Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Schenkungsvertrag, § 516 BGB; gemischte Schenkung. Widerruf einer Schenkung nach § 530 BGB. Voraussetzungen für eine schwere Verfehlung und einen groben Undank

BGH Urteil vom 22. Oktober 2019 (X ZR 48/17) JZ 2020, 419

Fall
(Streit im Garten)

Im Jahre 2009 übertrug das Landwirtsehepaar M und F ihren Bauernhof mit Gebäuden und angrenzenden Grundstücken auf ihren Sohn S. Das Anwesen war unbelastet und hatte einen Wert von ca. 1, 5 Mio. Euro. In dem notariellen Vertrag ließen sich die Eltern in einem der Gebäude ein lebenslanges Wohnrecht einräumen. S übernahm die Verpflichtung, nach dem Tode des letztlebenden Elternteils an seine beiden Geschwister innerhalb von drei Jahren 200.000 Euro als Abfindung zu zahlen.

In der Folgezeit wohnten M/F und S mit seiner Familie in benachbarten Gebäuden. Bei den verwandtschaftlichen Kontakten gab es gelegentlich Streit, aber bis Anfang November 2019 keine größeren Auseinandersetzungen. Am 8. November 2019 stellte S seinen Vater, der sich im Garten aufhielt, wegen einer nicht abgesprochenen Umbauaktion zur Rede, woraufhin M sich mit scharfen Worten Vorhaltungen jeder Art verbat. Als M während der verbalen Auseinandersetzung sichtlich erregt auf S zuging, stieß dieser ihn so heftig vor die Brust, dass M umfiel; anschließend nahm S ihn „in den Schwitzkasten“. Als Folge davon hatte M noch mehrere Wochen danach Schmerzen.

Mit Anwaltsschreiben vom 16. November 2019 verlangten M und F von S die Rückgabe der im Jahre 2009 übertragenen Grundstücke. Sie beriefen sich darauf, dass das Verhalten des S am 8.11. mit der Dankbarkeit, die S ihnen geschuldet habe, unvereinbar sei. Mit dem unverzeihlichen Vergehen sei auch die Geschäftsgrundlage für die Übertragung im Jahre 2009 entfallen. S erklärte, er habe seinen Vater nicht verletzen wollen. Die Hofübertragung im Jahre 2009 sei eine vorweggenommene Erbfolge gewesen, die nur im Falle einer Erbunwürdigkeit unwirksam sei; dafür reiche der Vorfall vom 8.11. aber nicht aus. Als Schenkung könne die Hofübertragung nicht behandelt werden, weil das Wohnrecht und die Verpflichtung zu der Abfindung Gegenleistungen seien. Wenn er etwas zurückzugeben habe, könne das nur die Wertdifferenz zwischen Hof und den von ihm zu erbringenden Leistungen sein, nicht aber der Hof selbst. Für seine Mutter gebe es schon deshalb keinen Grund für einen Widerruf, weil sie an dem Vorfall vom 8.11. nicht beteiligt war. Schließlich sei das Schreiben vom 16.11. bereits formal unzureichend, weil die bloße Verweisung auf den Vorgang vom 8.11. für eine so schwerwiegende Entscheidung nicht ausreiche. Ist der Rückgabeanspruch von M und F begründet?

Lösung

Vorbemerkung: Dem Abdruck des BGH-Urteils in der JZ 2020 ist auf S. 423 eine Besprechung von Koch/Holle angefügt.

