Bearbeiter: Prof. Dieter Schmalz

Subventionierung durch Kaufvertrag mit Preisnachlass. Verwaltungsprivatrecht: Anwendung verwaltungsrechtlicher Grundsätze auf privatrechtliche Verträge und Entscheidungen, insbesondere Verhältnismäßigkeit. Keine Anwendbarkeit des VwVfG kraft Verwaltungsprivatrechts

BGH
Urteil vom 6. 11. 2009 (V ZR 63/09)

Fall
(Lager statt Bauamt)

Im Jahre 2000 verkaufte die Bundesrepublik Deutschland (B), vertreten durch das Bundesfinanzministerium (BMF), der ostdeutschen Stadt S in notariell beurkundeter Form ein Grundstück, auf dem sich ein - nicht saniertes - Gebäude befand, in dem die Stadt S einige städtische Ämter untergebracht hatte, u. a. das Bauamt. Auf den in einem Sachverständigengutachten ermittelten Verkehrswert gewährte B der S einen Nachlass in Höhe von 75 %, was einem Betrag von 1.092.000 EUR entsprach. Grundlage dafür war ein Erlass des BMF, der auf die Bundeshaushaltsordnung gestützt war und den Zweck hatte, den Ländern und Gemeinden der neuen Bundesländer eine angemessene Ausstattung an Grundstücken für unmittelbare Verwaltungszwecke zu verschaffen, soweit der Bund dazu beitragen kann. Der Erlass bestimmte weiterhin: „Der Begriff ‘unmittelbare Verwaltungszwecke’ ist eng auszulegen. Bei den Kaufverträgen ist zu vereinbaren, dass der Bund berechtigt ist, die Nachzahlung des bei der Kaufpreisbildung vorgenommenen Verbilligungsabschlags zu verlangen, falls der Käufer das gesamte Grundstück nicht dem vereinbarten Zweck zuführt und für einen Zeitraum von 15 Jahren zweckentsprechend nutzt.“

Dementsprechend wurde in den Kaufvertrag zwischen B und S folgende Regelung aufgenommen:

§ 4a. (1) Der Käufer verpflichtet sich, das Grundstück innerhalb eines Zeitraumes von 3 Jahren nach Kaufvertragsabschluss für Zwecke der unmittelbaren Verwaltung herzurichten und für einen Zeitraum von 15 Jahren nach Erstellung für diesen Zweck zu nutzen.
.......
(3) Der Verkäuferin steht ein Wiederkaufsrecht (§ 456 BGB) gegen den Käufer zu, falls der Käufer die vorstehend genannten Verpflichtungen nicht einhält oder den vereinbarten Vertragszweck nicht erfüllt. Auf ein Verschulden des Käufers kommt es dabei nicht an.
(4) Die Verkäuferin ist berechtigt, anstelle der Ausübung des Wiederkaufsrechts die Nachzahlung des bei der Kaufpreisbildung vorgenommenen Verbilligungsabschlages i. H. v. [umgerechnet] 1.092.000 EUR zu verlangen.

S zahlte den (verbilligten) Kaufpreis und wurde als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Sie nutzte das Gebäude zunächst wie bisher. Im Jahre 2004 zogen sämtliche technischen Ämter der Stadt in ein neu errichtetes technisches Rathaus. Das alte, von B erworbene Gebäude stand zunächst leer und wurde dann als Lager für nicht mehr benötigte Einrichtungsgegenstände genutzt. Davon erhielt B im Jahre 2005 Kenntnis. Sie wies S auf den Vertrag hin und drängte auf eine zweckentsprechende Nutzung, worauf S antwortete, der Umzug in das neue Gebäude sei unvermeidbar gewesen. Im Jahre 2009 verlangte B Zahlung von 1.092.000 EUR. S macht geltend, sowohl die Regelung im Vertrag als auch deren Geltendmachung sei unverhältnismäßig, weil B das Wiederkaufsrecht ausüben könne. Auch habe es sich um eine Subvention gehandelt, für deren Widerruf die Jahresfrist der §§ 49 II 2, 48 IV VwVfG gelte. Im Jahre 2010 will B gegen S Klage vor dem Landgericht auf Zahlung der 1.092.000 EUR erheben. Mit Aussicht auf Erfolg ?

