Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann 
 
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG); Benachteiligung von Frauen durch Verwendung des grammatisch männlichen Geschlechts, §§ 3, 19 AGG. Anspruch als subjektives Recht aus einem öffentl ich-rechtlichen Landes-Gleichstellungsgesetz; Schutznormtheorie. Schutzgesetz i. S. des § 823 II BGB. Allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I GG); Gleichheitsrechte (Art. 3 GG) 
 
BGH Urteil vom 13. 3. 2018 (VI ZR 143/17) NJW 2018, 1671 (für BGHZ vorgesehen) 
 
Fall (Kunde oder Kundin) 
 
Frau K ist Kundin bei der B-Bank AG. Diese verwendet im Geschäftsverkehr Formulare und Vordrucke, die neben grammatisch männlichen Personenbezeichnungen wie „Kunde“ und „Kontoinhaber" keine weibliche Form enthalten. In persönlichen Gesprächen und in individuellen Schreiben wendet sich B an K mit der Anrede „Frau K". Durch Schreiben ihrer Rechtsanwältin forderte K die B auf, die Formulare dahingehend abzuändern, dass diese auch die weibliche Form („Kundin“, „Kontoinhaberin") verwenden. Nachdem B das abgelehnt hat, fragt K, ob sie gegen B einen Anspruch hat, kraft dessen „B verpflichtet ist, im Geschäftsverkehr mit ihr Formulare zu verwenden, in denen sie als weibliche Person erscheint". Zur Begründung beruft sie sich darauf, durch Verwendung bloß männlicher Bezeichnungen werde sie „diskriminiert, als Frau totgeschwiegen oder geschlechtsumgewandelt“. B will an den bisher üblichen Bezeichnungen festhalten, weil andernfalls die Lesbarkeit und Transparenz der Texte leiden würde. Ist der von K erhobene Anspruch begründet? 
 
Abwandlung: Die B ist eine Stadtsparkasse im Lande L, die nach Landesrecht eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist. Nach § 2 des Landes-Gleichstellungsgesetzes (LGG) gilt das LGG für die Behörden des Landes und der Kommunen sowie für sonstige Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts. § 28 Satz 1 LGG bestimmt: „Behörden und Dienststellen haben beim Erlass von Rechtsvorschriften, bei der Gestaltung von Vordrucken und in amtlichen Schreiben dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Frauen und Männern dadurch Rechnung zu tragen, dass geschlechtsneutrale Bezeichnungen verwendet werden, hilfsweise die weibliche und männliche Form gewählt wird.“ Ist der von K erhobene Anspruch begründet? 
 
Lösungsvorschlag  
 
Vorbemerkung: Die Entscheidung ist auch abgedruckt in JZ 2018, 733; MDR 2018, 606. Besprechungen dazu: Bachmann NJW 2018, 1648; Omlor JuS 2018, 575; Grünberger JZ 2018, 719, dort findet sich auch der Hinweis darauf, dass es sich im Originalfall um den Rechtsstreit der Frau Marlies Krämer gegen die Sparkasse Saarbrücken gehandelt hat. Der in der Abwandlung dargestellte Sachverhalt entspricht also dem Originalfall des BGH. 
 
A. Ausgangsfall  
 
I. Laut Sachverhalt verlangt K die Verwendung von Formularen, „in denen sie als weibliche Person erscheint". Im Originalfall hatte die Klägerin einen derartigen Klageantrag gestellt (BGH [7]), den der BGH für auslegungsbedürftig hält, weil er nicht hinreichend deutlich macht, was die Klägerin verlangt. BGH [8, 9]  Für das Verständnis eines Klageantrags ist nicht am buchstäblichen Wortlaut zu haften. Das Gericht hat den erklärten Willen zu erforschen, wie er sich aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage ergibt. Im Zweifel ist das gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage des Klägers entspricht (…). Die Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin von der Beklagten verlangt, im Geschäftsverkehr mit ihr „Vordrucke zu verwenden, in denen sie nicht unter grammatisch männlichen, sondern ausschließlich oder zusätzlich mit grammatisch weiblichen Personenbezeichnungen erfasst wird“. … Mit diesem Inhalt ist der Klageantrag hinreichend bestimmt.  Diese auf den Klageantrag bezogenen Ausführungen können auch auf das Anspruchsbegehren der K übertragen werden. Indem K verlangt, dass sie nicht mit einer grammatisch männlichen Bezeichnung angesprochen wird, verlangt sie im Schwerpunkt ihres Anspruchsbegehrens ein Unterlassen der B. Dass sie mit neutralen oder weiblichen Personenbezeichnungen angesprochen werden will, ist dann die Kehrseite des Unterlassungsanspruchs. 
 
