Bearbeiter: Prof. Dieter Schmalz

Prüfung eines Gesetzes innerhalb der Verfassungsbeschwerde am Maßstab eines Freiheitsrechts und eines Gleichheitsrechts. Berufsfreiheit, Art. 12 GG. Rechtfertigung eines Eingriffs in die Berufsauübungsfreiheit; Verhältnismäßigkeit. Gleichheitssatz, Art. 3 I GG: Ungleichbehandlung durch Begünstigungsausschluss; unterschiedlicher Prüfungsmaßstab bei Art. 3 I

BVerfG
Urteil vom 30. 7. 2008 (1 BvR 3262/07 und 402/08) NJW 2008, 2409

Fall
(Rauchverbot in Gaststätten)

Das Bundesland L hat ein Nichtraucherschutzgesetz (LNRSG) erlassen und dies mit dem Zweck begründet, Nichtraucher, insbesondere Kinder und Jugendliche, vor den Gefahren des Passivrauchens zu schützen. Die maßgebliche Regelung findet sich in § 7 LNRSG. Nach § 7 Absatz 1 Satz 1 ist das Rauchen in Gaststätten untersagt. Nach Satz 2 gilt das nicht für Bier-, Wein- und Festzelte, die Außengastronomie und das Reisegewerbe. Nach Absatz 2 Satz 1 ist eine Ausnahme für das Rauchen in abgetrennten Räumen vorgesehen, wenn diese als Raucherräume deutlich gekennzeichnet sind. Diese Ausnahme gilt nach Satz 2 nicht für Diskotheken. Nach § 8 sind die Gaststättenbetreiber verpflichtet, bei Verstößen die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen; die Verhängung eines Bußgeldes bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung ist nicht vorgesehen. § 9 bestimmt: Verstößt eine Person gegen das Rauchverbot, kann ein Bußgeld verhängt werden.

B1 betreibt in innerstädtischer Stadtlage von S eine kleine Gaststätte. Sie besteht aus lediglich einem Gastraum, dessen Grundfläche einschließlich Thekenbereich 63 m 2 beträgt. Eine Aufteilung in zwei Räume ist baulich nicht möglich. Die Gäste, meist Stammgäste, bestellen vornehmlich Getränke und sind zu 70 % Raucher. B1 hat keinen festen Angestellten, beschäftigt aber bei Bedarf studentische Aushilfskräfte. Seit B1 wegen des LNRSG die Gaststätte als reine Nichtrauchergaststätte führen muss, ist sein Umsatz deutlich zurückgegangen.

Der Fall des B2, der hier nicht behandelt wird, liegt ähnlich.

B3 ist Inhaber einer Diskothek, die auf mehrere Räume und Etagen verteilt ist. Drei Räume sind Tanzräume. Zugelassen sind nur Personen über 18 Jahren. 60 % der Gäste sind Raucher. Seit das Rauchen verboten ist, hat B3 einen Umsatzrückgang um fast ein Drittel hinnehmen müssen.

B1 und B3 haben in zulässiger Weise unmittelbar gegen die sie betreffenden Vorschriften des LNRSG Verfassungsbeschwerde erhoben. Sind die Verfassungsbeschwerden begründet ?

Hinweis: Die Originalentscheidung des BVerfG betrifft die Nichtraucherschutzgesetze der Länder Baden-Württemberg und Berlin. Das BVerfG hat aber auch darauf hingewiesen, dass andere Länder vergleichbare Vorschriften erlassen haben. In der vorliegenden Fallbearbeitung wird, um die allgemeine Bedeutung der Entscheidung deutlich machen zu können, das NRSG Bad-Württ. zum Vorbild genommen, dieses jedoch als Gesetz eines „Landes L“ bezeichnet. Dem wurden auch die Zitate des BVerfG angepasst. - Soweit zwischen B1 und B3 kein Unterschied bei der rechtlichen Beurteilung besteht, wird nur von den Beschwerdeführern „B“ gesprochen.

Eine VfB ist begründet, soweit der Bf. in einem Grundrecht verletzt ist.

A. Berufsfreiheit, Art. 12 I GG

Bf. B könnten in ihrem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 I 1 GG) verletzt sein. Da davon ausgegangen werden kann, dass sowohl B1 als auch B3 Deutsche sind, steht ihnen das Grundrecht des Art. 12 zu.

