Bearbeiter: Prof. Dieter Schmalz

Straßenrechtliche Planfeststellung. Fachplanungsrechtlicher Ausgleichsanspruch, § 74 II VwVfG. Enteignung (Art. 14 III GG) durch Entziehung eines Nutzungsrechts. Anwendung der §§ 3, 4, 8 Enteignungs- und Entschädigungsgesetz (EEG) NRW. Mietminderung wegen Verkehrslärms als Folgeschaden einer Enteignung. Rechtswegfragen

BGH
Urteil vom 20. 9. 2012 (III ZR 264/11) NVwZ-RR 2013, 7

Fall
(Ausbau Mittlerer Ring)

E ist Eigentümer eines größeren, mit Mietshäusern bebauten Grundstücks in der nordrhein-westfälischen Großstadt S. Die Häuser liegen am Mittleren Ring, einer Bundesstraße, deren Ausbau die Stadt betreibt. Da zu dem Ausbau auch ein Tunnel gehört, wird mit einer mehrjährigen Bauzeit gerechnet. Von der zuständigen Behörde wurde der Ausbau mit Erlass des Planfeststellungsbeschlusses „Ausbau Mittlerer Ring Südwest und Untertunnelung des P- Platzes" genehmigt; der Planfeststellungsbeschluss ist inzwischen unanfechtbar. Der Planfeststellungsbeschluss enthält den Vorbehalt, dass über Entschädigungsansprüche wegen eines das zumutbare Maß übersteigenden Baulärms auf Antrag entschieden wird.

Die mit dem Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses befasste Straßenbaubehörde der Stadt S entschloss sich dazu, während der gesamten Bauzeit in der auszubauenden Straße drei Fahrspuren je Fahrtrichtung sowie Geh- und Radwege beidseitig provisorisch aufrechtzuerhalten. Da der vorhandene Straßenraum dafür nicht ausreichte, sollten die Vorgärten der Häuser des E hierfür in Anspruch genommen werden. Als E sich nicht zur Überlassung der Vorgärten bereit erklärte, beantragte das Straßenbauamt der Stadt S bei der Stadt S als Enteignungsbehörde die Einleitung eines Enteignungsverfahrens. Nach ordnungsgemäßer Durchführung des Verfahrens erließ die Stadt S einen Beschluss, wonach die Nutzungsüberlassung von näher bezeichneten Teilflächen des Grundstücks des E für 6 Jahre angeordnet wurde. Als Entschädigung setzte die Enteignungsbehörde anhand von Pacht-Vergleichswerten eine Entschädigung in Höhe von monatlich 1,30 Euro/m² fest.

Im Zuge der provisorischen Verkehrsführung wurde die Fahrbahn nebst Geh- und Radweg an die Wohnhäuser des E herangerückt. Der Abstand verringerte sich von ursprünglich 12 m auf 2 m. Da dadurch die Belastung der Wohnungen mit Verkehrslärm stark anstieg, machten die Mieter Mietminderungen geltend. E akzeptiert die Mietminderungen, verlangte aber Ersatz der Mietausfälle von der Stadt S. Diese verweigerte die Zahlung mit der Begründung, dem Anspruch stehe der Planfeststellungsbeschluss entgegen, der lediglich eine Entschädigung für Baulärm vorsehe. Hat E gegen die Stadt S einen Entschädigungsanspruch ? In welchem Rechtsweg wäre der Anspruch geltend zu machen ?

Zunächst werden Entschädigungsansprüche geprüft. Die Frage nach dem Rechtsweg wird im Anschluss an die Anspruchsgrundlagen behandelt, weil der Rechtsweg von ihnen abhängt.

I. Entsteht ein Vermögensnachteil durch den Vollzug eines Planfeststellungsbeschlusses, so kommt ein Anspruch nach § 74 II 3 VwVfG in Betracht. Inhalt und Rechtswirkungen des Planfeststellungsbeschlusses sind in §§ 74, 75 VwVfG geregelt. Nach § 17 I 1 FStrG dürfen Bundesstraßen nur gebaut oder verändert werden, wenn eine Planfeststellung erfolgt ist. Durch den Planfeststellungsbeschluss wird die Zulässigkeit des (Straßenbau-)Vorhabens umfassend geregelt (§ 75 I 1 VwVfG). Dazu gehört in erster Linie die Bestimmung, wie die Straßenführung endgültig verlaufen soll. Der Planfeststellung kann aber auch Regelungen für die Bauzeit enthalten.