I. M und F könnte gegen S ein Anspruch auf Rückgabe des Hofs wegen groben Undanks des S zustehen (§§ 530 I, 531 II, 812 I BGB). Dann müsste zwischen M/F und S im Jahre 2009 ein Schenkungsvertrag geschlossen worden sein. Nach § 516 I BGB liegt eine Schenkung vor, wenn eine Partei durch eine Zuwendung aus ihrem Vermögen die andere Partei bereichert und beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Die Übertragung des Hofes war insoweit nicht unentgeltlich, als S mit der Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung an seine Geschwister eine Gegenleistung versprochen hat. Es könnte sich aber um eine gemischte Schenkung handeln. BGH [12] Eine (gemischte) Schenkung liegt vor, wenn die Leistung des Schenkers den Wert versprochener Gegenleistungen objektiv überwiegt und die Parteien sich darüber einig sind, dass die Wertdifferenz unentgeltlich zugewendet werden soll. Besteht zwischen dem Wert der Zuwendung und dem Wert der Gegenleistung eine auffallende, über ein geringes Maß deutlich hinausgehende Diskrepanz, dann begründet dies im Einklang mit der Lebenserfahrung die tatsächliche, widerlegbare Vermutung für einen Schenkungswillen der Vertragsparteien (BGH NJW 2012, 605 Rn. 19). Da somit eine gemischte Schenkung geprüft wird, entfällt der Einwand des S, bereits wegen der Übernahme einer Gegenleistung könne es sich nicht um eine Schenkung handeln.

1. Da es auf die Wertdifferenz ankommt, ist die Gegenleistung des S und ihr Wert zu bestimmen.

a) Das Wohnrecht ist keine Gegenleistung, sondern insoweit haben M/F noch nicht sämtliche Nutzungsrechte an dem Hof übertragen. Das Wohnrecht ist ein Abzugsposten bei der Bestimmung des Wertes des Hofes. BGH [17] Die Einräumung solcher Rechte an einem unentgeltlich übertragenen Grundstück stellt grundsätzlich keine Leistung des Beschenkten dar. Sie führt nur dazu, dass der Wert des zugewendeten Gegenstands geringer anzusetzen ist (BGH NJW 2017, 329 Rn. 9).

b) Eine Gegenleistung ist aber die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 200.000 Euro , da diese nicht darauf beschränkt ist, diesen Vermögenswert aus dem Nachlass weiterzugeben, sondern ggfs. auch zu einer Zahlung aus eigenen Mitteln oder aus einem aufgenommenen Kredit verpflichtet .

2. Bei der Bestimmung des Wertes des Hofes braucht die Belastung durch das Wohnrechts trotz der Überlegung oben 1 a) nicht abgezogen zu werden, weil das Wohnrecht nur für eine begrenzte Zeit besteht und dann, wenn die 200.000 Euro zu zahlen sind, weggefallen ist. Somit beträgt der Wert der Zuwendung 1, 5 Mio. Euro und überwiegt den Wert der Gegenleistung von 200.000 Euro um 1,3 Mio. Euro deutlich. Ein deutliches Überwiegen wäre selbst dann gegeben, wenn der Wert des (befristeten) Wohnrechts vom Wert des Hofes abgezogen würde. Da somit zwischen dem Wert der Zuwendung und dem Wert der Gegenleistung eine auffallende, über ein geringes Maß deutlich hinausgehende Differenz besteht, ist davon auszugehen, dass eine Schenkung gewollt war.

Der im Jahre 2009 geschlossene Vertrag enthält eine gemischte Schenkung von M/F an S.

3. Die von § 518 I 1 BGB wegen der Schenkung und von § 311 b I 1 BGB wegen der Grundstücksübertragung geforderte notarielle Form wurde gewahrt.

4. Dass der Vertrag das Ziel einer vorweggenommenen Erbfolge verfolgt, steht der Annahme einer Schenkung nicht entgegen, vielmehr wird die vorweggenommene Erbfolge durch die Schenkung realisiert. Das - von S angesprochene - Rechtsinstitut der Erbunwürdigkeit (§ 2339 BGB) ist nicht einschlägig, weil es den Erbfall voraussetzt, also erst nach dem Erbfall zur Anwendung kommt, der im vorliegenden Fall aber noch nicht eingetreten ist.

II. §§ 530 I, 531 II, 812 I BGB müssten ihrer Rechtsfolge nach auf eine Rückgabe der geschenkten Grundstücke gerichtet sein und nicht nur - wie S geltend macht - auf Herausgabe der Wertdifferenz zwischen Hof und der von ihm zu erbringenden Gegenleistung.

