Bearbeiter: Prof. Dieter Schmalz
► Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Art. 2 I, 1 I GG. ► Namen und Kennzeichnung von Polizeibeamten als personenbezogene Daten. ► Rechtfertigung von Eingriffen; Verhältnismäßigkeit. ► Normenkontrolle; verwaltungsgerichtliche Feststellungsklage (§ 43 VwGO) gegen Gesetz
BVerwG Urteil vom 26.9.2019 (2 C 32.18) NVwZ 2020, 247
Fall (Namensschilder Polizei)
Das Polizeigesetz des Landes L (PolG-L) bestimmt in § 9:
(1) Auf Verlangen des von einer Maßnahme Betroffenen haben sich Polizeivollzugsbedienstete auszuweisen.
(2) Polizeivollzugsbedienstete tragen bei Amtshandlungen an ihrer Dienstkleidung ein Namensschild. Das Namensschild wird beim Einsatz in einer geschlossenen Einheit durch eine zur nachträglichen Identitätsfeststellung geeignete Kennzeichnung ersetzt.
(3) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 und 2 entfallen, soweit der Zweck der Amtshandlung oder überwiegende schutzwürdige Belange des P olizeiv ollzugsbediensteten dadurch beeinträchtigt werden.
Der Gesetzgeber hat die Pflicht zum Tragen des Namensschildes damit begründet, dass sie die Transparenz und Bürgernähe der Polizei stärke. Auch erleichtere die Namensangabe die Verfolgung und Aufklärung von Straftaten oder erheblichen Dienstpflichtverletzungen von Polizeibeamten und beuge damit solchen vor. Bei der Kennzeichnung zur Identitätsfeststellung stehe der letztgenannte Zweck im Vordergrund.
K ist Polizeibeamter im Dienst des Landes L. Er wird im Wach- und Streifendienst und bei Bedarf auch in einer geschlossenen Einheit eingesetzt. Er wendet sich gegen die Pflichten aus § 9 Abs. 1 PolG-L mit der Begründung, die Verpflichtung zur anlasslosen Offenbarung des Familiennamens durch einen uniformierten Polizeibediensteten sei unzumutbar, weil dadurch der Name am Einsatzort der Öffentlichkeit bekannt werde, was zur Veröffentlichung im Internet führen könne und die Möglichkeit zu Hasskommentaren und Übergriffen eröffne; allerdings zeigen Untersuchungen, dass sich diese Befürchtungen bislang nicht bestätigt haben. Durch die zwangsweise Zuteilung eines Identitätskennzeichens wie etwa einer Nummer oder eines Pseudonyms werde das zum Persönlichkeitsrecht gehörende Namensrecht verletzt und eine Person wie eine Sache behandelt.
Ein Antrag des K beim Polizeipräsidium, ihn von der Verpflichtung zum Tragen des Namensschildes und der Kennzeichnung bei Einsätzen in einer geschlossenen Einheit zu befreien, blieb erfolglos. Die von ihm gegen § 9 PolG-L erhobene Verfassungsbeschwerde wurde als unzulässig verworfen, weil K seine Rechte zunächst im Verwaltungsrechtsweg geltend machen müsse, innerhalb dessen die Verfassungsmäßigkeit des § 9 PolG inzidenter geprüft werden könne. K beabsichtigt nunmehr die Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage. Hat diese Erfolg?
Hinweise: Die Datenschutz-Grundverordnung der EU (DSGVO) ist nicht anzuwenden. – Im Land L ist gesetzlich bestimmt, dass auch in beamtenrechtlichen Streitigkeiten grundsätzlich kein Widerspruchsverfahren stattfindet.
Lösung
Vorbemerkung: Der Originalfall betraf das PolG des Landes Brandenburg. Da der hier zu behandelnde Fall in das anonyme Land L verlegt wurde, wurde in den Originalzitaten „BbgPolG“ durch „PolG-L“ ersetzt.
A. Zulässigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Klage
I. Es müsste der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sein. Die grundsätzliche Regelung hierfür enthält § 40 I 1 VwGO. Nach § 40 II 2 VwGO bleiben die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts - als aufdrängende Rechtswegzuweisung - unberührt.
1. § 126 Bundesbeamtengesetz (BBG) weist Streitigkeiten von Bundesbeamten dem Verwaltungsrechtsweg zu. K als Polizeibeamter des Landes L ist aber Landesbeamter.
2. Das Statusrecht der Landes- und Kommunalbeamten wird vom Beamtenstatusgesetz geregelt (§ 1 BeamtStG). Dieses bestimmt in § 54 I, dass für alle Klagen der Beamtinnen, Beamten, früheren Beamtinnen, früheren Beamten und der Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. Die Klage des K ist die Klage eines Beamten. Sie richtet sich gegen Verpflichtungen, die sich für K aus dem Beamtenverhältnis ergeben, und ist deshalb eine Klage aus dem Beamtenverhältnis im Sinne einer beamtenrechtlichen Streitigkeit. Für sie ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.
