Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Mietrecht, Wohnungsmiete, § 535 BGB. Kündigung des Mietverhältnisses, §§ 542, 573, 573 a BGB. Veräußerung des Mietobjekts; Kauf bricht nicht Miete, § 566 BGB. Mieterschutz durch Kaufvertrag als Vertrag zugunsten Dritter, § 328 BGB. Allgemeine Geschäftsbedingungen, §§ 305 ff. BGB: Einbeziehung in Vertrag; Inhaltskontrolle; unangemessene Benachteiligung

BGH
Urteil vom 14. 11. 2018 (VIII ZR 109/17) MDR 2019, 154

Fall (Lebenslanges Wohnrecht)

B, ein früherer Bergmann, wohnt mit seiner Ehefrau seit mehr als 30 Jahren in einer Wohnung, die B von der Stadt S gemietet hat. Er verfügt über einen - einem Schwerbehindertenausweis ähnlichen - Bergmannsversorgungsschein. In dem Haus, das zwei Wohnungen hat, bewohnen die Eheleute B das Erdgeschoss. Als sich die Stadt Bochum dazu entschloss, die Häuser der Siedlung zu verkaufen, wurde den Mietern und der Öffentlichkeit versichert, die derzeitigen Mieter würden vor einem Verlust ihrer Wohnungen geschützt. Das Haus, in dem B wohnt, hat die Stadt S mit notariellem Vertrag an K veräußert; anschließend wurde K als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Der Kaufvertrag enthielt folgende Regelungen:

„§ 2. Übernahme von Belastungen, Rechten und Pflichten: … (4) Dem Käufer ist bekannt, dass eine Wohnung im Erdgeschoss an die Eheleute B vermietet ist. Die Mieter haben ein lebenslanges Wohnrecht. Der Käufer übernimmt das bestehende Mietverhältnis. Er darf insbesondere keine Kündigung wegen Eigenbedarfs oder wegen der Behinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung aussprechen. Möglich ist lediglich eine Kündigung wegen der erheblichen Verletzung der dem Mieter obliegenden vertraglichen Verpflichtungen. Eine im Rahmen einer Wohnungsmodernisierung notwendige Vertragskündigung mit gleichzeitiger Versorgung/Umsetzung der Mieter in eine gleichwertige Wohnung im Bestand zu vergleichbaren Konditionen ist zulässig.“ Für den Fall, dass der Käufer dieser Verpflichtung zuwiderhandelt, wurde der Stadt ein Wiederkaufsrecht eingeräumt. Außerdem sicherte der Käufer zu, die vorstehenden Verpflichtungen einem etwaigen Rechtsnachfolger vertraglich aufzuerlegen.

Als die Wohnung im ersten Stock frei wurde, zog K in diese ein. Anschließend kündigte er gegenüber B das Mietverhältnis frist- und formgerecht und berief sich darauf, dass bei einem Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen eine Kündigung jederzeit möglich sei. Nachdem B der Kündigung unter Berufung auf ein lebenslanges Wohnrecht widersprochen hatte, verwies K darauf, dass in dem seinerzeit zwischen der Stadt und B geschlossenen Mietvertrag von einem lebenslangen Wohnrecht nicht die Rede war; dieser Aspekt wurde erst in dem Kaufvertrag erwähnt, an dem B jedoch nicht beteiligt war, so dass er sich nicht darauf berufen könne. Auch sei der Kündigungsgrund, auf den K sich stützt, in § 2 Satz 3 des Vertrages gerade nicht ausgeschlossen worden. K behauptet weiterhin, die Stadt verwende solche Regelungen in einer Vielzahl von Grundstücksverkäufen, so dass es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen handele; diese seien überraschend, intransparent und unangemessen. Demgegenüber behauptet B, die Verkaufsbedingungen seien individuell ausgehandelt worden; auch begründe § 2 des Kaufvertrages Leistungspflichten des Käufers und unterliege deshalb keiner AGB-Kontrolle. Kann K von B Herausgabe der Wohnung verlangen?