1. Wegen der Verweisung auf § 812 I 1 BGB, die eine Rechtsgrundverweisung ist ( MünchKommBGB/Koch, 8. Aufl. 2019, § 531 Rdnr. 4), hängt die Herausgabepflicht von der Bereicherung des Beschenkten ab. Bei einer gemischten Schenkung kommt als Bereicherung sowohl der übertragene Gegenstand - Zug um Zug gegen Rückgabe der Gegenleistung (BGHZ 107, 159) - als auch die Erstattung der Wertdifferenz in Betracht. Ginge der Anspruch der M/F nur auf Erstattung der Wertdifferenz, könnten sie die Grundstücke nicht zurückverlangen. Nach h. M., der auch der BGH folgt, richtet sich der Anspruch aber dann auf eine Rückabwickelung, wenn der Schenkungscharakter deutlich überwiegt, was der Fall ist, wenn der zugewandte Gegenstand mindestens doppelt so viel wert ist wie die Gegenleistung (Erman/Herrmann, BGB, 13. Aufl. 2011, § 516 Rdnr. 16a; Palandt/Weidenkaff, BGB, 79. Aufl. 2020, § 516 Rdnr. 16). BGH [20] formuliert das aus Sicht der Gegenleistung so: Nach der Rechtsprechung des BGH geht der in § 531 Abs. 2 BGB eingeräumte Anspruch bei Widerruf einer gemischten Schenkung grundsätzlich nur dann auf Rückübertragung des überlassenen Gegenstandes, wenn der Wert der Gegenleistung weniger als die Hälfte des effektiven Wertes des Geschenkes betrug (BGH NJW 2012, 605 Rn. 15).

2. Im vorliegenden Fall beläuft sich die Hälfte des Wertes des geschenkten Hofes auf 750.000 Euro. Die Gegenleistung von 200.000 Euro liegt weit darunter, was noch deutlicher wird, wenn darauf abgestellt wird, dass die Gegenleistung bisher nicht erbracht wurde und auch nicht zu erbringen war. BGH [19] Somit steht der Klageforderung nicht entgegen, dass diese auf Rückgabe des Schenkungsgegenstandes und nicht auf Wertersatz in Höhe der Differenz zwischen Leistung und Gegenleistung gerichtet ist.

III. M/F müssten eine wirksame Widerrufserklärung (§ 531 I BGB) abgegeben haben.

1. Das Anwaltsschreiben vom 16.11.2019, in dem die Rückgabe der im Jahre 2009 übertragenen Grundstücke von S verlangt wurde, bedeutete den Widerruf der im Jahre 2009 erfolgten Schenkung.

2. Nach Auffassung des S reicht die Begründung des Schreibens für einen Widerruf nicht aus. Jedoch ist in § 531 I BGB keine Begründung vorgeschrieben, so dass nur die Begründung verlangt werden kann, die dem Beschenkten ermöglicht, sich dagegen zu verteidigen. BGH [25, 26] § 531 Abs. 1 BGB verlangt keine umfassende rechtliche Begründung des Widerrufs. Die Erklärung muss den zugrundeliegenden Sachverhalt so weit darstellen, dass der Beschenkte ihn von anderen Geschehnissen unterscheiden, die Einhaltung der in § 532 BGB vorgesehenen Jahresfrist beurteilen und im Umkehrschluss erkennen kann, welche gegebenenfalls anderen Vorfälle der Schenker nicht zum Anlass für die Erklärung des Widerrufs genommen hat (vgl. Staudinger/Chiusi, BGB, Bearbeitung 2013, § 531 Rn. 2). Diesen Anforderungen wird das im Streitfall zu beurteilende Schreiben gerecht. Aus ihm wird auch in Bezug auf F ersichtlich, dass diese die Schenkung wegen des Vorfalls vom 7. November 2009 widerrufen will.

3. Nach § 532 I 1 BGB ist der Widerruf ausgeschlossen, wenn seit dem Zeitpunkt, in welchem der Widerrufsberechtigte von dem Eintritt der Voraussetzungen seines Rechts Kenntnis erlangt hat, ein Jahr verstrichen ist. Zum Zeitpunkt des Schreibens vom 16.11. sind erst acht Tage nach dem Vorfall vergangen, so dass die Jahresfrist eingehalten wurde.

