Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Betriebsverfassungsrecht, Beratung nach § 111 Satz 2 BetrVerfG. Aufgabenbereich des Betriebsrats. Rechts- und Parteifähigkeit des Betriebsrats, § 50 ZPO. Ultra-vires-Lehre. Kostentragung des Arbeitgebers für die Tätigkeit des Betriebsrats, § 40 BetrVerfG. Haftung von Betriebsratsmitgliedern analog § 179 I BGB. Ausschluss der Haftung nach § 179 III BGB


BGH Urteil vom 25. 10. 2012 (III ZR 266/11) NJW 2013, 464 (für BGHZ vorgesehen)

Fall (Ein Betriebsrat lässt sich beraten)

Die A-AG hat ihre Produktionsanlagen in Deutschland und beschäftigt ca. 18.000 Arbeitnehmer. Sie beabsichtigt Umstrukturierungsmaßnahmen, die zur Verlegung wesentlicher Betriebsteile in das EU-Ausland und zum Abbau zahlreicher Arbeitsplätze in Deutschland führen werden. Im Unternehmen der A-AG gibt es einen Betriebsrat (B), dessen Vorsitzender V ist.

Nach § 111 Betriebsverfassungsgesetz hat das Unternehmen den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen zu informieren und die geplanten Maßnahmen mit dem Betriebsrat zu beraten. Damit der Betriebsrat gegebenenfalls fundierte Alternativvorschläge unterbreiten kann, bestimmt § 111 Satz 2 BetrVerfG: „Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen.“ Dementsprechend beschloss B einstimmig, davon Gebrauch zu machen, und damit die K-GmbH, eine auf die Beratung von Betriebsräten spezialisierte Gesellschaft zu beauftragen. In der anschließenden Verhandlung zwischen V und dem Geschäftsführer G der K erklärte G, aktuell gehe es zwar nur um Verlegungen ins EU-Ausland; erfahrungsgemäß folgten dann aber weitere Verlegungen in andere Länder mit niedrigeren Arbeitskosten, so dass auch dieser Fall bereits jetzt mit einbezogen werden sollte. Die Beratungskosten würden nach den üblichen Sätzen berechnet und seien vom Arbeitgeber zu tragen. Damit verwies G auf § 40 Absatz 1 BetrVerfG, der bestimmt: „Die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber.“ Nachdem die K-GmbH ein vollständiges Angebot einschließlich der voraussichtlich entstehenden Kosten unterbreitet hatte, nahm V nach erneuter Zustimmung des B das Angebot als Vertreter des B (§ 26 Absatz 2 BetrVerfG) an.

Nach Abschluss der Beratung übersandte die K-GmbH dem V eine - dem Angebot entsprechende - Rechnung über 86.000 Euro, wobei 56.000 Euro auf die aktuelle Verlegungsplanung und 30.000 Euro auf mögliche weitere Verlegungen entfielen. V übersandte die Rechnung der Geschäftsleitung der A-AG, die eine Begleichung aber mit der Begründung ablehnte, die Beratung sei mit ihr nicht abgestimmt worden und sachlich nicht notwendig gewesen. K will B und V persönlich auf Bezahlung der Rechnung in Anspruch nehmen. In welchem Rechtsweg müssten die Ansprüche geltend gemacht werden ? Könnte eine Klage auch gegen den Betriebsrat gerichtet werden ? Sind die Ansprüche begründet ?

Vorbemerkung zur Lösung: Das BGH-Urteil bezeichnet die Beteiligten - korrekt - nach ihrer prozessualen Stellung. Da dadurch aber das Verständnis des Gedankenganges erschwert wird, werden die Beteiligten im Folgenden konkret als K, B, V und A-AG bezeichnet, dies auch in den Originalzitaten.

1. Frage: In welchem Rechtsweg müssten die Ansprüche geltend gemacht werden ?

I. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten richtet sich nach §§ 2, 2a Arbeitsgerichtsgesetz.

1. § 2 führt die Streitfälle auf, über die im Urteilsverfahren entschieden wird. Dazu gehören nach Absatz 1 Nr. 1 „bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien oder zwischen diesen und Dritten aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen“ und nach Nr. 2a „bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis.“ Im vorliegenden Fall handelt es sich weder um eine Streitigkeit im Zusammenhang mit einem Tarifvertrag noch um eine zwischen einem Arbeitnehmer und einem Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis. Auch einer der anderen Fälle des § 2 greift nicht ein.