I. Es müsste ein Eingriff in den Schutzbereich vorliegen.

1. Schutzbereich des Art. 12 I ist die berufliche Betätigung. Sie beginnt als Berufswahl und wird fortgeführt als Berufsausübung. Da beide Formen geschützt sind, kommt es normalerweise auf die Ausdifferenzierung noch nicht beim Eingriff in den Schutzbereich an, sondern erst auf der Rechtfertigungsebene, insofern von ihr die Anwendung der sog. Stufentheorie abhängt, nach der unterschiedlich strenge Anforderungen an die Rechtfertigung von Eingriffen in die Berufswahl oder die Berufsausübung gelten. Das BVerfG stellt aber, offenbar weil ein Eingriff in die Berufswahl von vornherein ausscheidet, sogleich auf die Freiheit der Berufsausübung ab (und erspart sich damit auch später die Befassung mit der Stufenlehre). BVerfG Rdnr. 92: Die Freiheit der Berufsausübung wird durch Art. 12 Abs. 1 GG umfassend geschützt (vgl. BVerfGE 85, 248 [256]). Der Schutz erstreckt sich auch auf das Recht, Art und Qualität der am Markt angebotenen Güter und Leistungen selbst festzulegen (vgl. BVerfGE 106, 275 [299] ) und damit den Kreis der angesprochenen Interessenten selbst auszuwählen. Somit schützt die freie Berufsausübung die Entscheidung eines Gastwirts, auch rauchenden Gästen seine Leistungen anzubieten, was auch auf die Beschwerdeführer B zutrifft.

2. Das Rauchverbot müsste einen Eingriff in die geschützte Freiheit enthalten.

a) Das Rauchverbot richtet sich zunächst an die Gäste. Davon ist aber auch der Gastwirt betroffen. BVerfG Rdnr. 93: Durch das Rauchverbot in Gaststätten, wie es in den vorliegenden Fällen… geregelt ist, wird dem Gaststättenbetreiber die Möglichkeit genommen, selbst darüber zu bestimmen, ob den Besuchern in seiner Gaststätte das Rauchen gestattet oder untersagt ist. Damit kann der Gastwirt nur noch in den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen darüber entscheiden, ob er die Leistungen und Dienste seines Gaststättenbetriebs auch solchen Gästen anbieten will, die diese zusammen mit dem Rauchen von Tabak in Anspruch nehmen möchten. Dem Gastwirt wird es nicht nur erheblich erschwert, Raucher mit seinen Angeboten zu erreichen, sondern er wird regelmäßig daran gehindert, seine Leistungen insbesondere in Form des Verabreichens von Speisen und Getränken gegenüber solchen Gästen zu erbringen, die auf das Rauchen in der Gaststätte nicht verzichten wollen.

Rdnr. 94: Diese Beeinträchtigung der beruflichen Betätigung ist nicht ein bloßer Reflex des an die Raucher gerichteten Verbots, sondern stellt einen unmittelbaren Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Gaststättenbetreiber dar…Das angegriffene Nichtraucherschutzgesetz verbindet nämlich das an die Besucher von Gaststätten gerichtete Rauchverbot mit einer Verpflichtung der Gastwirte, Verstöße gegen dieses Verbot zu unterbinden und weitere Verstöße zu verhindern (§ 8 LNRSG). Dass diese Verpflichtung …nicht bußgeldbewehrt ist, ändert nichts an ihrer Verbindlichkeit und damit an ihrer Bedeutung zum Beispiel für die Gaststättenerlaubnis unter dem Gesichtspunkt der Zuverlässigkeit des Gaststättenbetreibers (§ 15 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz  1 Nr. 1 des Gaststättengesetzes). Diese Indienstnahme des Gastwirts zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben setzt zwangsläufig voraus, dass ihn das Gesetz bereits an der Bewirtung von Rauchern hindert.

c) Die §§ 7, 8 LNRSG haben auch die für einen Eingriff in die Berufsfreiheit erforderliche berufsregelnde Tendenz, weil sie den Gastwirten ein bestimmtes Verhalten gerade und ausschließlich im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung vorschreiben.

d) Somit bedeuten §§ 7, 8 LNRSG einen Eingriff in die Freiheit der Berufausübung der B.

II. Der Eingriff könnte aber gerechtfertigt sein.

Wie bereits oben I 1 erwähnt, geht das BVerfG von vornherein von einem Eingriff in die freie Berausausübung aus und braucht deshalb die Stufenlehre nicht mehr heranzuziehen. Es wendet auch keine spezielle, auf die Berufsausübung bezogene Formel an, sondern folgt bei der Rechtfertigungsprüfung den allgemeinen, für Freiheitsrechte geltenden Grundsätzen. BVerfG Rdnr. 95: Um vor der Garantie der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) Bestand haben zu können, müssen Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist (vgl. BVerfGE 7, 377 [405 f.];…101, 331 [347] ). Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Einschränkungen der Berufsfreiheit stehen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfGE 19, 330 [336 f.]; …104, 357 [364] ). Daher müssen die Eingriffe zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet sein und dürfen nicht weiter gehen, als es die Gemeinwohlbelange erfordern (…). Die Eingriffsmittel dürfen zudem nicht übermäßig belastend sein (vgl. BVerfGE 19, 330 [337] ), so dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. BVerfGE 103, 1 [10]; 106, 181 [192] ).

