Bearbeiter: Prof. Dieter Schmalz

Kommunale Steuer. Landes- und Kommunalkompetenz für Steuererhebung nach Art. 105 Abs. 2a GG. Begriff der Aufwandsteuer; Einkommensverwendung oder Einkommenserzielung. Gleichartigkeit einer Aufwandsteuer mit der Umsatzsteuer. Teilnichtigkeit oder Gesamtnichtigkeit einer Satzung. Art. 3 I GG bei Steuer; ungerechtfertigte Gleichbehandlung


BVerwG
Urteil vom 11. 7. 2012 (9 CN 1/11) NVwZ 2012, 1407

Fall
(Bettensteuer)

Der Rat der im Land L gelegenen Stadt S hat eine „Satzung über die Erhebung einer Kultur- und Tourismusförderabgabe für Übernachtungen in S“ (KTAS) erlassen. Die Satzung enthält folgende Regelungen:

§ 1 Abgabenerhebung. Die Stadt S erhebt eine Kultur- und Tourismusförderabgabe (nachfolgend Abgabe genannt). Die Verwendung der damit erzielten Einnahmen ist nicht auf die Förderung der Kultur und des Tourismus beschränkt.

§ 2 Abgabengegenstand. Gegenstand der Abgabe ist der Aufwand des Übernachtungsgastes für entgeltliche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben (Hotels, Pensionen, Privatzimmer, Jugendherbergen, Ferienwohnungen, Motels, Campingplätze, Schiffen oder ähnlichen Einrichtungen), in denen Übernachtungen zu vorübergehenden Zwecken angeboten werden.

§ 3 Abgabenmaßstab. Bemessungsgrundlage ist die Übernachtung je volljährigem Übernachtungsgast.

§ 4 Abgabensatz. Die Abgabe beträgt 1,00 Euro je Nacht und Übernachtungsgast. Verbringt ein Übernachtungsgast mehr als 7 zusammenhängende Übernachtungen im selben Beherbergungsbetrieb, sind die weiteren Übernachtungen nicht abgabepflichtig.

§ 5 Abgabenschuldner. Abgabenpflichtig ist der Betreiber des Beherbergungsbetriebes, der dem Übernachtungsgast die entgeltliche Übernachtung gewährt.

Nach § 1 Kommunalabgabengesetz des Landes L dürfen die Gemeinden und Gemeindeverbände Abgaben (Steuern, Gebühren und Beiträge) erheben, soweit sie damit nicht gegen Bundes- oder Landesrecht verstoßen. Nach dem Ausführungsgesetz zur VwGO des Landes L entscheidet das OVG nach Maßgabe des § 47 VwGO über die Gültigkeit einer im Range unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift.

H betreibt in der Stadt S ein Hotel. Er hält die KTAS für kompetenzwidrig und auch für materiell verfassungswidrig. Er hat in zulässiger Weise einen Normenkontrollantrag vor dem OVG gestellt. Ist dieser Antrag begründet ?

Ein Normenkontrollantrag nach § 47 I Nr. 2 VwGO in Verbindung mit dem AG VwGO des Landes L ist begründet, wenn die angegriffene Norm unwirksam ist. Unwirksam ist die Norm, wenn sie ohne die erforderliche Ermächtigungsgrundlage ergangen ist oder wenn sie sonst gegen höherrangiges Recht verstößt.

I. Eine kommunale Satzung über die Erhebung einer Abgabe bedarf als belastende Regelung einer Ermächtigungsgrundlage. Ermächtigungsgrundlage für die KTAS, nach der eine Abgabe erhoben wird, ist § 1 KAG des Landes L. Nach dieser Vorschrift ist die Erhebung der Abgabe aber nicht zulässig, wenn ihre Erhebung gegen Bundesrecht verstößt.

