Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann
► Abschluss eines notariell zu beurkundenden Vertrages durch getrennte Erklärungen, § 128 BGB. ► AGB, begriffliches Vorliegen, § 305 BGB; Vertragsabschlussklausel. ► Unwirksamkeit einer unbefristeten Fortgeltungsklausel, § 308 Nr. 1 BGB. ► Beurkundungsgebot, § 311 b I 1 BGB. ► Nichtübereinstimmen des gewollten und des beurkundeten Vertrags, §§ 117, 125 BGB. ► Heilung eines Formmangels, § 311 b I 2 BGB. ► Verhältnis zwischen Formmangel und Einigungsmangel; Doppelwirkung im Recht
BGH Urteil vom 13. Mai 2016 (V ZR 265/14) BeckRS 2016, 10699
Fall (Eigenprovisionsabrede)
Die B-Gesellschaft bürgerlichen Rechts erwirbt und veräußert sanierungsbedürftige Altbauwohnungen. Ende April des laufenden Jahres verhandelte ihr geschäftsführender Gesellschafter G mit K über den Kauf einer kleinen Eigentumswohnung zur privaten Nutzung. Als K erklärte, der Kaufpreis von 81.000 Euro sei ihm angesichts des Sanierungsbedarfs zu hoch, erklärte G, der Kaufpreis sei nicht verhandelbar; da aber kein Makler eingeschaltet werde, könne er K eine Eigenprovision anbieten. G und B schlossen daraufhin schriftlich eine „Eigenprovisionsvereinbarung“, wonach K von dem Kaufpreis 13.000 Euro erhält, davon zunächst die Erwerbsnebenkosten (Notar, Grunderwerbsteuer, Eintragungskosten) zu zahlen hat und ca. 7.300 Euro behalten darf.
Wie in dem Apriltermin von G vorgegeben, ging K am 29. Mai zum Notar N, der ihm ein vorformuliertes, an B gerichtetes „Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages“ über die Eigentumswohnung vorlegte und nach Zustimmung des K beurkundete. Als Preis wurden 81.000 Euro angeben; die Provisionsvereinbarung wurde nicht erwähnt. In der Urkunde heißt es weiter: „Der Käufer hält sich bis zum 4. Juli an das Angebot gebunden. Danach gilt das Angebot bis zu einem notariell erklärten Widerruf durch den Käufer weiter. Nach Annahme des Angebots durch die Verkäuferin ist diese zur Erklärung der Auflassung auch im Namen des Käufers berechtigt.“ K nahm ein Darlehen über 81.000 Euro auf und ließ den Betrag auf ein Treuhandkonto des N überweisen. Am 10. August nahm G das Angebot des K an und erklärte - zugleich als Vertreterin des K - die Auflassung. Der Betrag von 81.000 Euro wurde an B überwiesen. K wurde als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
Nach Übernahme der Wohnung stellte K fest, dass der Kauf für ihn unerwartet ungünstig war, und möchte sich davon lösen. Er bezweifelt, dass die Annahme des Angebots am 10. 8. noch möglich war. Er habe der Bindungsklausel, deren Aufnahme B veranlasst habe, nicht entnommen, dass eine Annahme des Angebots zehn Wochen nach dessen Abgabe und mehr als vier Wochen nach Ablauf der Bindungsfrist noch möglich sein würde. Auch hätte die Eigenprovisionszusage, die B übrigens noch nicht erfüllt habe, mit in den Kaufvertrag aufgenommen werden müssen. Demgegenüber bestreitet B, dass sie die Aufnahme der Bindungsklausel veranlasst habe; zumindest Satz 2 sei erst in dem Termin am 29. 5. aufgenommen worden, was N allerdings nicht bestätigt hat. Die Provisionsabrede sei eine eigenständige Vereinbarung und kein Teil des Kaufvertrages gewesen. Falls ihre Nichtaufnahme dennoch zu Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit des Kaufvertrages führt, sei der Vertrag jedenfalls durch Auflassung und Eintragung des K im Grundbuch geheilt worden, zumal auch der Kaufpreis gezahlt worden sei. Im Zeitpunkt der Eintragung des K habe Übereinstimmung zwischen K und B bestanden, dass K für die Wohnung 81.000 Euro zahlen und 13.000 Euro Provision erhalten sollte; deshalb sei der Vertrag mit diesem Inhalt zustande gekommen. K bittet um eine gutachtliche Stellungnahme zu der Frage, ob er die gezahlten 81.000 Euro gegen Rückübereignung der Wohnung von B erstattet verlangen kann.