II. Es ist die statthafte Klageart zu bestimmen, wobei vom Klagebegehren des K auszugehen ist (§ 88 VwGO).
1. Der Antrag des K, ihn von den Verpflichtungen zum Tragen des Namensschildes und der Kennzeichnung bei Einsätzen in einer geschlossenen Einheit zu befreien, könnte ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes sein und wäre dann mit der Verpflichtungsklage (§ 42 I VwGO) zu verfolgen. Jedoch ist ein solcher VA in § 9 PolG-L nicht vorgesehen. Zwar könnte § 9 PolG-L so ausgelegt werden, dass die Verpflichtungen nach § 9 II grundsätzlich bestehen, dass aber nach § 9 III durch Entscheidung der Behörde davon eine Ausnahme gemacht werden kann. Wegen der Verwendung des Begriffs „entfallen“ liegt aber die Auslegung näher, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 9 III die Verpflichtungen kraft Gesetzes und ohne einen zwischengeschalteten VA wegfallen. Auch geht der Vortrag des K nicht dahin, dass er die Verpflichtung grundsätzlich anerkennt und eine Ausnahme beansprucht. Vielmehr hält er die Regelung generell für unvereinbar mit den Grundrechten. Für eine Ausnahmeentscheidung durch VA ist deshalb kein Raum. Die Klage ist keine Verpflichtungsklage.
2. K könnte sein Klageziel mit Hilfe einer Feststellungsklage (§ 43 VwGO) verfolgen.
a) Dann müsste die zu erhebende Klage auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet sein. Nach der Rechtsprechung des BVerwG erfordert ein Rechtsverhältnis rechtliche Beziehungen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlichen oder juristischen Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (BVerwG NJW 2018, 716 [12]; BVerwGE 157, 8 [12]; 129, 199 [21]). Wesentlich für ein Rechtsverhältnis sind also ein Sachverhalt und die Anwendung von Rechtsvorschriften auf diesen Sachverhalt, so dass Rechtsfolgen zwischen Personen begründet werden.Dass K Polizeibeamter ist und ein Namensschild tragen soll, ist ein Sachverhalt. Beteiligte Personen sind das Land L als juristische Person und K. Das Land L beansprucht durch Erlass und Vollziehung des § 9 II PolG gegenüber K die Rechtsfolge, dass K zum Tragen des Namensschildes verpflichtet ist; K bestreitet sie. Danach ist die Klage auf das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet (negative Feststellungsklage). Dementsprechend gehen Klagebegehren und Klageantrag des K dahin, festzustellen, dass K nicht verpflichtet ist, bei Amtshandlungen ein Namensschild an seiner Dienstkleidung und beim Einsatz in einer geschlossenen Einheit eine zur Identitätsfeststellung geeignete Kennzeichnung zu tragen (BVerwG [3]).
b) Der Anerkennung einer Feststellungsklage in einem solchen Fall könnte allerdings entgegenstehen, dass es sich bei der gegen ein formelles Gesetz gerichteten Klage um eine nach § 43 VwGO nicht zulässige Normenkontrolle handelt.
aa) Mit der behaupteten Nicht-Verpflichtung wendet sich K unmittelbar gegen § 9 II PolG-L als formelles (Landes-) Gesetz, verlangt die Prüfung dieser Norm und die Erklärung ihrer Nichtigkeit. In solchem Fall könnte es sich um eine den Verfassungsgerichten vorbehaltene prinzipale Normenkontrolle handeln; deren Anwendungsfälle sind die Verfassungsbeschwerde, wenn der Bf. durch das Gesetz selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen ist, und Anträge nach Art. 93 I Nr. 2 und 2 a GG. Demgegenüber ist es einem Verwaltungsgericht untersagt, ein Gesetz wie § 9 II PolG-L für verfassungswidrig zu erklären, es müsste bei Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes diese Frage nach Art. 100 GG dem Verfassungsgericht vorlegen. Wie sich aus Art. 100 I GG ergibt, haben die Fachgerichte eine Prüfungs- und Aussetzungskompetenz, aber keine Verwerfungskompetenz (BVerfGE 138, 64 [78]; Schenke JuS 2017, 1142). Von der Prüfungskompetenz macht das VG regelmäßig dadurch Gebrauch, dass es die Norm - vorwiegend im Rahmen einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage - inzidenter überprüft; die Inzidenter-Kontrolle eines Gesetzes ist der Normalfall der Normenkontrolle durch das VG. Sie hat aber grundsätzlich zur Voraussetzung, dass mit der Klage primär ein Vollzugsakt angegriffen wird, dessen Rechtsgrundlage das zu prüfende Gesetz ist; im Fall des K fehlt es jedoch an einem Vollzugsakt (oben II 1).
