Bearbeiter: Prof. Dieter Schmalz

Ersatz von Polizeikosten bei Bundesliga-Fußballspielen. Begriff und Rechtmäßigkeit einer Gebühr; Abgrenzung zur Steuer. Einzelfallgesetz, Art. 19 I GG. Bestimmtheit gesetzlicher Vorschriften, Art. 20 III GG. Berufsfreiheit, Art. 12 I GG; Eingriff, Verhältnismäßigkeit

BVerwG Urteil vom 29. 3. 2019 (9 C 4.18) NVwZ 2019, 1444

Fall
(Fußballgebühr)

Die Kosten für die Polizei werden grundsätzlich von den Bundesländern getragen und aus dem steuerfinanzierten allgemeinen Haushalt gezahlt. Das Land L hält das in den Fällen nicht für gerechtfertigt, in denen bei Hochrisikospielen der Fußball-Bundesliga zusätzliche Polizeikräfte eingesetzt werden müssen und dadurch zusätzliche Kosten entstehen. Deshalb wird in das Landes-Gebühren-Gesetz ( LGebG ) folgender § 4 Absatz 4 eingefügt: „Eine Gebühr wird von Veranstaltern erhoben, die eine gewinnorientierte Veranstaltung durchführen, an der voraussichtlich mehr als 5 000 Personen teilnehmen, wenn wegen erfahrungsgemäß zu erwartender Gewalthandlungen vor, während oder nach der Veranstaltung am Veranstaltungsort, an den Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen Umfeld der Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vorhersehbar erforderlich wird. Die Gebühr ist nach dem Mehraufwand zu berechnen, der aufgrund der zusätzlichen Bereitstellung der Polizeikräfte entsteht.“ Bei der Begründung des Gesetzes wurde erklärt, von der Erhebung einer Veranstaltergebühr werde nur bei Spielen der 1. und 2. Fußball-Bundesliga Gebrauch gemacht.

Der Deutsche Fußball-Bund hat der „Deutsche Fußball-Liga GmbH“ (DFL) die verantwortliche Leitung des Spielbetriebs der Bundesliga übertragen, insbesondere die Festlegung der Mannschaftspaarungen, Spielzeiten und Spielorte; auch vermarktet die DFL die Verwertungsrechte an den Spielen. Am 19. April fand ein Spiel der 1. Bundesliga in der zum Lande L gehörenden Stadt S zwischen dem FC S und einem Nachbarklub statt. Es handelte sich um ein sog. Derby, bei dem mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Fan-Gruppen und mit dem Einsatz von Pyrotechnik gerechnet werden musste, so dass das Spiel in der Vorbesprechung zwischen der Polizei und den Verantwortlichen des FC S als Hochrisikospiel eingestuft wurde. Es kamen zusätzliche Polizeikräfte zum Einsatz, die insbesondere auf den Wegen vom Bahnhof zum Stadion und zurück die Fangruppen trennten, beim Einsatz von Pyros einschritten und einzelne Hooligans vorübergehend festnahmen. Da auch auswärtige Polizeikräfte herangezogen werden mussten, entstanden durch den zusätzlichen Polizeieinsatz Kosten in Höhe von 415.000 Euro.

Nach Anhörung des FC S und der DFL erließ die für das Land L handelnde Polizeibehörde B gegenüber der DFL einen formell fehlerfrei begründeten „Gebührenbescheid“ über 415.000 Euro. Gegen diesen Bescheid wendet sich die DFL mit einer Reihe von Einwendungen: Dem Landesgesetzgeber fehle die Zuständigkeit für die Einführung einer solchen Abgabe, insbesondere weil die Abgabe an eine gewinnorientierte Tätigkeit anknüpfe und in Wahrheit eine Steuer sei und der bundesrechtlich geregelten Einkommen- und Körperschaftsteuer gleiche. Auch sei eine Beteiligung privater Veranstalter an den Kosten für die polizeiliche Gefahrenabwehr unzulässig, weil die Polizei im öffentlichen Interesse handle. Würde es sich wirklich um eine Gebühr handeln, dürfte diese nur erhoben werden, wenn eine Amtshandlung auf Antrag vorgenommen wird, die DFL habe aber den Polizeischutz nicht beantragt. Da die Veranstaltergebühr nur bei Fußballspielen erhoben werde und nicht bei anderen Großveranstaltungen wie Open-Air-Konzerten, handle es sich um ein verdecktes Einzelfallgesetz und verstoße überdies gegen den Gleichheitssatz. Die im Gesetz enthaltenen Voraussetzungen seien zu unbestimmt, ebenso das Abstellen auf den Mehraufwand, weil dessen Herbeiführung in der Hand der Polizei liege. Nach anerkannten polizeirechtlichen Grundsätzen müsse sich eine belastende Maßnahme primär an den Störer wenden, die Veranstalter seien aber keine Störer. Schließlich gefährde die enorme Höhe solcher Forderungen die wirtschaftliche Existenz des Fußballs und verstoße deshalb gegen die Grundrechte auf Freiheit der Berufsausübung und auf Schutz des Eigentums. Die DFL beabsichtigt eine Anfechtungsklage gegen den Bescheid. Wäre diese begründet?

