Bearbeiter: Prof. Dieter Schmalz
► Öffentlich-rechtlicher Vertrag, §§ 54 ff. VwVfG. ► Rückabwicklung durch öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. ► Städtebaulicher Vertrag als Folgekostenvertrag, § 11 I 2 Nr. 3 BauGB. ► Subordinationsrechtlicher Vertrag, § 54, 2 VwVfG. ► Hinkender Austauschvertrag, § 56 VwVfG analog. ► Nichtigkeit eines städtebaulichen Vertrages wegen fehlender Verknüpfung von städtebaulicher Maßnahme und Folgekosten, §§ 59 II Nr. 4, 56 VwVfG, 11 I 2 Nr. 3 BauGB. ► Geltendmachung des Erstattungsanspruchs als Verstoß gegen Treu und Glauben
BVerwG Urteil vom 29. 1. 2009 (4 C 15.07) DVBl 2009, 782 (im Anschluss an BVerwGE 111, 162; wesentlich modifiziert und vereinfacht)
Fall (Folgekostenvertrag)
Am Rande der Stadt S hat die G-Bauträger GmbH vor einiger Zeit das Baugebiet West I geplant und realisiert. Später plante sie im Anschluss daran das Gebiet West II. Den Grund und Boden dafür hat sie erworben. Ein Bebauungsplan hierfür bestand noch nicht; die für die Planung der Stadt Verantwortlichen haben aber ihre grundsätzliche Zustimmung signalisiert. Für den Fall, dass sich die Grundstücke von West II gut vermarkten lassen, sollte auch noch West III folgen; dazu gab es aber noch keine Meinungsbildung im Rat der Stadt und auch noch keine Anpassung des Flächennutzungsplans. Im Hinblick auf die durch die neuen Baugebiete ausgelösten Kosten für Infrastrukturmaßnahmen, insbesondere für Schule und Kindergarten, hat der Rat der Stadt S einen Grundsatzbeschluss gefasst, wonach Haushaltsmittel hierfür nicht zur Verfügung stehen und diese Kosten deshalb vom Bauträger oder von denen aufgebracht werden müssen, die bauen wollen.
Das Planungsamt der Stadt S bezog sich gegenüber der G-GmbH auf den Grundsatzbeschluss und wies G darauf hin, dass für West I noch die im benachbarten Ortsteil vorhandene Schule und der Kindergarten ausgereicht hätten. Für West II müsste aber voraussichtlich beides zumindest erweitert werden. Für den Fall einer Realisierung auch von West III seien wahrscheinlich Neubauten erforderlich. Am 1. 10. schlossen die Stadt S und G einen schriftlichen Vertrag, wonach sich G zur Zahlung eines Betrages von 12,00 € pro m2 ausgewiesenes Bauland verpflichtete. Der Betrag orientierte sich an den geschätzten Folgekosten für West II und auch bereits für West III. Er ist unabhängig davon zu zahlen, welche Folgekosten tatsächlich anfallen, und ist jeweils bei Verkauf eines Grundstücks, spätestens bei Erteilung einer Baugenehmigung für dieses Grundstück, fällig.
Der Bebauungsplan für West II wurde erlassen. G konnte sämtliche Grundstücke verkaufen, wobei sie den Kaufpreis pro m2 wie folgt berechnete: Eigene Erwerbskosten; anteilige Planungs- und Erschließungskosten; 12,00 € laut Vertrag vom 1. 10.; ein angemessener Gewinnanteil. G zahlte den sich aus dem Vertrag vom 1. 10. ergebenden Betrag von insgesamt 111.000 € an die Stadt S.
Die Stadt verwendete einen Teil dieses Betrages für eine - allerdings nur kleinere - Erweiterung des Kindergartens. West III wurde nicht weiter verfolgt. Aus dieser Entwicklung zog G den Schluss, sie sei zu Unrecht zur Zahlung verpflichtet worden, und hat von der Stadt S Erstattung der 111.000 € verlangt. Als die Stadt das ablehnte, hat G gegen S verwaltungsgerichtliche Klage auf Rückzahlung der 111.000 € erhoben. Wie ist über die Klage zu entscheiden ?
