Bearbeiter: Prof. Dieter Schmalz

Urteilsverfassungsbeschwerde gegen Entscheidung eines Zivilgerichts. Anwendbarkeit der Grundrechte bei Handeln der öffentlichen Hand in privatrechtlichen Formen; Zweistufentheorie? Art. 3 GG als Willkürverbot. Dienstleistungsfreiheit, Art. 56 AEUV. Verletzungen der Art. 3 GG, Art. 56 AEUV als Verstoß gegen gesetzliches Verbot, § 134 BGB. Vorlagepflicht nach Art. 267 AEUV. Nichtvorlage als Verstoß gegen die Garantie des gesetzlichen Richters, Art. 101 I 2 GG

BVerfG Beschluss vom 19.07.2016 (2 BvR 470/08) NJW 2016, 3153 = DVBl 2016, 1597

Fall (Freizeitbad)

In der im Lande L gelegenen Stadt S gibt es ein Freizeitbad, das von der F-GmbH betrieben wird. Alleingesellschafter der F-GmbH ist der V-Fremdenverkehrsverband, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, dessen Mitglieder der Kreis K und fünf kreisangehörige Gemeinden sind, u. a. die Stadt S. Aufgabe des V ist die Förderung des Tourismus und der Betrieb hierfür geeigneter Einrichtungen, zu denen das Freizeitbad gehört. Im Einvernehmen mit V hat die F-GmbH die Eintrittspreise für das Bad festgelegt und gewährt darin den Einwohnern der zum V-Verband gehörenden Gemeinden einen Nachlass von einem Drittel des Normalpreises. Zum Marketingkonzept für das Bad gehört eine überregionale Werbung, auch im angrenzenden Österreich. Davon fühlt sich der dicht hinter der Grenze wohnende österreichische Staatsbürger B angesprochen und besucht das Bad. Dort erfährt er, dass er 2,50 Euro mehr Eintritt zahlen muss als im Gebiet des V ansässige Personen.

B hält die Schlechterstellung Auswärtiger beim Eintrittspreis für eine Diskriminierung und hat, um die Frage grundsätzlich klären zu lassen, Klage gegen die F-GmbH auf Rückzahlung der 2, 50 Euro erhoben. Nach Abweisung der Klage durch das Amtsgericht hat auch das Berufungsgericht einen Rückzahlungsanspruch des B verneint und die Berufung zurückgewiesen. Im Berufungsurteil wurde ausgeführt, B habe kein Recht auf Gleichbehandlung mit den Einheimischen. Das Bad werde rein privatrechtlich betrieben, sei auf das Ziel der Tourismusförderung ausgerichtet und solle möglichst einen Gewinn abwerfen; eine solche Tätigkeit unterliege den Marktgesetzen und keinen Beschränkungen durch Grundrechte. Auch sei es nicht willkürlich, Einheimische durch sozial gestaltete Preise zu fördern. Selbst wenn die Preisgestaltung nicht zulässig wäre, hätte das nicht die Unwirksamkeit des von B mit dem Erwerb der Eintrittskarte geschlossenen Vertrages zur Folge, sondern könnte nur dazu führen, dass der den Einheimischen gewährte Nachlass wegfallen müsse. Auch ein - von B geltend gemachter - Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit des EU-Rechts liege nicht vor, weil B kein Erbringer einer Dienstleistung sei. Eine Vorlage an den EuGH sei nicht geboten; die Frage der Dienstleistungsfreiheit betreffe nicht die Auslegung europäischen Rechts, sondern allein dessen Anwendung.

B hat gegen das Berufungsurteil, gegen das ein weiteres Rechtsmittel nicht zulässig ist, Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht erhoben und diese damit begründet, ein nach Herkunft unterschiedlicher Eintrittspreis sei willkürlich; die Nichtanwendung der Grundrechte und der EU-Dienstleistungsfreiheit in solchem Fall sei unvertretbar. Wie ist über die Verfassungsbeschwerde zu entscheiden?

Lösung

A. Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde (VfB)

I. Die VfB muss sich gegen einen Hoheitsakt richten (§ 90 I BVerfGG). Zu den mit einer VfB angreifbaren Hoheitsakten gehören Entscheidungen der Gerichte, wie sich auch aus § 94 III BVerfGG ergibt. Gegenstand der VfB im vorliegenden Fall ist somit das Berufungsurteil, durch das die Zivilklage des B abgewiesen wurde. Es handelt sich um eine Urteilsverfassungsbeschwerde.

II. Der Beschwerdeführer muss behaupten, in einem Grundrecht verletzt zu sein (§ 90 I BVerfGG, Beschwerdebefugnis). Dass auch Gerichte Grundrechte verletzen können, ergibt sich aus Art. 1 III GG, wenn dort bestimmt ist, dass Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an die Grundrechte gebunden sind.