A. Zulässigkeit einer Klage

I.
Für eine Klage vor dem Landgericht müsste der Zivilrechtsweg gegeben sein. Dafür müsste nach § 13 GVG eine privatrechtliche Streitigkeit vorliegen. Sie liegt vor, wenn die streitentscheidende Norm dem Privatrecht angehört.

1. B stützt ihre Klage auf einen privatrechtlichen Kaufvertrag, der zur Anwendung einer privatrechtlichen Norm führt (§ 433 BGB).

2. Die privatrechtliche Natur der Streitigkeit ändert sich nicht dadurch, dass S sich auf öffentlich-rechtliche Einwendungen beruft. Entscheidend bleibt die Anspruchsgrundlage, die privatrechtlich ist. Auch wenn das privatrechtliche Rechtsverhältnis durch öffentlich-rechtliche Bindungen (Verwaltungsprivatrecht) modifiziert wird, bleibt die Streitigkeit eine privatrechtliche (BGHZ 29, 76; BVerwG NVwZ 1991, 59; BVerfG NJW 1992, 493/4).

II. Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts ergibt sich aus §§ 71 I, 23 Nr. 1 GVG, weil der Streitwert 5.000 EUR übersteigt.

B. Begründetheit der Klage

I.
Anspruchsgrundlage für den Anspruch der B gegen S auf Zahlung von 1.092.000 EUR kann § 433 BGB i. V. m. § 4a IV des Kaufvertrages sein.

1. B und S haben im Jahre 2000 einen Kaufvertrag geschlossen, der in § 4a IV eine Nachzahlungsverpflichtung unter den dort genannten Bedingungen enthält.

II. Die in § 4a IV des Vertrages enthaltene Verpflichtung könnte jedoch wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB nichtig sein. Die vertragliche Verpflichtung könnte gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit verstoßen.

1. Allerdings ist auf privatrechtliche Verträge das Prinzip der Verhältnismäßig grundsätzlich nicht anwendbar. Vielmehr bestimmen die Parteien kraft Vertragsfreiheit, welche Regelungen sie zur Erreichung ihrer Ziele für geeignet, notwendig und angemessen halten. Etwas anderes könnte aber gelten, wenn das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien unter das Verwaltungsprivatrecht fällt.

a) Verwaltungsprivatrecht hat folgende Voraussetzungen:

(1) Ein Träger öffentlicher Verwaltung handelt in privatrechtlichen Formen. Im vorliegenden Fall hat der Bund der Stadt S eine Liegenschaft privatrechtlich verkauft.

(2) Dabei werden unmittelbar öffentliche (staatliche) Aufgaben wahrgenommen. Im vorliegenden Fall ergab sich die wahrgenommene Aufgabe aus dem Erlass des BMF, der auf die Bundeshaushaltsordnung gestützt war und den Zweck hatte, den Ländern und Gemeinden der neuen Bundesländer eine angemessene Ausstattung an Grundstücken für unmittelbare Verwaltungszwecke zu verschaffen. Den Verwaltungsbehörden der neuen Bundesländer eine Ausstattung an Verwaltungsgebäuden zu verschaffen, ist eine öffentliche Aufgabe, an deren Erfüllung sich der Bund beteiligte. Wenn er dabei auf bis zu drei Viertel des Wertes verzichtete, handelte es sich um eine Naturalsubvention des Bundes an Länder und Kommunen. Verwaltungsprivatrecht ist somit anwendbar.

b) Kraft des Verwaltungsprivatrechts gelten zu Lasten der öffentlichen Hand bestimmte öffentlich-rechtliche Beschränkungen (deshalb: keine „Flucht ins Privatrecht“). Es sind dies die Grundrechte, insbesondere der Gleichheitssatz des Art. 3 GG (BGHZ 29, 76, 80); die öffentlich-rechtlichen Zuständigkeitsvorschriften und auch das Prinzip der Verhältnismäßigkeit.