Falls weitere Vorschriften des Abgabenrechts oder des Polizeirechts anzuwenden sind, ist davon auszugehen, dass das LGebG denselben Inhalt hat wie das Bundesgebührengesetz (BGebG) und dass das Landespolizeigesetz (LPolizeiG) gleichlautend ist mit dem Bundespolizeigesetz (BPolG).

Lösung

Vorbemerkungen: Der Originalfall spielte in Bremen, das Hochrisikospiel war die Begegnung Werder Bremen gegen den HSV am 19. 4. 2015. Um den Fall bundesweit verwendbar zu machen, wurde er in das anonyme Land L verlegt mit teilweiser Verweisung auf das BGebG und das BPolG; den Änderungen wurden auch die Originalzitate angepasst. – Das Urteil wird besprochen von Brüning NVwZ 2019, 1416 (im selben Heft wie der Urteilsabdruck); Hebeler JA 2019, 876; Selmer JuS 2020, 93. – Allgemein zum Gebührenrecht Wienbracke JuS 2019, 1070.

Die Anfechtungsklage ist begründet, wenn der Abgabenbescheid über 415.000 Euro rechtswidrig ist und die DFL dadurch in ihren Rechten verletzt wird (§ 113 I 1 VwGO). Die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheids (Zuständigkeit der Behörde, Anhörung, Begründung) ergibt sich aus dem Sachverhalt. Für die materielle Rechtmäßigkeit ist erforderlich, dass eine Ermächtigungsgrundlage eingreift. Ermächtigungsgrundlage kann § 4 IV LGebG sein. Dann müsste diese Vorschrift verfassungsmäßig sein.

I. Für die Verfassungsmäßigkeit eines Bundes- oder eines Landesgesetzes bestehen formelle Voraussetzungen.

1. Der Gesetzgeber, der das Gesetz erlassen hat, muss über die Gesetzgebungskompetenz verfügen. Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Landesgesetz. Nach Art. 70 I GG sind grundsätzlich die Länder für die Gesetzgebung zuständig, es sei denn, es greift eine Bundeszuständigkeit ein.

Eine Bundeszuständigkeit könnte sich aus Art. 105 GG ergeben; dann müsste die Veranstaltergebühr des § 4 IV LGebG - wie die DFL geltend macht - eine Steuer sein. Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung sind und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (Definition in § 3 I AO, gilt auch für Art. 105 GG). Demgegenüber sind Gebühren öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die der Gläubiger vom Schuldner für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen erhebt ( § 3 IV BGebG) . Als Anwendungsfall der Entgeltabgabe (Brüning NVwZ 2019, 1417) - zusammen mit dem Beitrag - sind sie Gegenleistung für eine besondere Leistung der Verwaltung, die in einer Amtshandlung (Verwaltungsgebühr) oder in der Benutzung einer öffentlichen Einrichtung (Benutzungsgebühr) bestehen kann, und sollen die Kosten der Amtshandlung oder der öffentlichen Einrichtung decken (Kostendeckungsprinzip).