2. Im Beschlussverfahren sind nach § 2a Nr. 1 „Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz…“ zu entscheiden. Zwar gehören - die im Sachverhalt wiedergegebenen - Vorschriften aus dem BetrVerfG zu den für die Entscheidung des Falles wesentlichen Vorschriften. Anspruchsgrundlage für K ist aber keine Vorschrift des BetrVerfG, sondern sie ergibt sich aus der Beauftragung seitens des B mit der Durchführung einer Beratung über die Umstrukturierungsmaßnahmen der A-AG und der Erarbeitung möglicher Alternativvorschläge. Eine solche Beratung entspricht der Beauftragung eines Rechtsanwalts und ist keine Angelegenheit aus dem BetrVerfG.

II. K macht Ansprüche aus einem privatrechtlichen Beratungsvertrag (zu dessen Rechtsnatur noch unten 3. Frage I.) geltend. Es handelt sich um bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, für die nach § 13 GVG die Zivilgerichte zuständig sind. Dementsprechend hat im Originalfall der BGH über die Revision entschieden. In erster Instanz ist das Landgericht zuständig, weil der Streitwert 5.000 Euro übersteigt (§§ 71 I, 23 Nr. 1 GVG).

2. Frage: Könnte eine Klage auch gegen den Betriebsrat gerichtet werden ?

I. Nach § 50 ZPO ist parteifähig - aktiv und passiv - , wer rechtsfähig ist. Also kann ein Betriebsrat als parteifähig verklagt werden, soweit er rechtsfähig ist. Der BGH hat die Rechtsfähigkeit des Betriebsrats im Zusammenhang mit der Frage erörtert, ob der Betriebsrat einen Vertrag mit der Beratungsfirma K schließen konnte, und hat dazu ausgeführt: [11] Nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur besitzt der Betriebsrat keine generelle Rechts- und Vermögensfähigkeit und kann daher nicht wie andere Personenvereinigungen oder juristische Personen am allgemeinen Rechtsverkehr teilnehmen (vgl. BAGE 52, 1, 9 f; BAGE 99, 208, 211; Wedde in Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, BetrVG, 13. Aufl., Einleitung Rn. 141; Fitting, BetrVG, 26. Aufl., § 1 Rn. 194; Richardi, BetrVG, 13. Aufl., Einleitung Rn. 111…).

II. Dem Betriebsrat könnte aber eine Teil-Rechtsfähigkeit zukommen. BGH [11 - 19]:

1. Das Bundesarbeitsgericht spricht dem Betriebsrat die Fähigkeit zu, Inhaber vermögensmäßiger Rechtspositionen zu sein, soweit er innerhalb des ihm vom Betriebsverfassungsgesetz zugewiesenen Wirkungskreises tätig wird (vgl. BAG NZA 2005, 123, 124; AP Nr. 12 zu § 54 BetrVG 1972 Rn. 50, jew. m. w. N.). Aus der in § 40 Abs. 1 BetrVG geregelten Kostentragungspflicht des Arbeitgebers entstehe zwischen diesem und dem Betriebsrat ein gesetzliches Schuldverhältnis, welches dem Betriebsrat einen vermögensrechtlichen Anspruch gegen den Arbeitgeber einräume (…).

2. Die mit dem Anspruch gegen den Arbeitgeber im Innenverhältnis begründete Teil-Rechtsfähigkeit reicht aber nicht aus, um die Parteifähigkeit für einen Prozess im Außenverhältnis mit einem Berater zu begründen. Dafür bedarf es der Fähigkeit des Betriebsrat, auch im Verhältnis zu Dritten Rechte und Pflichten begründen zu können. Ob das der Fall ist, ist streitig.