Lösung

A. K könnte gegen B einen Anspruch auf Herausgabe, d. h. Räumung, der gemieteten Wohnung aus § 546 I BGB haben. Danach ist der Mieter verpflichtet, die Mietsache entsprechend dem Wesen des Mietvertrages nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.

I. Zwischen K und B müsste ein Mietverhältnis bestanden haben. Ursprünglich bestand ein Mietverhältnis zwischen der Stadt S und B. Die Vermieterstellung der S könnte auf K übergegangen sein.

1. Nach § 566 BGB tritt bei Veräußerung des vermieteten Wohnraums durch den Vermieter an einen Dritten der Dritte anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein („Kauf bricht nicht Miete“; richtig: Kauf vertreibt den Mieter nicht). Die Stadt S als Vermieterin hat das Mietobjekt Haus an K veräußert. Folglich ist K in den Mietvertrag eingetreten, und zwischen K und B besteht seitdem ein Mietverhältnis.

2. Außerdem könnte K in den Mietvertrag durch Vertragsübernahme eingetreten sein (zu Schuldübernahme und Vertragsübernahme Lorenz JuS 2019, 424, 426). Wenn § 2 IV 3 des zwischen S und K geschlossenen Kaufvertrages bestimmt, dass der Käufer das bestehende Mietverhältnis übernimmt, folgt aus dem Wortlaut und Sinn dieses Satzes, dass darin eine selbstständige Regelung liegt und nicht nur ein (deklaratorischer) Hinweis auf § 566 BGB. Die - im Gesetz nicht geregelte - Vertragsübernahme ist ein eigenständiges Rechtsinstitut, geht über Forderungsabtretung (§ 398 BGB) und Schuldübernahme (§ 414 BGB) hinaus und ist nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit (§ 311 I BGB) zulässig. Sie bedarf eines Vertrages, an dem die früheren Vertragsparteien - hier S und B - und die übernehmende Partei - hier K - beteiligt sind. Möglich ist ein dreiseitiger Vertrag oder ein Vertrag zwischen der ausscheidenden Vertragspartei mit dem neuen Vertragspartner und einer Genehmigung der im Vertrag verbleibenden Partei. Letzteres ist im vorliegenden Fall anzunehmen. § 2 IV 3 des Kaufvertrages enthält eine Einigung der alten mit der neuen Vertragspartei über die Vertragsübernahme, der B konkludent, weil für ihn günstig, zugestimmt hat. Somit beruht das Mietverhältnis zwischen K und B auch auf einer Vertragsübernahme.

II. Es müsste eine Beendigung des Mietverhältnisses eingetreten sein. Beendigungsgrund könnte die von K ausgesprochene Kündigung sein.

1. Nach § 542 I BGB kann ein Mietverhältnis, sofern es nicht für eine bestimmte Zeit abgeschlossen wurde, gekündigt werden. Grundsätzlich bedarf es hierfür keines weiteren Grundes, weshalb diese Kündigung als ordentliche Kündigung bezeichnet wird (im Unterschied zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund, §§ 543, 569 BGB). Die Grundregel des § 542 I BGB wird aber bei Mietverhältnissen über Wohnraum abgeändert. Nach § 573 I BGB darf der Vermieter nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse hat (Mieterschutz). Dazu gibt es drei Konkretisierungen zugunsten des Vermieters in Absatz 2. Greift keine ein, muss mit dem unbestimmten Rechtsbegriff des berechtigten Interesses argumentiert werden. Erforderlich ist eine an den Umständen des Einzelfalles ausgerichtete Abwägung der beiderseitigen Interessen (Brox/Walker, Bes. SchuldR, 42. Aufl. 2018, § 12 Rdnr. 11 b).