II. Anspruchsgrundlage kann § 21 I i. V. mit § 19 I Nr. 1 und § 3 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sein. Nach § 21 I Satz 1 und 2 AGG kann der Benachteiligte bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, kann er auf Unterlassung klagen. § 19 AGG enthält das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot, § 3 AGG definiert die Benachteiligung. 
 
1. Das AGG, insbesondere dessen §§ 21, 19, 3 , müsste anwendbar sein. 
 
a) Zwischen K und B besteht ein privatrechtlicher Vertrag über die Führung eines Kontos und die Leistung von Zahlungsdiensten (§§ 675, 675 f BGB). Nach § 2 I Nr. 8 AGG ist das AGG anwendbar bei Benachteiligungen im Zusammenhang mit dem Zugang und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen; dazu gehören die Dienstleistungen der Banken. Auch regelt § 19 I Nr. 1 AGG ausdrücklich das Benachteiligungsverbot innerhalb zivilrechtlicher Rechtsbeziehungen. 
 
b) K rügt eine Diskriminierung wegen des Geschlechts. Eine solche könnte auch gegen Art. 3 II, III GG verstoßen. Ob diese Vorschriften zwischen K und B gelten, kann hier noch offen bleiben (dazu unten III). Denn selbst wenn sie gelten, können sie einer Anwendung des AGG nicht entgegenstehen, weil das AGG spezieller ist, zumindest soweit es ausdrücklich einen Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung gewährt. Dass Art. 3 GG im Vergleich zum AGG höherrangig ist , ändert daran nichts. D enn dabei handelt es sich um einen Geltungsvorrang, der eingreift, wenn das einfache Gesetz gegen das GG verstößt. Bei der Frage der Anwendbarkeit kommt es auf den Anwendungsvorrang an. Diesen hat das speziellere Gesetz, das sind §§ 21, 19, 3 AGG. 
 
Das AGG ist anwendbar (so auch Grünberger JZ 2018, 725 unter 4). 
 
2. Voraussetzung für § 21 I AGG ist, dass ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorliegt und weitere Verstöße zu besorgen sind. Als Benachteiligungsverbot, gegen das B verstoßen könnte, kommt § 19 I Nr. 1 AGG in Betracht. Nach dem dort geregelten zivilrechtlichen Benachteiligungsverbot ist eine Benachteiligung aus Gründen u. a. des Geschlechts bei der Durchführung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen, unzulässig. 
 
a) Der zwischen K und B bestehende Bankvertrag ist ein zivilrechtliches Schuldverhältnis, das typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommt, er ist also ein Massengeschäft. Außerdem gehört der Bankvertrag zu den Geschäften, bei denen das Ansehen der Person eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Grünberger JZ 2018, 725/6 unter 4). 
 
b) Der Streitfall betrifft die Durchführung dieses Vertragsverhältnisses. 
 
c) In der Verwendung der männlichen Form in den Formularen der B gegenüber K müsste eine Benachteiligung wegen des Geschlechts liegen. Der Begriff der Benachteiligung wird in § 3 AGG definiert. 
 
aa) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Die weniger günstige Behandlung könnte K zuteil werden; Vergleichsperson ist ein männlicher Kunde. 
 
BGH [31, 33]  Maßgeblich für die Beurteilung, ob die betroffene Person eine weniger günstige Behandlung erfährt als die Vergleichsperson, ist die objektive Sicht eines verständigen Dritten, nicht die subjektive Sicht der betroffenen Person (BeckOK-ArbeitsR/Roloff [Dezember 2017], § 3 AGG Rn. 3 m. w. N.; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl., § 3 AGG Rn. 2; Staudinger/Serr [2018], § 3 AGG Rn. 7). … Begriffe und Formulierungen in Vordrucken und Formularen sind grundsätzlich nach ihrem typischen Sinn so auszulegen, wie sie von verständigen, normalerweise beteiligten Verkehrskreisen verstanden werden. Dies entspricht der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und typischen Willenserklärungen (…).  Auf die subjektive Sicht der K kommt es somit nicht an. 
 