1. Grundlage für eine Rechtfertigung ist der in Art. 12 I 2 GG enthaltene Gesetzesvorbehalt, wonach die Berufsausübung durch Gesetz geregelt werden kann. Gesetz sind hier §§ 7, 8 LNRSG. Diese Vorschriften müssen, um den Eingriff zu rechtfertigen, formell (nachfolgend 2) und materiell (nachfolgend 3) verfassungsmäßig sein.

2. BVerfG Rdnr. 96, 97: Den Anforderungen an eine gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) genügt nur ein kompetenzgemäß erlassenes Gesetz (vgl. BVerfGE 98, 265 [298]; 102, 197 [213]). Unter diesem Gesichtspunkt sind die angegriffenen Vorschriften nicht zu beanstanden.

Für den Erlass der angegriffenen Rauchverbote in Gaststätten steht den Ländern nach Art. 70 Abs. 1 GG die Gesetzgebungskompetenz zu. Ob der Bund aufgrund einer Regelungsmaterie der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 74 GG) ein solches Verbot anordnen könnte, bedarf keiner Entscheidung; denn von dieser etwaigen Zuständigkeit hat der Bund keinen oder zumindest keinen umfassenden Gebrauch gemacht, so dass die Sperrwirkung des Art. 72 Abs. 1 GG landesgesetzlichen Bestimmungen nicht entgegensteht. Insbesondere hat der Bund auf der Grundlage seiner Gesetzgebungskompetenz für den Arbeitsschutz (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG) mit den Vorschriften über den Erlass betrieblicher Rauchverbote in § 5 der Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV) Regelungen zwar zum Schutz der nicht rauchenden Beschäftigten (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbStättV) getroffen, nicht aber auch - wie die Landesgesetze zum Nichtraucherschutz (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 LNRSG B) - mit dem Ziel des Schutzes der Bevölkerung insgesamt - und damit insbesondere der Besucher von Gaststätten - vor Gesundheitsgefährdungen durch Passivrauchen.

3. In materieller Hinsicht muss das Rauchverbot dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Normalerweise wird dieses Prinzip in drei Stufen geprüft: Geeignetheit, Erforderlichkeit/Notwendigkeit, Angemessenheit/Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Der „legitime Zweck des Gesetzes“ wird dann, soweit erforderlich, innerhalb der Geeignetheit behandelt. Im vorliegenden Fall prüft das BVerfG die Frage, ob das Gesetz ein „Gemeinwohlziel“ verfolgt, „das auf vernünftigen Erwägungen beruht“ (Rdnr. 101), als selbstständigen Punkt, so dass sich die Verhältnismäßigkeitsprüfung auf vier Stufen verteilt.

(1) Die Nichtraucherschutzgesetze sollen nicht die Raucher - als durch das Rauchen in erster Linie Gefährdete - schützen, sondern die Nichtraucher vor den Gefahren des Passivrauchens. Dann müssten solche Gefahren bestehen und auch hinreichendes Gewicht haben.

a) BVerfG Rdnr. 102 - 112: Der Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren zählt zu den überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern (vgl. BVerfGE 7, 377 [414] ), die selbst objektive Berufszulassungsvoraussetzungen und damit erst recht auch Beschränkungen der Berufsausübung rechtfertigen können. Die Freiwilligkeit der Entscheidung des Einzelnen, sich insbesondere beim Besuch einer Gaststätte der Belastung durch Tabakrauch auszusetzen, macht das Anliegen des Gesundheitsschutzes nicht hinfällig. Jedenfalls solange es keine ausreichenden Möglichkeiten für Nichtraucher gibt, in Gaststätten rauchfreie Räume zu finden, bedeutet eine solche Entscheidung typischerweise kein Einverständnis mit einer Gesundheitsgefährdung durch Passivrauchen, sondern nur die faktisch unvermeidbare Inkaufnahme dieses Risikos….

Ebensowenig ist es verfassungsrechtlich zu beanstanden, dass die Landesgesetzgeber Passivrauchen, also Tabakrauch in der Umgebungsluft („environmental tobacco smoke“ - „ETS“), als Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung angesehen und zum Anlass gesetzlicher Regelungen genommen haben. Wird der Gesetzgeber zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig, so belässt ihm die Verfassung bei der Prognose und Einschätzung der in den Blick genommenen Gefährdung einen Beurteilungsspielraum, der vom BVerfG bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung je nach der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter nur in begrenztem Umfang überprüft werden kann. Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen abgeben können (vgl. BVerfGE 77, 84 [106]; 110, 141 [157 f.]; 117, 163 [183]).

