Bearbeiter: RA Prof. Dieter Schmalz

Problem der Erledigung des nach § 42 I VwGO erforderlichen VA, insbesondere Erledigung einer Grundverfügung nach Durchführung der Vollstreckung. Ordnungs- und Umweltrecht: Gefahr für die öffentliche Sicherheit; Zustandsstörer; Verantwortlichkeit für Abfall. Verwaltungsvollstreckung durch Ersatzvornahme; Rechtmäßigkeit eines auf Kostenersatz gerichteten Leistungsbescheids

OVG Münster Urteil vom 13. 6. 2006 (13 A 632/04) NWVBl 2007, 26

Fall (Tierkörperteile im Walde)

E ist Eigentümer eines in der zum Lande L gehörenden Gemeinde G gelegenen größeren Waldgeländes. Dort hatten unbekannte Personen in Plastik verpackte Teile toter Tiere abgelegt, u. a. Reste eines Klauentieres und Hühnerreste, insgesamt etwa 10 Kilo. Die Plastiksäcke waren teilweise von Wildtieren aufgerissen. E teilte dies am 5. 3. der für sein Grundstück zuständigen gemeindlichen Ordnungsbehörde B mit. Bereits am 7. 3. erhielt E eine Ordnungsverfügung der B vom selben Tage. Darin wurde ihm aufgegeben, den Fund sofort der für die Gemeinde zuständigen Tierkörperbeseitigungsanstalt T zu melden und die kostenpflichtige Abholung zu veranlassen. Er wurde aufgefordert, unverzüglich die Tierkörperreste bis zur Abholung getrennt von sonstigen Abfällen und so zu verwahren, dass Menschen nicht unbefugt und Tiere mit ihnen nicht in Berührung kommen. Für sämtliche Teile der Verfügung wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (und dies formell ordnungsgemäß begründet). Für den Fall der Nichtbefolgung wurde die Ersatzvornahme bezüglich der Meldung an T durch Selbstvornahme, im übrigen durch Vergabe an eine Fachfirma angedroht. Begründet wurde die Verfügung u. a. mit der Verweisung auf das Tierkörperbeseitigungsgesetz (TierKBG; BGBl I 2001, 523). Nach dessen § 9 sind fremde oder herrenlose Körper von toten Hunden, Katzen und anderen Tieren, wenn sie auf einem Grundstück anfallen, von dem Grundstückseigentümer dem Träger der Tierkörperbeseitigung zu melden. Nach § 10 hat der Träger der Tierkörperbeseitigung die Tierkörper und Tierkörperteile unverzüglich abzuholen. Nach § 13 sind die Tierkörper und -teile bis zur Abholung getrennt von Abfällen so zu verwahren, dass Menschen nicht unbefugt und Tiere nicht mit ihnen in Berührung kommen können. Sie sind vor Witterungseinflüssen zu schützen.

E verweigerte die Befolgung, weil er sich nicht für verpflichtet hielt, sich um die Tierreste anderer Leute zu kümmern. Daraufhin setzte B die Ersatzvornahme fest und übertrug ihre Ausführung dem Stadtreinigungsbetrieb der benachbarten Stadt S. Dieser sammelte die Säcke ein und brachte sie zu T, wo sie entsorgt wurden. Für das Einsammeln und den Transport der Säcke berechnete die Stadt S der B 120 Euro. Diesen Betrag macht B gegenüber E durch Leistungsbescheid vom 12. 3. geltend. E erscheint am 15. 3. bei Rechtsanwalt R und bittet um Beratung, ob er sich mit Erfolg „gegen die Rechnung über 120 Euro“ zur Wehr setzen könne. Welche Überlegungen sind anzustellen ?

Hinweis zur Bearbeitung: Im Lande L ist das Widerspruchsverfahren gegen Ordnungsverfügungen abgeschafft. (Es handelt sich um einen Fall aus NRW, wo das Widerspruchsverfahren, von einigen Ausnahmen abgesehen, entsprechend der Ermächtigung in § 68 I 2 VwGO durch § 6 AG VwGO NRW zum 1. 11. 2007 abgeschafft wurde und diese Rechtslage bei diesem Fall zugrunde gelegt wird. In einem Bundesland, in dem die Vorschriften über das Widerspruchsverfahren noch gelten, muss zunächst Widerspruch eingelegt werden; wird dieser zurückgewesen, läuft der Fall ebenso wie im folgenden dargestellt.)