Entsprechend der in § 4 IV LGebG formulierten Absicht des Gesetzgebers könnte die Kostenersatzregelung begrifflich eine Gebühr sein; dann würde eine Bundeszuständigkeit nach Art. 105 GG ausscheiden.

a) Eine besondere Leistung der Verwaltung als Gegenleistung für nach § 4 IV LGebG verlangte Geldleistung ist die besonders aufwändige polizeiliche Sicherheitsvorsorge bei Hochrisiko-Veranstaltungen, die verhindert, dass Menschen zu Schaden kommen, und die sichert, dass die Veranstaltung reibungslos verläuft. BVerwG [32] Der Veranstalter einer risikobehafteten Großveranstaltung ist auf die verstärkte Sicherheitsvorsorge angewiesen, und zwar nicht nur am Veranstaltungsort selbst und während der eigentlichen Dauer der Veranstaltung, sondern auch im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Veranstaltung (ebenso Heise, NVwZ 2015, 262, 263, 265; Braun, Die Finanzierung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung im Lichte eines gewandelten Polizeiverständnisses, 2009, S. 280 ff.; a. A. Brüning, VerwArch 2015, 417, 430 f. [und NVwZ 2019, 1417]…). Denn ohne die zusätzliche Polizeipräsenz bestände das Risiko, dass die Teilnehmer nicht sicher zur Veranstaltung und zurück gelangen. Auch soweit Schäden an der Gesundheit und am Eigentum Dritter entständen, fielen sie letztlich auf den Veranstalter zurück und würden sein Ansehen in der Öffentlichkeit herabsetzen. In letzter Konsequenz wäre gar zu befürchten, dass Gewalthandlungen so eskalieren, dass die Veranstaltung nicht so wie geplant oder gar nicht durchgeführt werden könnte. Da die Gebührenpflicht nur für gewinnorientierte Veranstaltungen besteht, zieht der Veranstalter aus dem verstärkten Polizeieinsatz nicht nur einen ideellen, sondern auch und gerade einen wirtschaftlichen Nutzen. Daraus ergibt sich auch, dass die durch die Polizei erbrachte Leistung dem Veranstalter individuell zurechenbar ist. Denn dieser zieht aus der Risikominimierung, die der zusätzliche Polizeieinsatz bewirkt, einen (wirtschaftlichen) Sondervorteil.

[27-30] Entgegen der Auffassung der DFL wird der Veranstalter nicht (anteilig) an den „Kosten für die polizeiliche Gefahrenabwehrtätigkeit als solche" beteiligt. Vielmehr wird die Gebühr für den Mehraufwand erhoben, der aufgrund der zusätzlichen Bereitstellung von Polizeikräften aus Anlass einer konkreten Veranstaltung entsteht, für die auf der Grundlage tatsächlicher Erfahrungen besondere Sicherheitsrisiken prognostiziert werden… Es handelt es sich auch nicht um ohnehin anfallende, nicht abgrenzbare „Sowieso-Kosten" der Polizei. Vielmehr geht es gerade um deren „zusätzlichen", also besonderen Einsatz. Solche Mehrkosten müssen von Verfassungs wegen nicht notwendig dem Steuerzahler angelastet werden. Der Gesetzgeber darf vielmehr eine solche besondere Leistung der polizeilichen Sicherheitsvorsorge von den allgemeinen Kosten der polizeilichen Gefahrenabwehr trennen und der Gebührenpflicht unterwerfen.

Nicht überzeugend ist auch der Einwand, die der Gebührenpflicht unterworfene Maßnahme der Gefahrenabwehr diene vorwiegend dem Interesse der Allgemeinheit; denn fast alle gebührenpflichtigen Handlungen erfolgen auch oder vorwiegend im öffentlichen Interesse (BVerfG NVwZ 1999, 176, 177; BVerwGE 95, 188, 201).

b) Die Anknüpfung an die Gewinnorientierung der Veranstaltung bedeutet nicht, dass - wie bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer - ein Gewinn abhängig von seiner Höhe abgeschöpft wird. Vielmehr handelt es sich um eine Eingrenzung der Fälle, die unter die Abgabe fallen, indem nichtkommerzielle Veranstaltungen von der Abgabe ausgenommen werden. Die Veranstaltergebühr ist deshalb mit der Einkommen- oder Körperschaftsteuer nicht vergleichbar.