Für eine Benachteiligung könnte sprechen, dass bei der Verwendung der männlichen Form in erster Linie auf einen männlichen Kunden geschlossen wird und eine Frau als Kundin dahinter verschwindet, allenfalls „lediglich mitgedacht wird“. (Grünberger JZ 2018, 720 und Fn. 18: „Das generische Maskulinum macht die Frau unsichtbar, besser als jede Burka es vermöchte.“) 
 
Demgegenüber unterscheidet der BGH zwischen dem grammatischen Geschlecht (Genus) und dem natürlichen Geschlecht (Sexus) und erklärt, das grammatische Geschlecht umfasse jedes natürliche Geschlecht, also auch das weibliche. Deshalb liege keine Benachteiligung vor. BGH [36-38]  Bei Personenbezeichnungen muss zwischen dem Genus (grammatisches Geschlecht) sowie dem realen natürlichen Geschlecht unterschieden werden. Substantive können sich unabhängig von ihrem weiblichen, männlichen oder neutralen Genus auf Personen jeden natürlichen Geschlechts beziehen (Götze/Hess-Lüttich/ Wahrig, Grammatik der deutschen Sprache, 3. Aufl., S. 189 ff.; Duden, Band 4 Die Grammatik, 8. Aufl., Rn. 236…). Danach kann der Bedeutungsgehalt einer grammatisch männlichen Personenbezeichnung jedes natürliche Geschlecht umfassen (generisches Maskulinum;…). Dieser Sprachgebrauch und dieses Sprachverständnis sind nach wie vor allgemein üblich (vgl. beispielsweise zuletzt Oberthür, NJW 2017, 2228 f.; Pick, AnwBl 2017, 266 Fn. 1).… 
 
So ist auch die Gesetzessprache angelegt. Zwar wird im Bereich der Gesetzgebung und Verwaltung das Ziel verfolgt, die Gleichstellung von Frauen und Männern (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG) auch sprachlich zum Ausdruck zu bringen … Gleichwohl werden in zahlreichen Gesetzen Personenbezeichnungen im Sinne des generischen Maskulinums verwendet. Dies gilt insbesondere für das Grundgesetz (siehe etwa Art. 7 Abs. 3 Satz 3, Art. 13 Abs. 2 und 3 Satz 3, Art. 16 Abs. 2 Satz 1, Art. 16 a Abs. 3 Satz 2, Art. 34 Satz 1, Art. 36, Art. 40 GG; …). Dazu gehören weiter Normen, die für Bankgeschäfte relevant sind (vgl. etwa §§ 21, 30, 38 f., 40 ff. Zahlungskontengesetz: „Kontoinhaber"; § 13 BGB: „Verbraucher",…). Auch in den Strafgesetzen werden trotz der sich aus Art. 103 Abs. 2 GG ergebenden erhöhten Bestimmtheitsanforderungen Personenbezeichnungen im Sinne des generischen Maskulinums verwendet (siehe z.B. § 11 StGB).  Ein weiteres Beispiel aus dem GG sind die Art. 63, 65 GG. Wenn dort mit „Der Bundeskanzler“ nicht auch eine Bundeskanzlerin gemeint würde, wäre eine Kanzlerschaft von Frau Merkel nicht verfassungsmäßig. Es gibt auch den umgekehrten Fall: „Die Person“ erfasst auch einen Mann, „die Lehrkraft“ auch männliche Lehrer.  Der Senat kann daher allein durch die Verwendung von Personenbezeichnungen im Sinne des generischen Maskulinums keine Benachteiligung im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG feststellen.  (Auch Grünberger JZ 2018, 719, der das BGH-Urteil kritisiert, verneint auf S. 724 eine unmittelbare Benachteiligung.) 
 
