Feststellungsklage, § 43 VwGO; Rechtsverhältnis. Amtshilfe, Art. 35 I GG, §§ 4, 5 VwVfG. Versammlungsfreiheit, Art. 8 GG; Vorwirkung auf Unterkunft; faktischer Eingriff durch Tornado-Tiefflug. Verhältnis des Versammlungsgesetzes zum Polizeigesetz bei Vorfeldmaßnahmen. Anscheinsgefahr und Gefahrenverdacht; Gefahrerforschungsmaßnahme. Verhältnismäßigkeit

BVerwG
Urteil vom 25. 10. 2017 (6 C 46/16) NJW 2018, 716

Fall (Tornado gegen Demonstranten)

Vom 6. bis 8. Juni fand in einer Hotelanlage im Lande L ein Gipfeltreffen der Staatschefs der acht größten Industriestaaten (G8) statt. Dagegen hatte sich eine Protestbewegung gebildet, die in dem Gipfel eine Veranstaltung zugunsten der Konzerne, für Deregulierung, Privatisierung und eine Handelspolitik zu Lasten vieler ärmerer Länder sah, und am 6. Juni und den folgenden Tagen Demonstrationen in der Nähe der Hotelanlage plante. Als Infrastruktur hatten die Gipfelgegner in der Gemeinde Reddelich ein Camp errichtet, in dem am 5. Juni ca. 5.000 Personen aus ganz Deutschland eingetroffen waren, darunter Frau K, die von dort aus an den Veranstaltungen gegen den G8-Gipfel teilnehmen wollte.

Die Polizei des Landes L nahm umfangreiche Sicherungsmaßnahmen vor. Dazu gehörte ein vom Landes-Innenministerium beim Bundes-Verteidigungsministerium gestellter Antrag auf Unterstützung durch Aufklärungsflüge der Bundeswehr. Bei diesen sollten Luftbildaufnahmen angefertigt werden, um mögliche Waffendepots oder Manipulationen an den Zufahrtsstraßen zum Hotel zu erkennen. Demzufolge führte die Bundeswehr Ende Mai in Abstimmung mit der Polizei mehrere Aufklärungsflüge durch. Nachdem es Anfang Juni an einem anderen Ort zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen war, wurde ein weiterer Flug verabredet. Am 5. Juni überflog ein Kampfflugzeug der Bundeswehr vom Typ Tornado gegen 10:30 Uhr das Camp in einer Höhe von 114 m; das Unterschreiten der Mindestflughöhe von 150 m war nach Angaben des Piloten wetterbedingt. Die extreme Lärmentfaltung und der bedrohliche Anblick des völlig unerwartet aufgetauchten Kampfflugzeugs verbreiteten bei den Menschen im Camp, darunter auch K, Angst und Schrecken und weckten die Befürchtung, dass der Staat mit großer Härte gegen sie vorgehen könnte. Während des Überflugs wurden Aufnahmen durch am Flugzeug befestigte Kameras angefertigt, von denen 19 an die Polizei zur Auswertung übermittelt wurden. Die Bilder waren Übersichtsaufnahmen, auf denen das Camp sowie Personengruppen abgebildet waren; einzelne Personen waren nicht erkennbar.

K will den „Tieffliegerangriff“ nicht hinnehmen und beabsichtigt eine verwaltungsgerichtliche Klage. Sie weist darauf hin, dass sie auch künftig an Protesten teilnehmen wolle, und deshalb die Feststellung erstrebt, dass ein Einsatz der Bundeswehr gegenüber friedlichen Demonstranten nicht zulässig sei. Weiterhin verletze der Einsatz durch seine abschreckende Wirkung ihr Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit. Die erstrebten Informationen hätte sich die Polizei auf weniger kriegerische Weise, etwa durch eine Durchsuchung des Camps, durch Hubschrauber- oder Drohneneinsatz beschaffen können. Das Land L als Träger der Polizei macht geltend, der Einsatz des Flugzeugs sei das effektivste Mittel gewesen. Für die konkrete Durchführung sei die Bundeswehr verantwortlich; insoweit müsse K gegen den Bund klagen. Die Demonstrationsfreiheit sei nicht verletzt, weil die erste Demonstration erst am 6. Juni stattfinden sollte und ein Überflug von wenigen Sekunden am Vormittag des 5. 6. diese nicht habe beeinträchtigen können. Hat eine verwaltungsgerichtliche Klage der K Aussicht auf Erfolg?

Hinweise für die Bearbeitung: § 8 des Polizeigesetzes des Landes L (PolG) lautet: Die Polizei kann die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. - Im Land L gilt weiterhin das Versammlungsgesetz des Bundes.