2. Jedoch gibt es von § 573 I BGB wiederum eine Ausnahme in § 573 a I BGB. Nach diesem Sonderkündigungsrecht darf ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen gekündigt werden, ohne dass ein berechtigtes Interesse nachgewiesen wird. Die Vorschrift soll ermöglichen, bei persönlichen Spannungen zwischen Vermieter- und Mieterseite eine konfliktbelastete und nicht mehr zumutbare Lage zu beenden (Brox/Walker § 12 Rdnr. 17). Dass solche Spannungen vorliegen, ist aber angesichts des klaren, diese Begründung nicht enthaltenden Wortlauts der Vorschrift keine Voraussetzung.

a) Bei dem Haus, in dem K und B wohnen, handelt es sich um ein Gebäude mit nur zwei Wohnungen. Dieses wird inzwischen vom Eigentümer K selbst bewohnt. Die Voraussetzungen für eine Kündigung nach § 573 a I BGB liegen vor.

b) Ein Kündigungsausschluss hätte im Mietvertrag zwischen S und B vereinbart werden können (Schluss aus § 573 a IV BGB), was aber nicht erfolgt ist.

c) K hat das Mietverhältnis unter Berufung auf § 573 a BGB formgerecht (vgl. § 573 a III BGB) gekündigt. Wird allein § 573 a BGB zugrunde gelegt, ist das Mietverhältnis durch die Kündigung des K beendet worden.

III. Der Wirksamkeit der Kündigung könnte aber § 2 IV des zwischen S und K geschlossenen Kaufvertrags entgegenstehen. Danach haben die Mieter ein lebenslanges Wohnrecht und ist die Kündigung auf den Fall einer erheblichen Pflichtverletzung beschränkt.

1. Da B an dem Kaufvertrag nicht beteiligt war, bedarf es einer Begründung dafür, dass § 2 IV Rechtswirkungen zugunsten des B hat. Rechtswirkungen zugunsten eines am Vertrag nicht Beteiligten hat der Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB). In weiter Auslegung des § 328 I BGB, nach dessen Wortlaut der Dritte eine Leistung verlangen kann, kann dem Dritten auch eine andere Rechtsstellung zugewandt werden, beispielsweise eine Baubeschränkung oder ein Wettbewerbsverbot (MünchKommBGB/Gottwald, 7. Aufl. 2016, § 328 Rdnr. 21), bis hin zu einer bloßen Einbeziehung des Dritten in die Sorgfalts- und Obhutspflichten beim Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte. Der Kündigungsschutz innerhalb eines Mietverhältnisses bedeutet ein Verbot der Kündigung und ist deshalb vergleichbar mit einem Wettbewerbsverbot. Dementsprechend führt BGH [20] aus: Falls der Kaufvertrag ein Vertrag zugunsten des B ist, begründet er ein eigenes Recht des B, das er dem Kläger direkt entgegenhalten kann.

2. Dass § 2 IV des Kaufvertrages eine Vorschrift zugunsten des B (§ 328 I BGB) ist, wird nicht ausdrücklich bestimmt. In diesem Fall ist nach § 328 II BGB aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben soll. BGH [19-26]

a) Nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen bildet der von den Parteien gewählte Wortlaut einer Vereinbarung und der diesem zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille den Ausgangspunkt einer nach §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden Auslegung; darüber hinaus sind der mit der Vereinbarung verfolgte Zweck und die Interessenlage der Parteien zu beachten, ferner die sonstigen Begleitumstände, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können (st. Rspr.; vgl. NJW 2018, 146 Rn. 30 m. w. N.).

aa) Schon der Wortlaut der Regelung, in der von einem bestehenden lebenslangen Wohnrecht der Mieter und einer Übernahme des Mietverhältnisses durch K die Rede ist, deutet darauf hin, dass den Mietern auf diese Weise eine gesicherte Rechtsposition auch gegenüber K als Käufer eingeräumt werden sollte und die Mieter ihren bisherigen Wohnraum nicht verlieren sollten, sofern sie dies nicht selbst zu vertreten hätten.

bb) Für dieses Verständnis spricht auch die hohe Schutzbedürftigkeit der langjährigen Mieter, die sich zusätzlich daraus ergibt, dass B ein Bergmannsversorgungsschein erteilt ist. Auch die Verantwortung der Stadt Bochum als kommunaler Eigentümer und Veräußerer spricht dafür, dass mit dieser Regelung eine Absicherung in der Form einer unmittelbaren Wirkung des Kündigungsausschlusses dem K gegenüber gewollt war.

