Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Allgemeines Persönlichkeitsrecht, § 823 I BGB; Verletzung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Anspruch auf Ersatz immateriellen Schadens aus § 823 I BGB i. V. m. Art. 2 I, 1 I GG. Informationelle Selbstbestimmung; Datenschutz, §§ 3 I, 32 BDSG. Recht am eigenen Bild. Observation des Arbeitnehmers durch Arbeitgeber wegen vermeintlich vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit

BAG
Urteil vom 19. 2. 2015 (8 ZAR 1007/13) NJW 2015, 2749

Fall (Bild mit Mann und Hund)

Frau K war bei der B-GmbH seit einem Jahr als Sekretärin der Geschäftsführung angestellt. Am 2. 1. meldete sie sich krank und legte nacheinander sechs Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eines Facharztes für Allgemeinmedizin vor, nach denen sie an einer Bronchialerkrankung litt. Am 31. 1. teilte K der Geschäftsführung der B telefonisch mit, dass sie wegen eines Bandscheibenvorfalls arbeitsunfähig sei, und übersandte zweimal Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen einer Fachärztin für Orthopädie. Der Geschäftsführer der B-GmbH bezweifelte, dass die Krankmeldungen zutreffend waren, insbesondere dass ein Bandscheibenvorfall vorlag, und wollte das abklären lassen. Mitte Februar beauftragte er einen Detektiv mit der Observation der K. Diese erfolgte an vier Tagen. Heimlich beobachtet und mit einer Kamera aufgezeichnet wurden u. a. das Haus der K, sie und ihr Mann mit Hund vor dem Haus und der Besuch der K in einem Waschsalon. Der dem Geschäftsführer der B übergebene Observationsbericht enthielt elf Bilder, neun davon aus Videosequenzen.

B kündigte der K wegen Vortäuschung der Arbeitsunfähigkeit und verlangte von ihr Ersatz der Kosten für den Detektiv. Darüber kam es zu einem Prozess vor dem Arbeitsgericht. In diesem legte B den Observationsbericht und die aufgenommenen Bilder vor. Mit später rechtskräftig gewordenem Urteil gab das Gericht der Kündigungsschutzklage statt und wies die Klage auf Kostenersatz ab. Begründet wurde das damit, aus dem vorgelegten Material ergebe sich nicht, dass K die Krankheit vorgetäuscht habe. Nunmehr verlangt K von B ein Schmerzensgeld wegen der nach ihrer Auffassung unberechtigten Observation. Der durch die Bildaufnahmen ihres Privatlebens erfolgte Eingriff in ihre Privatsphäre habe sie psychisch erheblich belastet, zumal die Aufnahmen in der Gerichtsverhandlung vorgelegt worden seien und sie in die Gefahr gebracht habe, den Arbeitsgerichtsprozess zu verlieren. Ist der Anspruch begründet?

I. Die zu prüfende Anspruchsgrundlage muss auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen eines Nichtvermögensschadens (immateriellen Schadens) gerichtet sein, und ihre Voraussetzungen müssen möglicherweise vorliegen. Die folgenden Anspruchsgrundlagen scheiden deshalb von vornherein aus.

1. Bei § 253 II BGB (i. V. m. § 823 BGB) fehlt es an den dort vorausgesetzten Verletzungstatbeständen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die von K vorgetragene psychische Belastung den Grad einer Köper- oder Gesundheitsverletzung erreicht hat.

2. Bei § 22 I KunstUrhG, wonach Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen, fehlt es an einer Verbreitung oder Zur-Schau-Stellung der angefertigten Aufnahmen. Außerdem richtet sich die Rechtsfolge der Vorschrift nicht auf Schadensersatz.

3. §§ 7, 8 Bundes-Datenschutzgesetz (BDSG) sind zwar auf Schadensersatz gerichtet. Jedoch kann ein immaterieller Schaden nur nach § 8 I, II BDSG verlangt werden. Dann müsste eine verantwortliche öffentliche Stelle eine unzulässige automatisierte Datenerhebung, Verarbeitung oder Nutzung vorgenommen haben. Die B-GmbH als privater Arbeitgeber ist keine öffentliche Stelle (§ 2 I BDSG), sondern eine nicht-öffentliche (§ 2 II BDSG). Auch ist kein automatisierter Umgang mit Daten der K erfolgt. Diese Vorschrift greift also nicht ein, ist aber auch nicht abschließend, so BAG [15] m. w. N.