Lösung

Vorbemerkung: Im Originalfall, der den G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 betraf, war das Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern anwendbar. Durch obigen Sachverhalt wurde der Fall in das anonyme Land L verlegt und dessen § 8 PolG für maßgeblich erklärt. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, die Zitate aus dem Urteil das BVerwG anzupassen. Gedankengang und Lösung ändern sich dadurch nicht. - Ein Teil der nachfolgend behandelten Probleme ist erneut im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel 2017 in Hamburg aufgetreten; vgl. OVG Hamburg NVwZ 2017, 1390; BVerfG NVwZ 2017, 1374, dazu Sachs JuS 2018, 187; die endgültige Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde steht noch aus.

A. Zulässigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Klage

I. Für die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs müssen die Voraussetzungen des § 40 I VwGO vorliegen, insbesondere muss es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handeln. Mit ihrer Klage wendet sich K gegen den Aufklärungsflug der Bundeswehr im Auftrag der Polizei. Die Entscheidung über dessen Rechtmäßigkeit richtet sich wesentlich nach Versammlungs- und Polizeirecht unter Heranziehung von Grundrechten. Diese Vorschriften gehören zum öffentlichen Recht, so dass die Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur ist. Sie ist auch nichtverfassungsrechtlicher Art und keinem anderen Gericht zugewiesen, so dass der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.

II. Bei der Bestimmung der Klageart scheiden eine Anfechtungsklage (§ 42 I VwGO) und eine Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 I 4 VwGO analog) aus, weil der von K angegriffene Aufklärungsflug weder ein Verwaltungsakt ist noch auf einem VA beruht; sowohl der Flug als auch die Aufnahme der Fotos und ihre Auswertung sind reine Realakte.

Der Klageart nach könnte es sich um eine Feststellungsklage (§ 43 VwGO) handeln. Dann müsste die Klage auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet sein. BVerwG [12] Unter einem Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlichen oder juristischen Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (st. Rspr, vgl. nur BVerwGE 157, 8 Rn. 12; 129, 199 Rn. 21). Gegenstand der Feststellungsklage kann auch ein vergangenes Rechtsverhältnis sein (…). Die Beteiligten müssen über die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten, überschaubaren, gerade auch den jeweiligen Kläger betreffenden Sachverhalt streiten… Wesentlich für ein Rechtsverhältnis ist also, dass ein Sachverhalt vorliegt, der in Anwendung von Rechtsvorschriften Rechtsfolgen zwischen Personen begründet. Rechtsfolge kann ein Recht oder eine Pflicht sein, einschließlich einer Pflicht, eine bestimmte Maßnahme zu unterlassen.

1. Der Überflug über das Camp, in dem sich zahlreiche Personen und auch K aufhielten, am 5. 6. und die damit bezweckte Beschaffung von Informationen waren ein hinreichend konkreter Sachverhalt (BVerwG [13]).

2. Es sind die Personen zu bestimmen, zwischen denen das streitige Rechtsverhältnis bestehen könnte, d. h. die möglichen Beteiligten. Das ist einerseits K. Andererseits können das Land L als Träger der Polizei und der Bund als Verantwortlicher für die Bundeswehr beteiligt sein. Da diese zusammengewirkt haben, ist deren Verhältnis zu bestimmen.

a) Das Zusammenwirken von Staatsorganen wird durch die Rechtsinstitute der Rechtshilfe und der Amtshilfe geregelt. Rechtshilfe ist die gegenseitige Hilfe der Gerichte durch förmliche Amtshandlungen (§§ 156 ff. GVG). Amtshilfe ist die ergänzende Hilfe, die eine Behörde auf Ersuchen einer anderen leistet. BVerwG [17] Im vorliegenden Fall hatte das Innenministerium des Landes… im Vorfeld des G8-Gipfeltreffens das Bundesministerium der Verteidigung ersucht, die zur Gefahrerforschung für erforderlich gehaltenen Überflüge in der Umgebung des Austragungsortes im Wege der Amtshilfe durchzuführen. Seine rechtliche Grundlage findet dieses Vorgehen in Art. 35 Abs. 1 GG sowie §§ 4 ff. VwVfG… Nach Art. 35 Abs. 1 GG leisten sich alle Behörden des Bundes und der Länder gegenseitig Rechts- und Amtshilfe. Um Amtshilfe kann eine Behörde eine andere Behörde nach § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG insbesondere dann ersuchen, wenn sie die Amtshandlung aus tatsächlichen Gründen nicht selbst vornehmen kann, etwa weil die zur Vornahme der Amtshandlung erforderlichen Dienstkräfte oder Einrichtungen fehlen. - In der Anmerkung zum Urteil des BVerwG von Roggan NJW 2018, 723 unter 1. wird bezweifelt, dass die Polizei nicht über ähnliche technische Möglichkeiten verfügt und deshalb die Bundeswehr zu Hilfe rufen musste. An dieser Stelle wird dem nicht weiter nachgegangen, sondern es wird dem BVerwG gefolgt und das Vorliegen einer Amtshilfe bejaht. Die für den Fall entscheidende Frage, ob es eines Einsatzes von schwerem Kriegsgerät bedurfte, wird im Zusammenhang mit der Verhältnismäßigkeit behandelt (B IV 4 b und c).