1. In dem Vorwurf des B, das Berufungsgericht habe eine willkürliche Preisgestaltung gebilligt, durch die er als österreichischer Staatsbürger diskriminiert werde, liegt die Behauptung einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 GG). Dieses Grundrecht steht jedermann zu, also auch B.

2. Allerdings weist die vorliegende Fallgestaltung zwei Besonderheiten auf.

a) Die Ungleichbehandlung liegt in der Preisgestaltung der F-GmbH. Diese ist organisatorisch eine privatrechtliche GmbH und handelt durch Abschluss privatrechtlicher Verträge, bei denen Eintrittskarten für eine Dienstleistung verkauft werden (ist zulässig: Waldhoff JuS 2017, 287 in einer Besprechung des Falles). Es ist fraglich, ob in einem solchen Fall Grundrechte anwendbar sind; vom Berufungsgericht wurde das verneint. Die Frage Anwendbarkeit des Art. 3 GG könnte bereits an dieser Stelle behandelt werden; denn wenn das Grundrecht nicht anwendbar ist, kann es auch nicht verletzt sein. Jedoch betrifft diese Frage das Hauptproblem des Falles und soll deshalb der Begründetheitsprüfung vorbehalten bleiben. An dieser Stelle genügt, dass im Vorbringen des B, die Nichtanwendung der Grundrechte in solchem Fall sei unvertretbar, die Behauptung einer Anwendbarkeit des Grundrechts liegt, was nach § 90 I BVerfGG für die Zulässigkeit ausreicht.

b) Bei einer Urteilsverfassungsbeschwerde überprüft das BVerfG das angegriffene Urteil nur auf spezifische Verfassungsverletzungen hin. Die deshalb geltenden Einschränkungen könnten bereits an dieser Stelle dargestellt werden; denn soweit eine Überprüfung nicht stattfindet, kann keine Verletzung vorliegen. Jedoch hängt die Frage der spezifischen Verletzung so eng mit der Grundrechtsverletzung selbst zusammen, dass auch sie der Begründetheitsprüfung vorbehalten bleiben soll. Für die Bejahung der Zulässigkeit unter dem Aspekt der behaupteten Grundrechtsverletzung reicht aus, dass - ebenso wie oben a) - dem Vortrag des B entnommen werden kann, dass die von ihm gerügte Grundrechtsverletzung auch eine solche ist, die vom BVerfG als spezifische Verfassungsverletzung zu überprüfen ist.

Die Anforderungen an das Vorliegen der Beschwerdebefugnis sind somit erfüllt.

III. Nach § 90 II 1 BVerfGG muss der Beschwerdeführer den Rechtsweg ausgeschöpft haben. B hat das erstinstanzliche Urteil mit der Berufung angegriffen. Ein weiteres Rechtsmittel (Revision) ist nach dem Sachverhalt nicht zulässig. Somit ist der Rechtsweg ausgeschöpft. Das Subsidiaritätsgebot steht der VfB nicht entgegen, weil B sich im Berufungsverfahren sowohl auf eine Gleichheitsverletzung als auch auf eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit berufen hat.

IV. Es kann davon ausgegangen werden, dass B die formellen Voraussetzungen des BVerfG für die Erhebung der VfB beachtet hat (§ 23: Schriftform; § 92: Begründung, § 93 I: Monatsfrist). Folglich ist die VfB zulässig.

B. Begründetheit der VfB

I. Das Berufungsurteil könnte das Gleichheitsgrundrecht aus Art. 3 I GG verletzen.

1. Dann müssten die Grundrechte im vorliegenden Fall anwendbar sein. Dafür ist die Feststellung, dass ein Gericht nach Art. 1 III GG an die Grundrechte gebunden ist, nicht ausreichend. Denn das gerichtliche Urteil, das einen Rechtsstreit entscheidet, kann durch diese Entscheidung nur dann ein Grundrecht verletzen, wenn der Rechtsstreit in Anwendung von Grundrechten zu entscheiden ist. Im vorliegenden Fall ist Rechtsstreit die Klage des B gegen F auf Rückzahlung der 2,50 Euro. Diese ist dann in Anwendung von Grundrechten zu entscheiden, wenn F bei ihrer Preisgestaltung an ein Grundrecht gebunden war. Die Grundrechtsbindung des Berufungsgerichts setzt also voraus, dass sie durch eine Grundrechtsbindung der F vermittelt wird. (Gegenbeispiel ist die unten II behandelte Bindung des Gerichts durch Art. 101 I 2 GG.) Folglich sind Grundrechte bei Erlass des Berufungsurteils anwendbar, wenn Grundrechte im Verhältnis des B zur F-GmbH anwendbar sind.