c) Der Einwand, dass eine Gebühr nur für auf Antrag ergangene Amtshandlungen erhoben werden dürfe, die DFL aber keinen Polizeischutz beantragt habe, lässt sich nicht auf eine verfassungsrechtliche Vorschrift stützen. Auch § 3 I Nr. 1 BGebG hat lediglich zur Voraussetzung, dass eine „in Ausübung hoheitlicher Befugnisse erbrachte Handlung“ vorliegt, und verlangt nicht stets einen Antrag. Dieser Einwand steht deshalb der Annahme einer Gebühr nicht entgegen.

d) Folglich ist die Veranstaltergebühr nach § 4 IV LGebG entsprechend ihrer gesetzlichen Bezeichnung eine Gebühr (Verwaltungsgebühr, Brüning NVwZ 2019, 1416) und keine Steuer. Art. 105 GG ist nicht anwendbar und steht der Zuständigkeit des Landes nicht entgegen. BVerwG [18] Insoweit steht dem Land die Gesetzgebungskompetenz für die Erhebung einer Polizeigebühr als Annexkompetenz zum Gefahrenabwehrrecht, das in die Zuständigkeit der Länder fällt, nach Art. 70 Abs. 1 GG zu.

2. Das Vorbringen der DFL, es handle sich um ein unzulässiges Einzelfallgesetz, betrifft die Form, in der die Regelung erfolgt, und kann deshalb im Zusammenhang mit der formellen Seite des Gesetzes behandelt werden.

a) Gesetze enthalten typischerweise allgemeinverbindliche Regelungen und betreffen unbestimmt viele Anwendungsfälle und Personen („abstrakt-generelle Regelung“, sprachliche Form: „wenn…, dann…“-Regelung). Sie lassen sich als Normgesetze bezeichnen. Diese Fassung fehlt bei den Einzelfall- oder Maßnahmegesetzen. Sie sind aber verfassungsrechtlich nicht verboten. Beispiele für zulässige Maßnahmegesetze waren die 1993 und 1997 erlassenen Gesetze über die Privatisierung der Bundesbahn und der Bundespost. Das BVerfG hat erklärt, der Begriff des Maßnahmegesetzes sei „verfassungsrechtlich irrelevant“ ( BVerfGE 25, 371 LS 1).

b) Soweit aber ein Grundrecht eingeschränkt wird, muss das Gesetz allgemein und darf nicht nur für einen Einzelfall gelten (Art. 19 I 1 GG).

aa) § 4 IV LGebG könnte das Grundrecht der Veranstalter aus Art. 12 I 1, 19 III GG einschränken. Die hauptsächlich betroffenen Fußballveranstalter der Bundesliga gehören zum kommerziellen Fußballbetrieb, der auf die Erzielung von Gewinn ausgerichtet ist und insofern eine Tätigkeit ausübt, die dem Begriff des Gewerbes und des Berufs unterfällt. Die nach § 4 IV LGebG auferlegten Kosten haben ihren Grund in der Eigenart der Veranstaltung von Fußballspielen für Menschengruppen mit rivalisierenden Interessen im Hinblick auf den Ausgang eines Spieles und belasten die Veranstalter erheblich. Sie haben deshalb eine berufsregelnde Tendenz und enthalten einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 I GG. Dieser Eingriff darf nicht durch ein Einzelfallgesetz erfolgen.

bb) BVerwG [19] Der Wortlaut des § 4 Abs. 4 LGebG ist abstrakt formuliert und knüpft allgemein an den Einsatz zusätzlicher Polizeikräfte bei bestimmten gewinnorientierten Großveranstaltungen an. Dass die Regelung derzeit offenbar nur die Veranstalter von sog. Hochrisiko-Spielen der Fußball-Bundesliga betrifft und dies auch im Gesetzgebungsverfahren im Vordergrund stand, ändert nichts an ihrem generellen Charakter… Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG will verhindern, dass der Gesetzgeber willkürlich aus einer Reihe gleichgelagerter Sachverhalte einen Fall herausgreift und zum Gegenstand einer Sonderregelung macht (BVerfGE 85, 360, 374 m. w. N.). Hiervon kann bei der vorliegenden Gebührenregelung keine Rede sein. Somit ist § 4 IV LGebG kein nach Art. 19 I 1 GG unzulässiges Einzelfallgesetz.