II. Als bundesrechtliche Vorschrift, gegen die bei Erlass der KTAS verstoßen wurde, kommt Art. 105 GG in Betracht. Art. 105 GG verteilt die Gesetzgebungskompetenzen für Steuern – als speziellere Regelung zu Art. 30, 70 ff. GG – auf Bund und Länder. Bundesstaatlich betrachtet gehören die Kommunen zu den Ländern (ergibt sich auch aus Art. 28 GG). Deshalb steht die Normsetzungskompetenz für die Kultur- und Tourismusförderabgabe-Satzung der Stadt S nur zu, wenn Art. 105 GG die Kompetenz den Ländern zuweist. Eine solche Zuweisung könnte sich aus Art. 105 Abs. 2a GG ergeben. Danach haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Das Gebrauchmachen von dieser Befugnis haben die Länder den Kommunen überlassen.

1. Bei der KTAS-Abgabe müsste es sich um eine Steuer handeln. Nach dem auch für das Verfassungsrecht geltenden allgemeinen Steuerbegriff des § 3 I AO sind Steuern Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein.

a) BVerwG [12]: Die Kultur- und Tourismusförderabgabe ist eine Steuer. Denn sie wird von der beklagten Stadt ohne unmittelbare Gegenleistung von allen, auf die der Tatbestand, an den die Satzung die Leistungspflicht knüpft, erhoben und dient der Erzielung von Einkünften…(BVerfGE 98, 106, 123; 49, 343, 353; 65, 325, 344).

b) Eine Steuer muss der Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs dienen und darf nicht wie etwa eine Benutzungsgebühr nur zur Deckung der Kosten einer öffentlichen Einrichtung bestimmt sein. Nach obigem Sachverhalt ergibt sich aus § 1 Satz 2 der Satzung, dass die Verwendung der damit erzielten Einnahmen nicht auf die Förderung der Kultur und des Tourismus beschränkt ist und somit auch für den allgemeinen Finanzbedarf bestimmt ist. In der Realität liegt es so, dass die Städte gerade wegen der Schwierigkeit, ihren allgemeinen Finanzbedarf zu decken, auf die Schaffung einer solchen Abgabe verfallen sind.

(Im Originalfall hatte die Stadt Trier statt des obigen § 1 Satz 2 ausdrücklich bestimmt, dass es sich um eine Steuer handelt. Dazu BVerwG [12]: Die Steuer verstößt auch nicht gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Grundsatz der Normenwahrheit (BVerfGE 108, 1, 20; 18, 277, 366). Zwar mag die Überschrift und die Bezeichnung in § 1 KTAS als Kultur- und Tourismusförderabgabe zunächst den Eindruck erwecken, die Abgabe komme ausschließlich der Kultur- und Tourismusförderung zugute. Jedoch ist der Satzung nicht zu entnehmen, dass die Abgabe nur für diesen Zweck verwendet werden soll, vielmehr wird die Abgabe in § 1 KTAS ausdrücklich als indirekte örtliche Aufwandsteuer bezeichnet. Deshalb wird über den Steuercharakter der Abgabe nicht getäuscht.)

2. Es müsste sich um eine örtliche Verbrauch- oder Aufwandsteuer handeln. Da die Besteuerung Übernachtungen erfasst, die vor Ort stattfinden, handelt es sich um eine örtliche Steuer. Eine Verbrauchsteuer, wie es beispielsweise die Energiesteuer ist, liegt nicht vor. Es könnte sich aber um eine Aufwandsteuer handeln.

a) Zum Begriff und zur Abgrenzung der Aufwandsteuern BVerwG [13, 14]:

aa) Aufwandsteuern zielen auf die in der Vermögens- und Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, welche durch den Gebrauch von Gütern, das Halten eines Gegenstandes oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen vermutet wird. Belastet werden soll lediglich der über die Befriedigung der allgemeinen Lebensführung hinausgehende Aufwand, der Teil des persönlichen Lebensbedarfs und der persönlichen Lebensführung ist, und nur die in diesem Konsum zum Ausdruck kommende besondere Leistungsfähigkeit (BVerfGE 65, 325, 346 f.; NVwZ 1989, 1152; BVerwGE 115, 165, 168). Wird ein Aufwand in diesem Sinne betrieben, kommt es nicht darauf an, von wem und mit welchen Mitteln der Konsum finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient (…). Aufwandsteuern sind beispielsweise die Hundesteuer und die Zweitwohnungssteuer. Wie das Beispiel der Hundesteuer zeigt, braucht es sich bei dem Aufwand nicht um Luxus zu handeln.