a) Das BAG hat diese Frage bislang nicht ausdrücklich entschieden (…). Es geht allerdings in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Betriebsrat im Fall der Hinzuziehung eines Beraters oder Sachverständigen gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Freistellung „in Höhe der dadurch entstandenen erforderlichen Kosten" erwirbt, welcher an den Berater oder Sachverständigen abgetreten werden kann und sich dann in einen Zahlungsanspruch verwandelt (vgl. nur BAG NZA 2009, 1223; NJW 2010, 2154…). Ein solcher Freistellungsanspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber setzt das Bestehen einer entsprechenden Verpflichtung des Betriebsrats gegenüber dem externen Gläubiger (dem Berater oder Sachverständigen) voraus. Ausgehend von dieser Rechtsprechung erscheint eine entsprechende Rechtsfähigkeit des Betriebsrats im Rahmen seines Wirkungskreises auch im Verhältnis zu Dritten naheliegend… Ein Teil der Literatur bejaht ausdrücklich die Teilrechtsfähigkeit des Betriebsrats auch im Rechtsverkehr mit Dritten dahingehend, dass er als Gremium Vertragspartner bei in seinen gesetzlichen Wirkungskreis fallenden Hilfsgeschäften mit (externen) Rechtsanwälten, Beratern und Sachverständigen werden kann (vgl. Wedde a. a. O. Einleitung Rn. 141; Fitting a. a. O. § 1 Rn. 207; Richardi a. a. O. Einleitung Rn. 113…). Diese Auffassung vertritt für den - dem Betriebsrat strukturell und funktionell vergleichbaren - Personalrat, welchem ebenfalls grundsätzlich keine Vermögens- und Rechtsfähigkeit im allgemeinen Rechtsverkehr zukommt, auch das BVerwG. Es geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Personalrat selbst Vertragspartner eines Rechtsanwalts wird, den er zur Durchsetzung seiner personalvertretungsrechtlichen Befugnisse mit seiner Vertretung im Beschlussverfahren beauftragt (BVerwGE 90, 76, 79 ff; NZA-RR 2011, 446 Rn. 10).

b) Andere Stimmen in der Literatur lehnen hingegen eine rechtsgeschäftliche Bindungsfähigkeit des Betriebsrats ab und nehmen an, er könne ausschließlich innerhalb der Betriebsverfassung Träger vermögensrechtlicher Ansprüche und Rechtspositionen sein. Zum Abschluss von Verträgen mit Dritten sei er als Organ nicht in der Lage (vgl. Besgen in Beck OK Arbeitsrecht, § 1 BetrVG Rn. 54 [Stand: 1. März 2012]; GK-BetrVG/Franzen a. a. O. § 1 Rn. 73; Rose in Hess/Schlochauer/Worzalla/Glock/Nicolai/Rose, BetrVG, 8. Aufl., Einleitung Rn. 102; Preis in Wlotzke/Preis/Kreft, BetrVG, 4. Aufl., § 1 Rn. 45…).

c) Der Senat schließt sich der [unter a dargestellten] Auffassung an, die den Betriebsrat in Bezug auf Hilfsgeschäfte mit Dritten, die er im Rahmen seines gesetzlichen Wirkungskreises tätigt, das heißt insbesondere bei der Hinzuziehung von Beratern nach § 111 Satz 2 BetrVG, als partiell rechtsfähig ansieht. Ein gegen den Arbeitgeber gerichteter Anspruch des Betriebsrats auf Befreiung von einer Verbindlichkeit setzt notwendig das Bestehen einer eigenen Verpflichtung des Betriebsrats gegenüber dem Dritten voraus. Andernfalls könnte nur der Arbeitgeber Vertragspartner des hinzugezogenen Beraters werden. Würde aber der Arbeitgeber Vertragspartner des Beraters des Betriebsrats, müsste sich der Betriebsrat vor Hinzuziehung eines Beraters zunächst an den Arbeitgeber wenden und ihn zum Vertragsschluss zu seinen, des Betriebsrats, Gunsten bewegen. Das Gesetz gibt ihm insofern nicht die Befugnis, ohne besondere Vollmacht entsprechende Verträge als Vertreter des Arbeitgebers abzuschließen… Das Erfordernis des auf Betreiben des Betriebsrats erfolgenden Vertragsschlusses durch den Arbeitgeber widerspräche aber Sinn und Zweck von § 111 Satz 2 BetrVG. Danach bedarf die Hinzuziehung des Beraters, anders als im Rahmen des § 80 Abs. 3 BetrVG, gerade keiner vorhergehenden Vereinbarung des Betriebsrats mit dem Arbeitgeber…

Somit darf der Betriebsrat Verträge mit einem externen Berater schließen, ist insoweit teilrechtsfähig und parteifähig. Eine Klage der K kann sich (auch) gegen den Betriebsrat richten.