1. § 74 II Satz 2 und 3 VwVfG bestimmen, dass die Planfeststellungsbehörde dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen hat, die zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind (beispielsweise Schallschutzwände). Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so hat der Betroffene einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld (z. B. zum Zwecke des Einbaus von Schallschutzfenstern mit Mehrfachverglasung). Dieser Anspruch wird als fachplanungsrechtlicher Ausgleichsanspruch bezeichnet.

a) Wie der Zusammenhang von § 74 II Satz 2 und 3 zeigt, muss diese Entschädigung im Planfeststellungsbeschluss festgelegt werden (Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 74 Rdnr. 127). Das ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Der Planfeststellungsbeschluss enthält keine Entschädigungsregelung, sondern nur die Verfahrensregelung, dass über Entschädigungsansprüche wegen eines das zumutbare Maß übersteigenden Baulärms auf Antrag entschieden wird.

b) Auch nach Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses kann unter den Voraussetzungen des § 75 II 2 - 4 VwVfG eine Planergänzung verlangt werden, die zur Festsetzung einer Entschädigungspflicht führen kann.

2. Jedoch erfasst der fachplanungsrechtliche Ausgleichsanspruch aus §§ 74 II 3, 75 II 4 VwVfG nur Vermögensnachteile, die sich aus dem Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses ergeben. Im vorliegenden Fall hat sich die Straßenbaubehörde erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses dazu entschlossen, drei Fahrspuren und den Geh- und Radweg aufrecht zu erhalten und teilweise über das Grundstück des E zu führen. Die damit verbundene Inanspruchnahme des E geht somit erst auf diesen Entschluss zurück und nicht auf den Planfeststellungsbeschluss. Im Planfeststellungsbeschluss war offenbar noch nicht vorgesehen, dass für die provisorische Verkehrsführung während der Bauzeit das Grundstück des E in Anspruch genommen werden sollte. Folglich würde ein Antrag auf Planergänzung nicht zu einem Anspruch führen.

3. Geltend gemacht werden müsste der Anspruch auf die Planergänzung durch Verpflichtungsklage (§ 42 I VwGO), also im Verwaltungsrechtsweg (Kopp/Ramsauer § 74 Rdnr. 127). Die Klage wäre jedoch aus den vorstehend unter 2. dargestellten Gründen unbegründet.

II. E könnte einen Anspruch auf eine Entschädigung wegen einer Enteignung haben.

1. Es ist die insoweit anwendbare Anspruchsgrundlage zu bestimmen.

a) Verfassungsrechtlich ist die Enteignung in Art. 14 III GG geregelt. Nach Art. 14 III 2 darf sie nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Anspruchsgrundlage kann deshalb nur ein solches Gesetz sein. Nach § 19 I 1 FStrG haben die Träger der Straßenbaulast das Enteignungsrecht. Nach § 19 I 2 ist die Enteignung zulässig, soweit sie zur Ausführung eines Planfeststellungsbeschlusses notwendig ist. Im vorliegenden Fall hat sich allerdings nicht feststellen lassen, dass eine Enteignung zur Durchführung des Planfeststellungsbeschlusses notwendig war (oben I 2). Jedoch kann die Regelung des § 19 I 2 nicht als abschließend angesehen werden. Erweisen sich während der Bauzeit eines Vorhabens zusätzliche Maßnahmen als notwendig und enthalten diese eine Enteignung, kann diese Enteignung in Anwendung der Enteignungsgesetze der Länder erfolgen. § 19 V FStrG verweist auf die Enteignungsgesetze der Länder und zeigt damit, dass die Regelung im FStrG nicht abschließend ist. Im Ergebnis dürfte es nicht zweifelhaft sein, dass E im Falle einer Enteignung eine Enteignungsentschädigung verlangen kann.

b) Das Landesenteignungs- und -entschädigungsgesetz NRW (EEG NRW) regelt in §§ 4 ff. die Zulässigkeit einer Enteignung und in §§ 8 ff. die Entschädigung. Anspruchsgrundlage für E ist somit § 8 EEG, möglicherweise ergänzt durch § 11 EEG.

