Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Rechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, §§ 705 BGB, 50 ZPO. GbR als Grundstückseigentümerin; Eintragung im Grundbuch; § 47 GBO. Vollstreckungsabwehrklage gegen vollstreckbare Urkunde, §§ 767, 794 I Nr. 5, 795, 797 ZPO. Vertretungsmacht für GbR, § 714 BGB. Haftung der GbR-Gesellschafter analog § 128 HGB

BGH Urteil vom 25. 9. 2006 (II ZR 218/05) NJW 2006, 3716

Fall (Geschlossener Immobilienfonds als GbR)

P und Z gehörte das große und unbebaute Grundstück S-Straße 11, auf dem sie eine Wohnanlage mit Eigentumswohnungen errichten wollten. Da weitere 20 Kapitalanleger beteiligt werden sollten, gründeten sie formgerecht die K-Kapitalanlagegesellschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Gesellschaftszweck war der Erwerb, die Errichtung und die Verwaltung des Immobilienprojekts S-Straße 11 mit einem feststehenden Investitionsvolumen und einem festen Anlegerkreis (sog. geschlossener Immobilienfonds). P und Z brachten das Grundstück in die K-Gesellschaft ein, wobei im Grundbuch die 22 Gesellschafter mit dem Zusatz „als Gesellschafter bürgerlichen Rechts“ eingetragen wurden. Nach dem Gesellschaftsvertrag waren P und Z Geschäftsführer und jeder allein zur Geschäftsführung berechtigt. Die persönliche Haftung der Gesellschafter sollte auf ihren Anteil beschränkt sein (§ 8 des Gesellschaftsvertrages).

Zum Zwecke der Finanzierung schloss Z namens der K-Gesellschaft mit der B-Bank einen notariellen Darlehensvertrag über 400.000 €, der durch eine im Grundbuch eingetragene Grundschuld gesichert wurde. In der notariellen Urkunde erklärte Z für den jeweiligen Eigentümer die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung. Für Ansprüche der B-Bank sollte jeder Gesellschafter der GbR gesamtschuldnerisch haften. Für den Fall nicht rechtzeitigen Abrufs des Darlehens sollte der B-Bank ein Anspruch auf eine Nichtabnahmeentschädigung zustehen (§ 9 des Darlehensvertrages).

Wegen Meinungsverschiedenheiten über die persönliche Haftung der Gesellschafter kam es nicht zu einer Auszahlung des Darlehens. B verlangt von der K-Gesellschaft die Nichtabnahmeentschädigung. K verweigert die Zahlung mit der Begründung, der Darlehensvertrag sei unwirksam, weil Z wegen der entgegenstehenden Regelung im Gesellschaftsvertrag nur einen Darlehensvertrag habe abschließen dürfen, in dem die persönliche Haftung der Gesellschafter beschränkt war. B kündigt die Zwangsvollstreckung in die Grundschuld an und hat eine von dem Notar, der seinerzeit die Urkunde aufgenommen hat, erteilte vollstreckbare Ausfertigung vorgelegt, in der die K-Gesellschaft als Schuldnerin aufgeführt ist. Hätte eine zur Durchsetzung ihrer Rechtsposition erhobene Klage der K Aussicht auf Erfolg ?

I. Zulässigkeit einer Klage

1. Die Klage richtet sich gegen die beabsichtigte Vollstreckung der B aus der Urkunde, in der Z sich namens der K der Vollstreckung unterworfen hat. Diese Urkunde ist ein Vollstreckungstitel (§ 794 I Nr. 5 ZPO). Ihr gegenüber ist - ähnlich wie gegenüber einem vollstreckbaren Urteil - eine Vollstreckungsabwehrklage (auch: Vollstreckungsgegenklage) statthaft (§§ 795, 767 ZPO).

2. Die K-Gesellschaft kann nur dann in zulässiger Weise Klage erheben, wenn sie parteifähig ist. Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist (§ 50 I ZPO).

a) Gesellschaften sind jedenfalls dann rechtsfähig, wenn sie juristische Personen sind, wie das bei der GmbH, der Aktiengesellschaft und der eingetragenen Genossenschaft der Fall ist. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§ 705 BGB) ist keine juristische Person. Sie wurde deshalb früher nicht als parteifähig angesehen. Dementsprechend konnte sie auch nicht formeller Vollstreckungsschuldner sein, sondern erforderlich war „ein gegen alle Gesellschafter ergangenes Urteil“ (§ 736 ZPO).

b) Inzwischen erkennt aber § 14 II BGB an, dass Rechtsfähigkeit auch außerhalb des Bereichs juristischer Personen möglich ist. Eine solche Rechts- und Parteifähigkeit hat BGHZ 146, 341 der (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zugesprochen, die seitdem weitgehend anerkannt ist. Somit ist die K-Gesellschaft parteifähig.