bb) Davon zu unterscheiden ist ein Aufwand, der nicht der persönlichen Lebensführung in dem oben genannten Sinne, sondern der Einkommenserzielung dient. Eine Aufwandsteuer ist deshalb von einer Einkommensentstehungssteuer wie etwa der Einkommensteuer zu unterscheiden (BVerfGE 65, 325, 347; …). Aufwandsteuern sollen die als mehr oder weniger aufwändig angesehene Einkommensverwendung erfassen (…). In dieser Absicht des Gesetzgebers liegt das wesentliche Merkmal des Begriffs der Aufwandsteuer. Eine Aufwandsteuer kann nicht für Gegenstände oder Dienstleistungen erhoben werden, die nicht der Einkommensverwendung (privatem Aufwand), sondern allein der Einkommenserzielung dienen (BVerfGE 65, 325, 347, BVerwGE 58, 230, 234 f.…). Die im Begriff der Aufwandsteuer angelegte Abgrenzung der Einkommensverwendung zur Einkommenserzielung erfordert von Verfassungs wegen eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalles (BVerwGE 99, 303, 307).

b) Zur Anwendung auf den vorliegenden Fall BVerwG [15]:

aa)
Der Aufwand für die entgeltliche Übernachtung ist…ein Aufwand, der über die Befriedigung des Grundbedürfnisses nach Wohnraum hinausgeht. Das Grundbedürfnis Wohnen wird in der Regel durch die Nutzung eigenen oder gemieteten Wohnraums gedeckt. Die entgeltliche Übernachtung tritt zu dieser Nutzung hinzu, die ihrerseits nicht aufgegeben wird bzw. nicht aufgegeben werden kann. Entrichtet ein Steuerpflichtiger Entgelt für eine aus privatem Interesse veranlasste Übernachtung, ist dies Ausdruck der Gestaltung der persönlichen Lebensführung, die Leistungsfähigkeit indiziert. Sie ist deshalb der Einkommensverwendung zuzurechnen. Zutreffend geht das OVG auch davon aus, dass die Besteuerbarkeit nicht deshalb entfällt, weil das Übernachten in Hotels heutzutage eine Massenerscheinung ist. Denn für die Leistungsfähigkeit ist lediglich ein über den Grundbedarf hinausgehender Konsum erforderlich. Dieser muss weder besonders kostspielig noch in irgendeiner Form luxuriös sein. Eine entgeltliche Übernachtung gehört - von den Sonderfällen des dauerhaften Wohnens im Hotel abgesehen - nicht zum Grundbedarf des Wohnens und indiziert deshalb Leistungsfähigkeit. Soweit die Steuer nach der KTAS private, insbesondere touristische Übernachtungen erfasst, handelt es sich um eine Steuer auf eine über die Befriedigung der allgemeinen Lebensführung hinausgehende Einkommensverwendung, die Ausdruck einer besonderen Leistungsfähigkeit ist, so dass es sich um eine Aufwandsteuer handelt.

bb) Anders liegt es, soweit Übernachtungen berufsbedingt und somit der Einkommenserzielung zuzurechnen sind. BVerwG [16 – 20]:

