Bearbeiter: Prof. Dieter Schmalz

Rechtsweg bei beamtenrechtlichen Streitigkeiten, § 54 BeamtStG. Einstellung und Beförderung des Beamten nach den Vorgaben des Art. 33 II GG. Bewerbungsverfahrensanspruch.Schadensersatzanspruch aus Art. 33 II GG bei Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs. Verschulden des Sachbearbeiters bei Nichteinstellung wegen Überschreitens der Altersgrenze

BVerwG
Urteil vom 25. 2. 2010 (2 C 22/09) NJW 2010, 3592

Fall
(Verspätete Beamtenernennung)

Frau F ist ausgebildete Lehrerin mit Examens- und Ausbildungsnoten, die den Anforderungen an eine Ernennung zur beamteten Lehrerin entsprechen. Einige Zeit nach der Geburt zweier Töchter entschloss sich F im Jahre 2001 dazu, sich bei der Schulverwaltung ihres Landes L um eine Einstellung als beamtete Lehrerin zu bewerben. Ihr Antrag wurde abgelehnt, weil ihre Fächerkombination nicht zu den ausgeschriebenen Stellen passte. F absolvierte ein Praktikum in einem Kindergarten und begann eine Ausbildung als Erzieherin. Dabei arbeitete sie 38,5 Stunden in der Woche.

Im Jahre 2002 standen wieder Stellen zur Verfügung; F sah aber vorerst von einer Bewerbung ab, weil sie die angefangene Ausbildung beenden wollte. 2005 bewarb sie sich erneut. Inzwischen war sie 37 Jahre. Nach § 6 I der Laufbahnverordnung (LVO) des Landes gilt für die Einstellung ins Lehramt eine Altersgrenze von 35 Jahren. § 6 II LVO bestimmt: „Hat sich die Einstellung oder Übernahme wegen der Geburt eines Kindes verzögert, darf die jeweilige Altersgrenze um bis zu drei Jahre überschritten werden.“ Die Bewerbung wurde mit der Begründung abgelehnt, die Einstellung der F habe sich nicht wegen der Geburt der Kinder, sondern wegen der zwischenzeitlichen zusätzlichen Ausbildung verzögert. Wenn F trotz Kindererziehung 38,5 Stunden habe arbeiten können, hätte sie sich auch bereits 2002 auf eine Stelle im Schuldienst bewerben können. F erhielt eine Anstellung als Lehrerin im Angestelltenverhältnis. Gegen die Ablehnung der Ernennung zur Beamtin erhob F Klage vor dem Verwaltungsgericht und erreichte, nachdem das Gericht hatte durchblicken lassen, dass gegen die Ablehnung rechtliche Bedenken bestünden, einen Vergleich, in dessen Vollzug sie im Jahre 2010 ins Beamtenverhältnis übernommen wurde.

Frau F beabsichtigt nunmehr eine Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen das Land L auf Ersatz des Schadens, der ihr durch die nach ihrer Ansicht um fünf Jahre verspätete Einstellung entstanden ist. Mit Aussicht auf Erfolg ? Es sind die am 1. 1. 2011 geltenden Rechtsvorschriften zu Grunde zu legen. Soweit es auf Landesrecht ankommt, sind die Vorschriften aus NRW anzuwenden.

A. Zulässigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Klage

I.Es müsste der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sein. Dieser ergibt sich grundsätzlich aus § 40 I VwGO. Es kann aber eine aufdrängende Rechtswegzuweisung an den Verwaltungsrechtsweg aus dem Beamtenrecht eingreifen, die § 40 I verdrängt (§ 40 I 2 VwGO). Andererseits könnte eine abdrängende Sonderzuweisung die Streitigkeit einem anderen Gericht zuweisen (vgl. § 40 I 1 VwGO).

1. Eine Zuweisung beamtenrechtlicher Streitigkeiten an die Verwaltungsgerichte findet sich in § 126 BBG, gilt aber nur für Bundesbeamte und nicht für die wegen verspäteter Ernennung gegen das Land klagende F

2. Für beamtenrechtliche Streitigkeiten, die nicht unter § 126 BBG fallen, bestimmt § 54 I Beamtenstatusgesetz (BeamtStG), dass für sie der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. (Diese Vorschrift hat denselben Inhalt wie früher § 126 BRRG; zu den neuen beamtenrechtlichen Rechtswegvorschriften vgl. Terhechte NVwZ 2010, 996; Kirsch JURA 2010, 489; Überblick auch in JA 2010, 693). Die Klage der F richtet sich gegen eine beamtenrechtliche Entscheidung, wonach F im Jahre 2005 nicht ernannt worden ist, und ist somit eine beamtenrechtliche Streitigkeit. Der Verwaltungsrechtsweg ist zulässig.