Lösung
Anspruchsgrundlage für einen Anspruch des K gegen B auf Zahlung der 81.000 Euro kann § 812 I 1 BGB in der Form der Leistungskondiktion sein. K hat 81.000 Euro an B, eine rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts, geleistet. Diese Leistung ist ohne Rechtsgrund erfolgt, wenn ihr kein rechtswirksamer Kaufvertrag zugrunde lag.
I. Ein Kaufvertrag zwischen B und K über die Eigentumswohnung hat zunächst eine Einigung zur Voraussetzung, die im vorliegenden Fall durch Angebot und Annahme (§§ 145 ff. BGB) erfolgt sein kann.
1. Die am 29. 5. von K bei dem Notar N abgegebene Erklärung war ein Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages. Es umfasste den Kaufgegenstand und einen Kaufpreis. Ob der Preis wie beurkundet 81.000 Euro betrug oder ob davon - wie in der Provisionsabrede vereinbart - ein Betrag aus der Provisionsabrede abzuziehen ist, kann an dieser Stelle noch offen bleiben und ist als Frage der Auslegung des Angebots oder des Kaufvertrags zu behandeln.
2. B hat am 10. 8. die Annahme erklärt. Dabei wurde B durch G wirksam vertreten. G war als geschäftsführender Gesellschafter zur Geschäftsführung befugt und hatte gemäß § 714 BGB auch die Vertretungsbefugnis.
3. Ein Vertrag ist nur dann zustande gekommen, wenn das Angebot des K vom 29. 5. am 10. 8. noch bindend und nicht erloschen war. Nach Satz 2 der im Angebot vom 29. 5. enthaltenen Bindungsklausel bestand eine Bindung an das Angebot über den 4. 7. hinaus, weil B sein Angebot nicht widerrufen hatte. Jedoch könnte die Klausel, soweit sie eine Bindung über den 4. 7. hinaus enthält, eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) sein, die nach § 308 Nr. 1 BGB unwirksam war, weil sie eine unangemessen lange Bindung des K bewirkte. Die dahingehende Prüfung geht auch dem Einwand des K nach, eine Annahme des Angebots zehn Wochen nach dessen Abgabe sei nicht mehr möglich gewesen.
a) Die Bindungsklausel müsst eine AGB sein. AGB sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei, der Verwender, der anderen Vertragspartei stellt (§ 305 I 1 BGB). Nach § 305 I 2 BGB müssen AGB nicht einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden, sondern können auch in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden.
(1) Die Bindungsklausel ist keine Vertragsbedingung, die einem abgeschlossenen Vertrag hinzugefügt ist, sondern betrifft dessen Zustandekommen, ist also eine Vertragsabschlussklausel. Auch diese fällt unter §§ 305 ff. BGB , wie sich aus § 308 Nr. 1 BGB ergibt, wo gerade Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots geregelt sind (BGHZ 104, 95, 98; im vorliegenden Fall [12]; Riehm JuS 2016, 935/6 in einer Besprechung dieses Falles).
(2) Die Bindungsklausel müsste eine vorformulierte Vertragsbedingung sein, die B dem K gestellt hat.
(a) Nach dem Sachverhalt hat Notar N dem K einen vorformulierten Vertragsentwurf vorgelegt, dessen wesentlicher Inhalt nur von B stammen konnte. Offenbar war N von B vorher über das von K abzugebende Angebot informiert worden. Allerdings bestreitet B, dass auch der zweite Satz der Klausel von ihr stammt. Nach § 310 III Nr. 1 BGB gelten AGB bei Verbraucherverträgen als vom Unternehmer gestellt, wenn nicht erwiesen ist, dass sie durch den Verbraucher eingeführt wurden. K hat die Eigentumswohnung zur privaten Nutzung erworben, war also Verbraucher. B hat in Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit gehandelt, war also Unternehmer (§ 14 I BGB; Riehm JuS 2016, 936; BGH [10]). B hat nicht bewiesen, dass Satz 2 der Bindungsklausel von K gewünscht worden ist, insbesondere hat der Notar das nicht bestätigt. Es ist daher davon auszugehen, dass die gesamte Bindungsklausel von B stammt und dem K gestellt worden ist.