(1) Ein Aufwand ist der Einkommenserzielung zuzuordnen und unterfällt damit nicht der Aufwandsteuer, wenn die Übernachtung mit der Berufs- oder Gewerbeausübung oder auch einer freiberuflichen Tätigkeit zwangsläufig verbunden ist. Das ist etwa anzunehmen, wenn die genutzte Wohnung in einer Entfernung vom Arbeitsort liegt, die eine tägliche Rückkehr nicht zumutbar erscheinen lässt oder wenn die Anwesenheit des Steuerpflichtigen an dem vom Wohnort verschiedenen Arbeitsort aus anderen Gründen für seine Tätigkeit unabdingbar ist. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass ohne die entgeltliche Übernachtung die Berufsausübung, gewerbliche Tätigkeit oder freiberufliche Tätigkeit nicht ausgeübt und deshalb Einkommen nicht erwirtschaftet werden könnte. Von einem Teil der Hotelübernachtungen in S ist anzunehmen, dass sie auf Personen entfallen, die aus beruflichen Gründen auswärts übernachten, etwa weil sie Kunden besuchen, an einem Kongress oder einer Messe teilnehmen.

(2) Gegen die Zuordnung der ausschließlich berufsbedingten Übernachtungen zur Einkommenserzielung kann nicht eingewandt werden, eine Übernachtung sei stets der persönlichen Lebensführung zuzurechnen. Soweit in der Rechtsprechung zur Zweitwohnungssteuer auch die aus Erwerbsgründen angemietete Zweitwohnung der Sphäre des privaten Konsums zugerechnet wird, findet dies seine Rechtfertigung darin, dass der Steuerpflichtige einen Aufwand für den persönlichen Lebensbedarf dadurch betreibt, dass er, statt eine Hauptwohnung am Ort der Berufstätigkeit zu nehmen, die bisherige Hauptwohnung beibehält und zusätzlich am Arbeitsort eine Zweitwohnung anmietet (BVerfGE 114, 316, 334; NVwZ 2010, 1022 Rn. 33). In einer vergleichbaren Situation befindet sich der aus beruflichen Gründen zu einer Hotelübernachtung am Arbeitsort gezwungene Erwerbstätige nicht. Er hat nicht die Möglichkeit, durch Kündigung der Hauptwohnung und Verlegung der Hauptwohnung an den Arbeitsort den besonderen Aufwand zu vermeiden und der Steuerpflicht für eine Zweitwohnung zu entgehen.


(3) Die Besteuerung von Übernachtungen, die der Einkommenserzielung dienen, kann auch nicht durch das Recht zur Typisierung und Pauschalierung gerechtfertigt sein. Zwar sind grundsätzlich bei Massengeschäften wie der Erhebung von Steuern im Interesse der Verwaltungspraktikabilität typisierende und generalisierende Regelungen zulässig, die die Besonderheit des Einzelfalles vernachlässigen, soweit für möglichst viele Tatbestände eine angemessene Regelung geschaffen wird (BVerfGE 13, 230, 236; 123, 1, 19). Der Satzungsgeber darf Ungleichbehandlungen in Kauf nehmen, solange davon nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (BVerfGE 17, 1, 23 f.; NJW 2000, 3341, 3342 f.). Diese Voraussetzungen sind schon deshalb nicht erfüllt, weil nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht davon ausgegangen werden kann, dass entgeltliche Übernachtungen typischerweise aus privaten Gründen veranlasst und demgegenüber beruflich erforderliche Übernachtungen nur vernachlässigbare Einzelfälle sind.

Somit fallen Ausgaben für beruflich bedingte Übernachtungen nicht unter den Begriff der Aufwandsteuer. Wenn die KTAS sie gleichwohl nicht ausnimmt, sondern mit erfasst, steht sie nicht in Einklang mit Art. 105 Abs. 2a GG und ist verfassungswidrig.

3. Auch die privaten Übernachtungen dürfen nach Art. 105 Abs. 2a GG nicht besteuert werden, wenn die Steuer einer bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig ist. BVerwG [21]: In Betracht kommt hier nur eine Gleichartigkeit mit der Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer wird nach §§ 1, 15 UStG in der Form der Mehrwertsteuer, bei der ein Vorsteuerabzug erfolgt, erhoben.