A. Da ein Widerspruchsverfahren im Lande L nicht mehr vorgesehen ist, kommt sogleich eine verwaltungsgerichtliche Klage in Betracht. Diese müsste zulässig sein.

I. Die Bescheide vom 7. 3. und 12. 3. sind auf das TierKBG gestützt, ferner auch auf das allgemeine Ordnungsrecht und das Verwaltungsvollstreckungsgesetz. Sämtliche dieser Gesetze gehören zum öffentlichen Recht (Verwaltungsrecht) und führen deshalb zu einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit i. S. des § 40 I VwGO. Der Verwaltungsrechtsweg ist zulässig.

II. Der Klageart nach könnte es sich um eine Anfechtungsklage (§ 42 I VwGO) handeln.

Hierfür reicht nicht aus festzustellen, dass „ein VA“ ergangen ist; vielmehr muss festgestellt werden, welche Maßnahmen den Begriff des VA erfüllen und welchen Regelungsinhalt sie haben. Jede Maßnahme, die ein VA ist, muss für sich auf ihre Zulässigkeit und Begründetheit je nach Regelungsinhalt geprüft werden (unbeschadet des Umstands, dass eine Klageverbindung nach § 44 VwGO möglich ist; diese ist nur prozessualer Art und ändert nichts daran, dass jeder VA zunächst einmal für sich zu prüfen ist). Im vorliegenden Fall kommen mehrere Maßnahmen in Betracht, die nachfolgend zu erörtern sind.

1. Durch Satz 1 desjenigen Textes im Sachverhalt, der den Inhalt der Verfügung vom 7. 3. wiedergibt, wird E zunächst aufgegeben, den Fund an T zu melden.

a) Dieser Satz bedeutet ein einen Einzelfall regelndes Gebot i. S. des § 35, 1 VwVfG und ist deshalb ein Verwaltungsakt.

b) Das Gebot hat sich aber dadurch erledigt, dass inzwischen die T nicht nur von den Tierkörperteilen erfahren, sondern diese auch in Besitz genommen und entsorgt hat.

c) Damit ist auch die darauf bezogene Androhung der Ersatzvornahme erledigt.

d) Für einen statt dessen analog § 113 I 4 VwGO zu stellenden Fortsetzungsfeststellungsantrag fehlt es an einem Feststellungsinteresse. Es ist kein Interesse des E ersichtlich, das eine Feststellung über die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Pflicht des E zur Meldung an die T als erforderlich oder wenigstens als zweckmäßig erscheinen lässt. Sämtliche für E noch bedeutsamen Fragen können im Rahmen der folgenden Maßnahmen geklärt werden.

Ergebnis zu 1: Wegen des Gebots zur Meldung des Fundes sind keine gerichtlichen Schritte zulässig und auch nicht erforderlich.

2. In demselben oben 1. behandelten Satz des Sachverhalts bzw. der Verfügung wird E außerdem aufgegeben, die Abholung durch T zu veranlassen.

a) Auch hierbei handelt es sich um ein Gebot zu einem Verhalten im Einzelfall und damit um einen VA i. S. des § 35, 1 VwVfG.

b) Dieses Gebot könnte erledigt sein.

aa) Soweit durch dieses Gebot ein Handeln des E verlangt wird, ist dieses dadurch erledigt, dass der Stadtreinigungsbetrieb der Stadt S die Säcke eingesammelt und der T zur Entsorgung übergeben hat. Denn danach ist es nicht mehr sinnvoll, dass E der T einen Auftrag zur Abholung erteilt. Nach herrschender Rechtsprechung ist eine Erledigung aber nicht eingetreten, wenn der VA als Grundverfügung noch Rechtsgrund für die Abwicklung der Kostenfrage ist. So OVG Koblenz NVwZ 1997, 1009; OVG Münster NWVBl 2003, 386 und im vorliegenden Fall in LS 1: Eine Ordnungsverfügung nebst Androhung und nachfolgender Festsetzung erledigt sich nicht mit der Durchführung der Ersatzvornahme, solange die Heranziehung des Pflichtigen zu den Kosten der Ersatzvornahme im Streit ist.