Aus diesen Überlegungen ergibt sich, dass ein spezieIIes Persönlichkeitsrecht der K keinen Anspruch gewährt.

II. Ein Anspruch könnte sich über § 823 I BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der K als eines sonstigen Rechts herleiten lassen. Allerdings ist § 823 BGB zunächst nur auf Ersatz eines Vermögensschadens gerichtet (§§ 249; 253 I BGB). Für einen Anspruch auf Ersatz eines Nichtvermögensschadens bedarf es einer zusätzlichen Begründung. Diese ergibt sich daraus, dass im Falle einer schweren und schuldhaften Verletzung des Persönlichkeitsrechts den Art. 1 I und 2 I GG der Auftrag entnommen wird, auch im Falle eines immateriellen Schadens eine Geldentschädigung zu gewähren.

BAG [14] Das durch Art. 2 Abs. 1 .i. V. mit . Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist im Privatrechtsverkehr und insbesondere auch im Arbeitsverhältnis zu beachten (vgl. vgl. BAGE 142, 176; 136, 156; BGH NJW 2011, 1005 Rdnr. 12; … BVerfGE 34, 269). Ein auf § 823 Abs. 1 BGB gestützter Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung…setzt voraus, dass die Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (BAGE 142, 143; BGHZ 39, 124; BVerfGE 34, 269… ). Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (BGHZ 160, 298).

Anspruchsgrundlage für einen Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer schweren Verletzung des Persönlichkeitsrechts ist also § 823 I BGB i. V. m. dem Schutzauftrag aus Art. 1 I, 2 I GG.

1. Voraussetzung ist eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der K.

a) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt das Recht des Einzelnen auf Achtung seiner personellen und sozialen Identität sowie auf Entfaltung und Entwicklung zu einer individuellen Persönlichkeit (Palandt/Spree, BGB, 74. Aufl., § 823 Rdnr. 86). Es hat eine Reihe von Ausgestaltungen und konkretisierenden Fallgruppen erfahren. Sie sind im öffentlichen und im privaten Recht nicht vollständig gleich, stimmen aber in weitem Umfang überein.

aa) Ausgestaltungen sind das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (auf Datenschutz; BVerfGE 65, 1; 118, 168, 184; 120, 378, 397; Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl., Art. 2 Rdnr. 42 : nicht nur im Bereich der automatisierten Datenverarbeitung) und auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (BVerfGE 120, 274). Außerhalb dieser beiden Bereiche lässt sich der Schutz der Persönlichkeit konkretisierend abstufen durch Einordnung des Falles in unterschiedliche Sphären (Palandt/Spree § 823 Rdnr. 87): die absolut geschützte Intimsphäre (Sexualität, Gesundheitszustand, Tagebücher), die weitgehend geschützte Privatsphäre (häusliches und privates Leben, Rückzug aus der Öffentlichkeit) und die Sozialsphäre (Beruf, Kontakte in der Öffentlichkeit). Schließlich wurden Fallgruppen entwickelt wie das Recht auf das eigene Bild und am gesprochenen Wort. (Ausführlich Neuner, Der privatrechtliche Schutz der Persönlichkeit, JuS 2015, 961 ff. In diesem Beitrag werden die Fälle und Fallgruppen zu zwei Hauptfallgruppen zusammengefasst: dem Recht auf personale Integrität und dem Recht auf soziale Integrität.)

bb) Im vorliegenden Fall kommen zwei konkretisierende Fallgruppen in Betracht: das Recht am eigenen Bild und der Datenschutz. Zu diesen Fallgruppen BAG [17] Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst neben dem Recht am gesprochenen Wort auch das Recht am eigenen Bild. Es gehört zum Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen darüber zu entscheiden, ob Filmaufnahmen von ihm gemacht und möglicherweise verwendet werden dürfen (vgl. BAGE 127, 276; 146, 303). Die Verwertung von personenbezogenen Daten greift in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein, das die Befugnis garantiert, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden (vgl. BVerfGE 120, 378).