bb) Eine mittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 2 S. 1 AGG vor, wenn neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes im Vergleich zu anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen. Schulbeispiel ist eine Schlechterstellung von Arbeitnehmern in Teilzeit, weil Teilzeitbeschäftigte weitaus häufiger Frauen als Männer sind und deren Schlechterstellung sich deshalb als mittelbare Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erweist (Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, AGG § 3 Rdnr. 3). Im vorliegenden Fall ist Verfahren der Sprachgebrauch der B. Dieser müsste Frauen wegen ihres Geschlechts in besonderer Weise benachteiligen. Oben aa) wurde davon ausgegangen, dass bei Personenbezeichnungen zwischen dem grammatischen Geschlecht und dem natürlichen Geschlecht unterschieden werden muss und dass der Bedeutungsgehalt einer grammatisch männlichen Personenbezeichnung auch das weibliche Geschlecht umfasst. Dann liegt in der Verwendung des bloß grammatisch männlichen Geschlechts keine besondere Benachteiligung von Frauen. BGH [40]  Aus diesem Grund ergibt sich…auch keine mittelbare Benachteiligung (§ 3 Abs. 2 AGG) … Der allgemein übliche Sprachgebrauch bringt keine Geringschätzung gegenüber Personen zum Ausdruck, deren natürliches Geschlecht nicht männlich ist (…).  
 
cc) Demgegenüber benachteiligt nach Grünberger JZ 2018, 725 die Verwendung des generischen Maskulinums Frauen in besonderem Maße, weil bei dessen Verwendung der Empfänger des Textes „vom genus auf den männlichen sexus schließt und damit die tatsächlich angesprochene Frau unsichtbar wird.“ W ürde dieser Auffassung gefolgt, wäre der zweite Halbsatz des § 3 II AGG zu prüfen, wonach eine Verwendung gerechtfertigt ist, wenn das Verfahren durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. (Allgemeiner § 20 I 1 AGG : Keine Benachteiligung im Falle eines sachlichen Grundes.) Als Ziel und sachlichen Grund für die Beibehaltung der grammatisch männlichen Form bezeichnet B die Lesbarkeit und Transparenz der Texte. Diese sind gerade bei rechtlich relevanten Inhalten vielfach schwer zu verstehen, und ihr Verständnis w ürde durch eine Verwendung auch der weiblichen Formen weiter erschwert. Als Beispiel wird § 986 I 1 BGB herangezogenen, der bei einer gender-gerechten Sprache so lauten würde: „Der Besitzer oder die Besitzerin kann die Herausgabe der Sache verweigern, wenn er oder sie oder der mittelbare Besitzer oder die mittelbare Besitzerin, von dem oder von der er oder sie sein oder ihr Recht zum Besitz ableitet, dem Eigentümer oder der Eigentümerin gegenüber zum Besitz berechtigt ist.“ Die Lesbarkeit und Verständlichkeit von Texten nicht zu erschweren, wird als legitimes Ziel angesehen (Grünberger JZ 2018, 725 unter 3; Bachmann NJW 2018, 1651: Vorrang des Verständlichkeitsgebots); es ist auch angemessen und erforderlich, dafür das sprachlich übliche generische Maskulinum zu verwenden. 
 
dd) Somit bedeutet der Sprachgebrauch der B keine Benachteiligung i. S. des § 3 AGG. B verstößt nicht gegen das Benachteiligungsverbot des § 19 I Nr. 1 AGG. Die Voraussetzungen des § 21 I AGG liegen nicht vor, so dass K aus dieser Vorschrift kein Anspruch gegen B auf Unterlassung zusteht. 
 
III. Einen Anspruch aus Art. 2 I GG (Allgemeines Persönlichkeitsrecht) oder Art. 3 GG (Gleichheitsrechte) hat K nicht. K und B sind Privatrechtssubjekte. Zwischen ihnen sind die Grundrechte nicht anwendbar (vgl. Art. 1 III GG), können also auch keine Ansprüche begründen. Grundrechte können im Privatrecht mittelbar anwendbar sein, indem unbestimmte Tatbestandsmerkmale mit Hilfe der Grundrechte grundrechtskonform ausgelegt werden. Für eine solche Auslegung bestand oben II. kein Bedarf, weil die Auslegung des § 3 AGG ohne explizite Heranziehung des Persönlichkeits- und Gleichheitsrechts möglich war. Im Übrigen erfolgt eine Grundrechtsanwendung noch in der Abwandlung. 
 