bb) Im vorliegenden Fall könnte noch die Heranziehung des E zu den Kosten im Streit sein. Im Streit sind die im Leistungsbescheid vom 12. 3. geltend gemachten Kosten. Darin sind sicherlich die Kosten für das Einsammeln und den Transport enthalten. Sie sind aber keine Folge davon, dass E die T nicht aufgefordert hat. Jedoch ist davon auszugehen, dass der Stadtreinigungsbetrieb der Stadt S mit der T wegen des Umgangs mit den Tierteilen verhandelt hat und dass auch dadurch ein Teil seiner Kosten entstanden ist. Offenbar hat die Stadt S der Gemeinde G Kosten für die gesamte Arbeit des Stadtreinigungsbetriebs berechnet, so dass darin auch Kosten für die Beauftragung der T enthalten sind. Dieser Teil der Verfügung ist somit nicht erledigt.

c) Erledigt ist aber die auf diesen Teil der Verfügung bezogene Androhung der Ersatzvornahme, weil diese sich nur auf das Handlungsgebot bezog und dieses nicht mehr fortgilt.

Also ist nur ein Anfechtungsantrag auf Aufhebung der hier unter 2. behandelten Grundverfügung zu stellen.

3. Der in dem unter 1. und 2. behandelten Teil der Verfügung enthaltene Hinweis „zur kostenpflichtigen…“ ist (so OVG Münster S. 27) keine selbstständige Regelung etwa in dem Sinne, dass dem Kläger eine besondere Kostentragungspflicht auferlegt werden soll. Vielmehr soll er dem Kläger deutlich machen, dass er den Auftrag zur Abholung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu erteilen und für die Kosten aufzukommen habe. Ob E diese Kosten gegenüber der T zu tragen hat, ergibt sich aus dem Verhältnis T - E und ist nicht Gegenstand dieses Falles (dazu folgt aber noch ein Hinweis am Ende der Fallbearbeitung).

4. Durch Satz 2 des im Sachverhalt den Inhalt der Verfügung vom 7. 3. wiedergebenden Textes wird E aufgefordert, den Fund in bestimmter Weise aufzubewahren.

a) Auch diese Maßnahme enthält ein Gebot im Einzelfall und damit einen VA.

b) Sie ist nicht erledigt, weil sie noch Grundlage für die Kostenforderung des Bescheids vom 12. 3. ist.

c) Erledigt ist aber die sich darauf beziehende Androhung der Ersatzvornahme, weil die Maßnahme inzwischen durchgeführt wurde.

Somit ist ein Anfechtungsantrag auf Aufhebung dieses Teils der Verfügung vom 7. 3. zu stellen.

5. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist kein anfechtbarer VA, sondern kann allenfalls zu einem Antrag nach § 80 V VwGO (Vollzugsaussetzung) führen, für den es hier aber keinen Grund gibt, weil die Verfügung bereits vollzogen ist.

6. Schließlich ist der Leistungsbescheid vom 12. 3. ein VA, gegen den ein Anfechtungsantrag zu richten ist.

Ergebnis zu II: Es sind Anfechtungsanträge gegen die unter 2, 4 und 6 behandelten Maßnahmen statthaft.

III. Die Klagefrist beträgt nach § 74 I 2 VwGO einen Monat nach Bekanntgabe des VA. Die Bescheide sind dem E am 7. 3. und frühestens am 12. 3. bekannt gegeben worden, so dass die Monatsfrist am 15. 3. noch nicht abgelaufen ist.

IV. Weitere Bedenken gegen die Zulässigkeit dieser Anträge bestehen nicht. E hat die Klagebefugnis gemäß § 42 II VwGO, weil er geltend machen kann, durch die ihn belastenden Maßnahmen in seinem Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG) verletzt zu sein, und überdies Adressat der ihn belastenden VAe ist. Ein Widerspruchsverfahren ist nicht (mehr) zulässig.