Hiernach durften sich die Landesgesetzgeber auf die zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen stützen, nach denen mit dem Passivrauchen schwerwiegende gesundheitliche Risiken verbunden sind (vgl. etwa Radon/Nowak, Passivrauchen - aktueller Stand des Wissens, Deutsche Medizinische Wochenschrift, 2004, S. 157 ff.). So veröffentlichte das Deutsche Krebsforschungszentrum in Zusammenarbeit mit dem Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Münster und dem Hygiene-Institut des Universitätsklinikums Heidelberg im Jahre 2005 erstmals Zahlen für die durch Passivrauchen erhöhte Sterblichkeit der nicht rauchenden Bevölkerung in Deutschland aufgrund von Lungenkrebs, chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und plötzlichem Kindstod. Nach dieser als konservativ eingeschätzten Berechnung versterben in Deutschland jährlich über 3.300 Nichtraucher an den Folgen des Passivrauchens. Bestätigt werden diese Gefahren durch die Einschätzung, wonach Passivrauchen weltweit die drittwichtigste vermeidbare Todesursache darstellen soll (vgl. Raupach/Radon/Nowak/Andreas, Passivrauchen: Gesundheitliche Folgen, Effekte einer Expositionskarenz und Präventionsaspekte, Pneumologie 2008, S. 44).

Im Rahmen seiner für die vorliegenden Verfahren abgegebenen Stellungnahmen führt das Deutsche Krebsforschungszentrum ferner an, dass hinsichtlich der Gesundheitsgefährdung durch Passivrauchen nationaler und internationaler Konsens bestehe. Der in die Raumluft durch das Glimmen abgegebene Nebenstromrauch von Tabakprodukten enthalte in deutlich höherer Konzentration die gleichen giftigen und krebserregenden Substanzen wie der - vom Raucher eingezogene und wieder ausgeatmete - Hauptstromrauch…

b) Die Annahme der Landesgesetzgeber, gerade in Gaststätten sei von einer besonderen Gefährdung der Gäste und der Beschäftigten durch Passivrauchen auszugehen, stützt sich ebenfalls auf hinreichende tatsächliche Grundlagen. So ist nach den im Jahre 2007 veröffentlichten Ergebnissen eines unter Federführung des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit durchgeführten Forschungsprojekts zur gesundheitlichen Bedeutung der Tabakrauchbelastung in öffentlich zugänglichen Einrichtungen…die Belastung der Raumluft von Gastronomiebetrieben mit toxischen und krebserzeugenden Substanzen aus dem Tabakrauch erheblich und stellt eine Gesundheitsgefährdung für Gäste und Beschäftigte dar.

c) Der Annahme eines hinreichenden legitimen Ziels steht nicht entgegen, dass Prof. Dr. Gerhard Scherer bei seiner Anhörung als sachkundige Auskunftsperson die Auffassung vertreten hat, die Gesundheitsgefahren durch Passivrauchbelastung seien relativ gering und teilweise nicht nachweisbar, weshalb eine „Nullexposition“ weder praktikabel noch notwendig sei. Angesichts der geschilderten, in der Wissenschaft ersichtlich ganz überwiegend vertretenen Gegenmeinung ist die Einschätzung der Gesundheitsgefährdung durch die Landesgesetzgeber vertretbar und nicht offensichtlich unrichtig. Schon die Schwere der drohenden gesundheitlichen Schädigungen und das hohe Gewicht, das dem Schutz des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesundheit in der Werteordnung des Grundgesetzes zukommt (vgl. BVerfGE 110, 141 [163]), sprechen dafür, selbst bei nicht völlig übereinstimmenden Positionen innerhalb der Wissenschaft eine ausreichende tatsächliche Grundlage für den Schutz vor Gesundheitsgefährdungen durch Passivrauchen als Gemeinwohlbelang anzuerkennen.

d) Es bestand auch hinreichender Anlass für das Tätigwerden der Gesetzgeber. Hierbei kann offen bleiben, ob zur Rechtfertigung des Eingriffs in die Berufsfreiheit zunächst ein kooperatives Modell mit einer Selbstverpflichtung des Gastronomiegewerbes, für Nichtraucher eine ausreichende Zahl von Plätzen bereitzustellen, überhaupt versucht werden musste; denn diesen Ansatz durften die Landesgesetzgeber jedenfalls als gescheitert betrachten. Die Vorgaben für die Einrichtung von Nichtraucherbereichen in Speisegaststätten, die zwischen dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung und dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA Bundesverband) am 1. März 2005 vereinbart wurden, sind bereits auf der ersten der drei vorgesehenen Stufen deutlich verfehlt worden (wird ausgeführt).