bb) Die Einschränkung, dass die VGe nur bei einer Klage gegen einen Vollzugsakt eine Inzidenter-Kontrolle vornehmen dürfen, hat das BVerfG aber aufgegeben, soweit es unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde eine vorherige Anrufung des VG auch dann verlangt hat, wenn direkt das Gesetz angegriffen wird (z. B. NVwZ-RR 2016, 1, Hess. SpielhallenG; zu dem hier unter b) angesprochenen Problemkreis ausführlich Barczak DVBl 2019, 1040, S. 1043-1045 w. N. auf die Rspr. des BVerfG). Da für eine Anrufung des VG in Fällen ohne Vollzugsakt praktisch nur die Feststellungsklage zur Verfügung steht, hat die negative Feststellungsklage die Funktion einer „allgemeinen Normabwehrklage“ übernommen (Barczak a. a. O. in der Überschrift des Beitrags und S. 1048). Dieser Entwicklung haben sich auch die VGe angeschlossen; so hat das BVerwG im vorliegenden Fall keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage erhoben. Damit entfallen die unter b aa) aufgeworfenen Bedenken. Eine zulässige Inzidenter-Kontrolle durch das VG hat also nicht stets einen Vollzugsakt zur Voraussetzung, sondern ist auch bei § 43 VwGO innerhalb der Prüfung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses möglich.
III. Es müssen die für die Klageart Feststellungsklage geltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen.
1. § 43 I VwGO erfordert ein berechtigtes Feststellungsinteresse des K.
a) Das berechtigte Interesse ist weit zu verstehen und umfasst jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art (BVerwG NJW 2018, 716 [20]; BVerwGE 100, 262, 271). Schutzwürdig ist das Interesse, wenn die gerichtliche Feststellung geeignet ist, die Position des Klägers auf einem der genannten Bereiche zu verbessern (BVerwG NJW 2018, 716 [20]; BVerwGE 81, 258, 262).
b) Da K in der streitigen Verpflichtung eine Verletzung seiner Grundrechte sieht und das Land L als sein Dienstherr gegenteiliger Auffassung ist, hat K ein rechtliches Interesse an der Klärung dieser Frage. Ein Erfolg der Feststellungsklage würde die Rechtsstellung des K deutlich verbessern und läge auch im Interesse anderer P olizeiv ollzugsbediensteter .
2. Nach § 43 II 1 VwGO ist die Feststellungsklage subsidiär. Oben II 1 wurde festgestellt, dass K sein richtig verstandenes Interesse nicht mit einer Verpflichtungsklage verfolgen kann. Anfechtungs- und Leistungsklage scheiden ohne weiteres aus. Folglich steht § 43 II 1 VwGO der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen.
3. Nach der Rechtsprechung des BVerwG (E 100, 217) ist § 42 II VwGO auf die Feststellungsklage analog anwendbar, so dass es auch bei dieser Klageart einer Klagebefugnis bedarf. Zwar lässt sich eine Regelungslücke wegen der Notwendigkeit eines Feststellungsinteresses (§ 43 I VwGO) nur schwer begründen, weshalb diese These auch umstritten ist (ablehnend Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 42 Rdnr. 63 m. Nachw. zum Streitstand in Fn. 136). Hier kann die Frage aber offen bleiben, weil K sich auf die Verletzung von Grundrechten beruft und damit eine Rechtsverletzung i. S. des § 42 II VwGO geltend macht.
IV. Die VwGO erfordert bei der Feststellungsklage kein Vorverfahren und bestimmt keine Klagefrist. § 54 II 1 BeamtStG verlangt allerdings bei beamtenrechtlichen Streitigkeiten ein Widerspruchsverfahren grundsätzlich bei allen Klagen, auch bei der Feststellungsklage. Das gilt aber nicht, wenn ein Landesgesetz dieses ausdrücklich ausschließt (§ 54 II 3 BeamtStG), wie das im Land L geschehen ist.
Die gegen das Land L zu richtende Klage (vgl. § 61 Nr. 1 VwGO) ist zulässig.