(b) Da nach der Aufgabenstellung ein Gutachten gefordert ist, ist aber auch darauf hinzuweisen, dass im Falle eines Rechtsstreits B noch die Möglichkeit hat, seinen Vortrag, dass die Klausel nicht von ihm stammt, zu beweisen. Dann wäre Satz 2 der Bindungsklausel keine AGB und könnte als Individualabrede nicht gegen § 308 Nr. 1 BGB verstoßen. Solange B aber den Gegenbeweis nicht geführt hat, wird von dem Ergebnis oben (a) ausgegangen.
(3) Dass eine derartige Bindungsklausel von B in einer Mehrzahl von Fällen verwendet wird, kann daraus geschlossen werden, dass B gewerblich Altbauwohnungen vertreibt. Letztlich kommt es darauf aber nicht an, weil bei einem Verbrauchervertrag nach § 310 III Nr. 2 BGB auch schon die einmalige Verwendung genügt, wenn der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Da davon auszugehen ist, dass B dem K den Vertragsentwurf gestellt hat, ist auch anzunehmen, dass K keinen Einfluss auf den Inhalt hatte (für eine Anwendung des § 310 III Nr. 2 auch Riehm JuS 2016, 936).
(4) Aus den bisherigen Ausführungen folgt weiterhin, dass d ie Klausel nicht zwischen B und K im Einzelnen ausgehandelt wurde, so dass § 305 I 3 BGB einer Einordnung der Klausel als AGB nicht entgegen steht. BGH [10] Zutreffend meint das BerGer., es sei Sache der B, ein Aushandeln im Einzelnen im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB darzulegen und zu beweisen. Dies ergibt sich bei einem Verbrauchervertrag aus der in § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB vorgesehenen Beweislastverteilung (vgl. BGHZ 176, 140 Rn. 14 m. w. N.).
Die Klausel ist somit eine AGB.
b) Nach § 308 Nr. 1 BGB ist eine AGB unwirksam, durch die sich der Verwender eine unangemessen lange Frist für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots vorbehält.
Die Annahmefrist bis zum 4. 7. war angemessen; der BGH hält eine Frist bis zu drei Monaten für zulässig (NJW 2016, 2173). Die danach laufende Frist war aber nicht mehr begrenzt; eine unbegrenzte Frist ist unangemessen. Die Widerrufsmöglichkeit ändert daran nichts, weil K mit der Notwendigkeit einer notariellen Erklärung belastet wird und über eine unbestimmt lange Zeit im Ungewissen darüber sein kann, ob der Vertrag zustande kommt. BGH [12] Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach denen das Angebot des anderen Teils unbefristet fortbesteht und von dem Verwender jederzeit angenommen werden kann (unbefristete Fortgeltungsklauseln), sind auch dann mit § 308 Nr. 1 BGB unvereinbar, wenn das Angebot - wie hier - widerruflich ist (st. Rspr., vgl. zu Kaufverträgen BGH NJW 2013, 3434 ff.; zu Bauträgerverträgen NJW 2014, 854 ff.; 2014, 857 ff.). Riehm JuS 2016, 936: „Die Fortgeltungsklausel, die das gesetzliche Prinzip des § 146 BGB umkehrt, schränkt die Dispositionsfreiheit des Anbietenden unangemessen ein und ist daher nach § 308 Nr. 1 BGB unwirksam.“ Dafür spricht auch, dass im Falle einer solchen Klausel der Vertrag noch nach Monaten oder Jahren angenommen werden kann und ein Antragender, auch wenn er sein Angebot nicht widerrufen hat, das lange Schweigen des Angebotsempfängers als Nichtannahme verstehen durfte, so dass er durch die späte Annahme negativ überrascht werden kann.
4. Folglich konnte das Angebot des K nur innerhalb der bis zum 4. 7. gesetzten Frist (§ 148 BGB) angenommen werden; danach war es erloschen (§ 146 BGB), eine Annahme am 10. 8. war nicht mehr möglich. Somit haben die Erklärungen vom 29. 5. und 10. 8. zu keiner für einen rechtswirksamen Kaufvertrag erforderlichen Einigung zwischen B und K geführt.
5. BGH [13] Anhaltspunkte dafür, dass K die verspätete Annahmeerklärung der Verkäuferin, die gemäß § 150 Abs. 1 BGB als neues Angebot gilt, angenommen hat, sind nicht ersichtlich. Eine Annahme durch Schweigen kommt bei beurkundungsbedürftigen Grundstücksgeschäften nicht in Betracht. Die von dem anderen Teil zur Erfüllung vorgenommenen Handlungen wie etwa die Kaufpreiszahlung sind grundsätzlich nicht als schlüssige Annahmeerklärung auszulegen (näher BGH NJW 2010, 2873 Rn. 16 ff.; 2013, 3434 Rn. 27).