b) Im Fall der Amtshilfe bleibt die ersuchende Behörde „Herrin des Verfahrens". Die Gesamtverantwortung für die Recht- und Zweckmäßigkeit der zu verwirklichenden Maßnahme wird nicht auf die ersuchte Behörde übertragen. Deshalb sind die Amtshilfehandlungen der ersuchten Behörde, solange sie den Rahmen des Amtshilfeersuchens nicht eindeutig überschreiten, der ersuchenden Behörde zuzurechnen. Der Einwand des Landes, für die Durchführung der Aufklärung sei die Bundeswehr verantwortlich; ist somit unzutreffend. Das Unterschreiten der Mindestflughöhe ist kein eindeutiges Abweichen vom erteilten Auftrag. Deshalb muss sich das Land die Durchführung des für erforderlich gehaltenen Überfluges nach den Grundsätzen des Amtshilferechts auch insoweit zurechnen lassen. Diese Zurechnung hat zur weiteren Folge, dass Überflug, Anfertigung und Verwendung der Bildaufnahmen eine einheitliche polizeiliche Maßnahme bilden (BVerwG [14]).

Neben K ist also nur das Land, für das dessen Polizei gehandelt hat, Beteiligter.

3. Die für ein Rechtsverhältnis wesentliche Rechtsfolge muss im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung nicht positiv festgestellt werden, sondern muss nur streitig sein, indem ihr Bestehen behauptet oder bestritten wird.

a) Im vorliegenden Fall könnte K behaupten, die Polizei sei ihr gegenüber zu der Maßnahme nicht berechtigt gewesen. Diese These würde dazu führen, dass in der Begründetheitsprüfung die Vorschriften aus dem Versammlungs- und Polizeirecht im Vordergrund stünden und Grundrechte als Einschränkung herangezogen würden. Das entspräche dem methodischen Gebot, verwaltungsrechtliche Fälle primär nach dem spezielleren Verwaltungsrecht zu lösen.

b) K könnte aber auch die Rechtsfolge behaupten, dass der Aufklärungsflug sie in einem Grundrecht verletzt hat. Derart eine Grundrechtsverletzung als Ausgangsüberlegung zu nehmen, ist für das Rechtsverhältnis im Rahmen der Feststellungsklage konkreter und beschreibt klarer die zwischen K und der Polizei streitige Rechtsfolge. Einen dahingehenden Antrag hat die Klägerin im Originalfall gestellt, und OVG und BVerwG haben diesen Antrag für zulässig gehalten. Auch Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 43 Rdnr. 11 bezeichnen die „Freiheitsgrundrechte“ als mögliches Rechtsverhältnis. Somit ist die Grundrechtsverletzung die das behauptete Rechtsverhältnis prägende Rechtsfolge. Da eine Feststellungsklage mit diesem Antrag der Polizei die Befugnis zu dem Aufklärungsflug bestreitet, ist sie der Sache nach eine negative Feststellungsklage.

III: Für die Zulässigkeit der Feststellungsklage müssen die hierfür geltenden Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sein.

1. Nach § 43 I VwGO muss der Kläger ein berechtigtes Feststellungsinteresse haben.

a) BVerwG [20] Das berechtigte Interesse schließt jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art ein (st. Rspr, vgl. BVerwGE 100, 262, 271). Entscheidend ist, dass die gerichtliche Feststellung geeignet erscheint, die Rechtsposition des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern (vgl. BVerwGE 81, 258, 262). Zur Konkretisierung kann man sich an den zu § 113 I 4 VwGO (Fortsetzungsfeststellungsklage) entwickelten Fallgruppen orientieren (zu diesen Bühler/Brönnecke JA 2017, 37; Lindner NVwZ 2014, 180; Deiseroth DVBl 2013, 1548/9). Ob die insoweit anerkannten Fallgruppen der Wiederholungsgefahr oder des Rehabilitierungsinteresses hier einschlägig sind, kann dahingestellt bleiben. Denn nach der st. Rspr. des BVerfG kann die Art des mit der Klage gerügten Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, die Anerkennung eines Feststellungsinteresses erfordern, wenn sich die unmittelbare Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt auf eine Zeitspanne beschränkt, in der die Entscheidung des Gerichts kaum zu erlangen ist (vgl. BVerfGE 104, 220, 233; BVerwGE 130, 180 Rn. 26 m. w. N.).