B. Begründet ist die (negative) Feststellungsklage, wenn K nicht verpflichtet ist, bei Amtshandlungen ein Namensschild oder eine Kennzeichnung an seiner Uniform zu tragen. Da dahingehende Verpflichtungen in § 9 II PolG-L normiert sind, ist K nicht verpflichtet, wenn § 9 II PolG-L wegen Verfassungswidrigkeit nichtig ist. Diese Prüfung fällt in den Aufgabenbereich des VG, auch wenn es bei Bejahung der Verfassungswidrigkeit diese nicht selbst feststellen kann, sondern nach Art. 100 GG vorlegen muss (oben A II 2 b aa: Prüfungskompetenz des VG).
In formeller Hinsicht muss das Land über die Gesetzgebungskompetenz für § 9 PolG verfügen. Sie ergibt sich aus Art. 70 I GG, wonach grundsätzlich die Länder das Recht zur Gesetzgebung haben. Eine Bundeskompetenz für den Polizeirecht besteht nur auf speziellen Gebieten wie dem Bundesgrenzschutz und der Bahnpolizei, nicht für die allgemeine Polizei; diese bleibt Ländersache.
Die materielle Prüfung erfolgt zweckmäßigerweise getrennt zwischen § 9 II Satz 1 (dazu I, II) und Satz 2 (dazu III). Unter IV wird geprüft, ob für K eine Ausnahme nach § 9 III PolG-L gilt.
I. Die Namensschildpflicht des § 9 II Satz 1 PolG kann gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstoßen. Dieses Recht wurde vom BVerfG aus dem Aspekt des Persönlichkeitsrechts des Art 2 I entwickelt, wonach der Einzelne selbst bestimmen darf, ob und wie persönliche Sachverhalte offenbart werden (grundlegend BVerfGE 65, 1, 42, Volkszählung). BVerwG [14, 15] Anwendbar ist das durch Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht in Gestalt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung… Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst auch die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BVerfGE 128, 1, 42). – Gegen die Anwendbarkeit der Art. 2, 1 GG auf ein Landesgesetz bestehen keine Bedenken. Auch der Landesgesetzgeber fällt unter Art. 1 III GG und ist an die Grundrechte des GG gebunden, außerdem an die Grundrechte der Landesverfassung; beide gelten nebeneinander (Art. 142 GG). Das BVerwG als Revisionsinstanz darf aber nur Bundesrecht prüfen und wendet deshalb die Grundrechte des GG an (§ 137 I Nr. 1 VwGO).
1. Es müsste ein Eingriff in den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung erfolgt sein.
a) Der Schutzbereich umfasst Informationen über eine Person, d.h. Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person. In der Formulierung der Datenschutzgesetze (§ 46 Nr. 1 BDSG, Art. 4 Nr. 1 DSGVO-EU) handelt es sich um personenbezogene Daten. Der Familienname (Nachname) einer Person ist eine Einzelangabe, die die Person identifiziert, und gehört damit zu den personenbezogenen Daten. BVerwG [15] Der Schutz des aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleiteten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung erstreckt sich auf alle Informationen, die etwas über die Bezugsperson aussagen können, und damit auch auf Basisdaten wie Namen und Anschrift (BVerfG NVwZ 2018, 1703 Rn. 219 m. w. N. unter Bezugnahme auf BVerfGE 65, 1, 45). Ungeachtet des Umstands, dass die gesetzliche Verpflichtung ihn gerade in seiner Eigenschaft als Polizeivollzugsbediensteten betrifft, kann sich K gegenüber seinem Dienstherrn auf dieses Recht berufen. Denn die Grundrechte gelten für Beamte im Rahmen des Dienstverhältnisses in gleicher und nicht lediglich in abgeschwächter Weise (BVerfGE 139, 19 Rn. 57).
b) Eingriff ist das hoheitlich vorgenommene oder auferlegte Erheben, Speichern oder Verwenden eines Datums einschließlich der Offenbarung des personenbezogenen Umstands. In der Formulierung der Datenschutzgesetze (Art. 4 Nr. 2 DSGVO) werden unter dem Oberbegriff Verarbeitung zusammengefasst „das Erheben, Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung…“. BVerwG [16] Soweit § 9 Abs. 2 Satz 1 PolG-L Polizeivollzugsbedienstete des Landes verpflichtet, bei Amtshandlungen an ihrer Dienstkleidung ein Namensschild zu tragen, liegt ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor. Denn das Gesetz gibt dem Bediensteten auf, seinen tatsächlichen Nachnamen - und nicht etwa einen Tarnnamen - jedem Bürger, dem er in amtlicher Eigenschaft gegenübertritt, ohne Anlass zu offenbaren.