Diese beiden Fallgruppen sind im vorliegenden Fall miteinander verbunden, wenn die von K gemachten Aufnahmen zugleich eigene Bilder und personenbezogene Daten von ihr sind. Ob das der Fall ist, kann sich aus einer Anwendung des Bundes-Datenschutzgesetzes (BDSG) ergeben. Dieses kann auch die Frage beantworten, ob das Vorgehen der B und des Detektivs rechtmäßig waren. In diesem Sinne führt BAG [17] aus: Die Bestimmungen des BDSG über die Anforderungen an eine zulässige Datenverarbeitung konkretisieren und aktualisieren den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild (näher BAG NJW 2014, 810 Rn. 45).

b) Somit sind die im vorliegenden Fall anwendbaren Vorschriften des BDSG heranzuziehen. Die Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke eines Beschäftigungsverhältnisses ist in § 32 BDSG geregelt. BAG [19] Vorliegend ist an § 32 Abs. 1 BDSG (Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses) zu messen, ob ein rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vorliegt.Nach § 32 I BDSG dürfen p ersonenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind. Diese Vorschrift ist auch anzuwenden, wenn personenbezogene Daten erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, ohne dass sie automatisiert verarbeitet werden.

aa) Damit § 32 I BDSG eingreift, müssen personenbezogene Daten der K betroffen sein. P ersonenbezogene Daten sind nach § 3 I BDSG „Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener).“ Bildaufnahmen, auf denen eine Person zu erkennen ist und die die Person in einen Zusammenhang mit Aktivitäten oder Beziehungen stellt, sind Einzelangaben über Verhältnisse dieser Person (Simitis/Dammann, BDSG, 7. Aufl., § 3 Rdnrn. 4, 11).


bb) Indem B dem Detektiv den Auftrag zur Observation und Anfertigung solcher Bilder erteilt hat, hat sie die Daten erhoben. Zumindest hat sie die Daten durch Vorlage im dem Arbeitsgerichtsprozess genutzt.

Das BAG hat diese Vorschriften in Anwendung einer EU-Richtlinie unionsrechtskonform ausgelegt und in diesem Zusammenhang ausgeführt, [23] Durch Privatdetektive erhobene Daten, die bestimmte oder bestimmbare natürliche Personen betreffen, sind personenbezogene Daten i. S. von. § 32 Abs. 1 BDSG… Ihre Erhebung, Aufbewahrung und Übermittlung durch einen Auftraggeber oder durch Privatdetektive, die auf eigene Rechnung handeln, ist eine „Verarbeitung personenbezogener Daten“ i. S. von. Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 95/46/EG (…). Auch das von einer Kamera aufgezeichnete Bild einer Person fällt unter den Begriff der personenbezogenen Daten, sofern es die Identifikation der betroffenen Person ermöglicht (EuGH C-212/13 - [Ryneš] Rn. 22). Das ist hier der Fall. Vgl. auch MüKo/Rixecker, 6. Aufl., Bd. 1, Allg. Persönlichkeitsrecht, Rdnr. 113, wonach Fotografien personenbezogene Daten sind, deren Erhebung in das Persönlichkeitsrecht eingreift. Nach Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl., Art. 2 Rdnr. 42 ist bereits die Observation ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht.