3. Auch die Frage der hinreichenden Bestimmtheit der Regelung ist eine eher formelle Frage und kann bei der formellen Seite des Gesetzes behandelt werden.

a) Soweit nicht Art. 80 I 2 GG (RechtsVO) oder Art. 103 II GG (Strafgesetz) eingreifen, ergibt sich das Gebot zur hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit gesetzlicher Vorschriften aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III GG). Die hierfür geltenden Anforderungen lassen sich nicht einheitlich bestimmen, sondern sind je nach Rechtsgebiet und Regelungsgegenstand unterschiedlich streng (BVerfGE 78, 205, 212 f.; 89, 69, 84 f.). Bei öffentlichen Abgaben wie der hier behandelten Gebühr gelten relativ strenge Anforderungen, zumal diese bei der Auferlegung von Geldleistungen leichter zu erfüllen sind. BVerwG [42]: Allerdings braucht auch im Abgabenrecht der Gesetzgeber nicht jede einzelne Frage zu entscheiden und ist hierzu angesichts der Kompliziertheit der zu erfassenden Vorgänge oft nicht in der Lage. Vielmehr ist es Sache der Verwaltungsbehörden und Gerichte, die bei der Gesetzesanwendung mangels ausdrücklicher Regelungen auftauchenden Zweifelsfragen mit Hilfe der anerkannten Auslegungsmethoden zu beantworten. Die Auslegungsbedürftigkeit nimmt einer gesetzlichen Regelung noch nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit (st. Rspr, vgl. BVerfGE 79, 106, 120).

b) In § 4 IV LGebG werden unbestimmte Begriffe verwendet wie „zu erwartende Gewalthandlungen“, „am Veranstaltungsort, an den Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen Umfeld“, „vorhersehbar erforderlich“. Sie wollen Spiele erfassen, die seit langem von der Polizei mit Hilfe der Farbe Rot als Hochrisikospiele eingeordnet werden, im Unterschied zu den Gelb- und Grün-Spielen. Die Wahl einer der Ampelfarben beruht auf Erfahrungen, die eine hinreichend zuverlässige Einordnung eines Spiels ermöglichen. BVerwG [48] Entgegen der Auffassung der DFL ermöglicht diese Auslegung keine willkürliche Handhabung der Vorschrift. Das „Erfahrungswissen" der Polizei ist kein Geheimwissen, sondern knüpft an Tatsachen und die damit verbundene gerichtliche Kontrollmöglichkeit an. Zudem wird über Großveranstaltungen der im Gebührentatbestand genannten Art regelmäßig umfangreich in den Medien berichtet… Die DFL räumt selbst ein, dass sie über vergleichbare Bewertungsverfahren wie die Polizei zur Risikoeinschätzung von Fußballspielen verfügt, die sich ebenfalls an den Ampelfarben orientieren, und dass sich die Einschätzungen der Fußballvereine mit den polizeilichen Einschätzungen vielfach decken. Somit ist festzustellen, dass die genannten Tatbestandsmerkmale des § 4 IV LGebG auslegungsfähig und mit herkömmlichen Auslegungsmethoden unter Heranziehung der vorhandenen Erfahrungen bestimmbar sind.

c) Problematischer ist die Regelung der Gebührenhöhe, weil sich der „Mehraufwand“, von dem sie abhängt, nicht immer vorhersehen lässt, und Vereine und DFL ihn kaum beeinflussen können. Gleichwohl hält das BVerwG unter [58-65] die Bemessungskriterien für (noch) hinreichend bestimmt… Dafür spricht, dass die Gebühr nach § 4 Abs. 4 LGebG nur dann erhoben werden darf, wenn entsprechende Erfahrungswerte zum kostenpflichtigen Mehraufwand vorliegen. Diese Erfahrungswerte werden dem Gebührenschuldner vorab mitgeteilt, so dass er sich darauf einstellen kann. Zudem betrifft die Gebührenregelung nur einen sehr kleinen, mit der Problematik vertrauten Adressatenkreis (Veranstalter von gewinnorientierten Großveranstaltungen), der regelmäßig über eigene Erfahrungen verfügt, die sich von Mal zu Mal weiter konkretisieren lassen. Letztlich entscheidet über die konkrete Gebührenhöhe ohnehin der spätere Einsatz der Polizeikräfte, der auf seine Erforderlichkeit hin einer umfassenden gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage von ihrer Struktur her nicht von sonstigen auf Kostendeckung angelegten Abgaben, bei denen der Schuldner ebenfalls im Vorhinein nicht die genaue Kostenhöhe kennt (vgl. BVerfGE 108, 186, 236).