a) Die Grundrechte könnten auf das Rechtsverhältnis B - F nach Art. 1 III GG unmittelbar anwendbar sein. F ist eine privatrechtliche GmbH und handelt durch Abschluss privatrechtlicher Verträge. Da Art. 1 III GG sich nur an den Staat wendet und Private nicht an die Grundrechte bindet, kommen die Grundrechte i m Privatrecht grundsätzlich nicht unmittelbar zur Anwendung, sondern nur über die Lehre von der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte (hierzu BVerfGE 7, 198, Lüth, LS 2; 73, 261, 269).

b) Im vorliegenden Fall sind sowohl V, der Alleingesellschafter der F, als auch die Mitglieder des V, Gemeinden und Kreis, Körperschaften des öffentlichen Rechts, die nach Art. 1 III GG an die Grundrechte gebunden sind. Es handeln also Glieder der staatlichen Verwaltung in privatrechtlichen Formen. Nach einer über lange Zeit vertretenen Auffassung galten für ein privatrechtliches Handeln der Verwaltung die Grundrechte dann, wenn öffentliche (staatliche) Aufgaben wahrgenommen wurden (BGHZ 36, 91; NVwZ 2010, 398; BVerwG NVwZ 2013, 597). Die dann geltende Rechtsmaterie, bei der privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Vorschriften nebeneinander anwendbar sind, wird als Verwaltungsprivatrecht bezeichnet. Wird demgegenüber keine öffentliche Aufgabe wahrgenommen, sondern ausschließlich privatwirtschaftlich-fiskalisch gehandelt, sollten keine Grundrechte gelten (BGHZ 36, 91; NJW 2004, 1031 ). Danach käme es im vorliegenden Fall darauf an, ob mit dem Betrieb des Bades öffentliche Aufgaben verfolgt würden, was bei einem reinen Freizeitbad wohl zu verneinen wäre.

c) Bereits in der Fraport-Entscheidung BVerfGE 128, 226 und nunmehr im vorliegenden Fall hat das BVerfG die Beschränkung auf die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben aufgegeben und bejaht - entsprechend dem Wortlaut des Art. 1 III GG - die umfassende und unmittelbare Bindung der öffentlichen Hand an die Grundrechte. BVerfG [26-31] Art. 1 Abs. 3 GG ordnet die umfassende Grundrechtsbindung aller staatlichen Gewalt an. Die Grundrechte gelten nicht nur für bestimmte Bereiche, Funktionen oder Handlungsformen staatlicher Aufgabenwahrnehmung, sondern binden die staatliche Gewalt umfassend und insgesamt (BVerfGE 128, 226, 244). Der Staat und andere Träger öffentlicher Gewalt können im Rahmen ihrer Zuständigkeiten zwar auch am Privatrechtsverkehr teilnehmen. Sie handeln dabei jedoch stets in Wahrnehmung ihres dem Gemeinwohl verpflichteten Auftrags (vgl. BVerfGE 128, 226, 244 f.). Ihre unmittelbare Bindung an die Grundrechte hängt weder von der Organisationsform ab, in der sie dem Bürger gegenübertreten, noch von der Handlungsform.

aa) Die Wahl der Organisationsform hat keine Auswirkungen auf die Grundrechtsbindung des Staates oder anderer Träger öffentlicher Gewalt. Das gilt nicht nur dann, wenn sie ihre Aufgaben unmittelbar selbst oder mittelbar durch juristische Personen des öffentlichen Rechts erfüllen, sondern auch dann, wenn sie auf privatrechtliche Organisationsformen zurückgreifen. Das gilt auch für gemischt-wirtschaftliche Unternehmen des Privatrechts, solange sie diese beherrschen (vgl. BVerfGE 128, 226, 246 f.). In diesen Fällen trifft die Grundrechtsbindung nicht nur die dahinterstehende Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern auch unmittelbar die juristische Person des Privatrechts selbst (vgl. BVerfGE 128, 226, 245).

Andererseits bedeutet das, dass sich der Staat und andere Träger öffentlicher Gewalt grundsätzlich selbst nicht auf die Grundrechte berufen können (…). Auch juristische Personen des Privatrechts, die im Alleineigentum des Staates stehen oder von diesem beherrscht werden, sind grundsätzlich nicht grundrechtsberechtigt (….). Genauer dazu im Atomausstiegsfall BVerfG NJW 2017, 217 [187-190]).