B. Begründetheit der Anfechtungsanträge (§ 113 I 1 VwGO)

I. Es ist die Rechtmäßigkeit des oben II 2 behandelten Gebots, die Abholung durch T anzufordern, zu prüfen. Da formelle Bedenken nicht ersichtlich sind, ist nach einer Ermächtigungsgrundlage zu suchen. Diese müsste auf eine mittels eines VA durchzusetzende Verpflichtung des E zur Anforderung der Abholung gereichtet sein.

1. Ob sich eine solche Verpflichtung aus § 10 TierKBG herleiten lässt, kann an dieser Stelle noch offen bleiben. Denn § 10 TierKBG enthält nur eine Handlungspflicht des Trägers der Tierkörperbeseitigung und keine Ermächtigung der Ordnungsbehörde zum Erlass eines VA. (Auch §§ 9, 13 TierKBG enthalten nur Handlungspflichten und keine VA-Befugnisse.)

2. Ermächtigungsgrundlage kann die im Lande L geltende ordnungsrechtliche Generalklausel sein (im Originalfall: § 14 I OBG NRW). Damit sie eingreift, müsste eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit gegeben sein (ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung scheidet aus.) Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit liegt u. a. in dem Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift und damit in der Gefährdung der geltenden Rechtsordnung (vgl. OVG S. 28: Schutzgut „positives Recht“). Ein solcher Verstoß läge vor, wenn den §§ 9, 10, 13 TierKBG entnommen werden könnte, dass der nach §§ 9, 13 TierKBG Verpflichtete der Tierkörperbeseitigungsanstalt einen Auftrag zur Abholung der Tierkörper zu erteilen hat. Das lässt sich dem Gesetz aber nicht entnehmen.

OVG Münster S. 28: Über die „schlichte Meldepflicht“ hinaus lässt sich § 9 TierKBG keine Verpflichtung zur Veranlassung einer Abholung entnehmen. Die Meldung löst eine Pflicht des Trägers der Tierkörperbeseitigungspflicht aus, von sich aus die Tierteile abzuholen.Einer Beauftragung der beseitigungspflichtigen Körperschaft bzw. Tierkörperbeseitigungsanstalt mit der Abholung bedarf es nach dem Tierkörperbeseitigungsgesetz gerade nicht. Ein auftragsgebundenes Tätigwerden widerspräche, wie nicht nur der vorliegende Sachverhalt zeigt, im übrigen auch der Zielsetzung des Gesetzes, Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit, insbesondere der Gesundheit von Mensch und Tier, möglichst zu vermeiden bzw. möglichst schnell zu beseitigen.

Somit gibt es für ein Gebot gegenüber E, die Abholung durch T anzufordern, keine Ermächtigungsgrundlage. Dieser Teil der Verfügung ist rechtswidrig und verletzt E in seinem Recht aus Art. 2 I GG. Insoweit wäre eine Anfechtungsklage begründet.

II. Weiterhin ist die Rechtmäßigkeit des Gebots zur Aufbewahrung der Tierkörperteile (oben A II 4) zu prüfen.

1. Ermächtigungsgrundlage kann wiederum die ordnungsrechtliche Generalklausel sein (in NRW: § 14 OBG). Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit liegt auch dann vor, wenn ein Zustand besteht, den das Gesetz verhindern will, denn in der Nichtverhinderung und dem Fortdauern dieses Zustandes liegt ein Verstoß gegen die Rechtsordnung. § 13 TierKBG schreibt vor, dass Tierkörperteile bis zur Abholung getrennt von Abfällen so zu verwahren sind, dass Menschen nicht unbefugt und Tiere nicht mit ihnen in Berührung kommen können. Dass im vorliegenden Fall die Tierteile weiterhin unverwahrt und dem allgemeinen Zugriff offen im Wald lagen, widersprach diesem Gebot und damit der geltenden Rechtsordnung. Es lag ein von § 13 TierKBG missbilligter Zustand vor und damit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Ob gerade E diese Teile zu verwahren hatte, ist keine Frage des Vorliegens einer Gefahr, sondern nachfolgend zu prüfen.