d) BVerwG [40]: Somit genügt § 4 IV LGebG sowohl hinsichtlich der einzelnen unbestimmten Rechtsbegriffe…als auch hinsichtlich der Gebührenbemessung und der Gebührenhöhe den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes.

4. Davon, dass bei Erlass des LGebG das Gesetzgebungsverfahren nach der Landesverfassung ordnungsgemäß durchgeführt wurde, ist auszugehen. Somit ist § 4 IV LGebG in formeller Hinsicht verfassungsmäßig.

II. In materieller Hinsicht könnte § 4 IV LGebG gegen Grundrechte der Veranstalter verstoßen. Primär kommt ein Verstoß gegen Art. 12 I, 19 III GG in Betracht.

1. Dass ein Eingriff in den Schutzbereich dieses Grundrechts zu bejahen ist, wurde bereits oben I 2 b) festgestellt.

2. Er könnte gerechtfertigt sein. Da § 4 IV LGebG eine Regelung der Berufsausübung enthält, ist diese nach Art. 12 I 2 GG grundsätzlich zulässig. Erforderlich ist weiterhin, dass die Regelung auf vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls beruht, was nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu prüfen ist. Die Erhebung der Gebühr muss geeignet, erforderlich und angemessen sein.

a) Zweck des § 4 IV LGebG ist, die zusätzlichen Kosten des Polizeieinsatzes dadurch zu decken, dass diejenigen ihn tragen, die von der Veranstaltung wirtschaftlich profitieren. Damit soll verhindert werden, dass die Kosten der Allgemeinheit, d. h. dem Steuerzahler zur Last fallen. Es handelt sich um einen legitimen Zweck, zu dessen Erreichung der Kostenersatz über eine Gebühr geeignet ist.

b) Dem Veranstalter die Kosten aufzuerlegen ist auch erforderlich, weil es keine andere Möglichkeit gibt, die Allgemeinheit von diesen Kosten zu entlasten.

c) § 4 IV LGebG könnte gegen das Gebot der Angemessenheit verstoßen.

aa) Unangemessen könnte die Kostenüberwälzung sein, wenn sie sich nur an den Störer richten dürfte. Wie das BVerwG unter [37] näher ausführt, wird in der Literatur vertreten, dass zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs mit dem Polizeirecht die Grundsätze über die Störerverantwortlichkeit heranzuziehen seien. Auf dieser Grundlage wird unterschiedlich argumentiert: Einerseits wird geltend gemacht, verantwortlich seien nur diejenigen, von denen die Gewalthandlungen ausgehen, und nicht die Veranstalter. Andererseits werden die Veranstalter als Zweckveranlasser verantwortlich gemacht. Jedoch ist die Gebühr lediglich kompetenzmäßig ein Annex zum Polizeirecht (oben I 1 c). Sie ist selbst keine Maßnahme der Gefahrenabwehr, sondern eine des Kostenausgleichs. BVerwG [38] Es gibt keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz, der es gebieten würde, Polizeikosten stets nur dem Störer oder solchen Personen aufzuerlegen, die nach den Vorschriften des Polizeigesetzes an der Stelle des Störers in Anspruch genommen werden können. Polizeirechtliche Störerhaftung und gebührenrechtliche Inanspruchnahme können nebeneinander zur Anwendung kommen… (ebenso Götz, DVBl 1984, 14, 18; Heise, NVwZ 2015, 262, 263; Mayer, Polizeikosten im Profifußball, 2018, S. 177). Polizeirechtliche Erwägungen führen somit nicht zur Unangemessenheit der Gebührenerhebung.