bb) Die Grundrechtsbindung der öffentlichen Gewalt gilt unabhängig von den gewählten Handlungsformen und den Zwecken, zu denen sie tätig wird… Eine Flucht aus der Grundrechtsbindung in das Privatrecht mit der Folge, dass der Staat unter Freistellung von Art. 1 Abs. 3 GG als Privatrechtssubjekt zu begreifen wäre, ist ihm verstellt (BVerfGE 128, 226, 245). Unerheblich ist somit, ob die für den Staat oder andere Träger öffentlicher Gewalt handelnde Einheit „spezifische“ Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, ob sie erwerbswirtschaftlich oder zur reinen Bedarfsdeckung tätig wird („fiskalisches“ Handeln) und welchen sonstigen Zweck sie verfolgt…. Für die in der Zivilrechtsprechung, vereinzelt auch in der Verwaltungsrechtsprechung (…) früher verbreitete Auffassung, wonach die in privatrechtlichen Handlungsformen jenseits des sogenannten Verwaltungsprivatrechts „fiskalisch“ tätig werdende öffentliche Hand grundsätzlich keiner Grundrechtsbindung unterliege (…), ist daher kein Raum.

Damit hat das BVerfG die Lehre vom Verwaltungsprivatrecht, soweit sie sich auf die Anwendung der Grundrechte bezog, „beerdigt“ und durch die These von der voraussetzungslosen Geltung der Grundrechte beim Handeln der öffentlichen Hand ersetzt. - Zustimmend Penz DVBl 2016, 1602 in einer Besprechung der Entscheidung und Waldhoff JuS 2017, 287: bisherige Differenzierung nunmehr „irrelevant“. - Zu den Folgen dieser Rechtsprechung, insbesondere für den Bereich des Vergaberechts, Wollenschläger NVwZ 2016, 1535.

cc) Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass Art. 3 GG auf das Verhältnis des B zu F anwendbar ist. BVerfG [34] Vor diesem Hintergrund besteht an der unmittelbaren und uneingeschränkten Bindung der F an die Grundrechte kein Zweifel. Sie ist ein öffentliches Unternehmen, dessen einziger Gesellschafter eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, die sich ihrerseits auf einen Landkreis und fünf Gemeinden stützt.

2. F könnte den Gleichheitssatz dadurch verletzt haben, dass sie von B ein höheres Eintrittsgeld verlangt hat, als die Einheimischen zu zahlen haben. Würde das festgestellt, hätte auch das Berufungsurteil dadurch, dass es das Handeln der F gebilligt und den Anspruch des B verneint hat, eine solche Verletzung begangen. Da sich die VfB gegen das Berufungsurteil richtet, ist das Berufungsurteil die maßgebende Verletzungshandlung, auf die im Folgenden abzustellen ist.

a) Als verletzte Vorschrift könnte der speziellere Gleichheitssatzes des Art. 3 III GG herangezogen werden, falls eine Benachteiligung wegen der „Herkunft“ oder „Heimat“ vorliegt. Jedoch ist mit „Herkunft“ die „sozial-standesgemäße Verwurzelung“ gemeint und nicht der Wohnsitz (Epping/Hillgruber/Kischel, GG, 2. Aufl. 2013, Art. 3 Rdnr. 227). „Heimat“ bezeichnet die Herkunft eines Menschen „im Sinne der emotionalen Beziehung zu einem geographisch begrenzten, den Einzelnen mitprägenden Raum (Ort, Landschaft)“, nicht jedoch den Wohnsitz (BVerfGE 102, 41, 53; Epping/Hillgruber Art. 3 Rdnr. 226). Also ist nicht Art. 3 III GG, sondern der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 I GG zu prüfen.

b) Dabei wird das Urteil eines Fachgerichts (hier: Berufungsgericht) im Rahmen der Urteils-VfB vom BVerfG nur auf verfassungsspezifische Verletzungen hin überprüft („BVerfG ist keine Superrevisionsinstanz“). BVerfG [23] Die fachgerichtliche Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts kann grundsätzlich nur daraufhin geprüft werden, ob sie willkürlich ist oder auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts beruht oder mit anderen verfassungsrechtlichen Vorschriften unvereinbar ist (vgl. BVerfGE 18, 441, 450;… 128, 193, 209; st. Rspr). Mit Blick auf das in Art. 3 Abs. 1 GG niedergelegte Willkürverbot prüft das BVerfG, ob die Anwendung der einschlägigen einfachrechtlichen Bestimmungen und das dazu eingeschlagene Verfahren durch das Fachgericht vertretbar sind oder ob sich der Schluss aufdrängt, dass seine Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 80, 48, 51;…109, 38, 59;…). Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Schlechterdings unhaltbar ist eine fachgerichtliche Entscheidung vielmehr erst dann, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird (…).

c) Vorstehende Grundsätze ändern aber nichts daran, dass von den normalen Voraussetzungen für eine Grundrechtsverletzung auszugehen ist, dass also bei einem Freiheitsrecht ein Eingriff in den Schutzbereich und dessen Rechtfertigung und bei Art. 3 I GG das für diese Vorschrift geltende Prüfungsschema zu prüfen ist.