cc) Aus dem Umstand, dass der ursprünglich zwischen der Stadt und B abgeschlossene Mietvertrag ein lebenslanges Wohnrecht nicht vorsah, ergibt sich nicht, dass die Regelung in § 2 (4) des Kaufvertrages widersprüchlich oder gar wegen „Perplexität" unwirksam wäre. Im Gegenteil unterliegt es bei verständiger Betrachtung keinem Zweifel, dass mit der kaufvertraglichen Regelung ein lebenslanges Wohnrecht der Mieter und dessen Übernahme durch K im Rahmen des Übergangs des Mietverhältnisses festgelegt werden sollte; dies wird durch die weiteren Sätze, nach denen eine ordentliche Kündigung des Mietvertrags seitens K ausgeschlossen ist, eindeutig bestätigt… Auch hat sich K als Käufer verpflichtet, sämtliche vorstehenden Verpflichtungen einem etwaigen Rechtsnachfolger im Grundeigentum mit der Verpflichtung zur jeweiligen Weitergabe vertraglich aufzuerlegen, und wird das geschützte Mietverhältnis außerdem durch ein Wiederkaufsrecht der Stadt gesichert…

Diesen auf einen umfassenden Schutz des Mieters abzielenden Regelungen des Kaufvertrages ist zu entnehmen, dass die Mieter mit dem Wohnrecht im Wege eines (echten) Vertrags zugunsten Dritter (§ 328 BGB) ein unmittelbares Recht gegenüber K erwerben sollten.

3. Auch ist § 2 IV des Vertrages dahin auszulegen, dass er eine Kündigung nach § 573 a BGB ausschließt. BGH [28] Zwar wird die erleichterte Kündigungsmöglichkeit des im selben Hause wohnenden Vermieters gemäß § 573 a Abs. 1 Satz 1 BGB im Kaufvertragstext nicht (ausdrücklich) angesprochen. Jedoch wird aus der Formulierung „insbesondere" deutlich, dass es sich bei den benannten Kündigungen wegen Eigenbedarfs (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) und wegen der Hinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB) nicht um eine abschließende Aufzählung handelt. Da eine Kündigung gemäß § 573 a BGB gerade keine Pflichtverletzung oder ein Verschulden auf Mieterseite voraussetzt, wird schließlich auch durch die im Vertragstext folgende Regelung, wonach „lediglich eine Kündigung wegen der erheblichen Verletzung der dem Mieter obliegenden vertraglichen Verpflichtungen" möglich sein soll, besonders deutlich, dass auch die Kündigung gemäß § 573 a Abs. 1 Satz 1 BGB vom Kündigungsausschluss mitumfasst ist.

Somit ergibt sich aus § 2 IV des Kaufvertrages ein zugunsten des B wirkender Kündigungsausschluss. Es tritt die gleiche Rechtslage ein, wie wenn zwischen K und B ein Mietvertrag mit diesem Inhalt vereinbart worden wäre; dann wäre die Kündigung wegen Verstoßes gegen den Kündigungsausschluss unwirksam.

IV. Diese Rechtsfolge würde aber entfallen, wenn § 2 IV des Kaufvertrages nach den Vorschriften über die allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam wäre.

1. Dann müsste § 2 IV eine allgemeine Geschäftsbedingung sein, die Bestandteil des Kaufvertrages geworden ist.

a) Nach § 305 I BGB ist für das Vorliegen einer AGB erforderlich, dass die Vertragsbedingung für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert ist. Nach der Behauptung des K ist das der Fall, dagegen sind nach der des B die Vertragsbedingungen individuell ausgehandelt worden und deshalb Individualvereinbarungen und keine allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 305 I 3 BGB). Da der Sachverhalt eine Entscheidung dieser Frage nicht ermöglicht, ist zu prüfen, ob sich an dem unter III. gewonnenen Ergebnis etwas ändern würde, wenn § 2 IV eine AGB wäre. Würde das verneint, könnte offen bleiben, ob § 2 IV eine AGB ist. Würde das bejaht, wäre der Fall nach dem gestellten Sachverhalt nicht entscheidungsreif.