2. Voraussetzung für diese Anspruchsgrundlage ist das Vorliegen einer Enteignung. In Übereinstimmung mit dem verfassungsrechtlichen, engen Enteignungsbegriff (vgl. BVerfGE 58, 300, Nassauskiesungsbeschluss) regelt § 3 EEG verschiedene Fälle der Enteignung.

a) Nach § 3 I Nr. 1 und 2 liegt eine Enteignung vor, wenn das Eigentum oder andere Rechte an Grundstücken entzogen oder belastet werden (sog. klassische Enteignung). Eine solche Maßnahme ist E gegenüber nicht ergangen.

b) Im vorliegenden Fall wurde dem E das Nutzungsrecht an dem Grundstück nach § 3 I Nr. 3 EEG (vorübergehend) entzogen und gemäß § 3 I Nr. 4 zugunsten der Stadt S begründet. Eine solche förmliche Übertragung eines Teil-Rechts an einem Grundstück ist ebenfalls eine Enteignung (BVerfGE 56, 249, Dürkheimer Gondelbahn). Der BGH (LS und [14]) spricht insoweit – wohl im Unterschied zu Rechtsinstituten wie dem „enteignenden Eingriff“, der keine Enteignung, sondern ein Anwendungsfall der Aufopferung ist (BGH NJW 2011, 3157, „Von der Polizei gerammt“) - von einer „echten“ Enteignung. Somit liegt E gegenüber eine Enteignung vor. Dafür spricht auch, dass ein förmliches Enteignungsverfahren durchgeführt wurde.

3. Einer Anwendung des § 8 EEG könnte die Sperrwirkung vorangegangener Entscheidungen entgegen stehen.

a) Der Planfeststellungsbeschluss steht nach dem hier zu beurteilenden Sachverhalt schon deshalb nicht entgegen, weil er die später vorgenommene Straßenverschwenkung nicht geregelt hat (oben I 2). Der BGH behandelt diese Frage aber grundsätzlicher, weil das BerGer. eine solche Sperrwirkung bejaht hatte. BGH [14]: Zum Verhältnis zwischen der Planfeststellung und dem Anspruch wegen einer Enteignung hat der Senat ausgeführt, dass ein Anspruch auf eine „echte" Enteignungsentschädigung hinsichtlich seines Umfangs keiner Beschränkung wegen einer Ausschlusswirkung des straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses unterliegt (BGHZ 132, 63, 69; 140, 285, 290). Ein solcher Enteignungsentschädigungsanspruch entsteht aufgrund des Zugriffs auf die für die Ausführung des Straßenbauvorhabens benötigten Grundstücke… Daraus folgt, dass der Planfeststellungsbeschluss keine Verbindlichkeit für das gegebenenfalls nachfolgende Enteignungs(entschädigungs)verfahren hat. Das gilt unbeschadet dessen, dass der Planfeststellungsbeschluss nach dem Grundsatz der Problembewältigung und im Hinblick auf mögliche enteignungsgerichtliche Vorwirkungen auch die Notwendigkeit und Folgen einer Enteignung erörtern muss, soweit das Vorhaben sich möglicherweise nicht ohne eine Enteignung von Grundeigentum verwirklichen lässt (…). Demgemäß stehen der fachplanungsrechtliche Ausgleichsanspruch aufgrund der Planfeststellung und die Enteignungsentschädigung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG nebeneinander. Verlangt der Eigentümer die Erfüllung beider Ansprüche, ist das Verbot einer Doppelentschädigung zu beachten.

b) Der Enteignungsbeschluss hat zwar eine Entschädigung des E für den Verlust der Nutzung festgesetzt. Diese kann jedoch nicht als abschließende Regelung auch für Folgen des erhöhten Verkehrslärms angesehen werden, zumal das Problem des gesteigerten Verkehrslärms mit der Folge von Mietausfällen damals offensichtlich noch nicht erkannt worden war.