3. Schadenseratzklagen wegen Amtspflichtverletzung sind allerdings den Zivilgerichten zugewiesen(Art. 34, 3 GG). Das bedeutet im vorliegenden Fall, in dem eine beamtenrechtliche Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, aber nicht die Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges, sonder führt dazu, dass in dem hier geführten Prozess Art. 34 GG, § 839 BGB als Anspruchsgrundlage ausscheiden. Daran ändert sich auch nichts durch § 17 II 1 GVG, wonach bei Eröffnung des Rechtsweges unter einem rechtlichen Gesichtspunkt auch andere, an sich rechtswegfremde Anspruchsgrundlagen mitgeprüft werden (§ 17 II 1 GVG). Denn das gilt nicht bei Art. 34, § 839 BGB, weil dort der Zivilrechtsweg verfassungsrechtlich vorgeschrieben ist (§ 17 II 2 GVG; ebenso bei Art. 14 III 4 GG). Bei einer Klage vor dem VG tritt also, soweit auch ein Amtshaftungsanspruch in Betracht kommt, eine Spaltung des Rechtswegs ein. (Anders wäre die Rechtslage bei einer Klage vor dem Zivilgericht: Da die beamtenrechtlichen Rechtswegzuweisungen keinen Verfassungsrang haben, müsste das Landgericht neben Art. 34 GG, § 839 BGB auch den beamtenrechtlichen Anspruch mit prüfen.)

II. Es ist die Klageart zu bestimmen. F verlangt Zahlung eines Geldbetrages, also eine Leistung. Eine vorgängige Entscheidung über das Bestehen dieses Anspruchs durch Verwaltungsakt ist nicht vorgesehen und wäre auch unnötig, weil sich das Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruchs aus dem Gesetz ergibt. Die Klage der F ist also eine (allgemeine) Leistungsklage.

III. Falls auch für die allgemeine Leistungsklage eine Klagebefugnis analog § 42 II VwGO gefordert wird, ist diese gegeben, weil F geltend macht, einen Schadensersatzanspruch zu haben, der im Falle seiner Nichterfüllung durch das Land verletzt ist.

IV. Das in § 54 II BeamtStG grundsätzlich für alle beamtenrechtlichen Klagen vorgeschriebene Widerspruchsverfahren entfällt, wenn ein Landesgesetz dies ausdrücklich bestimmt (§ 54 II 3 BeamtStG). Nach § 104 I 1 Landesbeamtengesetz NRW ist ein Vorverfahren nicht erforderlich. Eine der Ausnahmen des 104 I 2 LBG liegt nicht vor, insbesondere ist gegenüber F keine Bewertung in einer berufsbezogenen Prüfung erfolgt.

Die Klage der F gegen das Land (§ 61 Nr. 1 VwGO) ist zulässig.

B. Die Klage ist begründet, wenn der Klägerin F ein Schadensersatzanspruch gegen das Land L zusteht

I. Hierfür bedarf es einer Anspruchsgrundlage . Eine geschriebene Anspruchsgrundlage im Gesetz gibt es nicht. Art. 34 GG, §839 BGB scheiden aus den oben I. 3. aufgeführten Gründen aus. In der Rechtsprechung des BVerwG wurde eine Anspruchsgrundlage wie folgt entwickelt.