cc) Nach § 32 I 1 BDSG ist die Datenerhebung und -verwendung nur zulässig, wenn sie für die Durchführung oder Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist. Im vorliegenden Fall vermutete die Geschäftsführung der B, dass K die Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht hat. Dann kamen Konsequenzen bei der Entgeltfortzahlung sowie eine Abmahnung in Betracht; beides betrifft die Durchführung des Arbeitsverhältnisses. Auch eine Kündigung war in Betracht zu ziehen; das betraf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Hierfür musste die Observation und die Bildaufzeichnung aber auch erforderlich sein. Das ist nur der Fall, wenn ein konkreter Verdacht besteht, etwa weil der Arbeitnehmer nach einer Auseinandersetzung in der Firma oder um sich zusätzliche Freizeit zu beschaffen, vorher erklärt hat, „krank feiern zu wollen“, oder weil er bei einer Tätigkeit beobachtet wurde, die mit der Krankheit unvereinbar war. Solche Umstände lagen im Hinblick auf K nicht vor. Der Sachverhalt gibt keine Gründe an, die die Geschäftsführung der B zu den Zweifeln, dass K an einem Bandscheibenvorfall litt, geführt haben; deshalb kann von konkreten Verdachtsgründen nicht ausgegangen werden. Insoweit kann auch mit herangezogen werden, dass das - später ergangene - Urteil des ArbGer. ein Vortäuschen der Krankheit durch K nicht hat feststellen können. Die Datenerhebung und -verwendung war folglich nicht erforderlich.

Das BAG ist davon ausgegangen, dass im Falle der Vortäuschung einer Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber ein Vermögensschaden entstehen konnte und dass deshalb ein Betrug nach § 263 StGB in Betracht kam. Dann war § 32 I Satz 2 BDSG anzuwenden. Es mussten tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat. [25-27] Im Hinblick auf das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit als überwachungsrechtfertigende Straftat müssen angesichts des hohen Beweiswertes einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zumindest begründete Zweifel an der Richtigkeit dieser ärztlichen Bescheinigung aufgezeigt werden, um den Beweiswert der Bescheinigung zu erschüttern (…BAGE 105, 171). Wie revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, hat das LAG erkannt, dass die Beklagte keine begründeten Zweifel an der Richtigkeit der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen aufgezeigt hat. Weder hat die Klägerin beispielsweise im Rahmen einer Auseinandersetzung am Arbeitsplatz eine nachfolgende Arbeitsunfähigkeit angekündigt, noch war der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen dadurch erschüttert, dass sie von unterschiedlichen Ärzten stammten… Angesichts eines von vornherein fehlenden berechtigten Interesses an einer Erhebung personenbezogener Daten der Klägerin kommt es auf eine Rechtfertigungs- und Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht mehr an. (Zur Verhältnismäßigkeit einer Observation BAG NJW 2014, 810; Krieger NJW 2015, 2752. - Zur Videoüberwachung von Arbeitnehmern Venetis/Oberwetter NJW 2016, 1051.)

c) Folglich lag ein Verstoß gegen § 32 I BDSG vor. Er bedeutete, dass das Recht der K auf informationelle Selbstbestimmung und ihr Recht am eigenen Bild verletzt wurden.

Dagegen hat die Geschäftsführung der B keine Anstiftung zu einer Straftat nach § 201 a StGB (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen) begangen. Die gefilmten Personen befanden sich nicht in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum (Nr. 1) und waren auch nicht hilflos (Nr. 2).

d) Aus den festgestellten Verstößen ergibt sich unmittelbar, dass B das allgemeine Persönlichkeitsrecht der K verletzt hat. Die sonst beim Persönlichkeitsrecht als einem Rahmenrecht vorzunehmende Rechtswidrigkeitsprüfung durch Einbeziehen gegenläufiger Interessen entfällt, weil wegen des festgestellten Verstoßes gegen § 32 I BDSG die Rechtswidrigkeit des Eingriffs bereits feststeht.

e) Der Eingriff war auch schuldhaft. Die Geschäftsführung der B hätte wissen müssen, dass es für eine Observation zur Aufklärung einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit Voraussetzungen gibt und dass diese hier nicht erfüllt waren. Der dem Detektiv erteilte Auftrag war zumindest fahrlässig.