A. Zulässigkeit der verwaltungsgerichtlichen Klage
I. Für die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 I VwGO) bedarf es einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit. G verlangt Rückzahlung eines Geldbetrags. Als actus contrarius des Zahlungsvorgangs hat die Rückzahlungsforderung denselben Rechtscharakter wie die Zahlung. Der Rechtscharakter der Zahlung richtet sich nach seiner Rechtsgrundlage. Die 111.000 € wurden auf Grund des Vertrages vom 1. 10. gezahlt. Der Rechtscharakter der Zahlung hängt somit vom Rechtscharakter des Vertrages vom 1. 10. ab.
1. Es könnte sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag (§ 54 VwVfG) handeln. Öffentlich-rechtlich ist ein Vertrag, wenn der Gegenstand des Vertrages schwerpunktmäßig zum öffentlichen Recht gehört. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Vertrag in Vollzug einer öffentlich-rechtlichen Rechtsgrundlage geschlossen wurde. Im vorliegenden Fall könnte sich die Rechtsgrundlage aus dem BauGB ergeben. Dieses enthält Bestimmungen über vertragliche Regelungen an mehreren Stellen: § 124 BauGB regelt den Erschließungsvertrag; der Vertrag vom 1. 10. hat aber nicht die Erschließung i. S. des § 127 II BauGB, insbesondere den Bau von Straßen, zum Gegenstand. Es handelt sich auch nicht um einen Durchführungsvertrag im Zusammenhang mit einem Vorhaben- und Erschließungsplan (§ 12 BauGB). Es könnte sich um einen städtebaulichen Vertrag i. S. des § 11 BauGB handeln. Dieser ist ein Anwendungsfall kooperativen Handelns von öffentlicher Hand (Gemeinde) und Privatwirtschaft (auch: Public Private Partnership).
a) Welche Regelungen Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages sein können, ist in § 11 I 2 Nr. 1 - 4 BauGB aufgeführt (allerdings wegen des „insbesondere“ in § 11 I 2 BauGB nicht abschließend). Nr. 3 behandelt die Übernahme von Kosten oder sonstigen Aufwendungen, die der Gemeinde durch eine städtebauliche Maßnahme entstehen und die Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind.
b) Städtebauliche Maßnahme im vorliegenden Fall war die Schaffung eines neuen Wohngebiets durch Erlass des hierfür erforderlichen Bebauungsplans. Folgen davon konnten sein, dass Schule und Kindergarten erweitert oder neu gebaut werden mussten. Die Kosten hierfür sollte G übernehmen. Es handelt sich somit um einen Folgekostenvertrag i. S. des § 11 I 2 Nr. 3 BauGB.
c) Allerdings wird vertreten (Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 11 Rdnr. 1), Folgekostenverträge seien nicht notwendig öffentlich-rechtlicher Natur, letzteres sei aber der Normalfall. Im vorliegenden Fall handelt es sich um den Normalfall eines Folgekostenvertrages, der somit ein öffentlich-rechtlichen Vertrag ist.
2. Folglich ist die Zahlung der 111.000 € auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Rechtsgrundlage und damit öffentlich-rechtlich erfolgt, was weiterhin dazu führt, dass auch das Rückzahlungsverlangen öffentlich-rechtlich zu beurteilen ist. Folglich liegt der Klage auf Rückzahlung der 111.000 € eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit zu Grunde; der Verwaltungsrechtsweg ist gegeben.
II. Der Klageart nach handelt es sich um eine allgemeine Leistungsklage. Der Erlass eines Verwaltungsakts, der zur Annahme einer Verpflichtungsklage führen würde, ist nicht erforderlich. Hat G einen Rückzahlungsanspruch, so kann sie ohne weitere Zwischenschritte Erfüllung dieses Anspruchs durch schlichte Zahlung verlangen.
III. Besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine allgemeine Leistungsklage bestehen nicht. Die Klage ist folglich zulässig.
B. Begründetheit der Klage
Die Leistungsklage der G gegen S ist begründet, wenn G gegen S einen Anspruch auf Rückzahlung der 111.000 € hat. Anspruchsgrundlage könnte ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch sein. Dieser ist seit langem gewohnheitsrechtlich anerkannt, ist gegenüber dem zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch selbstständig, hat aber dieselben Voraussetzungen wie § 812 BGB (BVerwG NJW 2006, 3226). Zur Abgrenzung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs von § 812 BGB muss beim Erstattungsanspruch die Leistung oder sonstige Vermögensverschiebung auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses stattgefunden haben.
