Einleitende Übersicht Staatshaftungsrecht
Bearbeiter: RA Prof. Dieter Schmalz, Stand Juni 2006
Bei dem Staatshaftungsrecht handelt es sich um eine unübersichtliche Materie. Sie soll hier in einer Kurzform zusammenhängend und systematisch behandelt werden.
Überblick über die Rechtsinstitute und Anspruchsgrundlagen des Staatshaftungsrechts bei hoheitlichem Handeln
Ansprüche auf Ausgleich oder Wiederherstellung
- Erstattungsanspruch (Bürger gegen Staat und Staat gegen Bürger).
- Folgenbeseitigungsanspruch:
- nach Erlass eines VA als Vollzugsfolgen-Beseitigungsanspruch (vgl. § 113 I 2, 3 VwGO) oder
- als allgemeiner FBA gegenüber rechtswidrigem Realhandeln.
- Sozialrechtlicher Herstellungsanspruch.
Ansprüche auf Entschädigung oder Schadensersatz
- Spezialvorschriften. Beispiele: §§ 56 ff InfektionsSchutzG; Polizei- und Ordnungsrecht (z. B. § 39 OBG NRW); Art. 5 V EMRK (bei rechtswidrigem Freiheitsentzug); Art. 41 EMRK (subsidiär).
(Auch im Folgenden finden sich Spezialvorschriften, weil sich die Einteilungen überschneiden.)
- Gefährdungshaftung . Fälle, die eine Haftung des Staates begründen können, sind z. B. § 7 StVG; §§ 1, 2 HaftpflG; § 22 WHG; § 7 BundesdatenschutzG.
- Amtshaftung wegen schuldhafter Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB, Art. 34 GG.
- Entschädigungsregelung wegen Enteignung i. S. des Art 14 III GG. Beispiele: §§ 85 ff BauGB; § 19 FStrG; nach landesrechtlichem Enteignungsgesetz.
- Enteignungsgleicher Eingriff (rechtswidrig) und enteignender Eingriff (rechtmäßig).
- Ausgleich wegen einer Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. des Art 14 I 2, II GG. Derartige Anspruchsgrundlagen gibt es z. B. in den Naturschutz- und Denkmalschutzgesetzen.
- Aufopferung i. e. S. wegen eines Eingriffs in ein nichtvermögenswertes Recht (körperliche Unversehrtheit, Freiheit); z. B. nach § 60 InfektionsschutzG im Falle einer Zwangsimpfung.
- Soziale Entschädigung: Opferentschädigungsgesetz (OEG)
- Anspruch aus Sonderbeziehung: wegen Verletzung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages (§ 62, 2 VwVfG) oder eines anderen verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses, jeweils BGB analog (insbesondere § 280); wegen Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht; ähnlich: Anspruch aus öffentlich-rechtlicher GoA.
- gegen Gemeinschaft nach Art. 288 EG-Vertrag.
- gegen Mitgliedstaat wegen unzulänglicher Umsetzung des Gemeinschaftsrechts aufgrund Rspr. des EuGH (Francovich u. a.).
Zu den Ansprüchen auf Ausgleich oder Wiederherstellung gibt es keine neue Rspr. von grundsätzlicher Bedeutung. Hingewiesen werden kann auf BVerwG DVBl 2004, 1493, wonach ein Folgenbeseitigungsanspruch ausscheidet, wenn die Wiederherstellung aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar ist (Beseitigung eines irrtümlich in einem Grundstück verlegten Kanals, wobei das Grundstück inzwischen mit einem mehrstöckigem Haus bebaut wurde). In der Praxis geht es meist um Ansprüche auf Entschädigung oder Schadensersatz. Die wichtigsten Ansprüche des Staatshaftungsrechts auf Ersatz in Geld sind solche aus
- Spezialvorschriften einschließlich der Gefährdungshaftung;
- Amtshaftung (§ 839 BGB, Art. 34 GG);
- Enteignung, enteignungsgleichem oder enteignendem Eingriff;
- verwaltungsrechtlichem Schuldverhältnis.