aa) Die für eine Verletzung des Art. 3 I GG erforderliche Ungleichbehandlung liegt im vorliegenden Fall darin, dass von B ein höheres Eintrittsgeld verlangt wurde als von Einheimischen, was eine Folge davon ist, dass die Einheimischen begünstigt werden.

bb) Die Ungleichbehandlung ist gerechtfertigt, wenn dafür ein hinreichender sachlicher Grund besteht. Das Berufungsgericht hat einen Grund für die Begünstigung in dem Zweck gesehen, Einheimische durch sozial gestaltete Preise zu fördern. Dabei reicht aber der Aspekt des Sozialen nicht aus, weil die Begünstigung der Einheimischen an keine sozialen Gesichtspunkte wie etwa eine verminderte finanzielle Leistungsfähigkeit anknüpft. Es bleibt also nur der Umstand der Ortsansässigkeit im Gebiet des V. Dazu BVerfG [39-43]

(1) In der Rspr. des BVerfG ist geklärt, dass der Wohnsitz allein kein eine Bevorzugung legitimierender Grund ist (vgl. BVerfGE 33, 303, 355; 65, 325, 355; 134, 1, 21 Rn. 60). Die bloße Nichtzugehörigkeit zu einer Gemeinde berechtigt diese daher nicht, Auswärtige zu benachteiligen.

(2) Jedoch ist nicht ausgeschlossen, eine Ungleichbehandlung an Sachgründe zu knüpfen, die mit dem Wohnort untrennbar zusammenhängen. Ein solches legitimes Ziel kann etwa die Versorgung mit wohnortnahen Bildungsangeboten (…), die Verursachung eines höheren Aufwands durch Auswärtige (…), die Konzentration von Haushaltsmitteln auf die Aufgabenerfüllung gegenüber den Gemeindeeinwohnern (…) oder ein Lenkungszweck sein, der vor der Verfassung Bestand hat (…)… Verfolgt eine Gemeinde durch die Privilegierung Einheimischer das Ziel, knappe Ressourcen auf den eigenen Aufgabenbereich (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) zu beschränken, Gemeindeangehörigen einen Ausgleich für besondere Belastungen zu gewähren oder Auswärtige für einen erhöhten Aufwand in Anspruch zu nehmen, oder sollen die kulturellen und sozialen Belange der örtlichen Gemeinschaft dadurch gefördert und der kommunale Zusammenhalt dadurch gestärkt werden, dass Einheimischen besondere Vorteile gewährt werden, kann dies mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sein. (Eine Einheimischenförderung bei der Bauplanung gestattet § 11 I Nr. 2 BauGB durch den zugelassenen Zweck: „Deckung… des Wohnbedarfs der ortsansässigen Bevölkerung“.)

(3) Jedoch ist nicht ersichtlich, dass F vorliegend solche legitimen Ziele, die eine Bevorzugung Einheimischer rechtfertigen könnten, tatsächlich verfolgt. Das Vermarktungskonzept der F ist darauf angelegt, auswärtige Besucher anzuziehen. Satzungsmäßige Aufgabe des Alleingesellschafters der F ist die Förderung des Fremdenverkehrs (…), wozu insbesondere die Unterhaltung entsprechender Einrichtungen gehört (…).… Mit diesem Modell bezweckt F gerade nicht, das kulturelle und soziale Wohl der Einwohner zu fördern, die örtliche Gemeinschaft zu stärken, den Nutzerkreis zu beschränken oder durch Verhaltenssteuerung die Auslastung des Bades zu gewährleisten. Das Bad ist im Gegenteil auf Überregionalität angelegt… Es ist auch nicht erkennbar, dass die Einwohner der die F tragenden Gebietskörperschaften einen Ausgleich für finanzielle oder andere Belastungen erhalten sollen… Es ist weder ersichtlich, dass die Privilegierung einem solchen Ausgleich dient, noch wurde festgestellt, dass das Bad mit Haushaltsmitteln errichtet oder betrieben wurde.

cc) Somit liegt ein hinreichender sachlicher Grund für die Privilegierung Einheimischer nicht vor. Die gegenteilige Behauptung des Berufungsgerichts erweist sich als unzutreffend, verletzt Art. 3 I GG und ist objektiv willkürlich.

d) B hat eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) geltend gemacht. Obwohl es sich bei dieser Grundfreiheit um eine ähnliche Regelung wie ein Grundrecht handelt, kann darauf keine VfB gestützt werden (Art. 93 I Nr. 4 a GG, § 90 I BVerfGG). Das BVerfG hat aber geprüft, ob in den Ausführungen des Berufungsurteils zu dieser Frage ein (weiterer) Verstoß gegen Art. 3 I GG in der Form des Willkürverbots liegt.