b) [21] Diese Voraussetzungen liegen hier vor. K macht geltend, sowohl durch den Überflug des Tornado-Flugzeugs über das Camp Reddelich als auch durch das Anfertigen von Übersichtsaufnahmen und deren anschließende Weitergabe und Auswertung in Grundrechten verletzt worden zu sein… Im Hinblick auf den Eingriff in die Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) reicht die Möglichkeit aus, dass K bei einer Tätigkeit, die aufgrund der Vorwirkungen des Grundrechts bereits dessen Schutz unterfiel, beeinträchtigt worden ist. Jedenfalls durch die Auswirkungen des Überflugs und die Befürchtung, von den hierbei angefertigten Aufnahmen als Gegenstand einer staatlichen Überwachungsmaßnahme erfasst worden zu sein, kann K daher in eigenen Rechten betroffen sein. K hatte offensichtlich auch nicht die Möglichkeit, vor Beendigung des - für sie nicht vorhersehbaren - Überflugs und der hierbei gefertigten Aufnahmen um Rechtsschutz dagegen nachzusuchen.

Außerdem hat K unwiderlegt vorgetragen, sie wolle künftig an derartigen Protesten teilnehmen, so dass eine Wiederholungsgefahr nicht ausgeschlossen werden kann. Ihr Feststellungsinteresse ist somit zu bejahen.

2. Nach § 43 II 1 VwGO ist die Feststellungsklage subsidiär. BVerwG [22] Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht nicht der Grundsatz der Subsidiarität entgegen. K hätte ihre Rechte nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen können (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Insbesondere hätte sie nicht mit einer Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO gegen den beim Bundesministerium der Verteidigung gestellten Antrag des Innenministeriums des Landes auf Amtshilfe in Gestalt von Überflügen der Region um den G8-Gipfel vorgehen können. Das Amtshilfeersuchen ist seiner Rechtsnatur nach kein VA, sondern eine behördliche Verfahrenshandlung in Gestalt einer nicht regelnden Willenserklärung (…).


3. Nach der ständigen Rspr. des BVerwG (E 100, 217) ist § 42 II VwGO auf die Feststellungsklage analog anwendbar. so dass es auch bei dieser Klageart einer Klagebefugnis bedarf. Da sich eine Regelungslücke wegen der Notwendigkeit eines Feststellungsinteresses (§ 43 I VwGO) nur schwer begründen lässt, ist diese These umstritten (ablehnend Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 42 Rdnr. 63 m. Nachw. zum Streitstand in Fn. 136). K verfügt über die Klagebefugnis, weil sie eine Grundrechtsverletzung geltend macht (oben II 3 b).

IV. Bei der Feststellungsklage ist kein Vorverfahren erforderlich und besteht keine Klagefrist. Die gegen das Land L zu richtende Klage ist zulässig.

B. Begründetheit der Klage

Die Klage ist begründet, wenn der Aufklärungsflug ein Grundrecht der K verletzt hat (oben A II 3 b). Diese Ausgangsthese ermöglicht einen Gedankengang wie bei einer Verfassungsbeschwerde.

K könnte in ihrem Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) verletzt sein.

I. Dann müsste das vom Überflug betroffene Verhalten der K unter den Schutzbereich des Art. 8 GG fallen. Eine Versammlung ist das Zusammenkommen einer Mehrzahl von Personen zum Zwecke einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (BVerfGE 104, 92, 104; 111, 147, 154 f.).

1. Versammlungen sind die am 6. 6. und später geplanten Kundgebungen; diese haben aber am 5. 6., dem Zeitpunkt des Überflugs, noch nicht stattgefunden. Möglicherweise fanden bereits am 5. 6. gegen 10:30 Uhr im Camp Zusammenkünfte mit dem Ziel gemeinsamer Meinungsäußerung statt; eine dahin gehende Feststellung lässt der Sachverhalt jedoch nicht zu.