3. Zur Erhebung der Klage ist der Vollstreckungsschuldner befugt. BGH Rdnr. 9: Das ist derjenige, gegen den sich die Zwangsvollstreckung richtet, der also in dem für vollstreckbar erklärten Titel…aufgeführt ist (…). Aufgeführt ist K, also ist sie zur Erhebung der Klage befugt. Ob K wirklich Eigentümerin des Grundstücks und damit materiell von der Vollstreckung betroffen ist, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern innerhalb der Begründetheit zu prüfen.

4. Örtlich zuständiges Gericht ist gemäß § 797 V ZPO das Gericht des Bezirks, in dem der Vollstreckungsschuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Im vorliegenden Fall ist hierfür der Sitz der K-Gesellschaft maßgebend. Da der Streitwert 5.000 € übersteigt, ist das Landgericht zuständig (§§ 23 Nr. 1, 71 I ZPO).

Eine Vollstreckungsabwehrklage wäre zulässig.

II. Begründetheit der Klage

1. Mit der Vollstreckungsabwehrklage macht der Kläger ein Abwehrrecht gegenüber der Vollstreckung geltend. Er muss deshalb Inhaber einer Rechtsposition sein, aus der heraus er sein Abwehrrecht herleitet.

Im vorliegenden Fall wehrt K sich gegen die Vollstreckung in das Grundstück S-Straße 11. Eine dahingehende Vollstreckungsabwehrklage hat zur Voraussetzung, dass K überhaupt Eigentümerin des Grundstücks ist. Denn andernfalls ist sie materiell nicht von der Vollstreckung betroffen, so dass ihr auch kein Abwehranspruch zustehen kann.

a) Im Anschluss an die Ausführungen oben A II ist festzustellen, dass grundsätzlich nur Eigentümer sein kann, wer rechtsfähig ist. Eine solche Rechtsfähigkeit ist mittlerweile auch der GbR zuerkannt. Sie kann deshalb auch Grundstückseigentümerin sein. BGH Rdnr. 10: Klar ist nach der neueren Rspr. des BGH jedenfalls, dass materiell-rechtlich das Eigentum an einer zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Liegenschaft nicht den Gesellschaftern, sondern der Gesellschaft selbst zusteht (BGH NJW 2006, 2191…). Ob dafür - wie im Schrifttum vorgeschlagen - ein bestimmter Organisationsgrad erforderlich ist (so Ulmer, in: MünchKomm, 4. Aufl., § 705 Rdnr. 306; Karsten Schmidt NJW 2001, 993 [1001 f.]…), kann offen bleiben. Die Kl. erfüllt jedenfalls diese Voraussetzung.

b) Allerdings könnte das Grundstückseigentum einer Person oder Gesellschaft davon abhängen, dass die Person oder Gesellschaft im Grundbuch eingetragen werden kann und eingetragen worden ist. Denn außerhalb gesetzlicher Erwerbstatbestände setzt der Eigentumserwerb an einem Grundstück grundsätzlich die Eintragung im Grundbuch voraus (§ 873 BGB).

aa) Früher war die GbR im Grundbuch nicht eintragungsfähig. Dementsprechend bestimmte - und bestimmt noch heute - § 47 letzter Satzteil GBO, dass in solchem Fall die Gesellschafter mit dem Zusatz „als Gesellschafter bürgerlichen Rechts“ eingetragen werden, so wie auch im vorliegenden Fall verfahren wurde. Ob die Anerkennung der GbR als rechtsfähig auch zur Grundbuchfähigkeit führt, war bisher ungeklärt, und es wurde eine Entscheidung des BGH erwartet. Diese hat der BGH aber im vorliegenden Fall (noch) nicht getroffen, sondern ausgeführt, Rdnr. 10: Ob nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR durch BGHZ 146, 341 auch die Gesellschaft selbst als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen werden kann, ist streitig (s. statt aller Ulmer/Steffek NJW 2002, 330; Nachw. auch bei K. Schmidt JuS 2007, 186 Fn. 13, 14), bedarf hier aber keiner Entscheidung.

bb) Für den BGH reicht die gemäß § 47 GBO vorgenommene Eintragung als Eintragung der Gesellschaft aus. Rdnr. 11: Wenn im Grundbuch die einzelnen Gesellschafter mit dem Zusatz „als GbR“ eingetragen sind, wird damit für den Rechtsverkehr - unabhängig von der Frage, ob auch die GbR selbst eingetragen werden könnte - unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, dass Eigentümerin der Liegenschaft die GbR ist… Ansonsten müsste es eine Form des Gesamthandseigentums neben dem Gesellschaftsvermögen geben oder die Gesellschafter müssten Bruchteilseigentümer sein. Beides kommt nicht ernsthaft in Betracht.