IV. Nach § 530 I BGB liegt ein Widerrufsgrund vor, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers des groben Undanks schuldig gemacht hat. Diese Voraussetzungen könnten durch den Vorfall vom 8.11.2009 im Verhältnis zwischen M und S eingetreten sein. Ist das der Fall, ergibt sich daraus auch ein Widerrufsgrund für F, da für diese ihr Ehemann M ein naher Angehöriger ist (näher dazu Koch/Holle JZ 2020, 423 m. w. N. Fn. 12-14). F braucht also - entgegen dem Einwand des S, seine Mutter sei an dem Vorfall vom 8.11. nicht beteiligt gewesen - nicht selbst an dem Vorfall beteiligt gewesen zu sein.

1. BGH [30] Der Widerruf einer Schenkung gemäß § 530 BGB setzt objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von einer gewissen Schwere voraus. Darüber hinaus muss die Verfehlung auch in subjektiver Hinsicht Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten sein, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten kann (BGH FamRZ 2006, 196 [zu 1]; BGHZ 145, 35 [zu 3 a]). Ob diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Diese Umstände sind daraufhin zu untersuchen, ob und inwieweit erkennbar wird, dass der Beschenkte dem Schenker nicht die durch Rücksichtnahme geprägte Dankbarkeit entgegenbringt, die der Schenker erwarten darf (BGH NJW 2014, 3021 Rn. 18 m. w. N.).

Aus methodischer Sicht ist darauf hinzuweisen, dass die von § 530 BGB aufgestellten Voraussetzungen - auch nach der Erläuterung durch den BGH - weitgehend unbestimmte Rechtsbegriffe und deshalb „wenig aussagekräftig“ sind (Koch/Holle JZ 2020, 423). Darüber hinaus verlangen die Zusätze „schwere“ Verfehlung und „grober“ Undank eine Bewertung. Ob deren Ergebnis überzeugend oder wenigstens vertretbar ist, hängt von der Qualität der Begründung ab. Die dabei bestehenden Anforderungen beschreiben Koch/Holle S. 424 mit der Formel „mehr Argumentation als Subsumtion“.

2. Die vom BGH als objektiv bezeichneten Voraussetzungen ergeben sich aus der Notwendigkeit einer schweren Verfehlung.

a) Sie läge vor, wenn S den M vorsätzlich verletzt hätte. Das lässt sich aber nicht feststellen, vielmehr liegt näher, dass S entsprechend seinem Vorbringen seinen Vater nicht hat verletzen wollen. Andererseits wäre eine Verfehlung zu verneinen, wenn S sich in einer Notwehrsituation (§ 227 BGB) befunden hätte. Jedoch bedeutete die verbale Auseinandersetzung und das Zugehen des M auf S noch keinen Angriff.

b) Auch wenn S seinen Vater nicht hat verletzen wollen, ist ihm zur Last zu legen, dass er den von ihm ausgegangenen heftigen Stoß, der zum Umfallen des M führte, hätte vermeiden müssen. Die Rücksichtnahmepflicht, die ein Sohn gegenüber seinem Vater hat, hätte ihm geboten, zurückzuweichen und von einer Einwirkung auf den Körper seines Vaters abzusehen. Erst recht durfte er ihn nicht „in den Schwitzkasten nehmen“. Die zweifache Anwendung körperlicher Gewalt statt der gebotenen Rücksichtnahme bedeutete eine schwere Verfehlung. BGH [34] Das BerGer. erkennt in den von S gegenüber M begangenen Tätlichkeiten - im Ergebnis zu Recht - eine schwere objektive Verfehlung.