 

BGH Rdnr. 9: Das Berufungsgericht hat zu Recht geprüft, ob die Forderung des Nachzahlungsanspruchs das Übermaßverbot verletzt. Zwar haben die Parteien… mit Blick auf den Hauptgegenstand des Vertrages die Rechtsform eines privatrechtlichen Rechtsgeschäfts gewählt (…) und dieses folgerichtig als Kaufvertrag bezeichnet… Das ändert jedoch nichts daran, dass in Konstellationen der vorliegenden Art die Grundsätze des Verwaltungsprivatrechts eingreifen (…), wonach die Normen des Privatrechts durch Bestimmungen des öffentlichen Rechts ergänzt, überlagert und modifiziert werden (vgl. BGHZ 91, 84, 96; 93, 372, 381; 155, 166, 173 ff.; NJW 1994, 586, 589; WM 2006, S. 2103) und deshalb u.a. auch das Übermaßverbot zu beachten ist (BGH NJW-RR 2006, 1452, 1453 m. w. N.; NJW 2003, 2451, 2453).

c) Dabei ist das Prinzip der Verhältnismäßigkeit in seiner beschränkenden Wirkung ein gesetzliches Verbot (BGH Rdnr. 15 m. w. N. auf BGHZ 153, 93, 98; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 56 Rdn. 57; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 232 f.).

2. Folglich ist zu prüfen, ob § 4a des Vertrages, insbesondere dessen Absatz 4, gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt, indem er entweder nicht geeignet, nicht erforderlich oder nicht angemessen ist.

a) Zweck der Vertragsgestaltung war, langfristig zu gewährleisten, dass das Gebäude unmittelbaren Verwaltungszwecken dient, also weiterhin zu dem Zweck genutzt wird, zu dem es übertragen wurde. Zur Erreichung dieses Zweckes waren es geeignete Mittel, eine dahingehende Verpflichtung zu vereinbaren (§ 4a Abs. 1 des Vertrages) und für den Fall der Nichterfüllung Sanktionen vorzusehen, die zu einer Rückgängigmachung der Subvention führten (§ 4a Abs. 3 und 4).

b) Da sich B im vorliegenden Fall auf § 4a Abs. 4 des Vertrages stützt, müsste auch die Einräumung eines Anspruchs auf Erstattung des Verbilligungsabschlags erforderlich sein. Daran würde es fehlen, wenn ein milderes Mittel zur Verfügung stünde. Milderes Mittel könnte sein, lediglich ein Wiederkaufsrecht einzuräumen (§ 4a Abs. 3) und auf die Erstattung des Verbilligungsabschlags zu verzichten. Der Wiederkauf ist jedoch nicht stets ein milderes Mittel. Dadurch wird dem Käufer zwingend das Grundstück wieder entzogen. Es wäre durchaus möglich, dass das - vom Käufer für Verwaltungszwecke nicht mehr benötigte - Grundstück inzwischen so stark im Wert gestiegen ist - möglicherweise auch durch vom Käufer vorgenommene Investitionen -, dass es für den Käufer günstiger und insoweit milder ist, dass dieser nur den Verbilligungsabschlag erstattet und das Grundstück behält. Wenn der Vertrag der Einzelfallentscheidung überlässt, ob ein Wiederkaufsrecht ausgeübt oder der Verbilligungsabschlag gefordert wird, ist dies insgesamt die mildere Regelung, so dass § 4a Abs. 4 nicht gegen das Erforderlichkeitsprinzip verstößt (BGH Rdnrn. 11, 12).