2. Der Eingriff könnte gerechtfertigt sein.
Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung steht unter dem aus der Schranke der verfassungsmäßigen (Rechts-) Ordnung (Art. 2 I GG) folgenden Gesetzesvorbehalt und kann deshalb durch ein Gesetz wie § 9 PolG-L beschränkt werden. BVerwG [17] Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist nicht schrankenlos gewährleistet. Jenseits des unantastbaren Kernbereichs privater Lebensgestaltung kann es auf der Grundlage eines Gesetzes beschränkt werden, sofern sich Voraussetzungen und Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar aus dem Gesetz ergeben und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist (BVerfG NVwZ 2018, 1703 Rn. 220 m. w. N.). Je stärker die Maßnahme in die Privatsphäre des Betroffenen eingreift und je mehr sie sich über berechtigte Vertraulichkeitserwägungen hinwegsetzt, desto höher sind die Anforderungen an die gesetzliche Regelung; von Bedeutung sind die Persönlichkeitsrelevanz der Daten, die Offenheit oder Heimlichkeit der Maßnahme und ihre Streubreite (BVerfGE 120, 378, 402).
a) Um verhältnismäßig zu sein, muss § 9 II 1 PolG-L einem legitimen Ziel dienen und hierfür geeignet sein. BVerwG [27] Der Gesetzgeber…sieht den Zweck des Gesetzes zum einen in der Erhaltung und Stärkung der Transparenz und der Bürgernähe der Arbeit der Polizei. Wenn der Staat gegenüber dem Bürger nicht mehr anonym, sondern durch einen namentlich gekennzeichneten Amtsträger auftritt, stärkt dies das Vertrauen in die Arbeit der Polizei. Zum anderen erleichtert die namentliche Kennzeichnung die Verfolgung und Aufklärung von Straftaten oder nicht unerheblicher Dienstpflichtverletzungen von Polizeivollzugsbediensteten und beugt damit solchen vor. [30] Die Verhinderung, Verfolgung und Aufklärung von Straftaten dient der Verwirklichung des Rechtsstaates und hat deshalb eine hohe Bedeutung. Dies gilt insbesondere für solche Straftaten, die Polizeivollzugsbedienstete im Amt begehen… Deshalb muss bereits der Anschein vermieden werden, dass gegen Amtswalter des Staates weniger effektiv ermittelt wird oder dass insoweit erhöhte Anforderungen an eine Anklageerhebung gestellt werden (BVerfG NStZ-RR 2015, 347 Rn. 16 m. w. N.). Mit Hilfe eines Namensschildes herauszufinden, welcher Polizeibeamte gehandelt hat, ist zur Erreichung dieser Ziele auch geeignet.
b) BVerwG [31] Die zur Erreichung des Gesetzeszwecks geeignete Verpflichtung zum Tragen eines Namensschildes ist auch erforderlich. Ein gleich geeignetes, aber den Polizeivollzugsbediensteten weniger belastendes und damit milderes Mittel ist nicht ersichtlich. Die Alternative, sich statt des Namens auf eine andere Kennzeichnung zu beschränken, so wie es in § 9 II 2 PolG-L vorgesehen ist, ermöglicht nicht, die Bürgernähe der Polizei dadurch zu stärken, dass ein mit seinem Nachnamen ansprechbarer Bediensteter handelt.
c) Angemessen ist ein Eingriff, wenn die Belastung noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den Vorteilen steht, insbesondere soweit die Vorteile der Allgemeinheit zugute kommen (BVerfGE 76, 1, 51). Erforderlich ist eine Abwägung zwischen den Gemeinwohlbelangen, deren Wahrnehmung der Eingriff dient, und den Auswirkungen auf die Rechtsgüter der davon Betroffenen (BVerfG NJW 2019, 3054; BVerfGE 92, 277, 327). Die mit der Namensschildpflicht verfolgten Ziele wurden oben 2 a) dargestellt und als hoch bedeutsam gewichtet. Ihr Gewicht vermindert sich allerdings durch die Feststellung bei BVerwG [39], dass bei der Bundespolizei und bei der Polizei in der Mehrzahl der Länder keine Namensschilder vorgesehen sind, für die hierfür verantwortlichen Gesetzgeber offenbar kein Anlass zur Einführung besteht.