2. E durfte zur Beseitigung dieser Gefahr nur in Anspruch genommen werden, wenn er für die Gefahr verantwortlich war, wenn er also derjenige war, der zur Verwahrung verpflichtet war. § 13 TierKBG benennt keinen Adressaten. Das OVG hält es deshalb für zulässig, die Regelungen des allgemeinen Ordnungsrechts über die Verantwortlichkeit (Störerhaftung) heranzuziehen (im Originalfall: §§ 17, 18 OBG NRW). Handlungsstörer (§ 17 OBG) war E nicht, weil er die Gefahr nicht durch sein Verhalten geschaffen hat. Er könnte aber Zustandsstörer gewesen sein.

a) Zustandsstörer ist, wer Eigentümer einer Sache ist, von der die Gefahr ausgeht (§ 18 I OBG).

 aa) Die Gefahr ging zunächst von den Tierkörperteilen aus. OVG S. 28: Der Kläger war jedoch nicht Eigentümer der Tierabfälle.

b) E war Eigentümer des Grundstücks. OVG S. 28: Die Gefahr ging vorliegend nicht von dem Grundstück, sondern von den Tierabfällen aus. Allein diese waren die Quelle der Gefahr. Das Grundstück selbst befand sich nicht in einem ordnungswidrigen Zustand. Es handelte sich um ein „ungefährliches“ Grundstück (vgl. OVG Münster NWVBl 1998, 64, 65).

Als Eigentümer war E nicht verantwortlich.

b) Als Zustandsstörer kann auch der Inhaber der tatsächlichen Gewalt in Anspruch genommen werden (§ 18 II 1 OBG NRW). Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist, wer die Sachherrschaft ausübt. Damit stellt sich die Frage, ob das unbefugte Ablagern von Abfall auf einem fremden Grundstück dazu führt, dass der Grundstücksbesitzer Inhaber der Sachherrschaft über den Abfall und damit dessen Besitzer wird, was bei normalem Müll seine Verantwortlichkeit für die Beseitigung des Mülls und bei Tierkörpern eine Pflicht zur Verwahrung begründet. Die Rechtsprechung unterscheidet nach der Zugänglichkeit des Grundstücks.

aa) Nach BVerwGE 106, 43 wird der Eigentümer oder Besitzer eines nicht frei zugänglichen, an einem Fluss gelegenen Grundstücks Besitzer der Abfälle, die durch Hochwasser auf das Grundstück geschwemmt worden sind. Für deren Beseitigung ist er verantwortlich.

bb) Im vorliegenden Fall handelt es sich dagegen um ein frei zugängliches Waldgrundstück. Nach § 14 BundeswaldG hat die Allgemeinheit ein Recht zum Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung. OVG S. 29: Unter Zugrundelegung dessen hatte der Kläger nicht die tatsächliche Sachherrschaft über das hier in Rede stehende Grundstück und damit auch nicht über die dort lagernden Tierabfälle. Der Kläger konnte das Grundstück rechtlich und tatsächlich nicht dem Zutritt der Allgemeinheit entziehen. Für dieses bestand ein Waldbetretungsrecht gem. § 14 BundeswaldG…

E war somit auch nicht als Inhaber der tatsächlichen Gewalt verantwortlich. Mangels Verantwortlichkeit durfte er nicht in Anspruch genommen werden.

3. Zusätzlich und hilfsweise weist das OVG auf S. 29 noch darauf hin, dass selbst in dem Fall, dass eine Verantwortlichkeit des E gegeben wäre, die Verfügung wegen eines Ermessensfehlers rechtswidrig wäre. Die Behörde hatte offenbar nicht erkannt, dass die öffentliche Hand auch abfallrechtlich zur Beseitigung verantwortlich war. Nach Landesrecht haben die für die Abfallentsorgung zuständigen Behörden die im Gemeindegebiet weggeworfenen oder unzulässig abgelagerten Abfälle einzusammeln (z. B. § 5 V 2 LAbfG NRW). Für im Walde abgelagerte oder weggeworfene Abfälle sind, zumindest bei Privatwald, die Forstbehörden verantwortlich (§ 6a III 1 LandesforstG NRW). Diese Verantwortlichkeit bestand auch im vorliegenden Fall und hätte bei der Ermessensentscheidung zu der Frage, ob gerade E in Anspruch genommen werden soll, mit berücksichtigt werden müssen. Das ist aber offensichtlich nicht geschehen.