Somit ist die K-Gesellschaft Eigentümerin des Grundstücks. K. Schmidt JuS 2007, 185: Das Gesellschaftsvermögen der BGB-Außengesellschaft - hier: des Immobilienfonds - gehört nicht den Gesellschaftern „zur gesamten Hand“, sondern der Gesellschaft selbst.“ Folglich ist die K-Gesellschaft Eigentümerin des Grundstücks geworden und kann sich gegen eine unberechtigte Vollstreckung zur Wehr setzen.

2. Entscheidende Voraussetzung für den Erfolg der Vollstreckungsabwehrklage gemäß §§ 795, 767 I ZPO ist, dass dem Kläger und Vollstreckungsschuldner Einwendungen gegenüber dem in der Vollstreckungsurkunde festgestellten Anspruch zustehen.

a) Bei der Vollstreckung aus einer Grundschuld wird keine persönliche Forderung geltend gemacht, sondern der Grundschuldgläubiger macht das Recht geltend, dass aus dem Grundstück eine Geldsumme gezahlt wird (§ 1191 BGB), wobei die Befriedigung des Grundschuldgläubigers durch Zwangsvollstreckung erfolgt (§§ 1192, 1147 BGB). Dient die Grundschuld aber, wie im Normalfall und auch im vorliegenden Fall, der Sicherung einer Darlehensforderung, kann der Schuldner, wenn die Darlehensforderung nicht besteht, dem Grundschuldgläubiger die Einrede der Bereicherung entgegen halten (vgl. § 821 BGB).

b) Bereichert ist B um die Grundschuld, wenn der Darlehensvertrag, wie K geltend macht, unwirksam ist. Insoweit macht K eine von Anfang an bestehende Einwendung geltend. Bei Urteilen kann eine solche Einwendung nicht mehr mit der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden; sie hätte im Prozess vor Erlass des Urteils vorgebracht werden müssen (§ 767 II ZPO). Auf vollstreckbare Urkunden, denen kein Urteils- oder ähnliches Verfahren vorangegangen ist, ist die Beschränkung des § 767 II aber nicht anwendbar (§ 797 II ZPO). Somit kann K diese Einwendung innerhalb der Vollstreckungsabwehrklage unbeschränkt geltend machen.

c) K wendet ein, der Darlehensvertrag sei unwirksam, weil Z wegen der entgegenstehenden Regelung im Gesellschaftsvertrag nur einen Darlehensvertrag habe abschließen dürfen, in dem die persönliche Haftung der Gesellschafter beschränkt war. Bei der GbR ergibt sich die Vertretungsmacht grundsätzlich aus der Befugnis zur Geschäftsführung (§ 714 BGB). Z, der den Darlehensvertrag abgeschlossen hat, hatte eine alleinige Geschäftsführungsbefugnis. Daraus folgte seine Vertretungsmacht. Danach hat er die K wirksam verpflichtet, auch zur Zahlung der Nichtabnahmeentschädigung gemäß § 9 des Darlehensvertrages.

Die Beschränkung laut Gesellschaftsvertrag (§ 8) würde nicht die Haftung der Gesellschaft betreffen, sondern nur die persönliche Haftung der Gesellschafter. Grundsätzlich haften die GbR-Gesellschafter für die Verbindlichkeiten des Gesellschaft analog § 128 HGB persönlich (wenn der BGH im vorliegenden Fall Rdnr. 19 eine solche Haftung verneint, lag das daran, dass im Originalfall die maßgebenden Verträge bereits 1995 / 1996 abgeschlossen worden waren und der BGH in solchem Fall Vertrauensschutz gegenüber der 1999 und 2001 vorgenommenen Änderung des Rspr. gewährt, so BGHZ 150, 1). Diese persönliche Haftung beruht auf dem Gesetz (§ 128 HGB) und besteht akzessorisch zur Gesellschaftsschuld (BGHZ 146, 358). Daraus schließt BGH im vorliegenden Fall Rdnr. 19, dass es dann auf den Umfang der Vollmacht nicht ankommt.

Zwar hätte Z in dem Darlehensvertrag eine persönliche Haftung der Gesellschafter durch ausdrückliche Regelung (vgl. BGHZ 142, 315) ausschließen können. Eine solche Regelung ist aber nicht getroffen worden. Das Risiko dafür, dass eine solche Vereinbarung getroffen oder nicht getroffen wird, tragen die Gesellschafter.

Somit war der Darlehensvertrag einschließlich des § 9 wirksam. Die Einwendungen der K gegenüber der Verpflichtung zur Zahlung der Nichtabnahmeentschädigung sind unbegründet. K steht keine Bereicherungseinrede gegenüber der Grundschuld zu. Die Vollstreckungsabwehrklage hat keine Aussicht auf Erfolg.

Zusammenfassung