Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Kaufrecht, Gewährleistung wegen Sachmangels, § 434 BGB. Kein Gewährleistungsausschluss bei Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 I 1 BGB. Aufforderung zur Nacherfüllung und Fristsetzung i. S. der §§ 439, 323 I BGB nur bei Möglichkeit des Verkäufers, die Kaufsache am Leistungsort zu untersuchen. Entbehrlichkeit der Fristsetzung, § 323 II Nr. 1 BGB. Voraussetzungen des § 275 II BGB. § 275 II BGB als Einrede des Schuldners; Erhebung der Einrede als Voraussetzung des § 326 V BGB


BGH Urteil vom 19. 12. 2012 (VIII ZR 96/12) NJW 2013, 1074

Fall (Motorkajütboot)

B, die im Raum Berlin wohnende spätere Beklagte, bot über die Internet-Versteigerungsplattform eBay ein gebrauchtes Motorkajütboot nebst einem zum Transport des Bootes geeigneten Bootsanhänger (Trailer) zum Kauf an. Dabei beschrieb sie das - ursprünglich von ihrem Vater genutzte - Boot wie folgt: „…Es ist ein Holzboot mit einem Kunststoffüberzug über dem Rumpf. Das hat den Vorteil, dass es dicht ist und man weniger Pflegeaufwand hat. Es ist ein schönes kleines Wanderboot, nix für Raser. Auf dem Boot kann man bequem zu zweit schlafen und ein Kind hat auch noch Platz. Es verfügt über genügend Stauraum für längere Entdeckungstouren. Es gehört auch ein Trailer dazu. Man kann also auch mit dem Boot auf Reisen gehen… Das Boot muss in Berlin abgeholt werden oder kann gegen 0,50 Euro pro Kilometer geliefert werden. Da es sich um ein gebrauchtes Boot handelt, verkaufe ich es ohne jede Gewährleistung …" Die in Berlin wohnhafte spätere Klägerin K gab mit 2.510 Euro das höchste Gebot ab und vereinbarte mit B die Lieferung des Bootes gegen Zahlung von 20 Euro. Das Boot einschließlich des Trailers wurde geliefert. K zahlte an B 2.530 Euro.

Kurz danach stellte K Schimmel an dem Boot fest und beanstandete das gegenüber B. Nachdem B sich darauf berufen hatte, dass sie keine Kenntnis von dem Schimmel gehabt habe, und auf den Gewährleistungsausschluss verwies, ließ K das Boot begutachten. Der Sachverständige (S) nahm die Beplankung ab und stellte fest, dass die Holzsubstanz des Bootes stark durch Schimmelpilze beschädigt und das Boot nicht mehr seetauglich war. Die Reparaturkosten bezifferte S auf 12.900 Euro und erklärte, dass sich eine Reparatur bei einem geschätzten Zeitwert des Bootes von 1.400 Euro nicht lohne. Unmittelbar danach, am 29. April, teilte K das der B mit und erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag. B widersprach mit Schreiben vom 12. 5. und verwies zusätzlich darauf, dass K die Möglichkeit gehabt habe, das Boot vor dem Kauf zu besichtigen. Am 15. 5. überführte K das Boot zur Insel Usedom, wo es seitdem untergestellt ist. Anfang Juni ließ K die B durch Anwaltsschreiben auffordern, innerhalb einer Woche sich dazu bereit zu erklären, die Mängel am Boot zu beseitigen. B antwortete, sie sei bereit, sich das Boot in Berlin auf berechtigte Mängel hin ansehen und solche, falls vorhanden, zu beseitigen. K bot demgegenüber eine Besichtigung auf Usedom an, zu der es aber nicht kam. K wiederholte ihre Rücktrittserklärung und verlangt von B Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe des Kajütbootes und des Trailers. Zu Recht ?

A. Anspruchsgrundlage können §§ 437 Nr. 2, 323, 346 I BGB sein. Daraus kann sich ein Anspruch auf Rückgewähr des gezahlten Kaufpreises nach einem wirksamen Rücktritt vom Kaufvertrag ergeben.