Zugunsten des K ist dessen Einwand in die Abwägung einzustellen, dass sein Name am Einsatzort der Öffentlichkeit bekannt wird und dieser Umstand für ihn Nachteile hat. BVerwG [28, 29] Es trifft zu, dass die Verpflichtung zur anlasslosen Offenbarung des Familiennamens für einen uniformierten Polizeivollzugsbediensteten eine beeinträchtigende Wirkung hat, weil der Name am Einsatzort einer größeren Öffentlichkeit bekannt wird und zudem nicht ausgeschlossen ist, dass Aufnahmen vom Einsatz und dem Verhalten der dort handelnden Bediensteten im Internet veröffentlicht werden. Auch eröffnet das Namensschild die Möglichkeit, dass ein Vollzugsbediensteter ohne jeden Anlass mit Vorwürfen überzogen oder dass er Opfer eines Übergriffs wird. Andererseits haben sich diese Befürchtungen bisher nicht bestätigt, das Namensschild allein hat also jedenfalls keine größeren Gefahren ausgelöst. Auch ist der Familienname kein Datum aus der Privatsphäre, sondern gehört zur Sozialsphäre, die nur eingeschränkt schutzwürdig ist. Die Intensität des Eingriffs wird auch durch § 9 III PolG-L abgemildert. Zwar wurden Bedenken dahin erhoben, dass der Begriff der überwiegend schutzwürdigen Belange zu unbestimmt sei und die Vorschrift deshalb gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoße. Dem folgt das BVerwG nicht, [22] Dass der Gesetzgeber in § 9 Abs. 3 PolG-L unbestimmte, der Auslegung und Konkretisierung bedürftige Gesetzesbegriffe verwendet, ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfGE 37, 132, 142). Angesichts der Vielgestaltigkeit der denkbaren Fallkonstellationen (vgl. BVerfGE 28, 175, 183), in denen den Interessen des Polizeivollzugsbediensteten der Vorrang einzuräumen ist, kann vom Gesetzgeber eine detailliertere Regelung nicht verlangt werden. Die nach § 9 Abs. 3 PolG-L gebotene Prognoseentscheidung ist gerade für den Bereich des Polizeirechts und der Gefahrenabwehr typisch. Die hierfür jeweils maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften, wie insbesondere die polizeirechtliche Generalklausel, sind nicht detaillierter gehalten als § 9 Abs. 3 PolG-L.
Insgesamt hat sich also nicht feststellen lassen, dass die Regelung unangemessen ist. BVerwG [32] Das Interesse der Polizeivollzugsbediensteten daran, dass ihr Familienname nicht einer größeren Öffentlichkeit aus Anlass einer Diensttätigkeit ohne besondere Veranlassung bekannt wird, überwiegt die vom Gesetzgeber mit der gesetzlichen Regelung verfolgten öffentlichen Interessen nicht. Auch verletzt die Verpflichtung die Bediensteten nicht in ihrer Menschenwürde. Sie werden nicht zum bloßen Objekt staatlichen Handelns degradiert. Vielmehr ermöglicht das Namensschild, sie unmittelbar mit ihrem Namen anzusprechen und trägt damit gerade der Subjektqualität der Bediensteten Rechnung.
Somit ist der Eingriff verhältnismäßig. § 9 II 1 PolG-L verletzt das durch Art. 2 I i. V. m. Art. 1 I 1 GG geschützte Recht des K auf informationelle Selbstbestimmung nicht.
II. Das BVerwG prüft weiterhin eine Verletzung des Gleichheitssatzes und der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht, verneint aber beides.
1. Eine für die Verletzung des Art. 3 I GG in Betracht kommende Ungleichbehandlung liegt darin, dass Namensschilder nach § 9 II 1 PolG-L nur von uniformierten Bediensteten zu tragen sind. [36] Die unterschiedliche Behandlung von Polizeivollzugsbediensteten in Dienstkleidung und sonstigen Bediensteten der Polizei ohne Dienstkleidung - Bedienstete im Verwaltungsbereich der Polizei, z.B. im Personal- und Finanzwesen oder bei der Kriminalpolizei - ist vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass diese regelmäßig keinen ständigen unmittelbaren Kontakt zum Bürger haben. Gerade die Stärkung der Transparenz der Arbeit der Polizei im unmittelbaren Kontakt zum Bürger ist eines der Ziele der gesetzlichen Kennzeichnungspflicht.
2. [40, 41] Schließlich verletzt § 9 Abs. 2 Satz 1 PolG-L nicht die Fürsorgepflicht als hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums i. S. v. Art. 33 Abs. 5 GG. Die allgemeine Fürsorgepflicht hält den Dienstherrn dazu an, den Beamten vor unberechtigten Anschuldigungen zu schützen sowie seine wohlverstandenen Interessen in gebührender Weise zu berücksichtigen (BVerfGE 43, 154, 165). Der Gesetzgeber des Landes L hat aufgrund der ihm zustehenden Entscheidungsbefugnis die Interessen der Polizeivollzugsbediensteten und die von ihm - vom Gesetzgeber - zu definierenden öffentlichen Interessen dahingehend gewichtet, dass die Polizeivollzugsbediensteten grundsätzlich ein Namensschild zu tragen haben, sie davon aber nach § 9 Abs. 3 PolG-L in besonderen Situationen ausgenommen sind. Diese gesetzgeberische Entscheidung hat für den einzelnen Polizeivollzugsbediensteten keine unzumutbaren Nachteile zur Folge. Unter Berufung auf die allgemeine Fürsorgepflicht kann die zulässige gesetzgeberische Entscheidung nicht wieder in Frage gestellt werden.
Ergebnis zu § 9 II Satz 1 PolG-L: Die Vorschrift ist nicht verfassungswidrig.
III. Auch § 9 II Satz 2 PolG ist daraufhin zu überprüfen, ob die darin enthaltene Verpflichtung, beim Einsatz in einer geschlossenen Einheit eine zur nachträglichen Identitätsfeststellung geeignete Kennzeichnung zu tragen, gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 I i. V. m. Art. 1 I 1 GG) verstößt.
1. Ein Eingriff in den Schutzbereich dieses Rechts hat zunächst zur Voraussetzung, dass das verlangte Kennzeichen ein personenbezogenes Datum ist. BVerwG [45, 46] Der Schutzumfang des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung beschränkt sich nicht auf Informationen, die bereits ihrer Art nach sensibel sind und schon deshalb grundrechtlich geschützt werden. Auch der Umgang mit personenbezogenen Daten, die für sich genommen nur geringen Informationsgehalt haben, kann grundrechtserhebliche Auswirkungen auf die Privatheit und Verhaltensfreiheit des Betroffenen haben (BVerfG NVwZ 2019, 381 Rn. 37 ff.). Alle Informationen, die etwas über ihre Bezugsperson aussagen können, sind erfasst; ein belangloses Datum gibt es nicht (BVerfGE 120, 378, 399). Danach ist auch die Kennzeichnung, die der Bedienstete bei einem Einsatz geschlossener Einheiten zu tragen hat, ein personenbezogenes Datum. Die Nummer oder das Pseudonym ist einem bestimmten Polizeivollzugsbediensteten zugeordnet, lässt sich nach der vom Dienstherrn vorgenommenen Zuordnung zu einem bestimmten Bediensteten entschlüsseln und sagt damit etwas über die Bezugsperson aus. Da § 9 II 2 PolG-L den Polizeibeamten verpflichtet, die Kennzeichnung zu tragen und damit deren Aussagegehalt zu offenbaren, enthält er einen Eingriff. BVerwG [44] § 9 Abs. 2 Satz 2 PolG-L beeinträchtigt den Schutzbereich des Rechts von Dienstkleidung tragenden Polizeivollzugsbediensteten auf informationelle Selbstbestimmung.
2. Der Eingriff könnte gerechtfertigt sein. Da mit § 9 II 2 PolG-L eine gesetzliche Grundlage vorhanden ist, hängt die Rechtfertigung davon ab, ob die Regelung verhältnismäßig ist.
a) Die Verpflichtung zum Tragen der Kennzeichnung verfolgt einen legitimen Zweck und ist hierfür geeignet. BVerwG [50] Legitimes Ziel der gesetzlichen Regelung ist in erster Linie die Sicherung der Aufklärbarkeit etwaiger Straftaten und nicht unerheblicher Dienstpflichtverletzungen von einzelnen Polizeivollzugsbediensteten im Rahmen von Einsätzen geschlossener Polizeieinheiten. Zugleich dient die Kennzeichnungspflicht der Gesetzesbindung der Verwaltung, indem sie rechtswidrigem Verhalten von einzelnen Bediensteten der Polizei bei einem Einsatz einer geschlossenen Einheit vorbeugt. Die Möglichkeit der Identifizierung gewährleistet andererseits auch, dass die Vielzahl rechtmäßig handelnder Polizeivollzugsbediensteter von einer Einbeziehung in konkrete Ermittlungen von vornherein verschont bleibt.
b) Was die Erforderlichkeit betrifft, ist diese insofern zu bejahen, als überhaupt eine Kennzeichnung erfolgt. Wie diese vorgenommen wird, lässt § 9 II 2 PolG-L offen. In Betracht kommen eine Nummer, ein Pseudonym, Buchstaben; diese können fest oder für jeden Einsatz neu zugeteilt werden (vgl. BVerwG [53, 54]). Da die Polizeiführung bei der Auswahl an das Verhältnismäßigkeitsprinzip gebunden ist, ist gesichert, dass nur eine Kennzeichnung erfolgen darf, die auch erforderlich ist.