3. Frage: Sind die Ansprüche begründet ?

I. Anspruchsgrundlage für einen Anspruch der K gegen den Betriebsrat (B) kann ein Beratungsvertrag sein. Ein solcher Vertrag ist regelmäßig ein Dienstvertrag i. S. des § 611 BGB (Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl. 2013, Einf. vor § 631 Rdnr. 19). Er kann allerdings auch werkvertragliche Elemente enthalten, was hinsichtlich der Erarbeitung von Alternativvorschlägen in Betracht kommt, hier aber nicht abschließend entschieden werden kann, weil der genaue Inhalt des zwischen B und K geschlossenen Vertrages nicht bekannt ist.

1. V hat einen derartigen Vertrag im Namen des B mit K geschlossen. Die hierfür erforderliche Vertretungsmacht ergibt sich für V als Betriebsratsvorsitzenden aus § 26 II BetrVerfG. Außerdem wird verlangt, dass auch der Betriebsrat als Gremium die Beiziehung eines Beraters gebilligt hat (BGH [22]), was sich im vorliegenden Fall aus den entsprechenden Beschlüssen des B ergibt.

2. Der Vertrag könnte jedoch nicht wirksam sein, weil er sich auf eine erforderliche Beratung beschränken muss und soweit der Beratungsauftrag im vorliegenden Fall darüber hinausgeht.

a) Wie zu Frage 2 ausgeführt wurde, ist ein Betriebsrat nur teilrechtsfähig und auf Befugnisse im Rahmen seines gesetzlichen Wirkungskreises beschränkt. Handlungen außerhalb dieses Bereichs liegen jenseits seiner „rechtlichen Kräfte“ (= „ultra vires“) und begründen weder Rechte noch Pflichten. Diese sog. Ultra-vires-Lehre stammt aus dem Gesellschaftsrecht und dem Recht der öffentlich-rechtlichen Köperschaften, Anstalten und anderen Rechtsträger. Sie wird hier auf den Betriebsrat angewendet.

aa) BGH [24 - 26]: Da die Vermögens- und Rechtsfähigkeit des Betriebsrats gerade auch im Rechtsverkehr mit Dritten auf den ihm vom Betriebsverfassungsgesetz übertragenen Aufgabenkreis beschränkt ist, kann er nach allgemeiner Meinung außerhalb dieses gesetzlichen Wirkungskreises keine privatrechtlichen Geschäfte tätigen. Der Betriebsrat stellt insoweit kein Rechtssubjekt dar; ein Vertrag, den er über einen außerhalb dieses Rahmens - also „ultra vires" - liegenden Gegenstand schließt, ist unwirksam (vgl. BAGE 52, 1, 10 f;…).

bb) Allerdings ist fraglich, ob eine solche Überschreitung der durch die beschränkte Rechtsfähigkeit des Betriebsrats gezogenen Grenzen im Falle einer Betriebsratstätigkeit gemäß § 111 BetrVG erst dann vorliegt, wenn der Gegenstand des geschlossenen Vertrages nicht mehr innerhalb des gesetzlichen Aufgabenkreises des Betriebsrats liegt, oder bereits dann, wenn und soweit die vereinbarte Beratung in ihrer konkreten Ausgestaltung für die Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats im Einzelfall nicht erforderlich ist und ihr daher kein korrespondierender Erstattungs- oder Freistellungsanspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber aus § 40 Abs. 1 BetrVG gegenübersteht (…). Die Abgrenzung ist nach Auffassung des Senats im letzteren Sinn vorzunehmen. Nach der - zu einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ergangenen - Rechtsprechung des BAG besitzt der Betriebsrat, soweit er nicht vermögensfähig ist, keine Rechtsfähigkeit zum Abschluss von Vereinbarungen, durch die eigene vermögensrechtliche Ansprüche begründet werden sollen (BAG NZA 2005, 123). Das „rechtliche Können" folgt insoweit dem „vermögensmäßigen Können". Diese Begrenzung der Rechtsfähigkeit des Betriebsrats durch seine Vermögensfähigkeit gilt auch im Verhältnis des Betriebsrats zu Dritten… Vermögensfähig ist der Betriebsrat im Bereich des § 111 BetrVG folglich nur, soweit ihm gegen den Arbeitgeber ein Anspruch aus § 40 BetrVG auf Erstattung der durch seine Tätigkeit entstehenden erforderlichen Kosten zusteht…

Somit ist Wirksamkeitsvoraussetzung des mit K geschlossenen Vertrages, dass B von der A-AG Erstattung der dadurch ausgelösten Kosten verlangen kann. Andernfalls wäre ein Anspruch der K aus dem Vertrag für sie auch ohne Nutzen, weil B eine Zahlungspflicht ohne einen Erstattungsanspruch gegen die A-AG als Arbeitgeber nicht erfüllen könnte.