I. G hat an S 111.000 € auf einer öffentlich-rechtlichen Grundlage, also öffentlich-rechtlich geleistet.
II. Die Leistung müsste ohne Rechtsgrund erfolgt sein. Beabsichtigter Rechtsgrund war der Vertrag vom 1. 10. Dieser beruhte auf einer Einigung der Parteien und war in Schriftform abgeschlossen worden (§ 11 III BauGB, ebenso wie § 57 VwVfG). Der Vertrag bildet jedoch keinen Rechtsgrund, wenn er nichtig ist.
1. Rechtswidrigkeit reicht nicht aus. Das ergibt sich aus der Regelung des § 59 VwVfG, denn für das Eingreifen der dort aufgeführten Nichtigkeitsfälle müssen zusätzliche, über die Rechtswidrigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages hinaus gehende Voraussetzungen vorliegen. Das VwVfG folgt - insoweit wie das Zivilrecht - der Theorie der grundsätzlichen Vertragsverbindlichkeit. Es ist also nicht ausreichend, das (Nicht-) Vorliegen der Voraussetzungen des § 11 I 2 Nr. 3 BauGB zu prüfen. Vielmehr bedarf es eines Nichtigkeitsgrundes.
2. Weder § 11 BauGB noch eine andere Vorschrift des BauGB regelt, wann ein städtebaulicher Vertrag nichtig ist. Es ist deshalb § 59 VwVfG anzuwenden. Innerhalb dieser Vorschrift ist der Absatz 2 spezieller als Absatz 1. Absatz 2 hat zur Voraussetzung, dass ein subordinationsrechtlicher Vertrag i. S. des § 54, 2 VwVfG vorliegt.
a) Der Wortlaut dieser Vorschrift ist allerdings zu eng. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist gerade für die Fälle bestimmt, in denen ein Verwaltungsakt nicht erlassen werden kann. Es kommt somit nicht darauf an, ob ein VA hätte erlassen werden dürfen, sondern es reicht aus, dass sich Bürger und Behörde allgemein wie bei dem Erlass eines VA in einem Über- und Unterordnungsverhältnis gegenüber stehen (BVerwGE 111, 165).
b) Ob das bei einem Folgekostenvertrag nach § 11 BauGB der Fall ist, ist zweifelhaft. Der kooperative Charakter eines solchen Vertrages (oben A I 1) könnte für einen koordinationsrechtlichen Vertrag sprechen (so auch Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 11 Rdnr. 3). Andererseits betrifft der Vertrag schwerpunktmäßig das Bauplanungsrecht; indem die planungsrechtlichen Voraussetzungen für ein Bauvorhaben geschaffen werden sollen. In diesem Bereich besteht zwischen einem bauwilligen Bürger bzw. Bauträger und der Gemeinde als Trägerin der Planungshoheit ein Über- und Unterordnungsverhältnis; auch wird über die Zulässigkeit eines Baues letztlich durch Baugenehmigung, einen VA, entschieden (vgl. BVerwGE 111, 165/6 in einem ähnlichen Fall; auch im vorliegenden Fall zitiert das BVerwG vor den Leitsätzen § 56 VwVfG, eine Vorschrift, die nur für den subordinationsrechtlichen Vertrag gilt). Somit ist § 59 II VwVfG anwendbar.
3. Nichtigkeitsgrund könnte § 59 II Nr. 4 VwVfG sein. Diese Vorschrift verweist auf § 56 VwVfG und verlangt, dass ein Austauschvertrag vorliegt. In dem Vertrag vom 1. 10. hat sich nur G zu einer Zahlung verpflichtet. Von der Stadt S wurde lediglich erwartet, dass sie einen Bebauungsplan erlässt. Sie hat sich dazu aber nicht verpflichtet, was rechtlich auch nicht möglich gewesen wäre, weil sich die Gemeinde nicht zum Erlass eines Bebauungsplans verpflichten kann (§ 1 III 2 BauGB). Ein Vertrag, bei dem die Leistung der Behörde lediglich vorausgesetzt (BVerwGE 111, 167: als „Bedingung bzw. Geschäftsgrundlage“) und nur die Gegenleistung des Bürgers geregelt wird, wird als hinkender Austauschvertrag bezeichnet (BVerwG im vorliegenden Fall Rdnr. 30; ausführlich zum hinkenden Austauschvertrag Stelkens DÖV 2009, 850) und analog §§ 59 II Nr. 4, 56 VwVfG wie ein Austauschvertrag behandelt (BVerwGE 111, 167).