Es liegt ein Einigungsmangel vor, der, da B und K zumindest zunächst davon ausgegangen sind, dass der Vertrag geschlossen wurde, dem versteckten Dissens nach § 155 BGB ähnlich ist.
II. Ein weiterer Grund dafür, dass durch die Erklärungen vom 29. 5. und 10. 8. kein Vertrag zwischen B und K zustande gekommen ist, könnte darin liegen, dass das Angebot des K wegen eines Formmangels nichtig war (§ 125 BGB). Andererseits wäre damit auch die Möglichkeit einer Heilung eröffnet (§ 311 b I 2 BGB), die sich auch auf den Einigungsmangel auswirken könnte; ein in diese Richtung gehender Vortrag der B findet sich im Sachverhalt.
1. Nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) erfolgt der Erwerb einer Eigentumswohnung durch die Einräumung von Sondereigentum an der Wohnung. Nach § 4 III WEG gilt f ür einen Vertrag, durch den sich ein Teil verpflichtet, Sondereigentum einzuräumen oder zu erwerben, § 311 b I BGB entsprechend. Nach § 311 b I 1 BGB bedarf der Vertrag der notariellen Beurkundung. Diese Beurkundung kann nach § 128 BGB auch so erfolgen, dass zunächst der Antrag und sodann die Annahme des Antrags beurkundet wird. Sind dabei die Parteien nicht gleichzeitig anwesend, kommt nach § 152 BGB der Vertrag mit der Beurkundung der Annahme zustande. Damit dabei eine Einigung im Sinne der Grundsätze über das Zustandekommen eines Vertrages erfolgt, muss bereits der Antrag sämtliche für den Vertragsschluss wesentlichen Punkte (vgl. §§ 154, 155 BGB) formgerecht enthalten.
a) Aufgrund der Absprache zwischen B und K im April stand fest, dass K nicht 81.000 Euro zahlen sollte, sondern nur einen Preis, der um den in der Provisionsabrede festgelegten Betrag gemindert war. K sollte einen Rabatt erhalten (Riehm JuS 2016, 936). Dieser, den nominellen Preis von 81.000 Euro mindernde Rabatt hätte deshalb in das notarielle Angebot mit aufgenommen werden müssen. BGH [15] Der Beurkundungszwang für Verträge, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, erstreckt sich auf alle Vereinbarungen, aus denen sich das schuldrechtliche Veräußerungsgeschäft nach dem Willen der Parteien zusammensetzt. Er erfasst deshalb auch eine Abrede über die Rückzahlung eines Teils des Kaufpreises, wie sie hier getroffen worden ist (vgl. BGH NJW 2011, 2953 Rn. 6). Dass die Provisionsabrede - entgegen dem Vorbringen der B - kein selbstständiger Vertrag war, sondern im Zusammenhang mit der Kaufpreisvereinbarung stand, ergibt sich daraus, dass sie eine Reaktion des G auf den Einwand des K war, der Preis von 81.000 Euro sei ihm zu hoch; er wurde durch die Provisionsabrede herabgesetzt.
b) Eine Beurkundung der Provisionszusage ist nicht vorgenommen worden. Damit wird die typische Folge eines falsch beurkundeten Geschäfts ausgelöst (BGH [15], Riehm JuS 2016, 936): Das beurkundete Geschäft - im vorliegenden Fall das Angebot des K zu 81.000 Euro - war nicht wirklich gewollt, war also ein Scheingeschäft und nach § 117 I BGB nichtig. Maßgeblich ist nach § 117 II BGB das wirklich gewollte Angebot, also ein Angebot zu 81.000 Euro abzüglich des Rabatts laut Provisionsabrede; das ist aber wegen der fehlenden Beurkundung nach § 125 BGB nichtig. Also lag ein Formmangel vor, der nach §§ 311 b I 1, 125 BGB zur Nichtigkeit des Angebots und des Vertrages führt.
