Bearbeiter: Prof. Dieter Schmalz

Vorrang des Anspruchs aus Amtshaftung (§ 839 BGB, Art. 34 GG) gegenüber § 823 BGB; Ausschluss der persönlichen Haftung durch Art. 34 GG. Hoheitliches Handeln bei Einschalten eines Verwaltungshelfers (Abschleppunternehmers). Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, § 328 BGB analog; keine Schutzbedürftigkeit des Dritten bei eigenem Anspruch. Schadensersatzanspruch aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung, §§ 688, 280 I BGB analog

BGH Urteil vom 18. 2. 2014 - VI ZR 383/12 - NJW 2014, 2577 (für BGHZ vorgesehen) - Als Anhang BGH NJW 2014, 1665


Fall
(abgeschleppt und beschädigt)

A parkte sein Auto in der Innenstadt von S an einer Stelle, wo Halten durch ein Verkehrszeichen verboten war und wo das Fahrzeug den Verkehr erheblich behinderte. Das Ordnungsamt der Stadt erteilte dem Unternehmer U, der regelmäßig mit Abschleppaufträgen der Stadt betraut wird, den Auftrag zum Abschleppen. U schleppte das Auto ab und brachte es zum Parkplatz des Ordnungsamtes. Als A sein Auto dort abholte, stellte er fest, dass es beim Abschleppen gegen einen Brückenpfeiler gestoßen war und dadurch beschädigt wurde. Später wurden die dafür erforderlichen Reparaturkosten mit 3.500 Euro ermittelt. A verlangte von der Stadt S Ersatz dieses Betrages. Die Stadt verweigerte dies mit der Begründung, sie habe das Unternehmen U sorgfältig ausgesucht und es habe bisher keine Beschwerden gegeben. Haftbar für einen derartigen Schaden könne allenfalls U sein; dieser sei gegen einen derartigen Schaden haftpflichtversichert. Daraufhin wandte A sich an U. Dieser lehnte eine Zahlung mit der Begründung ab, er sei nur gegenüber der Stadt verantwortlich. Auch A könne einen Anspruch nur gegen die Stadt haben. Nunmehr hat A gegen U Klage auf Zahlung von 3.500 Euro erhoben. Ist die Klage begründet?

Vorbemerkung zum Aufbau: Ebenso wie der BGH prüft die folgende Lösung ausnahmsweise zuerst einen deliktischen und erst danach einen vertraglichen Anspruch. Andernfalls müssten beim vertraglichen Anspruch wesentliche Fragen wie z. B. der hoheitliche Charakter des Handelns des U inzidenter geprüft werden, obwohl diese Frage primär eine solche der Anwendbarkeit des § 823 BGB ist. Auch erleichtert dieser Aufbau den Überblick über die - wegen der Dreiecksbeziehung A - U - Stadt S ohnehin teilweise unübersichtliche - Lösung.

A. Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch des A gegen U kann § 823 I BGB sein.

I. Dann müsste § 823 BGB im Verhältnis des A zu U anwendbar sein.

1. Er ist nicht anwendbar, wenn § 839 BGB, Art. 34 GG vorrangig ist und § 823 BGB dadurch verdrängt wird. Denn bereits § 839 BGB verdrängt als die speziellere Regelung die §§ 823 ff. BGB. Außerdem schließt Art. 34 GG eine persönliche Haftung des Handelnden aus und verlagert diese auf den Staat.

2. Vorrangig anwendbar ist § 839 BGB, Art. 34 GG bei einem Handeln „in Ausübung eines öffentlichen Amtes“, d. h. bei einem hoheitlichen Handeln. Es gilt dann der weite, haftungsrechtliche Beamtenbegriff. BGH [7]: Hat der Schädiger hoheitlich gehandelt, trifft die Verantwortlichkeit für sein etwaiges Fehlverhalten gemäß Art. 34 Satz 1 GG allein die Stadt S. Die in dieser Bestimmung geregelte Haftungsverlagerung stellt eine befreiende Schuldübernahme kraft Gesetzes dar mit der Folge, dass der Beamte, der seine Amtspflicht verletzt hat, persönlich nicht aus unerlaubter Handlung in Anspruch genommen werden kann (vgl. BGHZ 99, 62, 63 f.; BGHZ 121, 161, 163, 167 f.; dazu auch noch das BGH-Urteil im Anhang zu diesem Fall).