Vorangegangene Entscheidungen bewirken somit keine Sperrwirkung.

4. Die Enteignung müsste rechtmäßig erfolgt sein.

a) Nach § 4 I EEG ist die Enteignung nur zulässig, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Zweck auf andere Weise nicht erreicht werden kann. Nachdem aufgrund des Planfeststellungsbeschlusses feststand, dass der Mittlere Ring ausgebaut wird, entsprach es dem Wohl der Allgemeinheit zu verhindern, dass während der Bauzeit eine ständige Engstelle entsteht und zu Staus führt. Auch entsprach es dem Wohl der Allgemeinheit, den Rad- und Fußverkehr aufrecht zu erhalten. Ein vertraglicher Erwerb des Nutzungsrechts (§ 4 II EEG) war nicht möglich.

b) § 4 III EEG steht nicht entgegen, weil die vorübergehende Verschwenkung der Straße keinen Planfeststellungsbeschluss erforderte.

Somit war die Enteignung rechtmäßig. Auch hat E offenbar keine Bedenken gegen die Enteignung als solche, sondern verlangt nur Entschädigung wegen des zusätzlichen Verkehrslärms.

5. Die Mietausfälle durch die Mietminderungen müssten unter die wegen der Enteignung zu zahlende Entschädigung fallen. Die Regelung hierzu findet sich in §§ 8 ff. EEG.

a) Nach § 8 II Nr. 1 wird eine Entschädigung für den Rechtsverlust gezahlt. Dem entspricht die festgesetzte Nutzungsentschädigung von monatlich 1,30 Euro/m². Dagegen ist eine Vermögenseinbuße durch Mietminderungen wegen Verkehrslärms kein Schaden durch einen Rechtsverlust.

b) Nach § 8 II Nr. 2 wird eine Entschädigung auch für andere durch die Enteignung eintretende Vermögensnachteile gewährt. Nähere Regelungen enthält § 11. Das dort aufgeführte Verbot der Doppelentschädigung steht dem Anspruch des E nicht entgegen, weil mit der Nutzungsentschädigung der Schaden wegen Mietminderungen nicht mit abgegolten wird. Bei der Frage, welche anderen Vermögensnachteile entschädigt werden, helfen § 11 I 2 Nr. 1 - 3 nicht weiter, weil keiner dieser Fälle hier vorliegt; auch gehen diese Fälle offenbar vom Entzug des Eigentums aus, der hier nicht erfolgt ist. BGH [18] konkretisiert die „anderen Vermögensnachteile“ wie folgt: Wie der Senat zum inhaltsgleichen § 96 Abs. 1 Satz 1 BauGB entschieden hat, können über die Substanzentschädigung hinaus Folgeschäden entschädigt werden, die ohne dinglichen Wertbezug durch die Enteignung unmittelbar oder zwangsnotwendig begründet werden, wobei auch hier nur rechtlich geschützte konkrete Werte und nicht bloße wirtschaftliche Interessen, Erwartungen oder Chancen dem Eigentumsschutz unterliegen. Die individuellen Nachteile, die nicht allgemein jeden betreffen, müssen als Folge der Enteignung in Erscheinung treten (BGHZ 174, 25, Rn. 19 m. w. N.). Für die Beeinträchtigung eines Restgrundstücks nach einer Teilenteignung hat der Senat ausgeführt, dass der dadurch erwachsene Schaden nicht durch die erzwungene Abtretung des Teilgrundstücks unmittelbar herbeigeführt zu sein braucht; vielmehr genügt es, wenn die Schadensursache nur in dem ganzen Unternehmen liegt, für das es enteignet wurde (vgl. BGHZ 61, 253, 254; NJW 1999, 1247, 1250).

(1) Im vorliegenden Fall beruhen Verkehrslärm und Mietminderungen darauf, dass der Verkehr näher an die Häuser des E herangerückt ist, was wiederum eine Folge davon ist, dass ein Nutzungsrecht zugunsten der Fahrbahnverschwenkung durch Enteignung begründet wurde. Die Einkommensverluste des E sind also eine zwangsläufige Folge der Enteignung.