aa) Als GmbH mit ausschließlich staatlich-kommunalen Gesellschaftern war F an die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV gebunden. BVerfG [58] Angesichts der Rspr. des EuGH zur Bindungswirkung des Diskriminierungsverbots und der Grundfreiheiten für vom Staat beherrschte Unternehmen (folgen Nachw.; ferner Wernicke, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Jan. 2016, Bd. 2, Art. 106 AEUV Rn. 8) liegt die Annahme einer unmittelbaren Bindung der F an die in Rede stehenden Vorgaben des Unionsrechts nahe. Waldhoff JuS 2017, 288: „Dienstleistungsfreiheit ist wie alle Grundfreiheiten unmittelbar anwendbar, d. h. jeder Bürger kann sich darauf…vor jedem nationalen Gericht berufen.“

bb) Art. 56 AEUV schützt - als passive Dienstleistungsfreiheit - auch die Empfänger von Dienstleistungen, also auch eine Person, die sich zur Inanspruchnahme einer Dienstleistung in einen anderen Mitgliedstaat begeben will (EuGH EuZW 1999,345, JuS 1999,1120; BVerfG [48]). Da die Gewährung der Benutzung eines Schwimmbades eine Dienstleistung i. S. des Art. 57 I AEUV ist, fiel das Verhalten des B unter den Schutz des Art. 56 AEUV. Die Begründung des Berufungsurteils für die Nichtanwendung des Art. 56 AEUV, B sei kein Erbringer einer Dienstleistung, ist daher unzutreffend.

cc) In Art. 56 AEUV ist ein Diskriminierungsverbot enthalten (BVerfG [44]; Art. 56 ist insoweit spezieller als das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV, Penz DVBl 2016, 1602). Aus den Überlegungen oben 2 c bb), wonach für die unterschiedliche Behandlung bei den Eintrittspreisen kein hinreichender Grund besteht, ergibt sich auch die Diskriminierung des B. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtss entfällt sie nicht dadurch, dass andere Personen, die keine Ausländer sind, ebenfalls diskriminiert werden. BVerfG [48} Die Auslegung dieser Bestimmung ergibt, dass die Wirksamkeit des zwischen B und F geschlossenen Vertrags insoweit mit der Garantie aus Art. 56 AEUV unvereinbar ist, als B im Vergleich zu Einheimischen, die in den Genuss des Preisnachlasses kommen, schlechter behandelt wird.

dd) Gründe für eine Rechtfertigung nach Art. 62, 51 - 54 AEUV sind nicht ersichtlich. Folglich verletzt das Berufungsurteil den Art. 3 I GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot auch dadurch, dass es Art. 56 AEUV nicht angewendet hat (BVerfG [44]).

e) BVerfG [50] sieht einen eigenständigen Verstoß gegen das Willkürverbot… schließlich noch in der Aussage des Berufungsurteils , die mit der Dienstleistungsfreiheit zusammenhängenden Fragen seien „keine Frage der Auslegung des AEU-Vertrages, sondern …. eine Frage der Anwendung auf den vorliegenden konkreten Einzelfall“. Denn vor der Anwendung stellt sich die Auslegungsfrage, ob Art. 56 AEUV die Inanspruchnahme eines Bades als (passive) Dienstleistung erfasst, was das Berufungsgericht in Abrede gestellt hat. Dazu Kottmann NJW 2016, 3157/ in einer Anmerkung zu der BVerfG-Entscheidung: „Unter ‘Auslegung‘ fällt nicht (nur) die abstrakte Entfaltung einer Rechtsvorschrift, sondern auch und gerade deren Konkretisierung zur fallentscheidenden Maßstabsnorm (…). Ob ein ausländischer Schwimmbadbesucher einen Gleichstellungsanspruch aus Art. 56 AEUV hat, ist ein - ggfs. dem EuGH zu unterbreitendes - Auslegungsproblem…“

Ergebnis zu 1.-2.: Das Berufungsurteil verletzt in mehrfacher Hinsicht Art. 3 I GG.

3. Das Urteil, das Gegenstand der VfB ist, muss auf dem Grundrechtsverstoß beruhen, was der Fall ist, wenn das Urteil bei Beachtung des Grundrechts zumindest möglicherweise anders gelautet hätte (st. Rspr., z. B. BVerfG Beschluss vom 10. 5. 2006 - 1 BvR 398/04) . In der Regel liegt das auf der Hand und braucht nicht ausdrücklich festgestellt zu werden (so z. B. im Fall BVerfGE 140, 317, Auslieferung nach Italien). Im vorliegenden Fall enthält der Sachverhalt aber in zweierlei Hinsicht Ausführungen, die eine Prüfung erforderlich machen.