1. Grundlage für die Entscheidung über eine Einstellung als Beamter oder die Verleihung eines Beförderungsamtes ist Art. 33 II GG.

a) BVerwG [14]: „Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen… Art. 33 II GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz oder durch andere verfassungsgemäße Vorgaben - wie Einstellungsaltersgrenzen (BVerwGE 133, 143, 145) - gedeckt sind (BVerfG NVwZ 2008, 194; BVerwGE 122, 147, 149 f.; 122, 237, 239; 124, 99, 102 f.). BVerwG [16]: „Der Anspruch auf fehlerfreie Entscheidung über den Bewerbungsantrag betrifft zunächst den erstmaligen Zugang zu einem öffentlichen Amt und steht damit dem Bewerber zu, der noch außerhalb des beamteten öffentlichen Dienstes steht und sich um ein Eingangsamt bemüht. Er greift sodann auch für Bewerber um höhere Ämter; seine Beachtung steuert damit den Aufstieg des bereits eingestellten Beamten in ein Beförderungsamt. Beide Arten von Bewerbern können sich unmittelbar auf Art. 33 Abs. 2 GG berufen.“

b) Dabei darf der Dienstherr das zu besetzende öffentliche Amt näher beschreiben und insbesondere ein Anforderungsprofil vorgeben. Auch besteht ein Anspruch nur im Rahmen der vorhandenen Planstellen bzw. Haushaltsmittel. BVerwG [17]: „Allerdings hängt die Erfüllung des Anspruchs nicht nur davon ab, dass der Bewerber die in den Laufbahnvorschriften konkretisierten Kriterien der Eignung, Befähigung und Leistung erfüllt, sondern ebenso davon, dass auf Seiten des Dienstherrn die entsprechenden Haushaltsmittel in der Gestalt einer freien, besetzbaren Planstelle bereit stehen und der Dienstherr diese Stelle besetzen will. Dabei liegt es in seinem organisatorischen, nur durch die Laufbahnvorschriften begrenzten Ermessen, nach welchen Kriterien er die Stelle beschreibt. Der Dienstherr kann deshalb Stellen für Lehrer nach seinen Bedürfnissen (Fächerkombination) zuschneiden und Bewerber schon dann ablehnen, wenn sie das von ihm festgelegte Anforderungsprofil nicht erfüllen (vgl.…BVerwGE 101, 112, 114 m. w. N.; BVerwGE 115, 58, 60).“

c) Wegen der durch die Überlegung b) in den Anspruch eingebauten Ermessenselemente reduziert das BVerwG [18] den Anspruch des Bewerbers „darauf, dass über seinen Antrag allein nach den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ermessensfehlerfrei entschieden wird (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Als solcher ist er anerkannt (vgl. BVerwGE 122, 147; 124, 99, 102).“

2. Der Bewerbungsverfahrensanspruch kann gerichtlich geltend gemacht werden.

a) Hierfür steht die Verpflichtungsklage zur Verfügung, die wegen des der Einstellungsbehörde zustehenden Ermessen grundsätzlich nur auf eine neue Bescheidung gerichtet ist. Ist der Bewerber aber unter Berücksichtigung des Anforderungsprofils nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Beste, verdichtet sich der Ermessensanspruch zu einem strikten Anspruch, und er kann Übertragung des Amtes verlangen.

b) Problematisch ist der Primärrechtsschutz, wenn nur eine einzige Stelle zu besetzen ist und ein anderer Bewerber ausgewählt wurde. Es kommt dann zu einem beamtenrechtliche Konkurrentenstreit, in dessen Mittelpunkt der Antrag des unterlegenen Bewerbers auf Erlass einer einstweilige Anordnung steht, durch die dem Dienstherrn die Ernennung des ausgewählten Bewerbers untersagt werden soll; der Rechtsschutz wird dann in die Zeit zwischen der Auswahlentscheidung und Ernennung vorverlegt. Im vorliegenden Fall hat F die danach gebotene Verpflichtungsklage erhoben. Das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz brauchte F dieses Verfahren aber nicht durchzuführen, weil offenbar die zur Verfügung stehenden Lehrerstellen jedenfalls nicht in der Weise begrenzt waren, dass für F keine Stelle mehr zur Verfügung stand.

c) Im vorliegenden Fall reichte eine einfache Verpflichtungsklage der F auf Ernennung aus. Diese hat sie erhoben. Sie hat aber insofern nicht zu einem Erfolg geführt, als eine Entscheidung erst 2010 ergangen ist und eine rückwirkenden Ernennung nicht möglich war. Es bleibt somit dabei, dass F in den Jahren 2005 und 2010 nicht zur Beamtin ernannt worden ist.