b) Als AGB wäre § 2 IV nach § 305 II Nr. 1 BGB in den Vertrag einbezogen worden. Dem steht - entgegen der Auffassung des K - nicht § 305 c I BGB entgegen, wonach ungewöhnliche Klauseln nicht Bestandteil werden. BGH [31] Von einer überraschenden Klausel gemäß § 305 c Abs. 1 BGB kann nicht die Rede sein, weil sich aus dem Gesamtzusammenhang eindeutig ergibt, dass es der Stadt als Verkäuferin darum ging, die Mietverhältnisse ihrer langjährigen Mieter für deren Lebenszeit gegen eine nicht auf Vertragsverletzungen gestützte ordentliche Kündigung abzusichern; dies kann K nicht verborgen geblieben sein, und er hatte deshalb mit den hier im Streit stehenden Regelungen in § 2 (4) des notariellen Kaufvertrags zu rechnen.

2. Die Klausel des § 2 IV könnte aufgrund einer Inhaltskontrolle unwirksam sein. Ein Fall der speziellen Inhaltskontrolle nach §§ 308, 309 BGB liegt nicht vor. Zwar behandelt § 309 Nr. 10 BGB den Fall des Vertragspartnerwechsels, nimmt von der Unwirksamkeit aber den Fall aus, in dem der Dritte namentlich bezeichnet ist; im vorliegenden Fall wird der Käufer K als Vertragsübernehmer in dem Kaufvertrag namentlich bezeichnet.

Als Kontrollmaßstab kommt deshalb nur § 307 BGB in Betracht.

a) Einer Kontrolle nach dieser Vorschrift unterliegen allerdings nicht - wie B im Ausgangspunkt zutreffend hervorhebt und sich aus § 307 III 1 BGB ergibt - die Bestimmung der Leistungspflichten, weil diese in den Bereich der verbleibenden Vertragsfreiheit fallen. BGH [33-35] § 2 IV des Vertrages wäre einer Inhaltskontrolle entzogen, wenn sich der im notariellen Kaufvertrag vorgesehene Mieterschutz als eine wesentliche Leistungspflicht des K als Käufer und damit als ein „essentialium negotii" darstellte. Denn mit Rücksicht auf die Vertragsfreiheit unterliegen Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung (sogenannte Leistungsbeschreibungen), ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann, nicht der Inhaltskontrolle (vgl. BGH NJW 2008, 360 Rn. 18; BGHZ 200, 362 Rn. 43 f.; 212, 329 Rn. 21; Erman/Roloff, BGB, 15. Aufl., § 307 Rn. 42 f.; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., § 307 Rn. 37, 40 f.; MünchKommBGB/Wurmnest, 7. Aufl., § 307 Rn. 12).

Um solche Leistungsbeschreibungen handelt es sich bei den hier in Rede stehenden Vereinbarungen eines lebenslangen Wohnrechts des B und eines Ausschlusses der ordentlichen Kündigung jedoch nicht. Zu den „essentialia negotii" in dem vorgenannten Sinne gehören bei einem Kaufvertrag - wie hier - regelmäßig die Vertragsparteien, der Kaufgegenstand und der Kaufpreis (vgl. BGH MDR 2018, 1241; … Staudinger/Beckmann, BGB, Neubearb. 2013, § 433 Rn. 18; …Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl., Einf. v. § 433 Rn. 1 f.). Der Inhaltskontrolle unterworfen sind hingegen Klauseln, die - wie die hier in Rede stehende Klausel - das Hauptleistungsversprechen (lediglich) einschränken, verändern, modifizieren oder näher ausgestalten (BGHZ 200, 362 Rn. 44; Erman/Roloff, a. a. O. Rn. 42, 44; MünchKommBGB/Wurmnest, a. a. O.).
Der Mieterschutz in einem Kaufvertrag beschränkt lediglich die Pflicht des Verkäufers ein, dem Käufer neben dem Eigentum auch den Besitz und damit die uneingeschränkte Nutzungsmöglichkeit der Kaufsache zu verschaffen (§ 433 I 1 BG). Eine Hauptleistungspflicht begründet er nicht. Somit unterliegt § 2 IV des Kaufvertrages in dem Fall, dass es sich um eine AGB handelt, der Inhaltskontrolle.