II. Somit ist § 839 BGB, Art. 34 GG im vorliegenden Fall vorrangig anwendbar und verdrängt § 823 BGB, wenn U beim Abschleppen des Kfz. im Auftrag des Ordnungsamtes hoheitlich gehandelt hat. U ist ein privater Unternehmer und handelt grundsätzlich privatrechtlich und nicht hoheitlich. Ein hoheitliches Handeln kommt aber in Betracht, wenn der Handelnde Beliehener oder Verwaltungshelfer ist.

1. Hoheitlich handelt ein Privater, wenn er Beliehener ist. Beispiel ist der TÜV-Sachverständige, der nach § 29 II 2 StVZO bei einer erfolgreich durchgeführten Kfz.-Untersuchung einen VA durch Ausstellung einer Prüfplakette erlassen darf (BGHZ 147, 169, 171; NVwZ 2012, 382). Beliehener ist auch ein Notar, da er hoheitliche Beurkundungsbefugnisse wahrnimmt. Für eine Beleihung bedarf es einer gesetzlichen Regelung, die es für Abschleppunternehmen nicht gibt. Somit war U nicht Beliehener.

2. U könnte als Verwaltungshelfer hoheitlich gehandelt haben.

a) Verwaltungshelfer sind Privatpersonen, die vorbereitend und unterstützend einzelne Teilaufgaben der Verwaltung übernehmen, die aber keine eigene Entscheidungsbefugnis haben, sondern den Weisungen der Behörde unterliegen. Sie sind der „verlängerte Arm der Verwaltung“. Anwendungsfälle sind Bauunternehmer, die öffentliche Straßen bauen oder reparieren; Entsorgungsfirmen, die die Müllabfuhr durchführen; das Rechtsinformationssystem Juris als Verwaltungshelfer des Bundesjustizministeriums (vgl. Beyer-Katzenberger DÖV 2014, 147) . In diesem Sinne hilft ein Abschleppunternehmer der Ordnungsbehörde (oder Polizei) dabei, die von einem Kfz. ausgehende Gefahr durch Wegbringen des Kfz. zu beseitigen, handelt dabei nicht nach eigener Entscheidung, sondern auf Weisung der Behörde und ist deshalb Verwaltungshelfer.

b) Allein die Einordnung als Verwaltungshelfer reicht für die Bejahung eines hoheitlichen Handelns nicht aus. So verschaffen zahlreiche Dienstleister den Behörden aufgrund von Kauf- oder Werkverträgen Hilfsmittel, warten Fahrzeuge und andere Geräte, ohne dass sie dabei hoheitlich handeln.

aa) BGH [5]: Zieht der Staat private Unternehmer zur Erfüllung ihm obliegender Aufgaben auf privatrechtlicher Grundlage heran, so hängt die Qualifikation der Tätigkeit des Unternehmers als hoheitlich oder nicht hoheitlich von dem Charakter der wahrgenommenen Aufgabe, der Sachnähe der übertragenen Tätigkeit zu dieser Aufgabe und dem Grad der Einbindung des Unternehmers in den behördlichen Pflichtenkreis ab. Je stärker der hoheitliche Charakter der Aufgabe in den Vordergrund tritt, je enger die Verbindung zwischen der übertragenen Tätigkeit und der von der Behörde zu erfüllenden hoheitlichen Aufgabe und je begrenzter der Entscheidungsspielraum des Unternehmers ist, desto näher liegt es, ihn als Beamten im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen. Jedenfalls im Bereich der Eingriffsverwaltung kann sich der Staat der Amtshaftung für fehlerhaftes Verhalten seiner Bediensteten nicht dadurch entziehen, dass er die Durchführung einer von ihm angeordneten Maßnahme durch privatrechtlichen Vertrag auf einen privaten Unternehmer überträgt (vgl. BGHZ 121, 161, 165 f.;…Staudinger/Wöstmann, BGB, Neubearb. 2013, § 839 Rn. 100 f.; Geigel/Kapsa, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 20 Rn. 12, 31 m. w. Nachw.).