cc) Eine Erstattungspflicht des Arbeitgebers wird grundsätzlich durch § 40 I BetrVerfG begründet. Die Vorschrift kann jedoch nicht so verstanden werden, dass der Betriebsrat frei darüber entscheiden kann, welche Kosten er zu Lasten des Arbeitgebers veranlasst. Vielmehr müssen die Kosten für die Tätigkeit des Betriebsrats erforderlich sein. BGH [29]: Die mit K geschlossene Vereinbarung ist somit aufgrund der Teilrechtsfähigkeit des B nur insoweit wirksam, als sie Leistungen der K und eine Vergütungshöhe bestimmt, die dem Aufwand entsprechen, den der Betriebsrat im Interesse des Betriebs und seiner Belegschaft unter Berücksichtigung der Belange des Arbeitgebers im Zeitpunkt seiner Verursachung (ex ante) für erforderlich halten durfte… Soweit dagegen die mit K geschlossene Vereinbarung über die auf diese Weise bestimmte „Erforderlichkeitsgrenze" hinausgeht, ist sie nicht wirksam und verpflichtet B nicht.

b) Erforderlich war im vorliegenden Fall die Beratung hinsichtlich der Umstrukturierungsmaßnahmen, die zur Verlegung von Betriebsteilen ins EU-Ausland führen. Die insoweit ausgelösten Kosten in Höhe von 56.000 Euro sind deshalb von der A-AG zu tragen. In dieser Höhe hat sich B wirksam verpflichtet. Den daraus resultierenden Freistellungsanspruch aus § 40 I BetrVerfG kann B an die K abtreten, womit sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch der K gegen die A-AG umwandelt (oben Frage 2 II 2a und BGH [31]).

c) Dagegen bestand für eine Beratung hinsichtlich weiterer Verlegungen in Länder außerhalb der EU kein Grund. Insoweit lagen geplante Betriebsänderungen i. S. des § 111 BetrVerfG noch nicht vor. Hierzu Alternativvorschläge zu erarbeiten, war weder sinnvoll noch erforderlich. Ein Anspruch auf Erstattung weiterer 30.000 Euro steht B gegen die A-AG nicht zu. Das bedeutet, dass der Vertrag mit K insoweit über die Befugnisse des B hinausging und nicht wirksam ist. K hat keinen Anspruch gegen B auf Zahlung weiterer 30.000 Euro.

d) Die dadurch entstandene Teilunwirksamkeit des Beratungsvertrages steht nach BGH [30] im Einklang mit der Regelung des § 139 BGB, nach welcher die Nichtigkeit eines Teils eines Rechtsgeschäfts dann nicht die Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts zur Folge hat, wenn anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Vorliegend ist davon auszugehen, dass die mit K vereinbarte Beratung auf das Maß des im Rahmen des Aufgabenkreises des B gemäß § 111 BetrVG Erforderliche reduziert worden wäre, wenn ihnen die…Überschreitung der „Erforderlichkeitsgrenze" durch den intendierten Beratungsauftrag bekannt gewesen wäre. Auch ist der unwirksame Teil des Vertrags in der vorliegenden Konstellation bestimmbar und kann infolgedessen ohne weiteres ausgesondert werden (vgl. zu diesem Erfordernis BGHZ 146, 37, 47 f).

II. K könnte einen Anspruch gegen V persönlich haben.

1. In Höhe von 56.000 Euro hat V im Namen des B und mit Vertretungsmacht gehandelt. Damit scheidet ein Anspruch gegen V persönlich aus.

2. In Höhe von 30.000 Euro kommt ein Anspruch aus § 179 I BGB wegen eines Handelns des V als Vertreter ohne Vertretungsmacht (als falsus procurator) in Betracht.

a) Unmittelbar ist § 179 nicht anwendbar. Grund dafür, dass K keinen Anspruch gegen B erworben hat, ist nicht ein Mangel der Vertretungsmacht des V, sondern die Rechtswirksamkeit des Vertrages ist (teilweise) daran gescheitert, dass er nicht durch Befugnisse des B gedeckt war.