a) BVerwG [22]: Das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG verbietet eine Doppelbelastung derselben Steuerquelle (BVerfGE 98,106,124 f.). Damit ist die Regelung finanzausgleichsrechtlicher Natur und kommt nicht ursprünglich aus dem Gedanken einer Begrenzung der Besteuerungsgewalt des Staates gegenüber den Abgabenschuldnern durch ein Verbot der Doppelbesteuerung, wenngleich das Gleichartigkeitsverbot auch den Steuerschuldner vor übermäßiger Belastung desselben Steuerobjekts durch unterschiedliche Steuergläubiger schützt…

b) Für die Prüfung dieser Voraussetzung kann von LS 2 des BVerwG ausgegangen werden. Danach ist eine Steuer auf entgeltliche Übernachtungen nicht mit der Umsatzsteuer gleichartig i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG, wenn sie sich in erheblichen Steuermerkmalen von der Umsatzsteuer unterscheidet und nach einer wertenden Gesamtbetrachtung ein Eingriff in die Steuerkompetenz des Bundes nicht gegeben ist.

c) Zu dieser Prüfung BVerwG [27, 28]:

aa) Die umstrittene Abgabe bemisst sich nach einem an der Anzahl der Übernachtungen orientierten pauschalen Betrag, während die Umsatzsteuer die unternehmerische Leistung im Entgelt besteuert und sich proportional zum Umsatz verhält (…). In § 4 KTAS ist eine zeitliche Begrenzung der Steuerpflicht auf sieben zusammenhängende Übernachtungen vorgesehen, während die Umsatzsteuer zeitlich unbefristet auf jede Übernachtung zu entrichten ist. Die Steuern unterscheiden sich zudem im Kreis der Steuerpflichtigen. Die Kultur- und Tourismusförderabgabe muss nur von volljährigen Gästen entrichtet werden und überdies - aus den oben genannten Gründen - nur von solchen, die Übernachtungen aus nicht zwingend berufsbedingten, also in der Regel aus touristischen Gründen in Anspruch nehmen; dagegen stellt die Umsatzsteuer auf den zu besteuernden Vorgang ungeachtet derartiger persönlicher Verhältnisse ab…. Im Gegensatz zur Allphasen-Netto-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug handelt es sich bei der Kultur- und Tourismusförderabgabe um eine lediglich einphasige Aufwandsteuer.

bb) Die gemessen an der Umsatzsteuer geringe Höhe der Abgabe und die schon durch die Aufwandsteuer strukturell geforderte Beschränkung auf nur einen Teil der entgeltlichen Übernachtungen…zeigen auf, dass die Kultur- und Tourismusförderabgabe…nur einen begrenzten Teil des auch von der Umsatzsteuer erfassten Steuergegenstandes belastet und an das Aufkommen der Umsatzsteuer bei Weitem nicht heranreicht. Deshalb kann von einem Eingriff in die Steuerkompetenz des Bundes durch eine unzulässige Gemeindeumsatzsteuer nicht die Rede sein (so auch Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand: Januar 2012, Art. 105 Rn. 60).


Somit ist die Kultur- und Tourismusförderabgabe nicht einer bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig. Eine Anwendung auf private Übernachtungen verstößt nicht gegen Art. 105 Abs. 2a GG.

4. Im vorliegenden Fall könnte aber die Erfassung privater Übernachtungen deshalb unwirksam sein, weil die Unwirksamkeit der Erfassung der beruflich bedingten Übernachtungen sich auch auf die privaten Übernachtungen erstreckt.

a) Die Erfassung privater und beruflicher Übernachtungen sind Teile einer Satzung. Davon ist der Teil, der berufsbedingte Übernachtungen erfasst, unwirksam. BVerwG [30]: Voraussetzung für die Teilbarkeit einer Satzung ist, dass die ohne den nichtigen Teil bestehende Restregelung sinnvoll bleibt (§ 139 BGB analog) und darüber hinaus mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne den zur Unwirksamkeit führenden Teil erlassen worden wäre (… BVerwGE 82, 225, 230…).