c) Bei Beurteilung der Angemessenheit geht der BGH unter Rdnr. 15 von folgenden Überlegungen aus: Dem aus dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit (i. e. S.) folgenden Gebot einer angemessener Vertragsgestaltung ist genügt, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung des Gesamtvorgangs die Gegenleistung des Vertragspartners der Behörde nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung und dem Wert der von der Behörde erbrachten oder zu erbringenden Leistung steht und die vertragliche Übernahme von Pflichten auch ansonsten zu keiner unzumutbaren Belastung für den Vertragspartner der Behörde führt (BGHZ 153, 93, 101; BVerwGE 124, 385, 391; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 56 Rdn. 14;…), die gegenseitigen Rechte und Pflichten also insgesamt ausgewogen gestaltet sind (vgl. BGHZ 153, 102; BVerwGE 42, 331, 345).

aa) Dem berechtigten Interesse des B entsprach es, wenn die bei Vertragsschluss bewusst unter bestimmten Bedingungen gewährte Begünstigung bei Wegfall dieser Bedingungen rückgängig zu machen war. Dass überhaupt Sanktionen für den Fall einer Nichtbeachtung des Subventionszweckes vorgesehen waren, ist keinesfalls unausgewogen.

bb) Allerdings bedeutet es für S eine besondere Belastung, wenn sie auch ohne Wertsteigerung des Grundstücks oder sogar bei einem Wertverfall den Verbilligungsabschlag erstatten und damit einen Kaufpreis nach einem Grundstückswert bezahlen muss, der lediglich früher gerechtfertigt war und zu dem sie möglicherweise das Grundstück nicht erworben hätte. Diese Überlegung führt nach BGH aber noch nicht zu einem Verstoß gegen das Gebot zu ausgewogenen Vertragsbedingungen. Rdnr. 16: Mit der Nachzahlungsvereinbarung sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Klägerin das Grundstück zu einem ganz erheblich unter dem Verkehrwert liegenden Kaufpreis veräußerte und dies unter dem haushaltsrechtlichen Vorbehalt stand, dass die zweckentsprechende Mittelverwendung durch vertragliche Abreden – hier u.a. durch die Vereinbarung eines Nachzahlungsanspruches – sichergestellt würde (…). Das ist schon deshalb nicht unangemessen, weil erst die Klausel einen verbilligten Verkauf ermöglichte, den die Beklagte sonst nicht hätte erreichen können (§ 63 Abs. 3 BHO). Davon abgesehen ist der Nachzahlungsbetrag von vornherein festgelegt. Die Klausel sieht lediglich vor, dass die Beklagte bei einem Verstoß gegen die mit dem Preisnachlass verfolgten Subventionszwecke den nur zur Erreichung dieser Zwecke erhaltenen Vorteil wieder verliert. Damit steht die Beklagte nicht schlechter, als wenn sie das Grundstück sofort zum vollen Verkehrswert erworben hätte (…). Entscheidend gegen eine unzumutbare Belastung der S durch die Nachzahlungsklausel dürfte somit sprechen, dass S es selbst in der Hand hatte, den Eintritt dieser Verpflichtung herbeizuführen oder ihren Eintritt zu verhindern.

cc) Auch die Klausel in § 4a III 2, wonach es auf ein Verschulden nicht ankommt, ist nicht unangemessen. BGH Rdnr. 17: Der Nachzahlungsanspruch ist nicht als Vertragsstrafenregelung zu qualifizieren (…). Bei der gebotenen wertenden Betrachtung trägt die Klausel dem Umstand Rechnung, dass nicht nur der reduzierte Kaufpreis, sondern auch die Erreichung der Subventionszwecke das Äquivalent für die Übereignung des Grundstücks darstellen. Da das Äquivalenzverhältnis bei Nichterreichen der Subventionszwecke unabhängig davon gestört wird, ob der Schuldner die Störung zu vertreten hat, erscheint es durchaus angemessen, den Nachzahlungsanspruch verschuldensunabhängig auszugestalten.