3. In einer Reihe von Fällen führen die unter 2. aufgezeigten Wege nicht zur Korrektur einer Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs, so wenn der unterlegene Bewerber um eine nur einmal vorhandene Stelle keine einstweilige Anordnung erreicht und der ausgewählte Bewerber endgültig ernannt wird oder - wie im vorliegenden Fall - der Nachteilsausgleich durch eine rückwirkende Ernennung nicht möglich ist. Dann muss dem Bewerber sekundärer Rechtsschutz durch Einräumung eines Schadensersatzanspruchs gewährt werden.

a) BVerwG [20]: „Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass der zu Unrecht bei einer Beförderung übergangene Beamte einen unmittelbar aus dem beamtenrechtlichen Bewerbungsverfahren erwachsenden Anspruch darauf hat, im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als sei er im maßgeblichen Zeitpunkt befördert worden. Die Notwendigkeit dieses Anspruchs ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass andernfalls schuldhafte Verletzungen des grundrechtsgleichen Bewerbungsverfahrensanspruchs sanktionslos blieben. Dieser Anspruch ergibt sich unmittelbar aus Art. 33 II GG. BVerwG [13]: Er besteht unabhängig vom Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG) und ist im Verwaltungsrechtsweg geltend zu machen (§ 40 Abs. 2 Satz 2 VwGO, § 54 Abs. 1 BeamtStG).“

b) BVerwG [21]: „Was für den Sekundärrechtsschutz des zu Unrecht übergangenen Beförderungsbewerbers gilt, gilt gleichermaßen auch für den zu Unrecht übergangenen Einstellungsbewerber. Beide Bewerber leiten ihren materiellen und ihren verfahrensrechtlichen Anspruch unmittelbar und unterschiedslos aus Art. 33 Abs. 2 GG her. Es wäre nicht gerechtfertigt, den zu Unrecht übergangenen Einstellungsbewerber bei der Gewährung des kompensierenden Sekundärrechtsschutzes anders zu behandeln und ihm einen unmittelbar auf das beamtenrechtliche Bewerbungsverfahren gestützten, nach § 54 I BeamtStG im Verwaltungsrechtsweg einklagbaren Anspruch auf Schadensersatz schon dem Grunde nach zu versagen. Das Ergebnis dieser Überlegungen fließt wie folgt in den LS des BVerwG ein: Dem Einstellungsbewerber steht ein Schadensersatzanspruch unmittelbar aus Art. 33 Abs. 2 GG zu, wenn der Dienstherr seinen Bewerbungsverfahrensanspruch schuldhaft verletzt.“ Der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch entfällt aber - ebenso wie der Amtshaftungsanspruch nach § 839 III BGB -, wenn der Bewerber den Schaden durch einen Rechtsbehelf des Primärrechtsschutzes hätte abwenden können.

II. Danach ist die Klage der F erfolgreich, wenn die Schulbehörde des Landes den Bewerbungsverfahrensanspruch der F durch die Ablehnung im Jahre 2005 schuldhaft verletzt hat.

1. Wie oben 1 c) dargelegt, ging der Anspruch dahin, dass über den Antrag der F im Jahre 2005 nach den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ermessensfehlerfrei entschieden wurde.

a)Gegen die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der F bestanden angesichts ihrer Examens- und Ausbildungsnoten keine Bedenken. Andernfalls hätte man sie nicht im Angestelltenverhältnis als Lehrerin beschäftigt. Auch die 2010 erfolgte Übernahme ins Beamtenverhältnis ist ein Indiz dafür, dass sie den Anforderungen an eine Lehrerin schon 2005 entsprach. Dass 2005 keine Stelle frei war, auf die F hätte übernommen werden können, wurde von der Schulbehörde nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.

b) Die Schulbehörde hat sich ausschließlich darauf gestützt, dass bei F die in § 6 LVO festgesetzte Altersgrenze von 35 Jahren um zwei Jahre überschritten war, dass zwar eine Überschreitung bis zu drei Jahren möglich gewesen wäre, dass sich ihre Einstellung aber nicht wegen der Geburt der Kinder, sondern wegen der zusätzlichen Ausbildung verzögert habe. Es habe deshalb an der Ursächlichkeit zwischen der Geburt und Erziehung der Kinder und der verspäteten Einstellung gefehlt. Ob allerdings die Ursächlichkeit so streng zu verstehen ist, dass ausschließlich die Geburt und Erziehung der Kinder zu der Verzögerung der Einstellung geführt haben darf und dass jede weitere Mit-Ursache eine Anwendung des § 6 II LVO ausschließt, ist zweifelhaft. In einem weiteren Sinn waren die Kinder für F sicherlich wesentlich dafür ursächlich, dass sie sich nicht früher, etwa vor dem Jahre 2001 um eine Stelle im Schuldienst beworben hat. Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass der F ohne Kinder der Einstieg in den Lehrerberuf vor dem Erreichen des 35. Lebensjahres möglich gewesen wäre. Würde man die Ursächlichkeit in dem weiteren Sinn ausreichen lassen, könnte eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs angenommen werden. Ob das der Fall ist, braucht wegen der nachfolgend anzustellenden Überlegungen nicht entschieden zu werden.