bb) Beim Abschleppen von Kfz. handelt der Staat in Anwendung von Ordnungs- und Verwaltungsvollstreckungsrecht und damit im Bereich der Eingriffsverwaltung. BGH [6]: U war für die Stadt S im Rahmen der Eingriffsverwaltung als deren „Erfüllungsgehilfe" tätig. Seine Beauftragung mit dem Abschleppen des unerlaubt geparkten Fahrzeugs des A diente der Vollstreckung des in dem - von A missachteten - Verkehrszeichen enthaltenen Wegfahrgebots im Wege der Ersatzvornahme (vgl. BVerwGE 102, 316, 318 f.; VGH Bad-Württ. NJW 2010, 1898, 1899 f.;…). Hätte die Stadt S als Straßenverkehrsbehörde den Abschleppvorgang mit eigenen Mitteln durchgeführt, so stände der hoheitliche Charakter der Maßnahme außer Zweifel. Deren rechtliche Beurteilung als Vollstreckungshandlung kann aber nicht davon abhängen, ob die Vollstreckungsbehörde selbst oder ein Dritter im Auftrag dieser Behörde die Maßnahme durchführt (…).

3. Somit hat U hoheitlich gehandelt. Haftungsrechtlich richtet sich die Verantwortlichkeit für Fehler nach § 839 BGB, Art. 34 GG. § 823 BGB ist unanwendbar. Ein Anspruch des A gegen U aus § 823 BGB besteht nicht.

B. A könnte einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung eines zwischen der Stadt S und U geschlossenen Vertrages als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des A haben (§§ 280 I, 328 analog BGB). Zwischen der Stadt S und U wurde ein Werkvertrag (§ 631 BGB) über das Erbringen der Abschleppleistung geschlossen.

I . Ein Anspruch des A gegen U wegen Verletzung dieses Vertrages würde durch § 839 BGB, Art. 34 GG nicht verdrängt. Bei hoheitlichem Handeln sind vor allem §§ 823, 826, 831 unanwendbar. Anwendbar bleiben Ansprüche aus Gefährdungshaftung (dazu noch C), aus Vertrag oder vertragsähnlicher Rechtsbeziehung (dazu noch IV 3), aus Geschäftsführung ohne Auftrag, aus Enteignung, enteignungsgleichem oder enteignendem Eingriff und aus Aufopferung.

II. BGH [9]: Neben dem gesetzlich geregelten Vertrag zu Gunsten Dritter (§ 328 BGB), der für den Dritten einen Anspruch auf die vereinbarte Leistung begründet, hat die Rechtsprechung den Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter herausgebildet. Er ist dadurch gekennzeichnet, dass der Anspruch auf die geschuldete Hauptleistung allein dem Vertragspartner zusteht, der Dritte jedoch in der Weise in die vertraglichen Sorgfalts- und Obhutspflichten einbezogen ist, dass er bei deren Verletzung vertragliche Schadensersatzansprüche geltend machen kann… Danach wird ein Dritter nur dann in die aus einem Vertrag folgenden Sorgfalts- und Schutzpflichten einbezogen, wenn er mit der Hauptleistung nach dem Inhalt des Vertrags bestimmungsgemäß in Berührung kommen soll, ein besonderes Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung des Dritten besteht, den Interessen des Schuldners durch Erkennbarkeit und Zumutbarkeit der Haftungserweiterung Rechnung getragen wird und der Dritte schutzbedürftig ist (…MüKoBGB/Gottwald, 6. Aufl., § 328 Rn. 177 ff.; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage, § 328 Rn. 13 ff., jeweils m. w. Nachw.). Damit bestätigt der BGH die üblicherweise so formulierten Voraussetzungen: Leistungsnähe des Dritten; Einbeziehungsinteresse des Gläubigers; Erkennbarkeit (von Leistungsnähe und Einbeziehungsinteresse) für den Schuldner; Schutzbedürftigkeit des Dritten.

III. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall zu prüfen. Eine Leistungsnähe des A ergibt sich daraus, dass der Abschleppvorgang sein Fahrzeug betrifft. Das Einbeziehungsinteresse der Stadt S lässt sich daraus herleiten, dass die Stadt verhindern muss, dass das Abschleppen zu einem Schaden führt, und dass deshalb eine sorgfältige Durchführung des Auftrags auch und gerade im Interesse des Kfz.-Besitzers erfolgen muss. Diese Umstände waren für U ohne weiteres erkennbar.

IV. An der Schutzbedürftigkeit des A könnte es deshalb fehlen, weil ihm ein Ersatzanspruch gegen die Stadt S zusteht.

1. BGH [11]: Damit die Haftung des Schuldners nicht unkalkulierbar ausgedehnt wird, sind an die Einbeziehung von Dritten in den vertraglichen Schutz strenge Anforderungen zu stellen. An der Ausdehnung des Vertragsschutzes muss nach Treu und Glauben ein Bedürfnis bestehen, weil der Dritte andernfalls nicht ausreichend geschützt wäre (vgl. BGHZ 70, 327, 329 f.; 133, 168, 173 f., 176; MüKoBGB/Gottwald, a. a. O., Rn. 185; Palandt/Grüneberg, a. a. O., Rn. 18, jeweils m. w. Nachw.). Eine Einbeziehung des Dritten ist deshalb regelmäßig zu verneinen, wenn ihm eigene vertragliche Ansprüche zustehen, die denselben oder zumindest einen gleichwertigen Inhalt haben wie diejenigen Ansprüche, die er auf dem Weg über die Einbeziehung in den Schutzbereich eines zwischen anderen geschlossenen Vertrages durchsetzen will (vgl. BGHZ a. a. O.; MüKoBGB/Gottwald und Palandt/Grüneberg a. a. O.).

2.
Da nach den vorstehenden Ausführungen des BGH nur ein vertraglicher (oder vertragsähnlicher) Anspruch die Schutzbedürftigkeit ausschließt, kommt es für das Verhältnis zwischen A und U nicht darauf an, ob A gegen die Stadt S einen Amtshaftungsanspruch aus § 839 BGB, Art. 34 GG hat. Die Voraussetzungen hierfür liegen allerdings vor (wie auch der BGH in einer kurzen Bemerkung bei [12] feststellt: …A steht gegen die Stadt S neben seinem Amtshaftungsanspruch…). Weil das Handeln des U der Stadt S als hoheitliches Handeln zugerechnet wird (oben A II), wäre die Beschädigung des Fahrzeugs des A als eine ihm gegenüber begangene Amtspflichtverletzung zu bewerten. Da U oder die von ihm damit betrauten Personen hätten vermeiden können, dass der abgeschleppte Pkw an einen Brückenpfeiler stieß, ist auch von einem Verschulden auszugehen. Fraglich wäre noch, ob der Amtshaftungsanspruch am Vorhandensein einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit (§ 839 I 2 BGB) scheitern würde; denn an dieser Stelle des Gedankenganges besteht noch die Möglichkeit, dass A einen Anspruch aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gegen U hat. Aus den nachfolgenden Überlegungen wird sich aber ergeben, dass A gegen U keinen Anspruch hat, so dass der Amtshaftungsanspruch des A gegen die Stadt S zu bejahen wäre.