2. Das wirklich gewollte und wegen des Formmangels nichtige Geschäft könnte aber geheilt worden sein. Nach § 311 b I 2 BGB wird ein Vertrag, der nach § 311 b I 1 BGB nichtig war, geheilt, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen. Eine wirksame Auflassung hat G erklärt. Er durfte dabei sowohl für B als auch für K handeln, weil ihm das nach der Erklärung des K in der am 29. 5. aufgenommenen Urkunde gestattet war (§ 181 BGB). Die Gestattung war nicht davon abhängig gemacht worden, dass die Annahme durch B zu einem rechtswirksamen Vertrag geführt hat. K wurde als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
a) Geheilt wird nach § 311 b I 2 BGB „ein ohne Beachtung dieser Form geschlossener Vertrag“. BGH [29, 30] Bereits aus dem Wortlaut folgt, dass nur ein geschlossener Vertrag gültig werden kann. Hierfür bedarf es einer Willensübereinstimmung, die im Zeitpunkt der Auflassung fortbestehen muss (vgl. BGHZ 127, 129, 136 f.; m. w. N.). Dann bewirken Auflassung und Eintragung, dass an denselben Lebenssachverhalt andere Rechtsfolgen geknüpft werden, indem das im Übrigen unveränderte Verpflichtungsgeschäft mit Wirkung ex nunc insgesamt wirksam wird. War aber das Angebot - wie hier - im Zeitpunkt der Annahme erloschen, ist es zu der erforderlichen Willensübereinstimmung nicht gekommen. Dieses Ergebnis entspricht auch dem Zweck des § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB, der in dem Gedanken der Erfüllung zu sehen ist. Einem (im Übrigen wirksam geschlossenen) Vertrag soll, nachdem die Erfüllung erfolgt ist, allein wegen des Formmangels nicht weiterhin die Wirksamkeit versagt bleiben (vgl. grundlegend BGHZ 160, 368, 370 ff.). Anerkanntermaßen erstreckt sich die Heilungswirkung nicht auf weitere Nichtigkeitsgründe, die dazu führen, dass die Rechtsordnung dem nunmehr formwirksamen Rechtsgeschäft die Wirksamkeit versagt, wie etwa die fehlende Geschäftsfähigkeit, Verstöße gegen §§ 134, 138 BGB oder das Fehlen erforderlicher Genehmigungen (vgl. BGH WM 1969, 163, 164; Staudinger/R. Schumacher, BGB [2012], § 311 b Rn. 312; Erman/Grziwotz, BGB, 14. Aufl., § 311 b Rn. 79). Ebenso wenig soll § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB bewirken, dass ein Vertrag entsteht, bei dem die hierfür nach allgemeinem Vertragsrecht erforderlichen Voraussetzungen fehlen. Nach diesen Überlegungen steht der Einigungsmangel der Annahme eines „geschlossenen Vertrages“ i. S. des § 311 b I 2 BGB entgegen, so dass eine Heilung des Formmangels nicht erfolgt ist.
b) Allerdings folgte der Einigungsmangel daraus, dass Satz 2 der im Angebot enthaltenen Bindungsklausel wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 1 BGB unwirksam war und das Angebot deshalb im August nicht mehr angenommen werden konnte. Inzwischen steht aber fest, dass Satz 2 des Angebots des K bereits vorher wegen Formmangels nichtig war. Daraus könnte geschlossen werden, dass die unzulässige Fortgeltungsklausel nicht nur wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 1 BGB unwirksam war, sondern wegen Formnichtigkeit ganz entfallen war und einer Einigung nicht mehr entgegen stehen konnte. BGH [20] Nach Auffassung der B ist der Formmangel gemäß § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt worden, weil die erforderliche Willensübereinstimmung bei der Auflassung vorgelegen habe. Die verspätete Annahme habe sich wegen des Formmangels nicht ausgewirkt. Denn ein nichtiges Angebot könne nicht - also auch nicht verspätet - angenommen werden. Danach gibt es nur einen Mangel, den Formmangel, der zur Nichtigkeit der Fortgeltungsklausel führt und verhindert, dass später ein Einigungsmangel hinzukommt. Der Formmangel kann aber geheilt werden.