dd) BGH Rdnr. 18: Unbedenklich ist auch die Bindungsfrist von 15 Jahren. Vor dem Hintergrund einer Verbilligung von 75 % stellt sie keine unverhältnismäßige Beschränkung dar (…). Das gilt auch unter Berücksichtigung des Selbstverwaltungsrechts der Beklagten (Art. 28 Abs. 2 GG), die zwar bei Umstrukturierungen ihrer Verwaltung zur Meidung einer Nachentrichtung des Verbilligungsabschlages auch weiterhin eine zweckentsprechende Nutzung des Kaufobjekts sicherstellen musste. In Abwägung mit dem haushaltsrechtlichen Anliegen einer zweckentsprechenden Mittelverwendung wird dadurch das Selbstverwaltungsrecht jedoch nicht über Gebühr eingeschränkt.

ee) BGH Rdnr. 19: Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass…die Vereinbarung keine anteilige Nachzahlung für den Fall einer zeitweisen zweckkonformen Nutzung vorsieht. Die zur Ausübung des Nachzahlungsrechts führenden Umstände sind durchweg der Sphäre des Käufers zuzuordnen, der es im Rahmen seiner Organisationshoheit nahezu uneingeschränkt in der Hand hat, dafür Sorge zu tragen, dass es weder zu einem Wiederkauf noch zu einer Nachzahlung kommt.

3. Somit ist die Gestaltung in § 4a des Kaufvertrages nicht unverhältnismäßig und folglich auch nicht nach § 134 BGB unwirksam.

II. Es müssten auch die Voraussetzungen für eine Geltendmachung des Anspruchs aus § 4a IV des Kaufvertrages vorliegen.

1. BGH Rdnr. 28: Die Beklagte hat das Grundstück entgegen § 4a Abs. 1 des Kaufvertrages nicht 15 Jahre lang zweckentsprechend genutzt. Nach den in dem Vertrag in Bezug genommenen haushaltsrechtlichen Vorgaben ist der Begriff der unmittelbaren Verwaltungszwecke „eng auszulegen“. Danach kommen im Wesentlichen Verwaltungsgebäude, u.a. für Rathäuser und Ämter in Betracht. Die Nutzung als Lagerstätte entspricht dem nicht.

2. Das auf Grund des Verwaltungsprivatrechts geltende Prinzip der Verhältnismäßigkeit bindet B nicht nur bei der Gestaltung des Kaufvertrages, sondern auch bei der Entscheidung, ob der Anspruch aus § 4a IV des Vertrages geltend gemacht wird. Deshalb darf die Entscheidung des B über die Geltendmachung des Anspruchs aus § 4a IV des Kaufvertrages nicht gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit verstoßen.

a) Für die Vereinbarkeit der Vertragsgestaltung mit dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit war wesentlich, dass § 4a III und IV Sanktionen für den Fall einer Verfehlung des Subventionszweckes sind. Deshalb muss diese Voraussetzung auch im konkreten Fall gegeben sein. Das ist aber zu bejahen, was sich bereits aus der oben 1. festgestellten Erfüllung der Voraussetzungen ergibt. Somit ist auch die konkrete Entscheidung des B über die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs zur Erreichung des mit dem Vertrag verfolgten Zwecks geeignet.

b) Die Geltendmachung des Anspruchs aus § 4a IV darf auch im konkreten Fall nicht durch das Wiederkaufsrecht als milderes Mittel verdrängt werden. BGH Rdnr. 32, 33: Ebenfalls nicht zu beanstanden ist es, dass die Klägerin die Nachzahlung des Verbilligungsabschlags und nicht den Wiederkauf des Grundstücks verlangt. Durch die Geltendmachung des Nachzahlungsanspruchs wird verhindert, dass das dem Eigentümer einer Immobilie zugewiesene Verwendungs- und Wertrisiko auf den Subventionsgeber verlagert wird (vgl. BGHZ 77, 194, 198; 153, 93, 106), der für den Fall des Wiederkaufs zudem nicht nur den erhaltenen Kaufpreis, sondern zudem Mittel für…zu ersetzende Verwendungen bereitstellen müsste… Der Wiederkauf ist also deshalb kein milderes Mittel, weil er den berechtigten Interessen des B als Subventionsgeber widerspricht. Seine Möglichkeit führt nicht dazu, dass die Geltendmachung des Nachzahlungsanspruch nicht erforderlich ist.