4. Nach § 59 II Nr. 4 VwVfG ist der Austauschvertrag nichtig, wenn sich die Behörde eine „nach § 56 unzulässige Gegenleistung“ versprechen lässt.
a) § 56 enthält als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Gegenleistung des Bürgers für eine Leistung der Behörde, dass die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck im Vertrag vereinbart wird, der Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dient, in sachlichem Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde steht und angemessen ist. (Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, greift das sog. Koppelungsverbot ein.) Beim Folgekostenvertrag beschreibt § 11 I 2 Nr. 3 BauGB diese Voraussetzungen spezieller. So werden der Zweck der Kostenübernahme, die von der Behörde damit zu erfüllenden Aufgaben und der sachliche Zusammenhang genauer bezeichnet; das Angemessenheitserfordernis wird in § 11 II 1 BauGB aufgeführt. § 59 II Nr. 4 VwVfG kann deshalb beim Folgekostenvertrag nur so verstanden werden, dass die Gegenleistung des Bürgers nach § 11 I 2 Nr. 3 BauGB unzulässig sein muss. Ob das im vorliegenden Fall zutrifft, ist nachfolgend zu prüfen.
b) BVerwG Rdnr. 26: Zu den unter § 11 I 2 Nr. 3 BauGB fallenden grundsätzlich kostenpflichtigen Maßnahmen zählen diejenigen sozialen Einrichtungen, die eine Gemeinde für die Bewohner neuer Wohngebiete bereit zu stellen hat, insbesondere auch Schulen und Kindergärten.
aa) Somit ist es grundsätzlich zulässig, Kosten für Schule und Kindergarten zu verlangen.BVerwG Rdnr. 28 - 30: Die gesetzliche Regelung sieht auch keine Beschränkung der die Folgekosten auslösenden Maßnahmen auf das Bebauungsplangebiet vor….Ein Folgekostenvertrag ist auch dann mit § 11 BauGB vereinbar, wenn der Bedarf für eine städtebauliche Maßnahme wie beispielsweise ein Schulgebäude durch die Überplanung und Bebauung mehrerer Bebauungsplangebiete verursacht wird. Auch dann kann die Maßnahme als Folge des geplanten Vorhabens anzusehen sein…Der Gesetzgeber will die Gemeinden nicht dazu veranlassen, Bebauungspläne mit möglichst großem Geltungsbereich zu erlassen, um damit die Notwendigkeit der Errichtung von Infrastruktureinrichtungen besser begründen zu können. Ihm ist vielmehr bewusst, dass sich der heutigen Stadtentwicklung eher Aufgaben stellen, die die Schaffung kleinerer Baugebiete oder die Umstrukturierung von Siedlungsgebieten erfordern und nicht, wie in den 70er Jahren, die Entwicklung größerer neuer Baugebiete…
bb) Nach § 11 I 2 Nr. 3 BauGB müssen die Einrichtungen, für die Folgekosten verlangt werden, Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sein. BVerwG Rdnr. 31: Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Folgekostenvertrags bleibt, dass die Gemeinde die kausale Verknüpfung belegen kann. Es ist nicht ausreichend, dass die städtebaulichen Maßnahmen lediglich „in sachlichem Zusammenhang“ mit dem vom Bauwilligen geplanten Vorhaben und mit der städtebaulichen Planung der Gemeinde stehen. Bei Maßnahmen für mehrere Baugebiete - hier: West II und III - wird in der Regel ein Gesamtkonzept erforderlich sein, durch das die Gemeinde die kausale Verknüpfung belegt. BVerwG Rdnr. 32: Ein solches Konzept erfüllt nur dann die gesetzlichen Anforderungen, wenn die Gemeinde transparent, nachvollziehbar und damit kontrollierbar belegen kann, dass die von ihr in einem überschaubaren zeitlichen Zusammenhang zu beschließenden und realistischerweise verwirklichungsfähigen Bebauungspläne einen (weiteren) Bedarf an öffentlichen Einrichtungen hervorrufen. Ein derartiges Konzept muss vom Rat der Gemeinde beschlossen und damit von seiner planerischen und gestaltenden Willensbildung gedeckt sein. Wenn mehrere Bebauungspläne zur Begründung eines Bedarfs an öffentlichen Einrichtungen herangezogen werden sollen, kann dies…mit einer Änderung des Flächennutzungsplans einhergehen. Dieser bereitet die weitere Planung durch Bebauungspläne vor und strukturiert damit die planerischen Absichten der Gemeinde auf einer übergreifenden Ebene.