I. Ein Kaufvertrag i. S. des § 433 BGB ist zwischen K und B durch Angebot und Annahme zustande gekommen. § 156 BGB ist nicht anwendbar, weil eBay-Versteigerungen keine Versteigerungen i. S. dieser Vorschrift sind (BGH NJW 2005, 53). Offen bleiben kann, ob bereits das Internet-Angebot der B ein Angebot im Rechtssinne war, das sich an denjenigen richtet, der das Höchstgebot abgibt (BGH NJW 2011, 2421), oder ob erst das Höchstgebot das Angebot ist, das vom Verkäufer vorweggenommen angenommen wurde (Palandt/Ellenberger, 72. Aufl. 2013, § 145 Rdnr. 7). Nach beiden Ansichten haben sich K und B wie erforderlich geeinigt.

II. Für eine Anwendung des § 437 BGB muss das Boot mangelhaft gewesen sein.

1. Nach § 434 I 1 BGB ist die Kaufsache mangelhaft, wenn eine Beschaffenheit vereinbart wurde und die Sache diese Beschaffenheit nicht hat.

a) Beschaffenheit des Bootes könnte sein, dass es nicht so mit Schimmel behaftet ist, dass es nicht mehr seetauglich ist. Eine ausdrückliche Vereinbarung einer solchen Beschaffenheit ist zwischen K und B nicht getroffen worden.

b) Diese ist aber auch nicht erforderlich. BGH [16 - 18]: Eine Vereinbarung kann sich auch aus den Umständen des Vertragsschlusses wie etwa dem Kontext der dabei geführten Gespräche oder den bei dieser Gelegenheit abgegebenen Beschreibungen ergeben (BGH WM 2010, 990 Rn. 13). Insbesondere kann die für eine Beschaffenheitsvereinbarung erforderliche Willensübereinstimmung auch konkludent in der Weise erzielt werden, dass der Käufer dem Verkäufer bestimmte Anforderungen an den Kaufgegenstand zur Kenntnis bringt und dieser zustimmt (BGHZ 181, 170 Rn. 9). Ebenso ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass in Fällen, in denen der Verkäufer bei Vertragsschluss die Eigenschaften der verkauften Sache in einer bestimmten Weise beschreibt und der Käufer vor diesem Hintergrund seine Kaufentscheidung trifft, die Erklärungen des Verkäufers ohne Weiteres zum Inhalt des Vertrages und damit zum Inhalt einer Beschaffenheitsvereinbarung werden (BT-Drucks. 14/6040, S. 212)… Das BerGer. hat bei dieser Würdigung an eine in der Angebotsbeschreibung mehrfach zum Ausdruck gebrachte Eignung des Kajütboots zum ausgedehnten Wasserwandern angeknüpft. Wenn B dort ausgeführt hat, mit dem Boot könne man für längere Entdeckungstouren auf Reisen gehen, ist damit die für einen Gebrauch des Kajütboots zentrale Beschaffenheitsaussage einer See- und Wassertauglichkeit zum Ausdruck gekommen, die von K zur Grundlage ihres Kaufentschlusses gemacht wurde. Diese Umstände sind vergleichbar mit der Beschreibung eines Kraftfahrzeugs als fahrbereit, mit der die Eignung zu einer gefahrlosen Benutzung bei bestimmungsgemäßem Gebrauch, insbesondere das Fehlen von verkehrsgefährdenden Mängeln zugesagt wird (BGHZ 170, 67 Rn. 21, 25 m. w. N.)… Daraus folgt weiter, dass das Kajütboot diesen Beschaffenheitsanforderungen nicht gerecht wird, weil dem Bootsrumpf aufgrund seiner Schäden das dafür erforderliche Mindestmaß an Stabilität und Stoßfestigkeit fehlt. Somit war das Boot mangelhaft.

2. Ergibt sich der Mangel aus einer Beschaffenheitsvereinbarung i. S. des § 434 I 1 BGB, steht dem ein Gewährleistungsanspruch nicht entgegen. Ein Verkäufer würde sich widersprüchlich verhalten, wenn er einerseits eine bestimmte Beschaffenheit zusagt, andererseits sich von der Erfüllung dieser Verpflichtung freizeichnen könnte. BGH [19]: Es steht im Einklang mit der Rspr. des Senats, dass das BerGer. den zwischen den Parteien vereinbarten Gewährleistungsausschluss nicht auf die genannte Beschaffenheitsvereinbarung bezogen hat (BGHZ 170, 86 Rn. 31). Der Gewährleistungsausschluss bezieht sich nur auf Mängel, die sich nicht aus einer Beschaffenheitsvereinbarung, sondern aus § 434 I 2 BGB ergeben.

III. Wegen der in § 437 Nr. 2 BGB enthaltenen Verweisungen müssen weitere Voraussetzungen für einen Rücktrittsgrund vorliegen.