IV. Auf einen vertraglichen Anspruch geht der BGH am Ende seines Urteils kurz ein und verneint ihn. [50]  Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus Vertrag. Gemäß § 241 Abs. 2 BGB kann das Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Ohne Anhaltspunkte für einen abweichenden Parteiwillen gehen die Rücksichtnahmepflichten und die korrespondierenden Ansprüche nicht über das hinaus, was sich bereits aus … gesetzlichen Regelungen ergibt.  Dass K und B einen abweichenden Parteiwillen hatten, ergibt sich aus dem Sachverhalt nicht und war auch im BGH-Fall nicht vorgetragen worden. 
 
Ergebnis des Ausgangsfalles: K kann von B nicht verlangen, dass B im Geschäftsverkehr mit ihr Vordrucke verwendet, in denen sie nicht unter grammatisch männlichen, sondern mit geschlechtsneutralen oder grammatisch weiblichen Personenbezeichnungen erfasst wird. 
 
B. Abwandlung  
 
Es ist zu prüfen, ob sich etwas anderes daraus ergibt, dass B als Stadtsparkasse eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist und dass auf sie § 28 des Landes-Gleichstellungsgesetzes (LGG) anwendbar ist, wonach geschlechtsneutrale Bezeichnungen, hilfsweise die weibliche und die männliche Form, zu verwenden sind. Es handelt sich um den Fall in der Form, wie er dem BGH vorlag. 
 
I. An den Ausführungen A II und IV ändert sich nichts. Auch in der Abwandlung besteht zwischen K und B ein privatrechtlicher Bankvertrag. Dass die „Bank“ eine Sparkasse in der Organisationsform der öffentlichen Anstalt ist, berührt das grundsätzlich privatrechtliche Verhältnis zu den Kunden nicht; insbesondere gelten auch hier §§ 675, 675 f BGB, ebenso gilt das AGG. Als Bundesgesetz wird das AGG auch nicht von dem Landes-Gleichstellungsgesetz verdrängt, das nach dessen § 2 für die öffentliche Hand des Landes gilt. Also hat auch in der Abwandlung K keinen Anspruch aus dem AGG oder aus Vertrag. 
 
II. Ein Anspruch der K gegen B könnte sich aus § 28 LGG ergeben. Nach § 2 LGG gilt dieses Gesetz auch für Anstalten des öffentlichen Rechts; als Stadtsparkasse ist B eine öffentliche Anstalt. 
 
Da das LGG sich nur an staatliche Stellen (im weiteren Sinn, einschließlich der Kommunen und anderen Organisationen der mittelbaren Staatsverwaltung) richtet, gehört es zum öffentliche n Recht. Das steht seiner Anwendung in dieser Fallbearbeitung aber nicht entgegen. Nach der Sachverhaltsfrage ist jeder Anspruch zu prüfen und ist die Prüfung nicht auf privatrechtliche Ansprüche beschränkt. Im Originalfall hatten die Zivilgerichte diesen Anspruch nach § 17 II GVG zu prüfen. Der Zivilrechtsweg war nach § 13 GVG eröffnet, weil in dem Rechtsstreit das privatrechtliche AGG anzuwenden war. Nach § 17 II 1 GVG entscheidet das Gericht den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten, auch in Anwendung von rechtswegfremden Anspruchsgrundlagen; folglich war auch der öffentlich-rechtliche Anspruch aus § 28 LGG zu prüfen. Der BGH konnte sich überdies auf § 17 a V GVG berufen, wonach ein Rechtsmittelgericht nicht mehr prüft, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (BGH [14]). Aus den gleichen Gr ünden sind die Grundrechte zu prüfen; vgl. unten IV. 
 
1. Nach § 28 LGG ist B verpflichtet, K entweder geschlechtsneutral beispielsweise als „kontoinhabende Person“ oder in weiblicher Form als „Kundin“ zu bezeichnen; die Ansprache mit der männlichen Form als „Kunde“ ist unzulässig (BGH [16]). B verstößt somit gegen den objektiv-rechtlichen Gehalt des § 28 LGG (Grünberger JZ 2018, 721 unter 1). 
 