b) Im vorliegenden Fall bliebe bei einer Teil-Nichtigerklärung der Satzung… offen, wie die beruflich erforderlichen Übernachtungen von den privaten Übernachtungen zu unterscheiden wären. Die Satzung enthält insoweit keinerlei Regelung, so dass für die Antragsgegnerin, die Übernachtungsgäste als Steuerpflichtige und die Beherbergungsbetriebe als Steuerschuldner eine selbst für einen Übergangszeitraum bis zum Erlass entsprechender ergänzender Regelungen nicht hinnehmbare Situation der Ungewissheit entstünde. Steuerrechtliche Regelungen müssen für die Betroffenen hinreichend bestimmt und voraussehbar sein (…BVerfGE 108, 186, 235). Zudem muss das Verfahrensrecht so ausgestaltet sein, dass es die gleichmäßige Umsetzung der steuerlichen Belastung - ohne unverhältnismäßige Mitwirkungsbeiträge der Steuerpflichtigen oder übermäßigen Ermittlungsaufwand der Behörde - in der regulären Besteuerungspraxis gewährleistet (BVerfGE 110, 94, 14 f.). Es ist Sache der Antragsgegnerin [= der Stadt S] zu entscheiden, ob sie ein solches Verfahren einführt und wie sie es ausgestaltet (etwa durch von den Übernachtungsgästen vorzulegende Arbeitgeberbescheinigungen über das berufliche Erfordernis der jeweiligen Übernachtungen oder dergleichen, wie in manchen anderen Städten praktiziert)…

Somit scheidet eine bloße Teil-Unwirksamkeit aus. Wegen des Verstoßes gegen Art. 105 Abs. 2a GG ist die Satzung insgesamt unwirksam.

5. Die KTAS könnte außerdem gegen den Gleicheitssatz des Art. 3 I GG verstoßen.

a) Nach seinem Wortlaut und seiner primären Zielsetzung verlangt Art. 3 I eine Gleichbehandlung und untersagt eine unberechtigte Ungleichbehandlung.

aa) BVerwG [33] geht im vorliegenden Fall von einer Ungleichbehandlung aus und begründet das damit, dass mit einem pauschalen Steuerbetrag Übernachtungen mit einem geringen Entgelt wesentlich stärker belastet werden als teurere Übernachtungen.

bb) Art. 3 I verbietet auch eine ungerechtfertigte Gleichbehandlung, was in der vielfach verwendeten Formel zum Ausdruck kommt, wonach der Normgeber gehalten ist, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfGE 112, 268, 279; ferner BVerfGE 13, 53; 98. 348). Im vorliegenden Fall liegt näher, in der einheitlichen Besteuerung aller Übernachtungen mit 1 Euro durch § 4 KTAS eine Gleichbehandlung zu sehen.

b) Für die Rechtfertigung eimer Ungleich- oder Gleichbehandlung gelten im Steuerecht speziellere Grundsätze. Im Ausgangspunkt wird dem Gesetz- oder Normgeber sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Höhe der Steuer ein weitreichender Entscheidungsspielraum eingeräumt (BVerwG [33] unter Hinweis auf BVerfGE 120, 1, 44 ff.; 123, 1, 18 f.). Dieser wird begrenzt durch die Ausrichtung der Steuerlast an den Prinzipien der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit (BVerfG NJW 2007, 573 [94]; BVerfGE 105, 73, 125; 107, 27, 46 f). Im Fall der Kultur- und Tourismusförderabgabe von 1 Euro pro Übernachtung ergeben sich daraus aber keine Argumente für oder gegen eine Ungleich- bzw. Gleichbehandlung. Es sind deshalb die allgemeinen Grundsätze zur Anwendung des Art. 3 I heranzuziehen.