b) § 179 wird analog auf den Fall angewendet, dass der vom Vertreter Vertretene nicht existiert. BGH [34]: Die Wertung des § 179 wird von Rechtsprechung und Literatur auch auf die Konstellation übertragen, dass der Handelnde die rechtliche Bindung seines „Hintermannes" deshalb nicht begründen kann, weil dieser gar nicht existent ist; hier ist § 179 BGB nach herrschender Meinung analog anzuwenden (vgl. BGHZ 63, 45, 48; 105, 283, 285; BGH NJW-RR 2005, 1585; Staudinger/Schilken [2009], BGB, § 179 Rn. 22; MünchKomm/ Schramm BGB, 6. Aufl., § 179 Rn. 11, jew. m. w. N.). Auch dieser Fall liegt hier aber nicht vor, weil B ein existierender Betriebsrat war.

c) BGH [35]: Der Vertragsschluss im Namen des Betriebsrats über einen außerhalb seiner Rechtsfähigkeit liegenden Gegenstand ist der Konstellation des nichtexistenten Vertretenen vergleichbar. In beiden Fällen - beim Betriebsrat wegen seiner insoweit nicht bestehenden Rechtspersönlichkeit - fehlt es an dem erforderlichen Zuordnungssubjekt für die vertragliche Bindung und besteht ein potenzielles Schutzbedürfnis für den Dritten, der auf die Wirksamkeit der eingegangenen vertraglichen Bindung vertraut. Entsprechend hat bereits das Reichsgericht § 179 BGB unter Berufung auf den allgemein anerkannten Rechtsgedanken des im Verkehrsinteresse erforderlichen Vertrauensschutzes auch in dem Fall für entsprechend anwendbar erachtet, dass der Vertretene zwar existiert, aber zur Vornahme eines Geschäfts, wie es abgeschlossen wurde, rechtlich nicht in der Lage ist, weil es ihm insoweit an der Rechtsfähigkeit mangelt (vgl. RGZ 106, 68, 71 ff in einem Fall, in dem der Liquidator ein über den Liquidationszweck hinausgehendes, nicht genehmigungsfähiges Geschäft abgeschlossen hatte). Somit ist § 179 I BGB auf den vorliegenden Fall analog anwendbar. Danach haftet V wie ein vollmachtloser Vertreter für die Erfüllung des vertraglichen Teilanspruchs der K in Höhe von 30.000 Euro.

3. Dem Anspruch könnte jedoch § 179 III entgegenstehen.

a) BGH [41]: Die Haftung des handelnden Betriebsratsmitglieds ist analog § 179 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, wenn dem Vertragspartner bekannt oder infolge Fahrlässigkeit unbekannt war, dass der Vertragsschluss einen außerhalb des gesetzlichen Wirkungskreises des Betriebsrats liegenden Gegenstand betraf oder das durch den Vertrag ausgelöste Honorar (teilweise) nicht nach § 40 Abs. 1 BetrVG erstattungsfähig ist, etwa weil die vereinbarte Honorarhöhe nicht den marktüblichen Sätzen entspricht oder seine - vom handelnden Betriebsratsmitglied abgerufenen - Leistungen über das erforderliche Maß hinausgehen.

b) In der Verhandlung zwischen V und dem Geschäftsführer G der K hat G selbst erklärt, dass es aktuell nicht um weitere Betriebsteilverlegungen in andere Länder gehe. Als Geschäftsführer der auf die Beratung von Betriebsräten spezialisierten Firma, der ausdrücklich auf den Anspruch gegen den Arbeitgeber aus § 40 BetrVerfG hingewiesen hat, musste er wissen, dass der Arbeitgeber Beratungsleistungen, die nicht erforderlich sind, nicht zu erstatten braucht, und musste damit rechnen, dass der Vertragsschluss teilweise über den gesetzlichen Wirkungskreis des B hinaus ging. Man wird zwar nicht so weit gehen können, anzunehmen, dass G die teilweise Unwirksamkeit des Vertrages kannte. Ein Kennenmüssen dieser Rechtslage ist aber ohne weiteres zu bejahen.

Somit greift § 179 III ein. V haftet nicht persönlich. Gegen ihn hat K keinen Anspruch. K hat deshalb nur einen Honoraranspruch in Höhe von 56.000 Euro gegen B.

(In einer Anmerkung zu dem BGH-Urteil befasst sich Dzida NJW 2013, 433/4 mit den Möglichkeiten der Betriebsratsmitglieder, eine persönliche Haftung sicher auszuschließen.)


Zusammenfassung