3. A könnte gegen die Stadt S einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Sorgfaltspflicht aus einem öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnis haben (§§ 688, 280 I BGB analog). Dass es die öffentlich-rechtliche Verwahrung als Rechtsinstitut gibt, folgt u. a. aus ihrer Zuweisung zum Zivilrechtsweg in § 40 II 1 VwGO.

a) BGH [12]: Ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis entsteht u.a. dadurch, dass ein Verwaltungsträger bei Wahrnehmung einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe eine fremde bewegliche Sache in Besitz nimmt und den Berechtigten von Einwirkungen ausschließt, insbesondere an eigenen Sicherungs- und Obhutsmaßnahmen hindert. Anders als im Privatrecht entsteht das Rechtsverhältnis bei Eintritt dieses Tatbestandes automatisch; eines Vertrages bedarf es nicht. An die Stelle der Willenseinigung Privater treten öffentlich-rechtliche Maßnahmen (vgl. BGH MDR 1975, 213; VersR 1990, 207, 208;…MüKoBGB/Henssler, 6. Aufl., § 688 Rn. 59). Ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis wird insbesondere durch das Abschleppen eines verbotswidrig geparkten oder verunfallten Fahrzeugs im Wege der Ersatzvornahme begründet (vgl.…Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl., S. 406; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 647; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., § 40 Rn. 65). Dies gilt auch dann, wenn sich die Behörde zur Durchführung des Abschleppvorgangs der Hilfe eines Privaten bedient (vgl. BGH NJW 1987, 2573, 2574; Kopp/Schenke a. a. O.). Danach ist im vorliegenden Fall im Zeitpunkt der Inbesitznahme des abzuschleppenden Pkw durch U ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis zwischen A und der Stadt S zustande gekommen.

b) BGH [14]: Auf das öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnis sind die bürgerlich-rechtlichen Verwahrungsvorschriften der §§ 688 ff. BGB sowie die für Leistungsstörungen bestehenden Bestimmungen entsprechend anzuwenden. Bei einer Beschädigung der Sache gelten insbesondere die §§ 276, 278 sowie die §§ 280 ff. BGB analog (vgl. BGHZ 1, 369, 383;…VersR 1990, 207, 208; MüKoBGB/Henssler, § 688 Rn. 63 f.; Staudinger/Reuter, BGB, Neubearbeitung 2006, Vorbem. zu §§ 688 ff. Rn. 54). Der Verwaltungsträger hat daher für schuldhafte Pflichtverletzungen - auch seines Erfüllungsgehilfen - einzustehen und Schadensersatz zu leisten, wobei ihm im Gegensatz zur Amtshaftung die Beweislast für fehlendes Verschulden obliegt. Somit haftet die Stadt S dem A für die Beschädigung des Pkw nach §§ 280 I, 278 BGB (analog) auf Ersatz des Schadens in Höhe von 3.500 Euro (§ 249 I, II BGB).

c) BGH [12]: Folglich steht A gegen die Stadt S ein Ersatzanspruch aus einem durch den Abschleppvorgang begründeten öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnis zu, durch den sein Ersatzinteresse vollumfänglich abgedeckt wird. Damit entfällt die Schutzwürdigkeit des A, die für einen Anspruch aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zu seinen Gunsten erforderlich war. A hat gegen U keinen Anspruch aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.

C. Auch ein Anspruch des A gegen U aus § 7 I StVG besteht nicht.

BGH [15]: Zutreffend…hat das BerGer. auch eine Haftung des U aus § 7 Abs. 1 StVG verneint. Da das Fahrzeug des A auf den Abschleppwagen gehoben und auf diesem abtransportiert worden ist, bildeten beide Fahrzeuge jedenfalls eine Betriebseinheit (…). Die Haftung des Halters aus § 7 Abs. 1 StVG erstreckt sich nicht auf Schäden an dem gehaltenen oder dem mit diesem eine Betriebseinheit bildenden Fahrzeug (vgl. BGHZ 187, 379 Rn. 11; Wussow/Fad, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl., Kap. 17 Rn. 17; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 3 Rn. 252; Heß in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl., § 8 StVG Rn. 14).