aa) Allerdings hat das BVerwG in seinem Urteil Art. 3 I GG nicht mehr geprüft, weil es für das Ergebnis, dass die Satzung unwirksam war, nicht mehr darauf ankam. Es hat der beklagten Stadt aber folgende Hinweise gegeben, [33, 34]: § 4 KTAS sieht eine einheitliche Besteuerung in Höhe von 1 Euro für jegliche Übernachtung vor. Insoweit wird die Antragsgegnerin für den Fall, dass sie eine neue Satzung erlassen will, zu überprüfen haben, ob ein einheitlicher Steuersatz dem Grundsatz der Besteuerungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG genügen kann… Da es sich bei der Erhebung von Steuern um ein Massengeschäft handelt, sind typisierende und generalisierende Regelungen grundsätzlich zulässig, solange die steuerlichen Vorteile der Typisierung in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihr notwendig verbundenen Nachteil stehen. Vor diesem Hintergrund dürfte ein - allerdings gegebenenfalls gestaffelter - Pauschalbetrag dem Gebot der Besteuerungsgleichheit entsprechen und den bei einer Aufwandsteuer zu fordernden hinreichenden Bezug zum Aufwand für die Übernachtung wahren (…). Auch ein zum Übernachtungspreis proportionaler Steuermaßstab wäre nicht von vornherein ausgeschlossen. Eine so ausgestaltete Abgabe wäre mit dem Grundsatz der Besteuerungsgleichheit noch besser vereinbar, hielte allerdings aus den oben genannten Gründen der Überprüfung insgesamt nur stand, wenn sie - trotz des Ausfalls des betreffenden Unterscheidungskriteriums zur Umsatzsteuer - einen in der Gesamtschau dem Gleichartigkeitsverbot (noch) genügenden Abstand zu dieser Steuerart wahrte. Ob das BVerwG die KTAS-Steuer in der derzeitigen Form als mit Art. 3 I GG vereinbar oder unvereinbar hält, lässt sich diesen Ausführungen nicht entnehmen.

bb) Geht man, wie oben a bb) vorgeschlagen, von einer Gleichbehandlung aus, verstößt diese nur gegen Art. 3 I, wenn „die tatsächliche Ungleichheit so groß ist, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht unberücksichtigt bleiben darf“ (BVerfGE 98, 365, 385; ebenso BVerwGE 110, 265, 272). Es müssen also ganz wesentliche, nahezu zwingende Unterschiede bestehen. Im vorliegenden Fall ergibt sich ein Unterschied zwischen verschiedenen Fallgruppen aus den unterschiedlichen Kosten für eine Hotelübernachtung und damit aus einem unterschiedlichen Aufwand. Bei der Frage, ob dieser Unterschied im Hinblick auf die als Kultur- und Tourismusförderabgabe bezeichnete Steuer so zwingend ist, dass er einem einheitlichen Steuersatz von 1 Euro entgegensteht, ist zu bedenken, dass die Stadt S die Einnahmen, die sie insgesamt mit dieser Steuer erzielen will, offensichtlich in einer bestimmten Höhe halten will, was ein berechtigtes Anliegen ist. Auf dieser Grundlage käme ein unterschiedlicher Steuersatz in Betracht, der etwa zwischen 0,50 für eine preiswerte Übernachtung bis zu einem Zimmerpreis von 50 Euro und 1,50 Euro für einen Zimmerpreis von 150 Euro liegen könnte. In den meisten Fällen läge der Zimmerpreis dazwischen und würde zu einer Steuer in Höhe des derzeit einheitlichen Satzes von 1 Euro führen. In absoluten Beträgen würde es sich also einerseits um eher geringe Differenzen mit einem entsprechend geringen Gerechtigkeitsgewinn handeln, während andererseits der Vereinfachungsvorteil bei einem Einheitsbetrag erheblich ist. Das lässt den Schluss zu, dass eine Differenzierung nicht zwingend ist, sondern dass trotz der Preisunterschiede bei den Übernachtungen ein einheitlicher Satz gewählt werden darf. Folglich liegt keine verfassungswidrige Gleichbehandlung vor. Art. 3 I GG wird durch die KTAS nicht verletzt.

6. Es bleibt bei der Unwirksamkeit der Satzung wegen Unvereinbarkeit mit Art. 105 Abs. 2a GG. Der Antrag des H ist begründet.


Zusammenfassung