BGH [22-27] Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Ein auf den Abschluss eines nach § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB beurkundungspflichtigen Vertrags gerichtetes Angebot, das nicht notariell beurkundet und daher nichtig ist, kann, soweit es Allgemeine Geschäftsbedingungen enthält, zusätzlich aufgrund der richterlichen Inhaltskontrolle gemäß § 308 Nr. 1 BGB als unwirksam anzusehen sein…
Zwar ist nach dem Verständnis der B die formnichtige Erklärung - einem vernichteten realen Gegenstand vergleichbar - nicht existent. Aber wenn eine Willenserklärung nichtig ist, bedeutet dies nicht, dass sie nicht abgegeben worden ist. Vielmehr wird der Lebenssachverhalt von der Rechtsordnung mit den dafür vorgesehenen Rechtsfolgen als nichtig bewertet. Nach diesem normativen Verständnis kann derselbe Sachverhalt denklogisch noch anderen rechtlichen Bewertungen unterliegen, indem etwa mehrere Nichtigkeitsgründe zusammentreffen (vgl. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. II, 4. Aufl., § 30, 1 und § 31, 6; Herbert, JZ 2011, 503, 506; Schreiber, AcP 211 (2011), 34, 40; Lorenz, Gedächtnisschrift Wolf, 2011, S. 77, 78 f.). Dies entspricht der Vorstellung von der sogenannten Doppelwirkung im Recht (grundlegend Kipp, Festschrift v. Martitz, 1911, S. 211 ff.). Danach können unter anderem nichtige Willenserklärungen angefochten werden, was - jedenfalls im Ergebnis - heute allgemein anerkannt ist (…). Unter Berufung hierauf hat der BGH einen nichtigen Vertrag zugleich als widerruflich angesehen (vgl. BGHZ 183, 235 Rn. 18).
Allerdings können mehrere Mängel sich auch ausschließen, was im vorliegenden Fall aber nicht anzunehmen ist, weil die zugrunde liegenden Vorschriften verschiedene Zwecke verfolgen. Die Beurkundungspflicht nach § 311 b I 1 BGB soll Veräußerer und Erwerber vor übereilten Verträgen bewahren, sie auf die Wichtigkeit des Geschäfts hinweisen und ihnen die Möglichkeit rechtskundiger Belehrung und Beratung eröffnen (vgl. BGHZ 87, 150, 153). Auch soll die Beurkundung den Inhalt des Rechtsgeschäfts zuverlässig dokumentieren. Demgegenüber dient § 308 Nr. 1 BGB dem Schutz des Vertragspartners des Verwenders vor den Nachteilen übermäßig lang andauernder Schwebezustände (vgl. BGH NJW 2013, 3434 Rn. 20). Eine zusätzliche Überprüfung des nicht formgerecht geschlossenen Vertrages nach AGB-Recht ist auch deshalb geboten, weil bei einer typisierenden Betrachtung nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Antragende die Formnichtigkeit erkennt und hieraus zutreffende rechtliche Schlüsse zieht. Infolgedessen kann er mit der Annahme auch eines formunwirksamen Angebots nach geraumer Zeit überrascht werden, was § 308 Nr. 1 BGB gerade verhindern will.
Gilt das Angebot [wegen des Verstoßes gegen § 308 Nr. 1] nicht widerruflich weiter, ist es gemäß § 146 BGB mit Ablauf der gemäß § 148 BGB bestimmten Bindungsfrist erloschen. Es ist nicht ersichtlich, warum diese gesetzlich vorgeschriebene Rechtsfolge nicht eintreten sollte, wenn das Angebot (zusätzlich) formnichtig ist.
c) Somit bleibt es bei dem unter 1. gewonnenen Ergebnis, dass weder Einigungsmangel noch Formmangel geheilt sind.
3. B beruft sich noch darauf, im Zeitpunkt der Eintragung des K habe Übereinstimmung zwischen K und B bestanden, dass K für die Wohnung 81.000 Euro zahlen und 13.000 Euro Provision erhalten sollte. Damit wird versucht, einen Vertragsschluss unabhängig von den Erklärungen vom 29. 5. und 10. 8. darzutun. Dieser wäre aber wiederum formnichtig, weil er nicht beurkundet wurde (§§ 311 b I, 125 BGB). Auch eine Heilung lässt sich mit diesem Vorbringen nicht begründen, weil damit die unter 2 a, b) aufgezeigten Bedenken gegen eine Heilung nicht ausgeräumt werden.
III. Somit ist der Kaufvertrag, der mit den Erklärungen vom 29. 5. und 10. 8. geschlossen werden sollte, nichtig. Für die Zahlung der 81.000 Euro bestand kein Rechtsgrund. K kann von B Rückzahlung der 81.000 Euro Zug um Zug gegen Rückübereignung und Rückgabe der Eigentumswohnung verlangen.
Würde allerdings B in einem Klageverfahren noch beweisen, dass die Bindungsklausel nicht von ihr gestellt worden ist - vgl. oben III 1 (2) (b) - , fiele der Einigungsmangel weg, der Formmangel wäre geheilt, für die Zahlung der 81.000 Euro bestünde ein Rechtsgrund. K könnte dann die Zahlung der 81.000 Euro nicht verlangen.
Zusammenfassung
Die Leitsätze des BGH formulieren das so: