Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann
► Geschlossener Immobilienfonds als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, § 705 BGB. ► Haftung der Gesellschafter analog § 128 HGB und kraft Schuldbeitritts, § 311 I BGB. ► Versuch der Sanierung eines finanziell notleidenden Projekts durch Auffanggesellschaft. ► Forderungskauf und Abtretung, § 398 BGB. ► Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht, §§ 705, 241 II BGB; Schadensersatz nach § 280 I BGB wegen Verletzung. ► Trennung von Gesellschaft und Gesellschaftern; Ausnahme nach § 242 BGB
BGH Urteil vom 19. 11. 2013 (II ZR 150/12) NJW 2014, 1107
Fall (Neue GbR)
B, der spätere Beklagte, und eine Reihe anderer Personen schlossen einen Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (künftig: Alt-GbR), wobei der Anteil des B 2 % betrug. Wie geplant erwarb die Alt-GbR - ein sog. geschlossener Immobilienfonds - ein Grundstück und errichtete darauf ein größeres Gebäude. Die Finanzierung erfolgte durch die Einlagen der Gesellschafter und ein Darlehen der H-Bank in Höhe von 1,4 Mio. Das Darlehen wurde durch eine Hypothek auf dem Grundstück abgesichert. Außerdem übernahm jeder Gesellschafter der Alt-GbR mit notariell beurkundeter Erklärung vom 11. 11. gegenüber der H-Bank die persönliche Haftung für die Erfüllung der Darlehensverpflichtung in der jeweils bestehenden Höhe, soweit dies seinem Anteil an der Alt-GbR entsprach. In der Folgezeit erbrachte die Vermietung der Wohnungen in dem Gebäude nicht die erwarteten Einnahmen, so dass die Alt-GbR die Tilgungsbeträge und die Zinsen für das Darlehen der H nicht mehr aufbringen konnte. Durch rückständige Zinsen, Verzugszinsen und Kosten war die Darlehensforderung der H inzwischen auf 1, 8 Mio gestiegen. In Sanierungsverhandlungen erreichte die Alt-GbR die Zusage der H, dass diese die Darlehensverpflichtung als erfüllt ansieht, wenn die Gesellschafter der Alt-GbR 1,1 Mio zahlen. Obwohl die Gesellschafter sich intern zu entsprechenden Zahlungen bereit erklärt hatten, scheiterte die Durchführung dieses Vergleichs daran, dass nur 800.000 Euro aufgebracht wurden. B hatte den auf seinen Anteil entfallenden Betrag auf ein Treuhandkonto eingezahlt und ihn nach dem Scheitern wieder zurückerhalten. Der Gesellschafter O hatte seinen Anteil in Höhe von 180.000 Euro nicht gezahlt. Die H-Bank kündigte das Darlehen, verlangte Zahlung und drohte damit, Grundstück und Gebäude zwangsversteigern zu lassen.
Auf Initiative des O gründeten O und die Gesellschafter G 1- 3 der Alt-GbR eine neue GbR zu dem Zweck, die Darlehensforderung der H einschließlich der sie sichernden Rechte aufzukaufen, diese Rechte geltend zu machen, Grundstück und Gebäude zu erwerben - ggfs. in der Zwangsversteigerung - und es anschließend zu bewirtschaften. Dies geschah ohne Wissen der anderen Gesellschafter der Alt-GbR, auch ohne Kenntnis des B, was O damit begründete, die Sanierung sei eilbedürftig gewesen und eine Beteiligung aller Gesellschafter hätte zu viel Zeit gebraucht. Nach Verhandlungen der Neu-GbR mit H erwarb die Neu-GbR von H im Wege eines Forderungskaufs für 1 Mio Euro die Darlehensforderung gegen die Alt-GbR einschließlich der Nebenrechte, insbesondere der Haftungsansprüche gegen die Gesellschafter, und ließ sich die Rechte abtreten. Anschließend klagte die Neu-GbR gegenüber der Alt-GbR die erworbene Darlehensforderung ein und erhielt ein stattgebendes Urteil über 1, 8 Mio Euro, das rechtskräftig wurde. Nunmehr fordert die Neu-GbR von denjenigen Gesellschaftern der Alt-GbR, die nicht auch ihr angehören, Zahlung aus der Haftungsübernahme vom 11. 11. B zahlte 20.000 Euro und erklärte dazu, die Neu-GbR habe für den Erwerb der Forderung nur 1 Mio Euro aufwenden müssen, so dass er nur 2 % dieses Betrages zahlen müsse. Die Neu-GbR verweist darauf, dass sie eine Forderung über 1, 8 Mio Euro erworben hat, und verlangt von B im Wege der Klage weitere 16.000 Euro. In seiner Klageerwiderung beruft B sich auch noch darauf, die Gesellschafter O, G 1 - 3 der Alt-GbR seien verpflichtet gewesen, auch ihm Gelegenheit zu geben, sich an der Neu-GbR zu beteiligen, damit auch er vom Erwerb der Darlehensforderung in Höhe von nur 1 Mio Euro hätte profitieren können; diese Verpflichtung hätten sie schuldhaft, ja geradezu arglistig verletzt. Die klagende Neu-GbR wendet demgegenüber ein, eine solche Verpflichtung könne sich allenfalls aus dem Gesellschaftsvertrag der Alt-GbR ergeben; zwischen dieser und der Neu-GbR sei aber strikt zu trennen. Wie ist über die Klage zu entscheiden?
Vorbemerkung: Im Sachverhalt wurden die komplizierten Beträge des Originalfalles bei der Beteiligungsquote des B und bei den Geldbeträgen durchweg vereinfacht. Diesen Veränderungen werden auch die Originalzitate angepasst.
I. Eine Anspruchsgrundlage für den Anspruch der Neu-GbR gegen B kann sich daraus ergeben, dass die H-Bank gegen B einen Anspruch in Höhe von 36.000 Euro erlangt hat und dass dieser Anspruch durch Abtretung auf die Neu-GbR übergegangen ist. Nach Zahlung von 20.000 Euro durch B würde sich dieser Anspruch auf noch 16.000 Euro belaufen.
1. Die H-Bank müsste gegen B einen Anspruch i. H. v. 16.000 Euro besessenhaben.
a) Ein Anspruch der H-Bank gegen B könnte sich aus der Erklärung des B vom 11.11, einem Schuldbeitritt ergeben.
aa) § 414 BGB regelt die befreiende Schuldübernahme i. S. des § 414 BGB, die im vorliegenden Fall nicht gewollt war. Nicht gesetzlich geregelt ist ein kraft Vertragsfreiheit (§ 311 I BGB) zulässiger und als Schuldmitübernahme oderSchuldbeitritt bezeichneter Vertrag, bei dem zusätzlich zum Hauptschuldner ein weiterer Schuldner für die Erfüllung der Schuld einzustehen verspricht. Nach der von der H-Bank angenommenen Erklärung des B vom 11. 11. war zwischen H-Bank und B ein solcher Schuldbeitritt des B vereinbart. Dadurch hatte B eine Haftung in Höhe von 28.000 Euro übernommen.
bb) Nach der Vereinbarung vom 11. 11. richtete sich die Verpflichtung des B nach der Darlehensverpflichtung in der jeweils bestehenden Höhe. Die Darlehensverpflichtung hatte sich zwischenzeitlich auf 1, 8 Mio Euro erhöht. Somit war auch die Verpflichtung des B auf 36.000 Euro gestiegen. Die Verpflichtung des B war fällig, wenn die Darlehensverpflichtung fällig war. Nach dem Sachverhalt ist davon auszugehen, dass die H-Bank den Darlehensvertrag wegen der Nichterfüllung der Verpflichtungen der Alt-GbR wirksam gekündigt hat und dass die sich daraus ergebende Rückzahlungsverpflichtung fällig war (§ 488 I 2 BGB). Zusätzlich lassen sich Bestehen und Fälligkeit der Hauptschuld in Höhe von 1, 8 Mio Euro mit dem rechtskräftigen Urteil begründen, das die Neu-GbR als Einzelrechtsnachfolgerin der H-Bank gegenüber der Alt-GbR erwirkt hat. Somit schuldete B der H-Bank aus dem Schuldbeitritt vom 11. 11. 36.000 Euro.
b) Ein Anspruch der H-Bank könnte sich außerdem aus § 128 HGB analog ergeben. Seit Anerkennung der (beschränkten) Rechtsfähigkeit der GbR (§§ 705 ff. BGB) ist auf die Frage der Haftung der Gesellschafter § 128 HGB analog anzuwenden (BGHZ 146, 341), wonach die Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich haften. Diese Haftung erstreckt sich auf die gesamte Schuld. Sie wurde hier aber durch die Vereinbarung vom 11.11. auf eine bloß quotenmäßige Haftung der Gesellschafter beschränkt. Die Vereinbarung vom 11.11. bedeutete folglich für B zwar eine Belastung in Höhe von 2 % der Darlehensverbindlichkeit, in Höhe von 98 % - also ganz überwiegend - aber eine Milderung der gesetzlich vorgesehenen Haftung.
2. Der Anspruch der H-Bank gegen B könnte durch Abtretung (§ 398 BGB) auf die Neu-GbR übergegangen sein. Im Zuge des Forderungskaufs hat H-Bank sowohl die Darlehensforderung als auch den Anspruch gegen B aus dem Schuldbeitritt und aus § 128 HGB analog an die Neu-GbR abgetreten. Damit ist die Neu-GbR neue Gläubigerin geworden (§ 398, 2 BGB) und hat einen Anspruch gegen B in Höhe von 36.000 Euro erworben. Danach schuldete B unter Berücksichtigung der Zahlung von 20.000 Euro der Neu-GbR noch 16.000 Euro.