2. Der Schutzbereich des Art. 8 GG könnte das Camp und den Aufenthalt der K unter dem Gesichtspunkt der Vorwirkung erfassen. BVerwG [28, 29] Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit ist nach der Rspr. des BVerfG nicht auf den Zeitraum der Durchführung einer Versammlung begrenzt, sondern entfaltet seine Wirkung bereits in deren Vorfeld; denn andernfalls liefe die Versammlungsfreiheit Gefahr, durch staatliche Maßnahmen im Vorfeld der Grundrechtsausübung ausgehöhlt zu werden (BVerfGE 84, 203, 209). Art. 8 Abs. 1 GG schützt deshalb den gesamten Vorgang des Sichversammelns, wozu auch der Zugang und die Anreise…gehören (…). Daraus folgt, dass sich der Vorfeldschutz des Art. 8 Abs. 1 GG auf den Aufenthalt der K in dem Camp Reddelich zum Zeitpunkt des Überflugs des Kampfflugzeugs erstreckt hat… Eine Teilnahme an den geplanten Demonstrationen war für die ganz überwiegende Zahl der Teilnahmewilligen nur im Fall einer frühzeitigen Anreise und ortsnahen Unterkunft während der gesamten Dauer der Veranstaltung möglich. Alternative Unterkunftsmöglichkeiten standen angesichts der großen Zahl der Versammlungsteilnehmer in der ländlich geprägten Region um den Austragungsort nicht ausreichend zur Verfügung. Unter derartigen Umständen ist der Aufenthalt in einem der Unterkunft für die Demonstrationsteilnehmer dienenden Camp…dem durch Art. 8 Abs. 1 GG geschützten Vorgang des Sichversammelns zuzurechnen.

II. Der Aufklärungsflug müsste einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit der K bewirkt haben. BVerwG [31-35]:

1. Zwar liegen die Voraussetzungen eines finalen Eingriffs [auch: klassischer, unmittelbarer Eingriff] in die Versammlungsfreiheit nicht vor. K wendet sich nicht gegen ein erforderlichenfalls zwangsweise durchsetzbares, staatliches Ge- oder Verbot mit dem Ziel, die Versammlungsteilnahme zu verhindern, zu beschränken oder zu erschweren.

2. Nach der Rspr. des BVerfG ist der Grundrechtsschutz nicht auf Eingriffe im herkömmlichen Sinne begrenzt, sondern auf faktische und mittelbare Beeinträchtigungen ausgedehnt worden. Entscheidend ist, ob sich die Maßnahme nach der Zielsetzung und ihren Wirkungen als Ersatz für eine staatliche Maßnahme darstellt, die als Grundrechtseingriff im herkömmlichen Sinne zu qualifizieren ist (BVerfGE 105, 279, 303). Anschließend bringt das BVerwG Beispiele für faktische Eingriffe und fasst die Rspr. des BVerfG zu der hier einschlägigen Fallgruppe wie folgt zusammen: Ein faktischer Eingriff in die Versammlungsfreiheit ist anzunehmen, wenn die staatliche Maßnahme einschüchternd oder abschreckend wirken kann bzw. geeignet ist, die freie Willensbildung und die Entschließungsfreiheit derjenigen Personen zu beeinflussen, die sich versammlungsspezifisch betätigen (folgen weitere Nachw.; zu den Voraussetzungen für einen faktischen Eingriff auch Sachs JuS 2018, 596/7 in einer Besprechung dieses Falles).

3. Während im Originalfall das BerGer. das Vorliegen dieser Voraussetzungen verneint und die Klage abgewiesen hatte, werden sie vom BVerwG bejaht. Das BVerwG verweist zunächst auf die extreme Lärmentwicklung und führt weiter aus [36-39]: Das Erscheinungsbild eines tief fliegenden, sich mit hoher Geschwindigkeit nähernden Kampfflugzeugs ist aus der Sicht eines durchschnittlichen Betroffenen bereits für sich genommen angsteinflößend. Als besonders erschreckend stellt sich der von einem derartigen Betrieb schwersten militärischen Luftfahrtgeräts ausgehende Eindruck dar, wenn er - wie hier - ohne Ankündigung und gleichsam „aus heiterem Himmel" erfolgt… Ein durchschnittlicher Betroffener, der sich im zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit den bevorstehenden Demonstrationen gegen den G8-Gipfel plötzlich dem Tiefflug eines Kampfflugzeugs der Bundeswehr ausgesetzt sah, konnte dieses Geschehen berechtigterweise als staatliche Aufforderung deuten, den Demonstrationen fernzubleiben. Eine derartige Zurschaustellung schwersten militärischen Gerätes in einer angespannten Sicherheitslage kann typischerweise Ängste oder Abwehrreflexe auslösen, die geeignet sind, hiervon Betroffene zum Verzicht auf die Teilnahme an den geplanten Veranstaltungen…zu bewegen. (Zustimmend Roggan NJW 2018, 723: Überflug als „Scheinangriff“ wahrnehmbar.) Somit lag in dem Überflug ein Eingriff in die Versammlungsfreiheit der K. - Sachs JuS 2018, 597 hält auch für möglich, dass das Persönlichkeitsrecht und die körperliche Unversehrtheit betroffen sind, und verweist in Fn. 7 zu Grundrechtseinwirkungen durch Einschüchterung auf Zanger, Freiheit vor Furcht, 2017.