bb) Nach Auffassung der DFL ist die Veranstaltergebühr unangemessen, weil sie wegen ihrer möglichen Höhe die wirtschaftliche Existenz des Fußballs gefährde. Jedoch ist der kommerzielle Fußball eine der profitabelsten Wirtschaftszweige, er hat in Deutschland einen Umsatz von ca. 4 Milliarden Euro jährlich und zahlt Gehälter und Wechselprämien in zweistelliger Millionenhöhe. Angesichts dessen ist auszuschließen, dass ihn die Verpflichtung zum teilweisen Kostenersatz in finanzielle Schwierigkeiten bringt.

cc) Es wird geltend gemacht, die volle Überwälzung der Kosten sei insofern unangemessen, als der gebührenpflichtige Mehraufwand um einen vom Staat zu tragenden Eigenanteil zu kürzen sei, weil auch der Mehraufwand zu einem Teil im öffentlichen Interesse liege (sog. Grünanteil, Brüning NVwZ 2019, 1419). Dem hat das BVerwG aber widersprochen, [78, 79] Zwar trifft es zu, dass das BVerwG für bestimmte Fallgestaltungen einen (Gemeinwohl-)Abschlag verlangt. So hat es etwa zum Straßenreinigungsrecht entschieden, dass es sich unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt als sachgerecht erweist, wenn Kosten, die die Befriedigung des Allgemeininteresses betreffen, allein den Anliegern aufgebürdet werden (BVerwGE 69, 242, 245 f. und 81, 371, 373). Vergleichbar argumentiert es …in BVerwGE 112, 194, 205 f. und BVerwGE 154, 275 Rn. 41.… Der Unterschied zu den vorgenannten Fallgestaltungen liegt aber darin, dass es bei § 4 Abs. 4 LGebG um einen polizeilichen Mehraufwand geht, der ausschließlich aufgrund einer privatnützigen, gewinnorientierten Veranstaltung entsteht. Die gebührenpflichtige Maßnahme (zusätzliche Bereitstellung von Polizeikräften) wird - anders als in den zuvor beschriebenen Fällen - nicht ohnehin im Allgemeininteresse durchgeführt. Unter solchen Umständen ist die Entscheidung des Gesetzgebers, die Mehrkosten nicht, auch nicht teilweise, über den allgemeinen Haushalt zu finanzieren, verfassungsrechtlich hinzunehmen.

§ 4 IV LGebG ist somit nicht unangemessen, verstößt also nicht gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Er verletzt Art. 12 I GG nicht.

III. Auch das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 I GG ist nicht verletzt. Die Auferlegung der Veranstaltergebühr ist weder ein Eingriff in ein durch das Eigentum geschütztes Gut noch ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Veranstalter. BVerwG [68] Nach der Rspr. schützt die Eigentumsfreiheit nicht gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten, die nicht mit einem bestimmten Eigentumsobjekt zu erfüllen sind, sondern aus dem gesamten Vermögen beglichen werden müssen (BVerfGE 95, 267, 300;…). Auch der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs erstreckt sich nur auf den konkreten Bestand an vermögenswerten Rechten und nicht auf das Vermögen als solches (BVerfGE 143, 246 Rn. 240). Würde insoweit anders entschieden und ein Eingriff bejaht, wäre dieser aus denselben Gründen gerechtfertigt wie der Eingriff in Art. 12 I GG (oben II 2).

IV. BVerwG [72-75] Die Gebührenregelung verstößt schließlich nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG… Den Differenzierungskriterien des § 4 Abs. 4LGebG (5 000-Personen-Schwelle, Beschränkung auf gewinnorientierte Veranstaltungen und auf solche mit zu erwartenden Gewalthandlungen) liegen sachliche Erwägungen zugrunde… Für den Ausschluss nicht kommerzieller Großveranstaltungen, etwa Versammlungen, gibt es einen tragfähigen Grund, denn solchen Veranstaltern erwächst regelmäßig kein abschöpfbarer Vorteil aus der überdurchschnittlichen Beanspruchung des staatlichen Sicherheitsapparats. Ebenso ist die Beschränkung der Gebührenpflicht auf Veranstaltungen mit zu erwartenden Gewalthandlungen sachlich gerechtfertigt. Bei Veranstaltungen mit spontanen Gewalthandlungen fehlt es von vornherein an der zusätzlichen Bereitstellung von Polizeikräften.