2. Fraglich ist, ob sich daraus ein (subjektiver) Anspruch der K ergibt. 
 
a) BGH [18} Es existiert kein allgemeiner Anspruch auf den Vollzug öffentlich-rechtlicher Normen. Subjektive Rechte werden nur durch Rechtsvorschriften vermittelt, die nicht ausschließlich der Durchsetzung von Interessen der Allgemeinheit, sondern zumindest auch dem Schutz individueller Rechte dienen. Das gilt für Normen, die das geschützte Recht sowie einen bestimmten und abgrenzbaren Kreis der hierdurch Berechtigten erkennen lassen („Schutznormtheorie", BVerwGE 156, 180 Rn. 27; 131, 129 Rn. 19; 111, 276, 280; 98, 118, 120; Maunz/Dürig/Schmidt-Aßmann, GG [September 2017], Art. 19 Abs. 4 Rn. 136 ff. m. w. N.;… Ramsauer JuS 2012, 769). 
 
b) BGH [19-22]  Danach begründet § 28 Satz 1 LGG keine Ansprüche. Der Wortlaut dieser Vorschrift sieht ausschließlich eine Verpflichtung von Dienststellen und keinen korrespondierenden Anspruch Dritter vor… Ein abgrenzbarer Kreis geschützter Personen ist angesichts des weiten Anwendungsbereichs der Vorschrift und der unüberschaubaren Anzahl potentiell Betroffener nicht erkennbar… Der Anwendungsbereich des § 28 Satz 1 LGG umfasst den Erlass von Rechtsvorschriften, die Gestaltung von Vordrucken und amtlichen Schreiben jeder Art. Danach beschränkt sich die Vorschrift insbesondere nicht auf eine bestimmte Bezeichnung von Personen, die an einem Verwaltungs- oder Geschäftsvorgang unmittelbar beteiligt sind. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass nur in bestimmten Konstellationen - etwa abhängig von einer bestimmten der erfassten Tätigkeiten oder von Art und Ausmaß der Betroffenheit - ein der Verpflichtung einer Dienststelle korrespondierender Anspruch besteht. 
 
Bachmann NJW 2018, 1648 stimmt dem zu. Demgegenüber bejaht Grünberger JZ 2018, 721 einen Anspruch, damit dadurch die Norm „für die gerichtliche Konfliktlösung aktiviert und mit Leben gefüllt werden kann.“ In diesem Lösungsvorschlag wird der BGH-Auffassung gefolgt, da sie von der geltenden Schutznormtheorie ausgeht und zu Recht feststellt, dass der Kreis der möglichen Anspruchstellerinnen nicht abgrenzbar ist. 
 
Somit hat K aus § 28 LGG keinen Anspruch. 
 
III. K könnte ein (quasinegatorischer) Unterlassungsanspruch analog §§ 1004 I 2, 823 II BGB zustehen. Dann müsste § 28 LGG, gegen den B verstößt, ein Schutzgesetz zugunsten der K sein. 
 
1. BGH [27]  Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist eine Rechtsnorm, die nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen…. Es genügt, dass die Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Andererseits soll der Anwendungsbereich von Schutzgesetzen nicht ausufern. Deshalb reicht es nicht aus, dass der Individualschutz durch Befolgung der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann; er muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen (BGHZ 197, 225 Rn. 7; 192, 90 Rn. 21 jeweils m. w. N.). 
 
2. Auch in diesem Zusammenhang lässt sich kein Einzelner oder ein abgegrenzter Personenkreis feststellen, der durch § 28 LGG geschützt werden soll. BGH [28]  Auf einen solchen Individualschutz ist § 28 Satz 1 LGG nach Inhalt und Zweck nicht ausgerichtet (siehe oben II 2 b).   § 28 LGG ist somit kein Schutzgesetz.  
 
BGH [26]  Folglich besteht kein Anspruch der K aus § 28 Satz 1 LGG  in Verbindung mit § 823 Abs. 2, § 1004 BGB. 
 