c) Bei Prüfung der Angemessenheit fallen zugunsten der in § 9 II 2 PolG-L getroffenen Regelung die unter a) angeführten Gemeinwohlbelange ins Gewicht, während - anders als oben I 2 a) - die Ziele Transparenz und Bürgernähe der Polizei weitgehend entfallen. Auf Seiten der Betroffenen ist deren Belastung im Vergleich zum Namensschild geringer. BVerwG [57] Die Intensität des Eingriffs ist relativ gering, weil die Kennzeichnung dem Außenstehenden - im Gegensatz zum Namensschild - nicht unmittelbar den Schluss auf die Person ermöglicht. Die Zuordnung ist allein der personalverwaltenden Stelle eröffnet. Eine weitere Abminderung der Belastung ergibt sich daraus, dass - ebenfalls im Unterschied zum Namensschild - im Falle einer über das Kennzeichen vermittelten Gefahr dieses ausgetauscht werden kann. Für die Behauptung des K, durch die Zuteilung eines Identitätskennzeichens werde das zum Persönlichkeitsrecht gehörende Namensrecht verletzt und eine Person wie eine Sache behandelt, ist eine Begründung nicht ersichtlich. BVerwG [58] Folglich ist die Zuordnung einer Kennzeichnung zu einem bestimmten Polizeivollzugsbediensteten für die Dauer seiner Zuweisung zu einer geschlossenen Einheit der Polizei des Landes dadurch angemessen und zumutbar ausgestaltet, dass aus dienstlichen Gründen, aber auch zur Eigensicherung der einmalige oder regelmäßige Austausch der Kennzeichnung möglich ist.
Somit ist auch im Fall des § 9 II 2 PolG-L der Eingriff gerechtfertigt und wird das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht verletzt. Im Hinblick auf Art. 3 I GG gilt, da die Kennzeichnung an die Stelle des Namensschildes tritt, Gleiches wie oben II 1 zum Namensschild ausgeführt wurde.
§ 9 II 1 und 2 PolG-L verstoßen nicht gegen ein Grundrecht.
IV. Trotz Verfassungsmäßigkeit des § 9 PolG-L wäre K nicht zur Erfüllung der Verpflichtungen aus § 9 II PolG-L verpflichtet und die Feststellungsklage wäre begründet, wenn zugunsten des K § 9 III PolG-L eingreifen würde. Insofern kommt nur in Betracht, dass überwiegende schutzwürdige Belange des P olizeiv ollzugsbediensteten beeinträchtigt werden. Allerdings scheiden die im Zusammenhang mit der Verhältnismäßigkeit geprüften und auf jeden Bediensteten zutreffenden Belastungen aus. BVerwG [21] Die mit der namentlichen Kennzeichnung für den Polizeivollzugsbediensteten regelmäßig verbundenen Beeinträchtigungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung können für diesen Ausnahmetatbestand nicht ausreichen. Die Ausnahme soll nur dann greifen, wenn Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Sphäre des Bediensteten vorliegen, die über die regelmäßigen Nachteile hinausgehen… Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen Tatsachen oder Umstände die Annahme rechtfertigen, dass unter Nutzung des Nachnamens außerdienstliche Daten über den Bediensteten - einschließlich seiner Familie - erlangt werden sollen und damit ein Missbrauch der Daten zu außerdienstlichen Zwecken zu erwarten ist. Für eine Ausnahme von der Kennzeichnungspflicht gilt Gleiches. Da K sich nicht auf über die regelmäßigen Nachteile hinausgehende Beeinträchtigungen beruft und solche auch nicht ersichtlich sind, greift § 9 III PolG-L nicht zugunsten des K ein.
Ergebnis: § 9 II PolG-L ist verfassungsmäßig und rechtswirksam. K ist zu dessen Befolgung verpflichtet. Die verwaltungsgerichtliche Feststellungsklage ist unbegründet und hat keinen Erfolg.
Ergänzender Hinweis zur Nichtanwendung des Datenschutzrechts: Das Bundes-DSG ist nicht anwendbar, weil das PolG zum Sachgebiet Polizeirecht gehört und unter die Gesetzgebungszuständigkeit des Landes fällt, das Landes-DSG ist es nicht, weil die im PolG getroffene Regelung spezieller ist. Zur Nichtanwendbarkeit der DSGVO der EU BVerwG [61] Nach Art. 2 II Buchst. d DSGVO findet die VO keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit… Dazu zählen auch polizeiliche Tätigkeiten in Fällen, in denen nicht von vornherein bekannt ist, ob es sich um Straftaten handelt oder nicht. Die relevanten Tätigkeiten können ferner die Ausübung hoheitlicher Gewalt durch Ergreifung von Zwangsmitteln erfassen, wie polizeiliche Tätigkeiten bei Demonstrationen, großen Sportveranstaltungen und Ausschreitungen. Somit ist die DSGVO auf die Tätigkeit der Polizei in den unter § 9 PolG-L fallenden Fällen nicht anwendbar. Der Bearbeiterhinweis im Sachverhalt hatte deshalb nur klarstellende Funktion.
Zusammenfassung