III. Für eine Verletzung des Art. 8 GG darf der Eingriff nicht gerechtfertigt sein. Das wäre der Fall, wenn der Einsatz des Bundeswehr-Jets gegen Art. 87 a II GG verstoßen würde. Danach darf die Bundeswehr außer zur Verteidigung nur eingesetzt werden, soweit das GG es ausdrücklich zulässt. Die Fälle ausdrücklicher Zulassung werden von BVerwG [43] aufgeführt; Aufklärungsflüge über einem Demonstrationscamp fallen nicht darunter. Die Anwendung des Art. 87 a II GG hängt also davon ab, ob es sich um einen Einsatz handelt. BVerwG [44-46] Ein Einsatz im Sinne des Art. 87 a Abs. 2 GG liegt vor, wenn die Ressourcen der Streitkräfte als Mittel der vollziehenden Gewalt in einem Eingriffszusammenhang verwendet werden (BVerfGE 133, 241 Rn. 80; 132, 1 Rn. 50). Maßnahmen, die sich auf eine rein technisch-unterstützende Funktion beschränken, verbleiben im Rahmen der in Art. 35 Abs. 1 GG geregelten Ermächtigung zur Amtshilfe… Hiervon ausgehend sind die Aufklärungsflüge…durch die Bundeswehr als bloße Unterstützungsleistung für die zuständige Landespolizeibehörde zu qualifizieren, die nicht den Anforderungen des Art. 87 a Abs. 2 GG unterliegt (….). Dies gilt auch in Bezug auf den hier in Rede stehenden Überflug über das Camp Reddelich am 5. Juni… Unabhängig von der einschüchternden Wirkung, die der Tiefflug des Kampfflugzeugs im Kontext mit den bevorstehenden Demonstrationen entfaltet hat und die die Qualifizierung als Grundrechtseingriff rechtfertigt, war die Grenze von der bloßen Unterstützungsleistung zu einem nach Art. 87 a Abs. 2 GG unzulässigen Einsatz der Streitkräfte im Innern noch nicht überschritten.

IV. Eine Rechtfertigung des Eingriffs könnte sich über den Gesetzesvorbehalt des Art. 8 II GG ergeben.

1. Sowohl die am nächsten Tag beabsichtigte Kundgebung als auch das kraft Vorwirkung geschützte Camp waren Vorgänge unter freiem Himmel. Sie konnten deshalb aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden.

2. Nach § 19 a i. V. mit § 12 a des im Lande L fortgeltenden Bundes-VersG (vgl. Art. 125 a I 1 GG) darf die Polizei Bild- und Tonaufnahmen von Teilnehmern bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen anfertigen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass von ihnen erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen. Wegen der Formulierung „im Zusammenhang mit“ könnte die Vorschrift auch Aufnahmen im Vorfeld einer Versammlung gestatten. BVerwG [15] Diese versammlungsrechtliche Eingriffsermächtigung erfasst jedoch nur die zielgerichtete Erhebung personenbezogener Daten. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Denn bei dem Überflug des Tornado-Kampfflugzeugs am 5. Juni über das Camp Reddelich wurden lediglich Übersichtsaufnahmen angefertigt, auf denen insbesondere auch K mangels ausreichender Tiefenschärfe bzw. Auflösung nicht erkennbar war…

3. Ermächtigungsgrundlage für den Eingriff könnte die polizeirechtliche Generalklausel des § 8 PolG sein.

a) Allerdings ist das VersG grundsätzlich abschließend und hat gegenüber dem PolG Sperrwirkung. Es sieht aber - abgesehen von § 12 a, oben 2. - Maßnahmen nur während einer Versammlung vor und keine im Vorfeld einer solchen. BVerwG [16] Einer Anwendung des PolG stehen die Vorschriften des Versammlungsgesetzes nicht entgegen, da dieses Gesetz insbesondere für polizeiliche Befugnisse im Vorfeld von Versammlungen keine abschließenden Regelungen für die Abwehr aller möglicherweise auftretenden Gefahren enthält (BVerwGE 129, 142 Rn. 30). § 8 PolG ist somit anwendbar. Dem gebotenen Schutz des Art. 8 GG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung Rechnung zu tragen.