3. Zur subjektiven Seite gehört die Voraussetzung des groben Undanks. Wie oben IV 1 ausgeführt wurde, muss der Beschenkte die Dankbarkeit, die der Schenker erwarten kann, in erheblichem Maße vermissen lassen.

a) BGH [31, 31] Anhaltspunkte dafür, was der Schenker an Dankbarkeit erwarten kann, können neben dem Gegenstand und der Bedeutung der Schenkung auch die näheren Umstände bieten, die zu der Schenkung geführt und deren Durchführung bestimmt haben (BGH NJW-RR 2013, 618 Rn. 11). Besondere Bedeutung kann ferner der persönlichen Beziehung zwischen Schenker und Beschenktem zukommen, vor allem dann, wenn diese von einer besonderen Verantwortlichkeit des Beschenkten gegenüber dem Schenker geprägt ist (BGH NJW 2014, 3021 Rn. 18). Die Prüfung der subjektiven Seite setzt dabei in Fällen wie im Streitfall insbesondere auch eine Auseinandersetzung mit den emotionalen Aspekten des dem Widerruf zugrunde liegenden Geschehens voraus. Hierfür kann auch von Bedeutung sein, ob der Beschenkte im Affekt gehandelt hat oder ob sich sein Verhalten als geplantes, wiederholt auftretendes, von einer grundlegenden Antipathie geprägtes Vorgehen darstellt. Anhaltspunkte für ein im Wesentlichen affektbedingtes Handeln können sich aus dem unmittelbar vorangegangenen Verhalten des Schenkers ergeben.

b) Nachdem M/F und S zehn Jahre im Wesentlichen friedlich nebeneinander gelebt haben, war der einmalige Vorfall vom 8.11. kein geplantes, wiederholt auftretendes, von einer grundlegenden Antipathie des S geprägtes Vorgehen. Das dem Vorfall unmittelbar vorangegangene Verhalten bestand darin, dass M eine nicht abgesprochene Umbauaktion vorgenommen hatte, die den Grundstückseigentümer S dazu berechtigte, ihn zur Rede zu stellen. Deshalb war M verpflichtet, auf das Gesprächsbedürfnis des S Rücksicht zu nehmen. Dem widersprach es, dass M sich mit scharfen Worten Vorhaltungen verbat und erregt auf S zuging. In diesem Verhalten lag eine gewisse Provokation des S durch M. Das BerGer. hatte dazu ausgeführt, M habe durch sein provozierendes und uneinsichtiges Verhalten gegenüber S zur Eskalation der Auseinandersetzung mit beigetragen (vgl. BGH [34]; zur Bedeutung einer eigenen Verfehlung des Schenkers MünchKommBGB/Koch, 8. Aufl. 2019, § 530 Rdnr. 3). Dementsprechend ist zugunsten des S die Annahme gerechtfertigt, dass sein Verhalten eine durch eine Provokation mitverursachte Affekthandlung war. Ein über die Würdigung dieses Einzelfalles hinausgehendes Verhalten fehlender Dankbarkeit des S lässt sich deshalb nicht feststellen. (Vgl. den Hinweis auf die Gesetzesmaterialien zum BGB bei Koch/Holle JZ 2020, 424 Fn. 26, wonach selbst bei einer körperlichen Misshandlung des Schenkers noch nicht zwingend ein grober Undank anzunehmen ist.)

4. Bei einer Gesamtwürdigung des Verhältnisses zwischen S und seinen Eltern kann dem Vorwurf der M/F, es habe sich um ein unverzeihliches Vergehen gehandelt, nicht gefolgt werden. Vielmehr hätte der Vorfall als einmaliges Geschehen behandelt werden können. Deshalb ist seine Bewertung als grober Undank i. S. des § 530 BGB nicht gerechtfertigt.

Folglich entsprach der Widerruf der Schenkung nicht den Voraussetzungen des § 530 BGB und löste keinen Rückgabeanspruch der M/F aus §§ 531 II, 812 I BGB aus.

V. Der Anspruch lässt sich auch nicht auf eine Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 I BGB) stützen.

1. Zwar kann § 313 BGB auch im Schenkungsrecht zur Anwendung kommen. § 530 BGB enthält keine abschließende Regelung (BGH NJW 2010, 2202 [27]), zumal er im vorliegenden Fall nicht eingreift.

2. Jedoch wurde beim Abschluss des Vertrages im Jahre 2009 kein Umstand zur Geschäftsgrundlage erhoben. In den Schenkungsvertrag lässt sich auch nicht hineinlesen, dass die Parteien erwartet haben, dass es nicht einmal zu einer Auseinandersetzung kommt.

Ergebnis: Der Rückgabeanspruch von M/F gegen S ist nicht begründet.


Zusammenfassung