c) Die Geltendmachung des § 4 IV ist auch nicht unangemessen. BGH Rdnr. 31: Auszugehen ist davon, dass haushaltsrechtliche Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit (vgl. § 6 Abs. 1 HGrG) das Interesse der Beklagten überwiegen, die Zuwendung ohne zweckentsprechende Nutzung behalten zu dürfen (vgl. BGHZ 155, 166, 176;…BVerwG NVwZ 2003, 221, 223). Das gilt umso mehr, als sich Behörden untereinander grundsätzlich nicht auf Vertrauensschutz berufen können (BVerwG v. 29. April 1999, 8 B 87/99, juris Rdn. 4), zumal ein Vertrauen der Beklagten vor dem Hintergrund, dass die Klägerin wiederholt auf die Wiederaufnahme einer subventionsgerechten Nutzung drängte, ohnehin nicht schutzwürdig wäre.

Folglich war auch die Entscheidung über die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aus § 4a IV des Vertrages nicht unverhältnismäßig.

3. Aus der Anwendung des Verwaltungsprivatrechts folgt weiterhin, dass B nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden hatte, ob er den Anspruch aus § 4a IV des Vertrages anstelle des Wiederkaufsrechts geltend macht.

a) Dem Sachverhalt lassen sich keine Ermessensfehler entnehmen, insbesondere sind sachfremde Gesichtspunkte, die B mit der Nachzahlungsforderung verfolgt haben könnte, nicht ersichtlich (BGH Rdnr. 30).

b) BGH Rdnr. 34: Frei von Ermessensfehlern ist es schließlich, dass die Klägerin den Verbilligungsabschlag in voller Höhe verlangt. Die Beklagte konnte sich ohne weiteres auf die Nachzahlungsverpflichtung einstellen, die sich nach Grund und Höhe unmittelbar und zweifelsfrei aus dem Kaufvertrag ergab (…). Zwar mag die Geltendmachung der vollen Höhe ermessensfehlerhaft sein, wenn eine zweckentsprechende Nutzung erst kurz vor Ablauf der 15-jährigen Bindungsfrist aufgegeben wird und damit die Subventionszwecke ganz überwiegend erreicht worden sind. So verhält es sich hier indessen nicht, weil die Klägerin ihre Ämter bereits nach vier Jahren aus dem Kaufobjekt abgezogen hat.

4. Die Entscheidung des B, den Anspruch aus § 4a IV des Vertrages geltend zu machen, war somit weder unverhältnismäßig noch ermessensfehlerhaft.

III. Entsprechend dem Vorbringen der S, es habe sich um eine Subvention gehandelt, für deren Widerruf die Jahresfrist der §§ 49 II 2, 48 IV VwVfG gelte, ist zu prüfen, ob die klageweise Geltendmachung des Anspruchs aus § 4 IV des Vertrages deshalb ausgeschlossen ist, weil sie erst 5 Jahre nach Kenntnis von der zweckwidrigen Verwendung des Gebäudes erfolgt. Für eine Geltung der Jahresfrist nach §§ 49 II 2, 48 IV müssten die §§ 49 II 2, 48 IV VwVfG anwendbar sein.

1. Nach § 1 I VwVfG gilt das VwVfG nur für eine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit. Im vorliegenden Fall haben die Parteien für die Grundstücksübertragung aber die Form eines privatrechtlichen Kaufvertrages gewählt. Insbesondere handelte sich nicht um ein Verwaltungsverfahren i. S. des § 9 VwVfG, weil das Verfahren weder auf den Erlass eines VA noch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet war.