IV. Ein Anspruch könnte sich aus einem Grundrecht ergeben. 
 
1. Als Anstalt des öffentlichen Rechts ist B an die Grundrechte gebunden (Art. 1 III GG). Dem steht nicht entgegen, dass zwischen der Sparkasse und den Kunden ein privatrechtlicher Bankvertrag besteht. 
 
a) BGH [43] begründet das noch damit, Sparkassen hätten die  Aufgabe, …den Wettbewerb zu stärken und die angemessene und ausreichende Versorgung aller Bevölkerungsschichten und der Wirtschaft, insbesondere des Mittelstandes, mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen sicherzustellen… Mit der Erfüllung dieser Aufgabe dienen sie dem Gemeinwohl. 
 
b) Inzwischen hat das BVerfG aber diese Begründung aufgegeben und entsprechend dem Wortlaut des Art. 1 III GG die umfassende Bindung aller staatlichen Stellen an die Grundrechte festgestellt, dies ohne Rücksicht auf die Organisationsform, die Handlungsform und den Handlungszweck (BVerfGE 128, 226, 244, Fraport; NJW 2016, 3153, Freizeitbad). Ein Handeln im öffentlichen Interesse ist also keine Voraussetzung mehr für eine Bindung einer staatliche Stelle an die Grundrechte. 
 
2. Ein Unterlassungsanspruch kann sich unmittelbar aus der Abwehrfunktion eines (Abwehr-) Grundrechts ergeben. Zumindest soweit das staatliche Handeln kein Rechtsakt ist, sondern ein Realhandeln - wie bei der Ansprache einer Bürgerin als „Kunde“ -, besteht die Hauptfunktion des Grundrechts darin, dem Staat ein grundrechtswidriges Handeln zu untersagen (Kingreen/Poscher, Grundrechte, 32. Aufl. 2016, Rdnr. 81). 
 
3. Somit kann K von B Unterlassung ihrer Ansprache mit einer grammatisch männlichen Bezeichnung verlangen, wenn darin ein nicht gerechtfertigter Eingriff in ein Grundrecht liegt. 
 
a) Als Grundrecht kommt das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Betracht. 
 
aa) BGH [45]  Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) schützt die geschlechtliche Identität, die regelmäßig ein konstituierender Aspekt der eigenen Persönlichkeit ist (BVerfG NJW 2017, 3643 Rn. 36 ff. m. w. N.). Die Geschlechtszugehörigkeit bestimmt weithin, wie Menschen angesprochen werden (…). Jeder kann daher von den staatlichen Organen die Achtung dieses Bereichs verlangen…. Maßgeblich ist insoweit der allgemeine deutsche Sprachgebrauch (BVerfG NJW 1981, 2178). 
 
bb) [46]  Danach liegt keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seiner Ausprägung als Schutz der geschlechtlichen Identität vor. In persönlichen Gesprächen und in individuellen Schreiben wendet sich B an K mit der Anrede „Frau K". Durch die Verwendung von Personenbezeichnungen im Sinne des generischen Maskulinums in Vordrucken und Formularen erfolgt kein Eingriff in den Schutzbereich.  Zur näheren Begründung verweist der BGH auf die Ausführungen zu § 3 AGG oben A II 2 c aa). Wenn dort festgestellt wurde, dass eine Benachteiligung der Frauen nicht vorliegt, muss auch ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht verneint werden. 
 
b) Mit derselben Begründung ist auch eine Verletzung der Gleichheitsrechte des Art. 3 GG abzulehnen. 
 
BGH [47-49]  Angesichts des üblichen Sprachgebrauchs und Sprachverständnisses behandelt B Personen männlichen Geschlechts sowie K nicht ungleich (Art. 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GG) und benachteiligt K nicht wegen ihres Geschlechts (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG). Aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG können Ansprüche auf ein konkretes Verhalten oder Maßnahmen nicht hergeleitet werden. Der sich aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG ergebende Verfassungsauftrag zur Förderung der Gleichberechtigung verfolgt das Ziel, tradierte Rollenverteilungen zu überwinden… Dabei obliegt die  Art und Weise, wie der Staat seine Verpflichtung erfüllt, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken, der gesetzgeberischen Ausgestaltungsbefugnis (BVerfG NJW 2012, 218 m. w. N.).  Auch nach Bachmann NJW 2018, 1651 sind Grundrechte nicht verletzt. 
 
BGH [47]  Folglich ergibt sich der  von K geltend gemachte Anspruch nicht aus Art. 3 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 GG. 
 
Ergebnis: Auch auf der Grundlage des Sachverhalts in der Abwandlung hat K keinen Anspruch gegen B, dass B im Geschäftsverkehr mit ihr Vordrucke verwendet, in denen sie nicht unter grammatisch männlichen, sondern mit geschlechtsneutralen oder grammatisch weiblichen Personenbezeichnungen erfasst wird. 
 

Zusammenfassung