Ergebnis zu (1): Die vom Passivrauchen ausgehenden gesundheitlichen Gefahren waren für den Gesetzgeber ein hinreichender Anlass für ein Rauchverbot, so dass das LNRSG einem legitimen Gemeinwohlziel dient.

(2) BVerfG Rdnr. 114:  Für die Eignung reicht es aus, wenn durch die Berufsausübungsregelung der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Es genügt mithin bereits die Möglichkeit einer Zweckerreichung (vgl. BVerfGE 96, 10 [23]; 100, 313 [373]; 103, 293 [307]; 117, 163 [188 f.] ). Diese ist zu bejahen, weil ein Rauchverbot in Gaststätten zu einer Verminderung der Tabakrauchexposition beiträgt und damit das Ausmaß des Passivrauchens sowie die mit ihm verbundenen Gesundheitsrisiken reduziert werden. Somit ist das Rauchverbot zur Verfolgung des Gemeinwohlziels geeignet.

(3) Zur Erforderlichkeit BVerfG Rdnr. 115: Da ein anderes, gleich wirksames, aber die Berufsfreiheit weniger einschränkendes Mittel nicht zur Verfügung steht, sind die gesetzlichen Rauchverbote auch erforderlich (vgl. BVerfGE 80, 1 [30]; 117, 163 [189] ). Es begegnet insbesondere keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die Gesetzgeber eine Verpflichtung der Gastwirte, lediglich zwischen einem Betrieb ihres Lokals entweder als Raucher- oder Nichtrauchergaststätte verbindlich zu wählen, nicht als in gleicher Weise wirksam wie ein gesetzliches Rauchverbot eingeschätzt haben. Namentlich die Erfahrungen mit der gescheiterten Umsetzung der Zielvereinbarung mit dem DEHOGA Bundesverband legen die Annahme nahe, dass die überwiegende Zahl der Gaststättenbetreiber mit Rücksicht auf ihre geschäftlichen Interessen nicht bereit ist, die Attraktivität ihres Lokals für rauchende Gäste zu schmälern.

(4) Es bleibt die Frage der Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit i. e. S.) zu behandeln. BVerfG Rdnr. 117: Trifft der Gesetzgeber Regelungen, die in die Freiheit der Berufsausübung eingreifen, so muss bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren gewahrt bleiben (vgl. BVerfGE 102, 197 [220]; 112, 255 [267]).

a) Da eine Abwägung erforderlich ist, stellt das BVerfG unter Rdnr. 118, 119 zunächst die das Für und Wider bildenden Gründe gegenüber und bewertet sie:

aa) Ein Rauchverbot für Gaststätten stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die freie Berufsausübung der Gastwirte dar. Da der Betreiber das Rauchen in den Räumen seiner Gaststätte nicht mehr erlauben darf, kann er mit seinen Angeboten insbesondere an Speisen und Getränken die Raucher unter seinen möglichen Gästen nur noch schwer oder, wenn diese auf das Rauchen in Gaststätten keinesfalls verzichten möchten, nicht mehr erreichen… In Anbetracht eines Raucheranteils von 33,9 % unter der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland … kann dies je nach Ausrichtung der gastronomischen Angebote und der damit angesprochenen Besucherkreise für die Betreiber der Gaststätten zu empfindlichen Umsatzrückgängen führen.

bb) Dem steht allerdings gegenüber, dass mit Rauchverboten in Gaststätten überragend wichtige Gemeinwohlbelange verfolgt werden. Dies gilt zunächst für den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung, dem in der Werteordnung des Grundgesetzes ein hohes Gewicht zukommt (vgl. BVerfGE 110, 141 [163] ). Aus Art. 2 Abs. 2 GG kann daher eine Schutzpflicht des Staates folgen, die eine Risikovorsorge gegen Gesundheitsgefährdungen umfasst (vgl. BVerfGE 56, 54 [78] ). Angesichts der Zahl der Todesfälle, die sich nach wissenschaftlichen Erkenntnissen auf Erkrankungen durch Passivrauchen zurückführen lassen, ist zudem auch der Schutz des menschlichen Lebens betroffen. Die Verfassung begründet auch insoweit eine Schutzpflicht des Staates, die es ihm gebietet, sich schützend und fördernd vor das Leben jedes Einzelnen zu stellen (vgl. BVerfGE 39, 1 [42]; 46, 160 [164]; 115, 118 [152] ).

b) Das BVerfG trifft zunächst keine eigene Abwägungsentscheidung, sondern verweist auf den Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (Rdnr. 120). Kraft dieses Spielraumes könne der Gesetzgeber sogar ein vollständiges Rauchverbot in Gaststätten anordnen. (Allerdings leuchtet die Notwendigkeit dieser Überlegungen, weil die in dem Fall zu prüfenden Gesetze gerade kein vollständiges Verbot enthalten, nicht ein. BVerfG-Richter Masing schreibt in seiner „abweichenden Meinung“ unter Rdnr. 184: „Diese Ausführungen sind weder veranlasst noch in der Sache tragfähig“, letzteres, weil ein vollständiges Verbot unverhältnismäßig wäre.)