1. Nach § 323 I BGB ist zunächst Voraussetzung, dass der Verkäufer seine Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbracht hat. B hat das Boot nicht in einem Zustand geliefert, der der Beschaffenheitsvereinbarung entsprach, und dadurch § 433 I 2 BGB verletzt.

a) Weiterhin ist grundsätzlich erforderlich, dass der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung gesetzt hat. Eine Fristsetzung durch K kann in dem Anwaltsschreiben von Anfang Juni gesehen werden. Da K verlangt hat, dass B sich zur Mängelbeseitigung zunächst nur bereit erklärt, war die Frist von einer Woche auch angemessen. Die Fristsetzung muss aber auf die geschuldete Leistung gerichtet sein. K hat Nacherfüllung durch Beseitigung des Mangels i. S. des § 439 I BGB verlangt. Nach der Rspr. des BGH muss dem Verkäufer zunächst die Gelegenheit gegeben werden, die Kaufsache zur näheren Prüfung des Mangels zu besichtigen. Das muss der Käufer am richtigen Ort anbieten.

BGH [24]: Nach der Rspr. des Senats muss ein taugliches Nacherfüllungsverlangen auch die Bereitschaft des Käufers umfassen, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen für eine entsprechende Untersuchung zur Verfügung zu stellen, und ist der Verkäufer nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm die Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung der Kaufsache gegeben hat (BGH NJW 2010, 1448 Rn. 12). Dies setzt ein Zurverfügungstellen am rechten Ort, nämlich dem Erfüllungsort der Nacherfüllung, voraus. Für dessen Bestimmung ist im Kaufrecht die allgemeine Vorschrift des § 269 Abs. 1 BGB maßgebend mit der Folge, dass bei einem - hier gegebenen - Fehlen vertraglicher Vereinbarungen über den Erfüllungsort auf die jeweiligen Umstände, insbesondere auf die Natur des Schuldverhältnisses abzustellen ist und dass dann, wenn sich hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen lassen, der Erfüllungsort letztlich an dem Ort anzusiedeln ist, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz (§ 269 Abs. 2 BGB) hatte (BGHZ 189, 196 Rn. 29 ff. m. w. N.). Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, wenn das BerGer. entscheidend auf den übereinstimmenden Wohnsitz der Parteien im Raum Berlin abgestellt und dem Umstand, dass das Boot lediglich zum Zwecke der Unterstellung nach Usedom verbracht worden war, keine für die Bestimmung des Erfüllungsortes entscheidende Bedeutung beigelegt hat. Somit ist eine dem § 323 I BGB entsprechende Fristsetzung nicht erfolgt.

b) Die Fristsetzung könnte nach § 323 II Nr. 1 BGB entbehrlich gewesen sein, weil B die Mängelbeseitigung ernsthaft und endgültig verweigert hat. Eine Verweigerung lag in dem Schreiben der B vom 12. 5. Sie war aber nicht endgültig, sondern brachte zunächst nur den Rechtsstandpunkt der B zum Ausdruck, dass sie eine Pflicht zur Mängelbeseitigung nicht anerkennen wollte. BGB [22]: Das gilt umso mehr, als an die tatsächlichen Voraussetzungen für die Bejahung einer endgültigen Erfüllungsverweigerung strenge Anforderungen zu stellen sind, die nur vorliegen, wenn der Schuldner eindeutig zum Ausdruck bringt, dass er seinen Vertragspflichten nicht nachkommen werde. Insbesondere kann in dem bloßen Bestreiten von Mängeln eine endgültige Nacherfüllungsverweigerung noch nicht ohne Weiteres, sondern nur dann gesehen werden, wenn weitere Umstände hinzutreten, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Schuldner über das Bestreiten der Mängel hinaus bewusst und endgültig die Erfüllung seiner Vertragspflichten ablehnt und es ausgeschlossen erscheint, dass er sich von einer Fristsetzung werde umstimmen lassen (BGH WM 2006, 1355 Rn. 25 m. w. N.). Dafür reicht das Schreiben vom 12. 5. nicht aus, auch dann nicht, wenn einbezogen wird, dass B sich schon vorher auf den Gewährleistungsausschluss berufen hat. Gegen eine endgültige Verweigerung spricht auch, dass B später doch noch eine gewisse Bereitschaft zu erkennen gegeben hat, sich auf Verhandlungen einzulassen. Somit war eine Fristsetzung nicht nach § 323 II Nr. 1 entbehrlich. § 323 ist kein Rücktrittsgrund.

