, regelmäßig nur dann beruflich in Anspruch nehmen darf, wenn er im Gegenzug eine angemessene Vergütung leistet (vgl. BVerfGE 15, 413, 416, 68, 155, 172; 54, 251, 271).
Somit ist der Eingriff durch § 28 I FSHG nicht gerechtfertigt. Auch Art. 12 I GG gebietet, § 28 I grundrechtskonform einschränkend dahin auszulegen, dass die Vorschrift Eigentümer und Besitzer gewerblich errichteter und betriebener Antennenträger nicht erfasst, so dass die Duldungsverfügung nicht auf § 28 I FSHG gestützt werden kann.
5. Auch eine Prüfung des Art. 3 I GG führt zu dem aus Art. 14, 12 GG hergeleiteten Ergebnis (vom OVG und BVerwG nicht angesprochen). Der Gleichheitssatz verlangt - neben dem Verbot ungerechtfertigter Ungleichbehandlung -, dass wesentlichen Unterschieden durch Differenzierung Rechnung getragen wird, und dass eine ungerechtfertigte Gleichbehandlung unterbleibt. Privates Gebäudeeigentum und gewerblich zur Vermietung gerade an Nachfrager von Kommunikationsanlagen bestimmte Funktürme sind wesentlich unterschiedliche Sachverhalte. Bei ihnen ist „die tatsächliche Ungleichheit so groß, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht unberücksichtigt bleiben darf“ (BVerfGE 98, 365, 385; vgl. auch BVerwGE 110, 265, 272, Gleichbehandlung bei der Kampfhundesteuer). G konnte daher verlangen, den privaten Grundstückseigentümern nicht gleichgestellt zu werden. Die Gleichbehandlung verletzt Art. 3 I GG.
6. Somit ist die Duldungsverfügung rechtswidrig und verletzt G in ihren Grundrechten aus Art. 14, 12, 3 GG. Die hiergegen erhobene Anfechtungsklage ist begründet und führt zu ihrer Aufhebung.
Zusammenfassung