Das Gebot zur Aufbewahrung der Tierkörperteile ist ebenfalls rechtswidrig, verletzt E in seinem Recht aus Art. 2 I GG und ist auf Anfechtungsklage hin aufzuheben.

III. Es bleibt die Rechtmäßigkeit des Leistungsbescheids vom 12. 3. zu prüfen.

1. Es entspricht dem Prinzip der Ersatzvornahme, dass der Verpflichtete die bei ihrer Durchführung entsehenden Kosten zu tragen und der Behörde zu erstatten hat (im Originalfall des OVG Münster: nach § 11 II Nr. 7 der KostenO zum VerwaltungsvollstreckungsG NRW).

2. Der auf Kostenerstattung gerichtete Leistungsbescheid schließt das Verwaltungsvollstreckungsverfahren ab und hat grundsätzlich zur Voraussetzung, dass die vorangegangenen Maßnahmen des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens rechtmäßig waren, d. h. dass eine rechtmäßige Verwaltungsvollstreckung vorgenommen wurde.

Rechtmäßigkeit braucht allerdings nicht vorzuliegen, soweit vorangegangene Teilakte unanfechtbar geworden sind, was insbesondere beim gestreckten Verfahren für die Grundverfügung und die damit verbundene Zwangsandrohung in Betracht kommt. Im vorliegenden Fall ist aber noch keine Maßnahme unanfechtbar geworden und wird wegen der beabsichtigten Klageerhebung auch nicht unanfechtbar.

a) Erster und wichtigster Teilakt des hier vorgenommenen gestreckten Verwaltungsvollstreckungsverfahrens ist der Erlass der Grundverfügung.

aa) Nach obigem Grundsatz müsste eine rechtmäßige Verwaltungsvollstreckung auf der Grundlage rechtmäßiger Grundverfügungen erfolgt sein (so auch Möller/Wilhelm, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Aufl. Rdnr. 212 a. E. m. w. Nachw.). Grundverfügungen sind hier die Gebote in der Verfügung vom 7. 3., die Abholung zu veranlassen und die Abfälle aufzubewahren. Beide Teile der Verfügung sind aber rechtswidrig (oben I 2 und II). Somit fehlt es bereits an einer rechtmäßigen Grundverfügung.

bb) Allerdings ist auch die Auffassung vertretbar, im gestreckten Verfahren sei auch bei einer noch nicht unanfechtbaren Grundverfügung nicht deren Rechtmäßigkeit erforderlich, sondern es reiche ihre Wirksamkeit aus, weil auch ein rechtswidriger, nicht nichtiger VA wirksam sei, befolgt werden müsse und im Falle einer angeordneten oder gesetzlich vorgeschriebenen Vollstreckbarkeit auch vollstreckt werden könne (vgl. die Erörterung dieser Frage m. w. Nachw. bei Möller/Wilhelm, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Aufl. Rdnr. 212). Einer Stellungnahme zu dieser Auffassung bedarf es regelmäßig nicht, weil die rechtswidrige und noch nicht unanfechtbare Grundverfügung entweder unanfechtbar wird oder angefochten und dann aufgehoben wird. Letzteres gilt auch für den vorliegenden Fall: Wie oben I 2 und II festgestellt wurde, sind die gegen die Grundverfügungen gerichteten Anfechtungsanträge begründet. Infolgedessen werden beide Grundverfügungen rückwirkend aufgehoben mit der Folge, dass eine Grundverfügung rechtlich niemals existiert hat (OVG S. 28 li. Sp. unten und S. 29 li. Sp.).

Die Verwaltungsvollstreckung ist deshalb wegen Mängeln der Grundverfügung rechtswidrig.

b) Weiterhin fehlte die für die Androhung einer Ersatzvornahme vorgeschriebene Fristsetzung (z. B. § 63 I 2 VwVG NRW), so dass auch deshalb keine rechtmäßige Verwaltungsvollstreckung vorlag.

4. Ergebnis: Der Leistungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt E in seinem Recht aus Art. 2 I GG. Im Fall des OVG Münster waren in dem Kostenbescheid auch die von der T geltend gemachten Gebühren enthalten. Das VG hatte den Bescheid insgesamt aufgehoben, das OVG hat dieses Urteil bestätigt. Damit war E auch von den Kosten der T entlastet.

Zusammenfassung