2. Die Anwendbarkeit des VwVfG könnte aber eine Folge davon sein, dass der zwischen B und S geschlossene Vertrag dem Verwaltungsprivatrecht unterfällt.

a) Die Frage, ob Verwaltungsprivatrecht zur Anwendung des VwVfG führt, galt bisher als offen, wird jetzt vom BGH aber grundsätzlich verneint. Nach BGH Rdnr. 36 kommt eine Anwendung des VwVfG zwar ausnahmsweise in Betracht, wenn eine Regelung Ausfluss eines allgemeinen Rechtsgedankens ist (vgl. BGH NJW 2003, 2451, 2453), und auch [nur] dann, wenn für ihre Heranziehung ein besonderes Bedürfnis besteht (vgl. BGH WM 2006, 2101, 2103). Beispiel für diesen Fall ist das in § 56 I 2 VwVfG zum Ausdruck gekommene Koppelungsverbot, das auch für privatrechtliche Verträge gilt (und dort zur Anwendung des § 134 BGB führt).

b) Sie scheidet jedoch aus, wenn das Privatrecht – wie hier mit den verjährungsrechtlichen Vorschriften und dem Rechtsinstitut der Verwirkung – gleichwertige Regelungen bereitstellt, die ebenfalls unter Berücksichtigung des Zeitmoments einen angemessenen Interessenausgleich sicherstellen. Dadurch wird in ausreichender Weise verhindert, dass sich ein Verwaltungsträger durch Flucht in die Rechtsformen des Privatrechts dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (dazu etwa BVerwG DVBl. 2003, 1215) entzieht. Somit ist die Fristenregelung der §§ 49 II 2, 48 IV VwVfG nicht anwendbar. Einer Geltendmachung des Anspruchs aus § 4 IV des Vertrages steht die Jahresfrist des VwVfG nicht entgegen.

IV. S könnte die Einrede der Verjährung erheben (§ 214 BGB), sofern der Anspruch verjährt ist.

1. Die Verjährungsregelung in § 196 BGB erfasst Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie Ansprüche auf die Gegenleistung. BGH Rdnr. 38: Dabei ist anerkannt, dass unter die zuletzt genannten Ansprüche auch andere Forderungen – wie etwa Rückabwicklungsansprüche aus nichtigem Grundstückkaufvertrag - fallen. Entscheidend ist, ob der Sache nach ein Gegenseitigkeitsverhältnis besteht (…). Rdnr. 39: Ein Gegenseitigkeitsverhältnis in dem oben beschriebenen Sinne ist hier zu bejahen. Bei wertender Betrachtung hatte die Beklagte als Gegenleistung für die Übereignung des Grundstücks nicht nur den Kaufpreis zu entrichten, sondern… darüber hinaus eine den vertraglichen Vorgaben entsprechende subventionsgerechte Nutzung sicherzustellen. Dann aber liegt es auf der Hand, dass das bestehende Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung auch durch die subventionswidrige Nutzung des Kaufobjekts gestört wurde. Der für diesen Fall – gleichsam ersatzweise – vereinbarte Nachforderungsanspruch tritt an die Stelle der ursprünglich vereinbarten Gegenleistung und stellt damit das Äquivalenzverhältnis wieder her. Das rechtfertigt es, ihn der Verjährung nach § 196 BGB zu unterstellen.

2. Somit beläuft sich die Verjährungsfrist auf 10 Jahre. Entstanden ist der geltend gemachte Anspruch frühestens 2004, so dass im Jahre 2010 noch keine Verjährung eingetreten ist.

Ergebnis: B hat gegen S einen Anspruch auf Erstattung des Verbilligungsabschlags in Höhe von 1.092.000 EUR. Die beabsichtigte Klage hat Aussicht auf Erfolg.


Zusammenfassung