a) Im Berufungsurteil wurde ausgeführt, im Falle eines Grundrechtsverstoßes hätte dieser nicht die Unwirksamkeit des von B mit dem Erwerb der Eintrittskarte geschlossenen Vertrags zur Folge. Wäre das richtig, könnte B die 2, 50 Euro nicht zurückverlangen, das Urteil wäre im Ergebnis zutreffend und bliebe bestehen. Jedoch liegt in einer Grundrechtsverletzung durch Rechtsgeschäft ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot i. S. des § 134 BGB. BVerfG [33] Verletzt die in privatrechtlichen Formen agierende öffentliche Hand Grundrechte eines am Rechtsgeschäft beteiligten Grundrechtsträgers, ist das Rechtsgeschäft grundsätzlich nichtig (vgl. BGHZ 65, 284, 287; 154, 146, 149…; Armbrüster, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2015, § 134 Rn. 33; Sack/Seibl, in: Staudinger, BGB, Buch 1, Neubearbeitung 2011, § 134 Rn. 37;…).

Gleiches gilt für den Verstoß gegen Art. 56 AEUV. Bei seiner gegenteiligen Auffassung hatte das Berufungsurteil daran angeknüpft, dass § 134 BGB keine Verbote erfasst, die sich nur gegen eine Partei richten, und im vorliegenden Fall wende sich Art. 56 AEUV nur an F und nicht an B. Anders liegt es jedoch, wenn das Verbot - wie Art. 56 AEUV, ebenso Art. 3 GG - gerade dem Schutz des Bürgers dient. BVerfG [46, 47] Es entspricht st. Rspr. des BGH, dass auch Verstöße gegen nur einseitige Verbote als Ausnahme von der dargestellten Regel dann zur Nichtigkeit des Geschäfts führen, wenn es mit dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen (folgen umfangreiche Nachw., zuletzt auf BGHZ 159, 334, 341 f.). Auch in der Literatur entspricht es einhelliger Auffassung, dass der Verstoß gegen ein Verbotsgesetz dann zur Nichtigkeit des Geschäfts führt, wenn diese Rechtsfolge ein Gebot der Auslegung der Verbotsnorm ist (…). Nach der Rspr. des BGH sind daher auch Vorschriften des unionalen Primärrechts, die sich nur an eine Partei des Rechtsgeschäfts richten, zu dessen Nichtigkeit führende Verbotsgesetze, wenn deren Zweck nicht anders erreicht werden kann (zu Art. 108 Abs. 3 AEUV vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2003 - V ZR 314/02 -, juris, Rn. 12).

b) Das Berufungsurteil hat ferner ausgeführt, eine Verletzung des Art. 3 I GG - und das muss auch für Art. 56 AEUV gelten - könnte nur dazu führen, dass der den Einheimischen gewährte Rabatt zurückgenommen werden müsse. BVerfG [49] Diese Annahme ist nicht nachvollziehbar, weil es ständiger Rechtsprechung des EuGH entspricht, dass der Gleichheitssatz, solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen worden sind, nur dadurch gewahrt werden kann, dass die Vergünstigungen, die die Mitglieder der begünstigten Gruppe erhalten, auf die Mitglieder der benachteiligten Gruppe erstreckt werden (EuGH Slg. 1986, S. 3870, 3876; Slg. 2007, S. I-5172, I-5185 m. w. N.).

c) Somit ist die Annahme des Berufungsurteils unzutreffend, ein Verstoß gegen Art. 3 I GG (auch i. V. mit Art. 56 AEUV) hätte keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des von B mit F geschlossenen Vertrags, sondern könnte nur zur Rücknahme des den Einheimischen gewährten Rabatts führen. Vielmehr hatten die genannten Verstöße zur Folge, dass der Vertrag teilweise nichtig war, B Gleichstellung mit den Einheimischen verlangen konnte und 2,50 Euro weniger zu zahlen braucht. Sein Anspruch gegen F auf Rückzahlung der 2, 50 Euro ist nach § 812 I 1 BGB begründet. Das klageabweisende Berufungsurteil beruht also auf den Verstößen.

II. Das Berufungsgericht könnte dadurch, dass es die Frage nach der Auslegung des Art. 56 AEUV nicht nach Art. 267 AEUV dem EuGH vorgelegt hat, das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 I 2 GG) verletzt haben. Art. 101 I 2 GG ist ein grundrechtsgleiches, zur Erhebung der VfB berechtigendes Recht (Art. 93 I Nr. 4 a GG, § 90 I BVerfGG). Die sich daraus ergebende Bindung des Gerichts ist - als Gegenbeispiel zu oben B I 1 - eine unmittelbare, nicht durch ein anderes Rechtsverhältnis vermittelte Grundrechtsbindung.