b) § 2 IV des Kaufvertrages könnte gegen das Transparenzgebot des § 307 I 2 BGB verstoßen. BGH [36] Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist verpflichtet, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen (BGHZ 165, 12, 21 f.; m. w. N.). Das ist hier der Fall. Wie bereits ausgeführt, lassen die im Zusammenhang mit dem lebenslangen Wohnrecht des B getroffenen Regelungen keinen Zweifel daran, dass ein unmittelbarer Schutz der Mieter gegenüber etwaigen Kündigungen des Käufers bezweckt und damit die ordentliche Kündigung, soweit diese nicht auf Vertragsverletzungen der Mieter gestützt wird, ausgeschlossen ist.

c) Nach Auffassung des K enthält § 2 IV eine unangemessene Benachteiligung.

aa) Diese ist im Zweifel anzunehmen (§ 307 II BGB), wenn eine Bestimmung 1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder 2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. [BGH 38] Dem BerGer. ist zuzustimmen, dass die im notariellen Kaufvertrag enthaltenen Regelungen zum lebenslangen Wohnrecht des B und zum Kündigungsausschluss weder mit den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren sind (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), noch wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wäre (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Zwar wird dem K durch die Regelung über das lebenslange Wohnrecht der Mieter eine ordentliche Kündigung, die nicht auf Vertragsverletzungen gestützt ist, für die Lebenszeit der aktuellen Mieter versagt, woraus sich für K Einschränkungen der Nutzbarkeit der Kaufsache während dieses Zeitraums ergeben. Darin liegt jedoch weder eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild noch eine Vertragszweckgefährdung des Kaufvertrages. Speziell bei der Kündigungsmöglichkeit nach § 573 a BGB zeigt ein Umkehrschluss aus § 573 a IV BGB, dass eine Einschränkung der Kündigungsmöglichkeit des Vermieters zugunsten des Mieters möglich ist. Daraus folgt, dass solche Einschränkungen mit den Grundzügen der gesetzlichen Regelung nicht unvereinbar sind und auch nicht den Zweck des Kauf- oder Mietvertrages gefährden.

bb) BGH [39] Die Regelungen zum lebenslangen Wohnrecht des B und zum Kündigungsausschluss halten schließlich auch sonst der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand. Dem BerGer. ist darin beizupflichten, dass die kaufvertraglichen Bestimmungen, mit denen das Recht des Erwerbers zur ordentlichen Kündigung für die Lebensdauer der aktuellen Mieter eingeschränkt wird, ihm das Recht zur außerordentlichen Kündigung hingegen belassen wird, eine inhaltlich ausgewogene Regelung für den Verkauf eines im kommunalen Eigentum stehenden, von langjährigen Mietern bewohnten Siedlungshauses darstellen.

d) § 2 IV des Kaufvertrages enthält somit keine unangemessene Benachteiligung des K und verstößt nicht gegen § 307 BGB. Falls § 2 IV eine AGB ist, bleibt sie wirksam und führt zur Unwirksamkeit der Kündigung. Die Beurteilung des § 2 IV als AGB ändert somit das unter III. gewonnene Ergebnis, wonach die Kündigung unwirksam ist, nicht ab. Es kann deshalb offen bleiben, ob diese Klausel eine AGB ist. (Auch der BGH hat diese Frage offen gelassen, vgl. [29].)

Ein Herausgabeanspruch aus § 546 BGB besteht nicht.

B. Ein Herausgabeanspruch des K ergibt sich auch nicht aus § 985 BGB. Zwar ist K Eigentümer des Hausgrundstücks. B hat jedoch aus dem nicht wirksam gekündigten und fortbestehenden Mietvertrag ein Recht zum Besitz, das dem Herausgabeanspruch entgegensteht (§ 986 BGB). K kann somit die Wohnung von B, solange dieser lebt, nicht herausverlangen.


Zusammenfassung