BVerfG Rdnr. 122, 123: Da die Gesundheit und erst recht das menschliche Leben zu den besonders hohen Gütern zählen, darf ihr Schutz auch mit Mitteln angestrebt werden, die in das Grundrecht der Berufsfreiheit empfindlich eingreifen (vgl. BVerfGE 17, 269 [276];… 107, 186 [196] ). Der Gesetzgeber ist daher von Verfassungs wegen nicht gehalten, mit Rücksicht auf die Berufsfreiheit der Betreiber von Gaststätten Ausnahmen von einem Rauchverbot für Gaststättenbetriebe in Gebäuden und vollständig umschlossenen Räumen zuzulassen. Er kann sich vielmehr für ein Konzept des Nichtraucherschutzes entscheiden, das einer möglichst großen Reichweite und Effizienz des Schutzes vor den Gefahren des Passivrauchens Priorität gibt. Würden nämlich Ausnahmen vom Rauchverbot in Gaststätten insbesondere für Raucherräume oder die Zeltgastronomie zugelassen, so bedeutet dies einen teilweisen Verzicht auf das an sich angestrebte Ziel des Gesundheitsschutzes. Um die ansonsten drohende „deutliche Reduzierung des Nichtraucherschutzes“ zu vermeiden, hat etwa der Bundesgesetzgeber in § 1 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens (vom 20. Juli 2007,BGBl I S. 1595 ) für die Verkehrsmittel des öffentlichen Personenverkehrs, also insbesondere für Eisenbahnen, Straßenbahnen, Omnibusse und Flugzeuge, keine Ausnahmen vom Rauchverbot zugelassen. Entscheidet sich der Gesetzgeber wegen des hohen Rangs der zu schützenden Rechtsgüter für ein striktes Rauchverbot, so müssen hiervon auch solche Gaststätten nicht ausgenommen werden, die aufgrund der geringen Zahl der Gästeplätze der Kleingastronomie zuzurechnen sind und deren Angebot durch den Ausschank von Getränken geprägt ist („Eckkneipen“).

c) Andererseits ist der Gesetzgeber nicht gehindert (BVerfG Rdnr. 129), ein Schutzkonzept zu wählen, bei dem der Schutz der Gesundheit der Nichtraucher im Ausgleich mit den Freiheitsrechten der Gaststättenbetreiber und der Raucher weniger stringent verfolgt wird. Ein solches Schutzkonzept mit nur verminderter Intensität liegt dem LNRSG zu Grunde. Dann ist jedoch nur eine Ausgestaltung verhältnismäßig, bei der die Ausnahmen folgerichtig weiter verfolgt werden (Rdnr. 135).

aa) Das LNRSG sieht Ausnahmen vor für abgetrennte Raucherräume, die Außengastronomie, Zelte und das Reisegewerbe. BVerfG Rdnr. 132: Die Einbußen an Gesundheitsschutz werden bei der Einrichtung von Raucherräumen deutlich. Lässt der Gesetzgeber diese Ausnahme vom Rauchverbot in Gaststätten zu, so ist nicht auszuschließen, dass Raucherräume auch von nicht rauchenden Gästen aufgesucht werden, die Rauchern dorthin folgen oder wegen vollständig belegter Plätze im Nichtraucherbereich nach dort ausweichen. Besonders betroffen sind Kinder und Jugendliche, die von ihren erwachsenen Begleitpersonen in Raucherräume mitgenommen werden…

bb) BVerfG Rdnr. 136: Haben die Landesgesetzgeber durch weitreichende Ausnahmevorschriften die aktuelle Bedeutung des von ihnen verfolgten legitimen Ziels des Gesundheitsschutzes relativiert, indem sie insbesondere die Berücksichtigung der Interessen der Gaststättenbetreiber zulassen, so erlangen folgerichtig die spezifischen Auswirkungen des Rauchverbots für die getränkegeprägte Kleingastronomie im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung ein stärkeres Gewicht. Werden größere Gaststätten durch die Möglichkeit, Raucherräume einzurichten, vor Existenzgefahren bewahrt, so ist es der wesentlich stärker in ihrer Existenz bedrohten getränkegeprägten Kleingastronomie nicht zuzumuten, diese besonderen Belastungen, die für sie durch das Rauchverbot geschaffen werden, hinzunehmen. (Rdnr. 142)

Rdnr. 144: Angesichts der Zurücknahme des erstrebten Schutzziels steht das Maß der sie hiernach treffenden Belastung nicht mehr in einem zumutbaren Verhältnis zu den Vorteilen, die die Landesgesetzgeber mit dem gelockerten Rauchverbot für die Allgemeinheit erstreben.