2. Für die Zubilligung einer Geldentschädigung muss die Persönlichkeitsverletzung auch schwerwiegend sein.

a) Den Prüfungsmaßstab beschreibt BAG [16] wie folgt: Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind in gebotener Gesamtwürdigung insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (… BGHZ 199, 237; 183, 227).

b) BAG [28, 29] Die vorliegende rechtswidrige Datenerhebung stellt eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung dar… Ein Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 i. V. mit . Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin liegt bereits in der durch die Beklagte veranlassten Observation der Klägerin (…). Wie das LAG zutreffend erkannt hat, intensivieren die im Zusammenhang mit der Observation gefertigten Videoaufnahmen die Stärke des Eingriffs erheblich. Hinzu kommt die Heimlichkeit der Aufzeichnungen. Sie erfolgten im öffentlichen Raum und ohne eine Kenntlichmachung gemäß § 6 b Abs. 1 und Abs. 2 BDSG. Weiterhin spricht für einen schwerwiegenden Eingriff, dass er im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erfolgt ist, innerhalb dessen die Parteien eigentlich vertrauensvoll hätten zusammen wirken müssen. Es wäre zu erwarten gewesen, dass die Geschäftsführung der B die K zunächst mit den aufgekommenen Zweifeln konfrontiert hätte, statt sofort einen Detektiv loszuschicken. In letzterem Verhalten lag ein besonderer Vertrauensbruch, der den Schluss auf eine schwere Persönlichkeitsverletzung rechtfertigt.

3. Dass die Beeinträchtigung auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (vgl. oben II.), ist nicht ersichtlich. Somit steht K ein Anspruch auf eine angemessene Entschädigung zu.

III. Was die Höhe der Entschädigung betrifft, hatte K im Originalfall 10.500 Euro verlangt, das LAG Hamm als Vorinstanz hatte ihr 1.000 Euro zugebilligt. Der BGH bestätigt den vom LAG gewährten Betrag, [32, 33] Die Bemessung der Höhe der Geldentschädigung obliegt in erster Linie tatrichterlicher Entscheidung und ist revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbar (zur beschränkten Revisibilität u.a. BGHZ 199, 237; BAG 8 AZR 593/06 Rn. 97, zu einem Schmerzensgeldanspruch nach § 253 Abs. 2 BGB). Das LAG hat alle maßgeblichen Umstände des Falles angemessen gewürdigt. Es hat zutreffend als einen der wichtigen Bemessungsfaktoren die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung (…) berücksichtigt und dabei einbezogen, dass der Detektiv die Klägerin nicht nur beobachtete, sondern von ihr darüber hinaus in Situationen, denen er besondere Bedeutung beimaß, heimliche Videoaufnahmen gemacht hat. Es hat weiter zutreffend sowohl bedacht, dass die Videoaufnahmen im privaten Lebensbereich der Klägerin die Grenze zur entschädigungspflichtigen Persönlichkeitsverletzung überschritten, jedoch die Bildaufzeichnungen nicht die Intim- oder Privatsphäre der Klägerin betrafen, sondern sich auf Geschehnisse in der Öffentlichkeitssphäre (Straße und Waschsalon) beschränkten; weiter hat es berücksichtigt, dass eine vertrauliche Aufbewahrung und grundsätzliche Nichtweitergabe an Dritte erfolgten, wobei jedoch Auszüge der Beklagten zugänglich gemacht wurden, die diese vor Gericht präsentierte… Den Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers, der ebenfalls, wie auch der der Prävention, einer der wichtigen Bemessungsfaktoren der Geldentschädigung ist,…hat das LAG ebenfalls ausdrücklich einbezogen… Ein weiteres Element, das dafür spricht, den Betrag nicht niedriger als 1.000 Euro anzusetzen, ist die von K vorgetragene und glaubhafte psychische Belastung durch den Vorfall.

Ergebnis: K hat gegen B einen Anspruch auf Zahlung von 1.000 Euro aus § 823 I BGB i. V. m. Art. 2 I, 1 I GG.

Krieger NJW 2015, 2752 hat das Urteil des BAG zustimmend besprochen. Die Besprechung beginnt mit der Feststellung „Das Urteil ist eine schlechte Nachricht für Privatdetektive. Das BAG verschließt ihnen eine lukrative Einnahmequelle“ und endet damit: „Schade, dass das BAG Rechtsprechungsgewalt nur über Arbeitgeber hat. Man würde sich wünschen, dass ähnlich strenge Maßstäbe auch für andere Datensammler gelten.“


Zusammenfassung