b) Voraussetzung für § 8 PolG ist eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung.

aa) Jedoch ergibt der Sachverhalt nicht, dass im Camp Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung verletzt wurden oder bedroht waren. Dass es Anfang Juni an einem anderen Ort zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen war, begründet keine vom Camp Reddelich am Vormittag des 5. 6. ausgehende Gefahr. Auch macht die Polizei nicht geltend, dass im Camp Waffendepots vorhanden waren oder es Mittel für Eingriffe in das Straßennetz gab; insoweit bestand nur ein Verdacht (dazu noch bb). BVerwG [46] Ebenso wie die Aufklärungsflüge an den vorangegangenen Tagen diente auch dieser Flug lediglich der weiteren Aufklärung der Sachlage und nicht der Abwehr einer konkreten Gefahr.


bb) Hat sich bei nachträglicher (Ex- post-) Betrachtung ergeben, dass objektiv keine Gefahr bestand, wurde aber bei Erlass der Maßnahme (bei einer Ex-ante-Betrachtung) ein Einschreiten für erforderlich gehalten, können die Rechtsinstitute der Anscheinsgefahr oder des Gefahrenverdachts eingreifen (vgl. Kugelmann/Alberts JA 2013, 900). Bei einer Anscheinsgefahr ist die Polizei nach einer soweit möglich sorgfältigen Prüfung zu der - allerdings irrigen - Überzeugung gekommen, dass eine Gefahr vorliegt (Beispiel nach Klaß JA 2014, 273: ein Zoologe teilt mit, dass in einem Badesee ein Krokodil herumschwimmt, es war aber ein verirrter Biber). Die Anscheinsgefahr wird der wirklichen Gefahr gleichgestellt, so dass ein Einschreiten aufgrund der Generalklausel zulässig ist (Pils DÖV 2008, 946, Klaß JA 2014, 275). Im vorliegenden Fall bestand ein Gefahrenverdacht (dazu Poscher/Rusteberg JuS 2011, 988; OVG Hamburg NVwZ-RR 2009, 880; ausführlich, allerdings ablehnend Schenke JuS 2018, 505 ff., 508 ff., 516). BVerwG [16] Ein Fall des Gefahrenverdachts konnte hier im Hinblick auf die Feststellung, dass es bereits im Vorfeld zu zahlreichen, auch gewalttätigen Aktionen von Gegnern des G8-Gipfeltreffens gekommen war, angenommen werden. Die zuständige Polizeibehörde hatte den Sachverhalt daher gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 VwVfG soweit von Amts wegen zu ermitteln, dass sie sich über das tatsächliche Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Gefahr eine eigene Überzeugung bilden konnte.

Maßnahmen aufgrund eines Gefahrenverdachts können auf die Generalklausel gestützt werden (vgl. Pils DÖV 2008, 947). BVerwG [16] Die Befugnis der Polizei umfasst auch Eingriffsmaßnahmen zur Klärung einer Gefahrensituation, wenn die Polizei aufgrund objektiver Umstände das Vorliegen einer Gefahr zwar für möglich, aber nicht für sicher hält (vgl. Denninger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, D Polizeiaufgaben Rn. 48; Götz, Allg. POR, 15. Aufl. 2013, § 6 Rn. 29 f.).

c) Ein Gefahrenverdacht berechtigt zu Gefahrerforschungsmaßnahmen (vgl. die Nachw. bei Meyer JA 2017, 1269 Fn. 70). Der Aufklärungsflug war eine Gefahrerforschungsmaßnahme, die somit nach § 8 PolG grundsätzlich zulässig war.

4. BVerwG [48] Zwar konnte der zur Anfertigung von Luftbildern durchgeführte Überflug als Gefahrerforschungsmaßnahme grundsätzlich auf die in § 8 PolG enthaltene polizeiliche Generalklausel gestützt werden. Bei der Auslegung und Anwendung versammlungsbeschränkender Gesetze im Sinne des Art. 8 Abs. 2 GG muss jedoch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit strikt beachtet werden. Eingriffe…bedürfen eines legitimen Zwecks und müssen zur Erreichung dieses Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen sein.

a) Der Aufklärungsflug diente dem legitimen Zweck, der Polizei Informationen für eventuell notwendig werdende Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu verschaffen, und war hierfür, wie die an die Polizei übermittelten 19 Aufnahmen zeigen, auch geeignet.