2. § 437 Nr. 2 BGB bezieht sich auch auf § 440 und den Fall, dass der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gemäß § 439 III BGB verweigert hat. Aus ähnlichen Überlegungen wie oben zu § 323 II Nr. 1 lässt sich eine solche Verweigerung durch B nicht feststellen. Bisher hatte B den Mangel noch nicht anerkannt. Zu der Frage, in welcher Form eine Nacherfüllung erfolgen könnte, war es noch nicht gekommen, so dass sich auch die Frage einer bestimmten Art von Nacherfüllung nicht gestellt hat (der BGH ist auf § 440 nicht eingegangen).

3. Außerdem verweist § 437 Nr. 2 auf § 326 V BGB. Danach kann der Käufer nach § 323 ohne Fristsetzung zurücktreten, wenn der Verkäufer nach § 275 I - III BGB nicht zu leisten braucht.

a) Eine Unmöglichkeit i. S. des § 275 IBGB lässt sich nicht feststellen. Nach den Ausführungen des S kann das Boot für 12.900 Euro repariert werden. Allerdings könnte ein nicht behebbarer Mangel zurückbleiben. Aber auch davon kann nicht ausgegangen werden. BGH [26]: Das BerGer. hat es dahinstehen lassen, ob der Pilzbefall des Bootsrumpfes wegen einer selbst bei vollständiger Schadensbeseitigung möglicherweise verbleibenden Wertminderung schon für sich allein als ein unbehebbarer Mangel anzusehen und daher von der objektiven Unmöglichkeit einer vollständigen Mangelbeseitigung mit der Folge einer dahingehenden Leistungsfreiheit der Beklagten gemäß § 275 Abs. 1 BGB auszugehen ist (vgl. dazu BGH NJW 2008, 53 Rn. 23). Für das Revisionsverfahren ist daher zu unterstellen, dass ein im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB unbehebbarer Mangel nicht vorliegt.

b) Die Leistungsverpflichtung der B könnte nach § 275 II BGB entfallen sein.

aa) Nach § 275 II 1 kann d er Schuldner die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Der Reparaturaufwand beträgt lt. S 12.900 Euro. Das Leistungsinteresse der K am Erhalt eines brauchbaren Bootes kann am Zeitwert (= Anschaffungswert abzüglich der Abnutzung) ausgerichtet werden, den S auf 1.400 Euro geschätzt hat. Danach beträgt der Aufwand ein Vielfaches des Wertes der Leistung. Allerdings muss nach dem Regierungsentwurf zu § 275 II (vgl. MüKo/Ernst, BGB, 5. Aufl. 2007, § 275 Rdnr. 70) die Unverhältnismäßigkeit ein unmöglichkeitsähnliches Ausmaß erreichen, so dass von einer faktischen oder praktischen Unmöglichkeit gesprochen werden kann. Darunter fällt der Beispielsfall, in dem der geschuldete Ring geschuldet auf den Meeresgrund gefallen ist und nur mit einem U-Boot und Tauchern gesucht und geborgen werden kann. Diese strengen Anforderungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Das BerGer. und dem folgend der BGH beschränken die Anwendung des § 275 II aber nicht auf den Fall der praktischen oder faktischen Unmöglichkeit, sondern bejahen auch im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 275 II 1, [27]: Dem BerGer. ist insoweit beizupflichten, als es angesichts des groben Missverhältnisses zwischen den mit sachverständiger Hilfe ermittelten Nachbesserungskosten von 12.900 Euro und dem Zeitwert des Bootes von 1.400 Euro einen Fall der so genannten wirtschaftlichen Unmöglichkeit bejaht hat. (Allerdings fällt die „wirtschaftliche Unmöglichkeit“ nach überwiegender Auffassung gerade nicht unter § 275 II, so MüKo a. a. O. § 275 Rdnr. 95; Palandt/Grüneberg, 72. Aufl. 2013, § 275 Rdnr. 26.)