1. BVerfG [52] Der EuGH ist gesetzlicher Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 73, 339, 366, 135, 155, 230 Rn. 177; st. Rspr). Unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV sind die nationalen Gerichte von Amts wegen gehalten, den Gerichtshof anzurufen. Kommt ein deutsches Gericht seiner Pflicht zur Anrufung des Gerichtshofs im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens daher nicht nach, kann dem Rechtsschutzsuchenden des Ausgangsrechtsstreits der gesetzliche Richter entzogen sein (vgl. BVerfGE 73, 339, 369; 135, 155, 230 f. Rn. 177; st. Rspr).

2. Eine Verletzung des Art. 101 I 2 GG setzt voraus, dass eine Vorlagepflicht bestand. BVerfG [53] Nach Art. 267 III AEUV und der Rspr. des EuGH (…) muss ein nationales letztinstanzliches Gericht seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende unionsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (…).

a) Da im vorliegenden Fall das Berufungsurteil nicht mehr mit einem Rechtsmittel anfechtbar war, war das Berufungsgericht ein letztinstanzliches Gericht.

b) Wie bereits oben I 2 e) festgestellt wurde, war die Frage, ob ein ausländischer Schwimmbadbesucher einen Gleichstellungsanspruch aus Art. 56 AEUV hat, ein dem EuGH zu unterbreitendes - Auslegungsproblem, jedenfalls aus der Sicht des Berufungsgerichts, das eine Anwendung des Art. 3 GG ausgeschlossen hatte und für das deshalb Art. 56 AEUV entscheidungserheblich war. Außerdem stellte sich die Frage, ob ein Verstoß gegen Art. 56 AEUV zur Nichtigkeit eines privatrechtlichen Vertrages führt.

c) Zwar kommt hier der zweite Ausnahmefall in Betracht, weil es bereits Rechtsprechung des EuGH zu den aufgeworfenen Fragen gab (dazu BVerfG [58, 59] und noch im Folgenden). Jedoch hätte das Berufungsgericht diese Rechtsprechung heranziehen und eine Entscheidung auf ihrer Grundlage treffen müssen, was nicht geschehen ist. Vielmehr hat das Berufungsgericht ausgeführt, B sei kein Erbringer einer Dienstleistung (unzutreffend, oben B I 2 d bb), und eine Vorlage an den EuGH sei nicht geboten, weil die Frage der Dienstleistungsfreiheit nicht die Auslegung europäischen Rechts beträfe (ebenfalls unzutreffend, oben B I 2 e). Mit dieser Begründung konnte von der Vorlage an den EuGH nicht abgesehen werden.

Somit bestand eine Vorlagepflicht. Diese hat das Berufungsgericht durch Nichtvorlage verletzt.

3. Nicht jeder Verstoß gegen Art. 267 AEUV führt zu einer Verletzung des Art. 101 I 2 GG, vielmehr muss auch insoweit eine spezifische Verfassungsverletzung vorliegen. BVerfG [54-56] Ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG setzt voraus, dass die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 126, 286, 315 f.; 135, 155, 232 Rn. 180; st. Rspr). Die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV wird unter anderem in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage…überhaupt nicht in Erwägung zieht… Dies gilt erst recht, wenn sich das Gericht hinsichtlich des (materiellen) Unionsrechts nicht hinreichend kundig macht…

[57-59] Danach hat das Berufungsgericht seine Vorlagepflicht offensichtlich unhaltbar gehandhabt, weil es sich hinsichtlich des materiellen Unionsrechts nicht hinreichend kundig gemacht hat. Dies gilt zunächst für den Umgang des Berufungsgerichts mit der Frage, ob F als öffentliches Unternehmen unmittelbar an die Grundfreiheiten gebunden ist… Dies gilt ferner für die Frage, ob die Preisgestaltung der F gegen Art. 56 AEUV verstößt. Oben B I 2 d) wurde ausgeführt, dass die F an Art. 56 AEUV gebunden war und dass diese Vorschrift einer Benachteiligung des B entgegenstand. Davon durfte das Berufungsgericht nicht ohne Anrufung des EuGH abweichen. Somit hat das Berufungsurteil Art. 101 I 2 GG in verfassungsspezifischer Weise verletzt. Auch insoweit beruht das Berufungsurteil auf dem Verstoß, weil zumindest möglich ist, dass das Urteil nach einer Vorabentscheidung des EuGH anders gelautet hätte.

4. Folglich ist die VfB auch wegen einer Verletzung des Art. 101 I 2 GG begründet (BVerfG [51 ]) .

III. Ergebnis: Der VfB ist stattzugeben, indem das Berufungsurteil aufgehoben wird (§ 95 II BVerfGG). Das BVerfG hat die Klage des B gegen F an das erstinstanzliche Amtsgericht zurückverwiesen; dieses wird dann im Sinne des BVerfG entscheiden und der Klage stattgeben.


Zusammenfassung