Somit ist das Rauchverbot gegenüber B nicht mehr angemessen, ist unverhältnismäßig und verletzt B in ihrem Grundrecht aus Art. 12 I GG.

B. Eigentumsschutz, Art. 14 I GG

Zur Frage einer Verletzung desEigentums der B führt das BVerfG unter Rdnr. 91 lediglich aus: An der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) ist das Rauchverbot nicht zu messen. Zwar berührt es auch das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Hausrecht, der Schwerpunkt des Eingriffs liegt jedoch nicht in der Begrenzung der Innehabung und Verwendung dieser Vermögensposition, sondern in der Beschränkung der individuellen Erwerbs- und Leistungstätigkeit des Gastwirts. Der Schutz der Eigentumsgarantie kommt hier daher nicht in Betracht (vgl. BVerfGE 30, 292 [335]). In solchem Fall ist also Art. 12 I vorrangig und verdrängt Art. 14.

C. Allgemeiner Gleichheitssatz, Art. 3 I GG

B3 könnte durch das in § 7 II 2 LNRSG angeordnete strikte Rauchverbot in Diskotheken (außerdem) in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung (Art. 3 I) verletzt sein.

I. Eine Ungleichbehandlung liegt darin, dass Gaststätten grundsätzlich Raucherräume einrichten dürfen (§ 7 II 1), dass dies Diskotheken aber versagt ist (§ 7 II 2). Es handelt sich um die ungleiche Belastung durch einen Begünstigungsausschluss.

II.
Die Ungleichbehandlung könnte aber gerechtfertigt sein.

1. Zu dem hierbei geltenden Maßstab führt das BVerfG unter Verweis auf die st. Rspr. aus, Rdnr. 150: Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfGE 110, 274 [291]; 117, 1 [30] ; st. Rspr.). Da der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung (vgl. BVerfGE 88, 87 [96] ). Daher ist das Gleichheitsgrundrecht verletzt, wenn der Gesetzgeber bei Regelungen, die Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 102, 41 [54]; 104, 126 [144 f.]; 107, 133 [141] ; st. Rspr.). Diese Grundsätze gelten aber auch dann, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. Deshalb sind dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, namentlich auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte freie Berufsausübung (vgl. BVerfGE 62, 256 [274]), nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 92, 53 [69]; st. Rspr.).

Rdnr. 151: Der allgemeine Gleichheitssatz gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 116, 164 [180] m. w. N.).

2. Zur Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall:

a) Da Art. 3 I stets als Willkürverbot wirkte, läge eine Verletzung vor, wenn für die Ungleichbehandlung kein sachlicher Grund feststellbar wäre. Das ist jedoch nicht der Fall, weil der Gesetzgeber zur Begründung des § 7 II 2 auf zwei Gründe verweisen durfte:

(1) BVerfG Rdnr. 155: Durch § 7 II 2 werde dem Umstand Rechnung getragen, dass die Schadstoffkonzentration in Diskotheken besonders hoch sei, was bei gleichzeitiger körperlicher Aktivität der Gäste zu stärkerer Inhalation der schadstoffhaltigen Innenraumluft führe.

(2) Auch sei das ausnahmslose Rauchverbot in Diskotheken notwendig, weil bei Jugendlichen Nachahm- und Nachfolgeeffekte eine große Rolle spielten. Gäbe es einen Raucherraum in der Diskothek und hielte sich der Kern der Clique dort auf, würde der Gruppenzwang dazu führen, dass sich auch die Nichtraucher dorthin begäben und damit dem Passivrauchen ausgesetzt seien.

Diese Gründe sind nachvollziehbar und schließen die Annahme von Willkür aus.

b) Es könnte eine strengere Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse bestehen und verletzt sein.

aa) BVerfG Rdnr. 153: Zwar knüpft die Ungleichbehandlung formal an die Betriebsart an. Gleichwohl ist bei der Prüfung von einer strengeren Bindung des Gesetzgebers auszugehen, weil hier die Ungleichbehandlung der Sachverhalte eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. Die differenzierenden Regelungen in § 7 Abs. 2 Satz 1 und 2 LNRSG führen dazu, dass die Betreiber von Diskotheken anders als die übrigen Gaststättenbetreiber daran gehindert sind, für ihre Gäste Raucherräume einzurichten. Dies hat zur Folge, dass Diskothekenbetreiber nicht in freier Ausübung ihres Berufs das Angebot ihrer Gaststätten auch für Raucher attraktiv gestalten können. Damit wirkt sich die Ungleichbehandlung der Sachverhalte nachteilig auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, nämlich auf die Berufsfreiheit aus…

bb) Folglich müssen die Gründe (oben a) von solcher Art und solchem Gewicht sein, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen. Das ist nach BVerfG Rdnr. 157 ff. nicht der Fall.