bb) Nach § 275 II 2 ist auch mit einzubeziehen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat. Ein Vertretenmüssen folgt noch nicht daraus, dass B für den Mangel einzustehen hat, vielmehr ist Verschulden erforderlich (§ 276 BGB). Dieses liegt vor, wenn der Verkäufer den Mangel verursacht hat oder wenn er ihn kannte oder kennen musste (Palandt/Weidenkaff § 437 Rdnr. 37). B hat die Schimmelbildung nicht verursacht. Von Kenntnis ist nicht auszugehen, da ihr ihre gegenteilige Erklärung nicht widerlegt werden kann. Sie musste den Mangel auch nicht kennen. Der Mangel besteht in der umfangreichen Schimmelbildung, die erst nach Abnahme der Beplankung zu erkennen war. Eine solche Untersuchung kann von einem privaten Verkäufer nicht verlangt werden. B hat somit nicht schuldhaft gehandelt. In solchem Fall reicht bereits ein das Leistungsinteresse des Käufers „nennenswert übersteigender Mehraufwand“ zur Bejahung des § 275 II aus (MüKo a. a. O. Rdnr. 104). Diese Tatbestand ist gegeben, wenn der Mehraufwand mehr als das Achtfache des Wertes der Kaufsache beträgt. Somit war ein grobes Missverhältnis zwischen Leistungsinteresse und Aufwand zu bejahen.

cc) Rechtsfolge des § 275 II ist ein Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners, das durch Einrede geltend gemacht werden muss. B hat sich aber nicht auf unverhältnismäßig hohe Reparaturkosten berufen, so dass § 275 II nicht eingreift.

BGH (27 - 29]: Genauso wie § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB, der nur dann zur Anwendung kommt, wenn der Schuldner entweder wegen Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB oder wegen Erhebens der Einrede nach § 275 Abs. 2 oder 3 BGB nicht zu leisten braucht (…), verlangt auch § 326 Abs. 5 BGB nach seinem eindeutigen Wortlaut für das darin geregelte Rücktrittsrecht, dass der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht zu leisten braucht, also nach einer dieser Bestimmungen von seiner Primärleistungspflicht frei (geworden) ist. Anders als im Fall der echten Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 BGB führt eine so genannte wirtschaftliche Unmöglichkeit der Leistungserbringung nach § 275 Abs. 2 BGB nur und erst dann zu einer Befreiung des Schuldners von seiner Primärleistungspflicht, wenn er sich hierauf durch Geltendmachung seines Leistungsverweigerungsrechts beruft. Das gilt uneingeschränkt auch für den hier gegebenen Fall, dass das Missverhältnis zwischen dem (Nach-) Erfüllungsaufwand (hier: Mängelbeseitigungskosten) und dem Interesse des Gläubigers am Erhalt der Primärleistung (hier: Erhalt des Bootes in mangelfreiem Zustand) besonders krass ist. Davon sollte nach der Gesetzesbegründung noch nicht einmal in Fällen der so genannten faktischen Unmöglichkeit, bei denen die Behebung des Leistungshindernisses lediglich theoretisch möglich erscheint, selbst wenn sie kein vernünftiger Gläubiger ernsthaft erwarten kann, eine Ausnahme zu machen sein (BT-Drucks. 14/6040, S. 129 f.). Ein Bedürfnis, für solche Fallgestaltungen vom Erfordernis einer Geltendmachung des Leistungsverweigerungsrechts durch den Schuldner abzusehen, ist entgegen der Auffassung des BerGer. nicht gegeben. Vielmehr ist für Fälle, in denen eine Ungewissheit darüber besteht, ob eine Nacherfüllung unmöglich ist oder ob der Schuldner sich auf eine (wirtschaftliche) Unmöglichkeit berufen wird, bereits im Gesetzgebungsverfahren auf die Möglichkeit des Gläubigers hingewiesen worden, dem Schuldner eine angemessene Frist zur Nacherfüllung zu setzen und nach fruchtlosem Fristablauf gemäß § 323 Abs. 1 BGB vom Vertrag zurückzutreten (BT-Drucks. 14/7052, S. 183, 193). - Mit diesem Ergebnis bestätigt der BGH den grundsätzlichen Vorrang der Erfüllung und Nacherfüllung vor Rücktritt und Schadensersatz (den K und ihre anwaltlichen Berater offenbar nicht hinreichend erkannt haben).

Somit fehlt es für das Rücktrittsrecht nach § 326 V an der Voraussetzung, dass B nach § 275 nicht zu leisten braucht.

4. Ein anderer Rücktrittsgrund ist nicht erkennbar. Die Rücktrittserklärungen der K haben nicht zu einer Anwendung des § 346 I BGB geführt. K kann von B nicht Rückzahlung des Kaufpreises verlangen.


Zusammenfassung