Dass von der Erhebung einer Veranstaltergebühr nur bei Fußballspielen Gebrauch gemacht wird und nicht bei Großveranstaltungen wie Open-Air-Konzerten, führt nicht zu einer Gleichheitsverletzung durch das Gesetz. Der Wortlaut des Gesetzes würde auch bei anderen Veranstaltungen eine Gebührenerhebung erlauben (vgl. bereits oben I 2 b bb). Im Übrigen ist bei Open-Air-Konzerten nicht mit Auseinandersetzungen wie bei Hochrisikospielen zu rechnen.

Ergebnis zu I. bis IV.: § 4 IV LGebG ist verfassungsmäßig und kann eine wirksame Ermächtigungsgrundlage für den Gebührenbescheid sein.

(Dazu noch Schoch NVwZ 2019 Nr. 8 Editorial: „In England, Frankreich und der Schweiz ist die Beteiligung der Veranstalter an den Kosten für Einsätze der Polizei bei den Ligaspielen längst eine Selbstverständlichkeit… Auch in Deutschland sollte die Privatisierung der Gewinne im Fußballgeschäft bei gleichzeitiger Sozialisierung der Kosten einer mit spezifischen Risiken behafteten privaten Veranstaltung ein Ende finden.“)

V. Für die Rechtmäßigkeit des Gebührenbescheids ist weiterhin erforderlich, dass dieser im Einklang mit § 4 IV LGebG erlassen wurde (Prüfung auf Bescheidebene).

1. Es müssten die Voraussetzungen des § 4 IV LGebG bei dem Spiel vom 19. 4. vorgelegen haben.

a) Das Bundesligaspiel vom 19.4. war eine gewinnorientierte Veranstaltung, an der mehr als 5.000 Personen teilnahmen. Es wurde als Hochrisikospiel eingestuft, so dass zusätzliche Polizeikräfte zum Einsatz kamen; dass sie erforderlich waren, wird von der DFL nicht bezweifelt. Es entstanden Kosten in Höhe des im Gebührenbescheid festgesetzten Betrages (genauer zur Berechnung der Kosten BVerwG [103-114]; Wienbracke DVBl 2019, 347/8).

b) Die DFL als Bescheidadressat müsste Veranstalter gewesen sein. In erster Linie war der FC S Veranstalter (vgl. Brüning NVwZ 2019, 1419). Aber ohne die organisatorischen Leistungen der DFL könnte ein Bundesligaspielbetrieb nicht stattfinden, so dass die DFL Mitveranstalter ist. BVerwG [84] Erst durch die sachliche und organisatorische Zusammenarbeit beider Akteure wird die Durchführung der (Wettbewerbs-)Veranstaltung möglich, was sie zu Mitveranstaltern macht. Also ist auch die DFL Veranstalter und konnte Adressat des Gebührenbescheids sein. Ob und in welchem Umfang die Vereine an der Kostentragung beteiligt werden, muss im Innenverhältnis des DFB entschieden werden.

2. Beim Ob der Heranziehung zu der Gebühr räumt § 4 IV LGebG der Polizei kein Ermessen ein (Hebeler JA 2019, 878). Anders liegt es bei der Schuldnerauswahl. Hierbei stimmt BVerwG [95] dem BerGer. zu, wonach gebührenpflichtige Mitveranstalter…als Gesamtschuldner im Sinne von §§ 421 ff. BGB haften; ein Rangverhältnis zwischen mehreren Mitveranstaltern begründe das Gesetz nicht… Deshalb dürfe die Behörde nach ihrer Wahl einen Gesamtschuldner zur Ausgleichszahlung in voller Höhe heranziehen, etwa aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität, und es ihm überlassen, bei dem (oder den) mithaftenden weiteren Kostenschuldner(n) einen Ausgleich zu suchen. Danach lässt sich ein Ermessensfehler der Polizei bei der Heranziehung gerade der DFL als Schuldner nicht feststellen.

Gesamtergebnis: § 4 IV LGebG ist verfassungsmäßig und rechtswirksam. Er rechtfertigt den an die DFL gerichteten Gebührenbescheid. Der Bescheid ist rechtmäßig, eine dagegen gerichtete Anfechtungsklage wäre unbegründet.


Zusammenfassung