2. Denn das BVerwG hat - abweichend vom OVG Münster als Vorinstanz - ein Verschulden der für die Schulbehörde handelnden Sachbearbeiter verneint.

a) BVerwG [26]: „Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus Art. 33 Abs. 2 GG gilt der allgemeine Verschuldensmaßstab des Bürgerlichen Rechts. Danach handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Nach diesem objektiv-abstrakten Sorgfaltsmaßstab ist auf die Anforderungen abzustellen, deren Beachtung von dem für den Dienstherrn handelnden Amtswalter erwartet werden kann. Dies bedeutet, dass jeder Inhaber eines öffentlichen Amtes die Sach- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden muss. Wird eine behördliche Maßnahme gerichtlich missbilligt, so kann daraus ein Verstoß des verantwortlichen Amtswalters gegen Sorgfaltspflichten nicht hergeleitet werden, wenn er die zugrunde liegende Rechtsauffassung aufgrund sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen hat und sie im Ergebnis vertretbar ist. Eine letztlich als unzutreffend erkannte Rechtsauffassung stellt sich als vertretbar dar, wenn die Rechtsfrage nicht einfach zu beurteilen war und weder durch die Rechtsprechung geklärt noch im Schrifttum abschließend behandelt worden ist (BVerwGE 124, 99).“

b) BVerwG [27 - 30]: „Der Beklagte hat den Antrag der Klägerin mit der Begründung abgelehnt, der mittlerweile über 35 Jahre alten Klägerin komme eine Erhöhung der Einstellungsaltersgrenze nach § 6 LVO deshalb nicht zugute, weil sie zum möglichen Einstellungszeitpunkt nicht durch die Erziehung ihrer Kinder daran gehindert gewesen sei, sich um eine Einstellung zu bewerben. Vielmehr sei sie zu diesem Zeitpunkt mit einer Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden berufstätig gewesen. Es spricht einiges dafür, dass der Beklagte mit seiner Auslegung den Sinngehalt des § 6 LVO zutreffend erfasst hat…Auf die Erhöhung der Einstellungsaltersgrenze kann sich nur berufen, wer während der - gegebenenfalls verlängerten - Einstellungsfrist ausschließlich „wegen" der Geburt oder Betreuung eines Kindes darin gehindert ist, sich um die Einstellung zu bewerben und eine während dieser Zeit gegebene Einstellungsmöglichkeit wahrzunehmen. Jeder andere Grund, eine Bewerbung zu unterlassen oder eine Einstellungsmöglichkeit auszuschlagen, ist nach Erreichen der regulären Einstellungsaltersgrenze nicht mehr geeignet, diese Grenze zu überwinden.“

Letztlich könne aber dahingestellt bleiben, ob die Schlussfolgerung zutreffend war, dass die Klägerin, wenn sie 38,5 Stunden pro Woche außerhalb ihres häuslichen Bereichs als Erzieherin tätig war, auch nicht daran gehindert war, sich um eine Einstellung in den Schuldienst zu bewerben. „Vor dem Hintergrund, dass der Wortlaut des § 6 LVO der Einstellungsbehörde die Prüfungspflicht auferlegt, ein verstärktes Augenmerk auf die Frage der Kausalität zwischen Kindererziehung und Nichtbewerbung zu richten, war diese Auffassung des Beklagten jedenfalls vertretbar. Dies schließt ein Verschulden aus, das für die Begründung eines Schadensersatzanspruchs unerlässlich ist.“

Ergebnis: Wegen fehlenden Verschuldens steht F gegen das Land kein Anspruch aus Art. 33 II GG wegen schuldhafter Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs zu. Die Schadensersatzklage ist unbegründet.


Zusammenfassung