(1) Die erhöhte Schadstoffkonzentration macht, wenn für andere Gaststätten Raucherräume zugelassen werden, den generellen Ausschluss dieser Ausnahme für Diskotheken nicht erforderlich. Ist das Rauchen nur noch in vollständig abgetrennten Nebenräumen erlaubt, so entfällt das an die besondere Betriebsart anknüpfende Argument der gesteigerten Gefährlichkeit von Passivrauchen in Diskotheken. Passivrauchen kann dann dadurch vermieden werden, dass nur die Nichtraucherräume aufgesucht werden.

(2) Das ausnahmslose Rauchverbot in Diskotheken ist nicht erforderlich, um Jugendliche davor zu bewahren, ihrer Clique oder einzelnen Personen in den Raucherbereich zu folgen. Um den angestrebten Schutz dieser Bevölkerungsgruppe zu erreichen, reicht es nämlich aus, wenn…der Ausschluss von Raucherräumen auf solche Diskotheken beschränkt wird, zu denen Personen mit nicht vollendetem 18. Lebensjahr Zutritt haben. Die Betreiber vieler Diskotheken - so auch der Beschwerdeführer zu 3) - sehen ohnehin Altersbegrenzungen für ihr Publikum vor und können auf diese Weise selbst entscheiden, ob sie es vorziehen, auf die Einrichtung von Raucherräumen zu verzichten oder aber den Publikumszutritt beschränken wollen. Eine solche, Wahlmöglichkeiten der Diskothekenbetreiber eröffnende Regelung stellt das mildere Mittel gegenüber dem generellen Ausschluss von Raucherzimmern dar.

Somit ist die Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt. § 7 II 2 verletzt Art. 3 I.

D. Zu den Folgen der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes:

I. BVerfG Rdnr. 161, 162: Die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Bestimmungen führt nicht zu deren Nichtigkeit. Da den Landesgesetzgebern für die Neuregelung mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, kann lediglich die Unvereinbarkeit der gegenwärtigen Regelungen mit dem Grundgesetz festgestellt werden (vgl. BVerfGE 117, 163 [199] m. w . N.). Das bedeutet, dass das grundsätzliche Rauchverbot in Gaststätten weiter gilt. Für den Erlass verfassungsgemäßer Neuregelungen steht den Landesgesetzgebern eine Frist bis zum 31. Dezember 2009 zur Verfügung. Die Länge dieser Frist erscheint ausreichend bemessen, um den Landesgesetzgebern hinreichende Zeit auch für eine Entscheidung über das grundlegende Konzept für die gesetzliche Ausgestaltung eines Rauchverbots in Gaststätten zu belassen.

II. Mit Rücksicht auf die festgestellten Grundrechtsverstöße hat das BVerfG folgende Übergangsregelungen getroffen:

1. Zu Gunsten der Eckkneipen: In Gaststätten mit weniger als 75 Quadratmetern Gastfläche und ohne abgetrennten Nebenraum, zu denen Personen mit nicht vollendetem 18. Lebensjahr der Zutritt verwehrt wird, darf der Gaststättenbetreiber das Rauchen gestatten, wenn er über eine Gaststättenerlaubnis verfügt, die das Verabreichen zubereiteter Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle nicht einschließt, und wenn die Gaststätte am Eingangsbereich in deutlich erkennbarer Weise als Rauchergaststätte, zu der Personen mit nicht vollendetem 18. Lebensjahr keinen Zutritt haben, gekennzeichnet ist.

2. Zu Gunsten der Diskothekenbetreiber: Bis zu einer Neuregelung gilt § 7 II 2 LNRSG nicht für solche Diskotheken, zu denen ausschließlich Personen ab vollendetem 18. Lebensjahr Zutritt erhalten, aber mit der Einschränkung, dass sich in einem Nebenraum im Sinne von § 7 Absatz 2 Satz 1 LNRSG keine Tanzfläche befinden darf.

Ergänzender Hinweis: In einem Beschluss vom 6. 8. 2008 (NJW 2008, 2701) hat das BVerfG auf obige Entscheidung Bezug genommen und bestätigt, dass das Rauchverbot nicht für Gaststätten gilt, die als Raucherklub geführt werden.


Zusammenfassung