(2) Es müssen rechtlich geschützte Werte betroffen sein. BGH [19]: Die Vermietbarkeit eines Hauses gehört zu den eigentumsrechtlich geschützten Rechtspositionen (vgl. BGH NVwZ 2008, 348). Das muss zumindest für Mietshäuser gelten, weil deren Nutzbarkeit von der Vermietbarkeit abhängt.

(3) Allerdings wird ein gewisses Maß an Verkehrslärm einem Vermieter auch dann entschädigungslos zugemutet, wenn es die Vermietbarkeit erschwert. BGH [20]: Der Senat hat die Grenze der noch entschädigungslos hinzunehmenden Geräuschbelastung aufgrund der Umstände des Einzelfalls bestimmt und es zugelassen, dass Richtwerte, die in Verwaltungsvorschriften angegeben [TA Lärm] oder im Schrifttum befürwortet werden, als Orientierungshilfe herangezogen werden (vgl. BGH NJW 1986, 2424). Sollte deshalb durch die Verlegung der Straße von einem Abstand von 12 m auf 2 m eine Steigerung der Lärmbelastung in spürbarer Weise festzustellen sein, was zur Folge hat, dass die Kläger Mietminderungen ihrer Mieter ausgesetzt werden, wird ein Anspruch auf eine Entschädigung bestehen. Es gilt jedoch der Grundsatz, dass die Auswirkungen eines Enteignungsunternehmens, das auf dem abgetretenen Teilstück eines Grundstücks durchgeführt wird, einen enteignungsrechtlichen Entschädigungsanspruch nur begründen, wenn die Auswirkungen oder Belästigungen, die das Enteignungsunternehmen mit sich bringt, das Maß dessen überschreiten, was ein Nachbar - am Maßstab des § 906 BGB gemessen - ohne Ausgleich hinnehmen muss (vgl. BGHZ 64, 220, 222; 80, 360, 362 f; NJW 1978, 318, 319). Diese Voraussetzungen waren im Originalfall noch nicht festgestellt, so dass der BGH zurückverwiesen hat. Nach obigem Sachverhalt steht aber fest, dass die Belastung der Wohnungen mit Verkehrslärm stark angestiegen ist und die Mieter berechtigte Mietminderungen geltend gemacht haben. Solche Folgen braucht ein Eigentümer weder gegenüber einem Nachbarn noch gegenüber dem Staat entschädigungslos hinzunehmen. Also besteht ein Anspruch auf eine Entschädigung.

c) Zur - praktisch wichtigen - Frage, wie ein Kläger die Lärmzunahme prozessual geltend zu machen hat, führt BGH [21] aus: Ohne Erfolg bleibt die Gegenrüge der Beklagten, der Kläger hätte die Lärmzunahme nicht hinreichend substantiiert behauptet und unter Beweis gestellt. Zur Substantiierung gehört nicht die konkrete Behauptung eines Dezibelwertes. Das würde die Darlegungsanforderungen überspannen, da der Bürger dies nur nach Einholung eines Sachverständigengutachtens könnte. Es reicht für eine hinreichend substantiierte und relevante Lärmzunahme aus, wenn der Kläger - wie geschehen und unter Beweis gestellt - darlegt, dass wegen der Lärmzunahme die Mieter Mietminderungen ausgesprochen haben.

d) Somit steht E ein Entschädigungsanspruch aus §§ 4, 8, 11 EEG zu. Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach der Höhe der Mietminderungen, soweit diese berechtigt sind.

6. Zum Rechtsweg: Da es sich um eine (echte) Enteignungsentschädigung handelt, ist für deren Geltendmachung der Zivilrechtsweg nach Art. 14 III 4 GG zulässig. Dabei entscheidet das Zivilgericht - wie die vorstehend wiedergegebenen Ausführungen des BGH unter II 5b) zeigen - nicht nur über die Höhe der Entschädigung, sondern auch und in erster Linie über den Grund des Anspruchs.


Zusammenfassung