D. Dass U, wie die Stadt S geltend macht, für einen Schaden haftpflichtversichert ist, ist unerheblich. Eine Haftpflichtversicherung des U begründet keinen Anspruch das A, sondern das Eingreifen einer Haftpflichtversicherung hat zur Voraussetzung, dass der Versicherte einem Anspruch ausgesetzt ist, für den er versichert ist. Wie ausgeführt, besteht ein Anspruch des A gegen U nicht.

Ergebnis: A hat keinen Anspruch gegen U. Die von A erhobene Klage ist nicht begründet. Wie sich aus den Ausführungen B III 2 und 3 ergibt, hat A einen Anspruch gegen die Stadt S aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung und aus § 839 BGB, Art. 34 GG (Amtshaftung). Im vom BGH entschiedenen Fall hat A deshalb die falsche Partei verklagt.


Zusammenfassung

Anhang

Zu den Ausführungen oben A I passt auch der Fall BGH NJW 2014, 1665 (Urteil vom 6. 3. 2014, III ZR 320/12, für BGHZ vorgesehen) mit einem interessanten Sachverhalt („Fast ein Krimi“): Die 91jährige P kommt ins K-Krankenhaus und wird dort auf ihren Wunsch vom Leiter der Inneren Medizin Prof. Dr. A behandelt. A gab ihr Morphin. Kurz darauf starb P. Eine Nichte der P teilte der Staatsanwaltschaft mit, dass Dr. A und seine Ehefrau von P als Erben eingesetzt wurden, und dass P möglicherweise nicht eines natürlichen Todes gestorben sei. Die StA ordnete die Obduktion der Leiche der P durch das Institut für Rechtsmedizin der Universität an. Die Untersuchung wurde vom Leiter des Instituts Prof. Dr. B vorgenommen. Nach einer ersten Untersuchung kam B zu dem Ergebnis, im Herzblut der Verstorbenen habe sich 0,471 mg/l Morphin und ein „Hinweis auf 6-MAM“ befunden. In einem Gespräch mit dem ermittelnden Kriminalbeamten erklärte B, dass es sich bei 6-MAM um ein kurzlebiges Abbauprodukt von Heroin handele, welches sich danach zu Morphin zersetze. Durch das Heroin könnte P getötet worden sein. In einer von dem Beamten erbetenen Stellungnahme schrieb B, dass 6-MAM „das sehr kurzlebige Abbauprodukt von Heroin ist und eine Heroinaufnahme beweist." Daraufhin wurde A wegen Mordverdachts in U-Haft genommen, sein Büro und seine Wohnung wurden durchsucht, der Vorgang wurde im K-Krankenhaus bekannt und über ihn wurde in den Medien berichtet. Zwischenzeitlich hatte B weitere Untersuchungen vorgenommen, aus denen sich ergab, dass das Blut der P kein 6-MAM enthielt. Das Verfahren gegen A wurde eingestellt.

A hat B auf Zahlung von 150.000 Euro Schmerzensgeld wegen einer schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzung verklagt. Er wirft ihm vor, das erste Gutachten und die daraus gezogenen Folgerungen seien fahrlässig falsch gewesen. Auch habe B das Ergebnis der weiteren Untersuchungen nicht rechtzeitig mitgeteilt; bei unverzüglicher Mitteilung wären die Verfolgungsmaßnahmen unterblieben.

Der BGH hat angenommen, dass B hoheitlich gehandelt hat. LS 3: Die von der Staatsanwaltschaft veranlasste Begutachtung durch den Leiter eines rechtsmedizinischen Instituts im Zusammenhang mit Todesfallermittlungen gemäß §§ 87 ff StPO erfolgt in Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne von Art. 34 Satz 1 GG. Diese Annahme führte zu dem Ergebnis: Die Klage unterliegt insgesamt der Abweisung, weil der Beklagte in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt hat

und deshalb gegenüber dem Kläger nicht persönlich haftet (§ 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 GG). Also hat auch in diesem Fall der Kläger die Klage gegen die falsche Partei gerichtet.