b) Dass aber der Einsatz eines Kampfflugzeugs dafür notwendig war, ergibt sich aus dem Sachverhalt nicht. Das Argument des Landes, der Einsatz des Flugzeugs sei das effektivste Mittel gewesen, reicht nicht aus, wenn ein milderes Mittel den verfolgten Zweck ebenfalls erreicht hätte. K macht geltend, die erstrebten Informationen hätte sich die Polizei auf weniger eingreifende Weise, etwa durch eine Durchsuchung des Camps, durch Hubschrauber- oder Drohneneinsatz beschaffen können; das ist plausibel und nicht widerlegt. Offenbar hat die Polizei nicht einmal - wie es das seit BVerfGE 69, 315 im Versammlungsrecht geltende Kooperationsgebot verlangt - mit den Veranstaltern des Camps Kontakt aufgenommen und ihnen ihr Informationsbegehren vorgetragen. Zum Nachteil der Polizei darf auch berücksichtigt werden, dass bei dem Tornado-Einsatz zumindest der Anschein einer taktischen Machtdemonstration („show of force“) erweckt wurde, für die aber kein Grund bestand. Folglich war der Einsatz eines für Kriegseinsätze bestimmten und ausgerüsteten Tornado-Jets zur Anfertigung von Übersichtsaufnahmen des Camps nicht notwendig.

c) Er war auch nicht angemessen. Zwar bestand aufgrund der Zusammenstöße an einem anderen Ort eine gesteigerte Gefahrenlage. Jedoch war nicht festgestellt, dass dort Waffen eingesetzt worden wären, so dass das Ziel, Waffendepots zu erkennen, kein großes Gewicht hatte. Konkrete Hinweise auf Waffendepots im Camp gab es offenbar nicht. Die Polizei musste ohnehin vor der Durchführung der Demonstration vor Ort bewaffneten Demonstranten die Beteiligung verwehren. Dass Manipulationen an Straßen durch Übersichtsaufnahmen des Camps zu erkennen gewesen wären, ist nicht ersichtlich. Der mit dem Aufklärungsflug zu erzielende Erkenntnisgewinn hatte also kein großes Gewicht. Andererseits ist, wie das BVerwG ausgeführt hat (oben B II 3), der Einsatz schwersten militärischen Luftfahrtgeräts angsteinflößend, erschreckend und abschreckend und damit ein schwerwiegender Eingriff, der zudem mehrere Tausend Menschen betraf. Dass der Einsatz nur wenige Sekunden dauerte, mindert dessen Wirkung nur wenig. BVerwG [38] Auch bei nur kurzzeitigen Maßnahmen kann die Einwirkung auf die Willensbildung der potenziellen Versammlungsteilnehmer so intensiv sein, dass im Ergebnis eine zumindest ebenso relevante Einschüchterungs- oder Abschreckungswirkung eintritt. Gerade ein überraschend wahrgenommener visueller oder akustischer Reiz ist typischerweise in besonderem Maße geeignet, als potentiell bedrohlich wahrgenommen zu werden… Der mit dem Flug erzielte Nutzen ist also zu gering, um die schwerwiegenden Belastungen und Nachteile zu rechtfertigen.

Folglich war der Einsatz des Bundeswehr-Flugzeugs für Luftaufnahmen des Demonstranten-Camps Reddelich unverhältnismäßig. Der darin liegende Eingriff in die Versammlungsfreiheit der K war nicht gerechtfertigt. Art. 8 GG wurde verletzt.

V. K könnte durch die Luftaufnahmen, ihre Weitergabe und Auswertung in ihrem Grundecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 I i. V. mit Art. 1 I GG) verletzt sein. Hierfür Voraussetzung ist ein Eingriff in ihre personenbezogenen Daten. Dieser wird von BVerwG [21] verneint, weil keine personenbezogenen Daten der K erfasst worden sind und eine Personenidentifizierung auch mit technischen Hilfsmitteln nicht möglich ist. Danach ist die informationelle Selbstbestimmung der K nicht verletzt. (Insoweit a. M. Roggan NJW 2018, 723 unter 2.)

Ergebnis: Die Feststellungsklage der K hat wegen der Verletzung des Art. 8 GG Erfolg.

Zum Originalfall: Dort waren, weil das OVG bereits einen Eingriff in Art. 8 abgelehnt hatte, die für die Überlegungen B IV 4 b, c notwendigen Tatsachen nicht festgestellt worden. Das BVerwG hat das Verfahren deshalb an das OVG Greifswald zurückverwiesen.


Zusammenfassung