Im vorliegenden Fall sind Folgekosten auch schon für West III erhoben worden, obwohl weder ein Gesamtkonzept vom Rat beschlossen wurde noch eine Änderung des Flächennutzungsplans erfolgt ist. Deshalb ist die kausale Verknüpfung der Bebaubarkeit von West II, aus deren Anlass der Vertrag geschlossen wurde, mit den erst bei Realisierung von West III entstehenden Folgekosten wegen Fehlens eines beide Gebiete umfassenden Konzepts nicht ausreichend belegt. Damit liegen die Voraussetzungen des § 11 I 2 Nr. 3 BauGB nicht vor.
c) Auch dass die verlangten 12 € pro m 2 angemessen sind (vgl. § 11 II 1 BauGB), lässt sich nicht feststellen und dürfte angesichts der erheblichen Höhe des Betrags eher zu verneinen sein. Die von der Stadt S von G verlangte Gegenleistung für die städtebauliche Maßnahme war somit nicht zulässig. Der Vertrag ist nach §§ 59 II Nr. 4, 56 VwVfG, 11 I 2 Nr. 3 BauGB nichtig.
5. Folglich bestand für die Zahlung der 111.000 € kein Rechtsgrund. Die Voraussetzungen für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch sind gegeben.
III. Dem Anspruch könnte aber ein Ausschlussgrund entgegen stehen.
1. Einen Wegfall der Bereicherung (Rechtsgedanke des § 818 III BGB) gibt es beim Erstattungsanspruch nicht. Insbesondere kann sich der Staat nicht darauf berufen, er habe das Geld nicht mehr in seinem Vermögen. Er ist an Gesetz und Recht gebunden und muss ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen grundsätzlich ausgleichen.
2. Einem Erstattungsanspruch kann aber der Einwand missbräuchlicher Rechtsausübung wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben entgegen stehen (vgl. BVerwGE 111, 173; im vorliegenden Fall Rdnr. 17).
a) BVerwG Rdnr. 17: Hierfür reicht aber der Umstand noch nicht aus, dass der Vertrag auf Wunsch des Privaten geschlossen wurde oder dass der Private ein besonderes Interesse an dem Vertrag hatte. Ferner steht der Grundsatz von Treu und Glauben der einseitigen Rückabwicklung eines nichtigen Austauschvertrags nicht allein deshalb entgegen, weil die Leistung der Gemeinde, hier der Erlass des Bebauungsplans, nicht mehr rückgängig zu machen ist.
b) Es müssen vielmehr besondere, in der Person oder im Verhalten des Erstattung begehrenden Bürgers liegende Umstände hinzutreten, die das Rückforderungsbegehren als treuwidrig erscheinen lassen (BVerwGE 111, 162, 174).
aa) Solche Umstände können darin bestehen, dass der Betroffene einen ihm zunächst entstandenen Vermögensnachteil auf den Erwerber des Grundstücks vertraglich abgewälzt hat. Es wäre mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren, wenn der Vertragspartner der Gemeinde im Wege des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs den Ausgleich eines Vermögensnachteils herbeiführen kann, der nach der Veräußerung des Grundstücks endgültig nicht mehr vorhanden ist…
bb) Im vorliegenden Fall hat G die Folgekosten durch eine entsprechende Gestaltung des Kaufpreises für die Grundstücke vollständig auf die Käufer abgewälzt. Diese Abwälzung war auch zulässig und wirksam. Der Folgekostenvertrag bedeutet deshalb für G keinen Nachteil mehr. Würde G eine Erstattung der Folgekosten erhalten, erhielte er statt eines Ausgleichs eine Vermögensvermehrung, was mit Treu und Glauben nicht mehr zu vereinbaren wäre.
3. Somit steht der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegen. G hat gegen die Stadt S keinen durchsetzbaren Anspruch. Die Leistungsklage ist unbegründet.
Zusammenfassung