II. B könnte gegenüber diesem Anspruch Gegenrechte (Einwendungen oder Einreden) geltend machen.
Dabei scheiden Gegenrechte, die nur gegenüber der Darlehensforderung bestehen, aus. Zwar konnte B sich ursprünglich auf alle gegenüber der Darlehensforderung bestehenden Gegenrechte berufen, weil er nur in dem Umfang verpflichtet war, in dem eine Verpflichtung der Alt-GbR bestand. Jedoch ist auf die GbR auch § 129 HGB analog anwendbar. Nach § 129 I HGB können Gesellschafter Einwendungen, die nicht in ihrer Person begründet sind, nur insoweit geltend machen, als sie von der Gesellschaft erhoben werden können. Wegen der rechtskräftigen Verurteilung der Alt-GbR kann diese keine Einwendungen mehr erheben, so dass auch B damit ausgeschlossen ist. Für B kommt aber die Geltendmachung eigener Einreden oder Einwendungen in Betracht; sie werden durch die Verurteilung der Alt-GbR nicht ausgeschlossen (BGH [13]).
Ein Gegenrecht des B könnte sich - entsprechend seinem Vorbringen in der Klageerwiderung - daraus ergeben, dass diejenigen Mitgesellschafter der Alt-GbR, die Gesellschafter der Neu-GbR geworden sind, eine Rücksichtnahmepflicht schuldhaft verletzt und sich damit schadensersatzpflichtig gemacht haben. Wenn B dieses Gegenrecht auch der Neu-GbR gegenüber geltend machen könnte, würde sich deren Anspruch um die Höhe der Schadensersatzverpflichtung mindern oder ganz entfallen.
1. Ein Anspruch des B gegen O und G 1 - 3 könnte auf § 280 I BGB gestützt werden. Dann müssten O und G 1 - 3 eine ihnen gegenüber B bestehende Pflicht schuldhaft verletzt haben.
a) Zwischen B, O und G 1 - 3 bestand ein Gesellschaftsvertrag i. S. des § 705 BGB. Ein Gesellschaftsvertrag als ein auf dauerndes Zusammenwirken der Gesellschafter zur Erreichung des Gesellschaftszwecks gerichtetes Dauerschuldverhältnis begründet dichte Rücksichtnahmepflichten i. S. des § 241 II BGB. Sie werden als gesellschaftsrechtliche Treuepflichten bezeichnet (Palandt/Sprau, Komm. zum BGB, 73. Aufl. 2014, § 705 Rdnr. 27). Eine Treuepflicht besteht zunächst zwischen jedem einzelnen Gesellschafter und der Gesellschaft und verlangt vom Gesellschafter, eigene Rechte nur unter Berücksichtigung der Belange der Gesellschaft auszuüben (Palandt a. a. O.). Sie besteht außerdem zwischen den Gesellschaftern und verlangt, dass kein Gesellschafter die Interessen eines anderen Gesellschafters ungerechtfertigt beeinträchtigt (Palandt a. a. O.). Von BGH [16] werden die Treuepflichten wie folgt formuliert: Die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts unterliegen der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern. Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht schließt gegenüber der Gesellschaft die Pflicht ein, deren Interessen wahrzunehmen und gesellschaftsschädigende Handlungen zu unterlassen (vgl. Soergel/Hadding/Kießling, BGB, 13. Aufl., § 705 Rn. 60 m. w. N.). Gegenüber den einzelnen Mitgesellschaftern gebietet sie, …bei der Verfolgung der eigenen Interessen an der Beteiligung auf die Belange der Mitgesellschafter Rücksicht zu nehmen (… MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 6. Aufl., § 705 Rn. 229; Soergel/ Hadding/Kießling, BGB, 13. Aufl., § 705 Rn. 60). Im vorliegenden Fall könnten O und G1 - 3 die gegenüber ihrem Mitgesellschafter B obliegende Treuepflicht verletzt haben.
b) Der von O und G 1 - 3 verfolgte Sanierungsplan richtete sich darauf, der Alt-GbR das Grundstück nebst Gebäude, also ihr wesentliches Vermögen zu entziehen, was dazu führen musste, das die Alt-GbR ihren Gesellschaftzweck nicht mehr erfüllen konnte. Dieses Verhalten stand im Widerspruch zu der im Gesellschaftsvertrag der Alt-GbR übernommenen Verpflichtung, den Gesellschaftszweck der Alt-GbR zu fördern. Allerdings war zu berücksichtigen, dass die Alt-GbR inzwischen sanierungsbedürftig geworden war. Bei dieser Sanierung durften aber die anderen Gesellschafter nicht von vornherein ausgeschlossen werden; vielmehr war zumindest denjenigen, die sanierungswillig waren, Gelegenheit zur Beteiligung zu geben. Zu diesen Gesellschaftern gehörte B, wie dieser durch Bereitstellung seines Anteils beim ersten Sanierungsversuch gezeigt hatte. Wenn O sich darauf beruft, die Sanierung sei eilig gewesen, reicht das nicht aus, um zu rechtfertigen, dass den anderen Gesellschaftern wie B nicht einmal Kenntnis von dem Sanierungsplan gegeben wurde. Vielmehr sind die anderen Gesellschafter gezielt ausgeschlossen worden und sollten darüber hinaus mit ihrer persönlichen Haftung den allein O und G1-3 zugute kommenden Sanierungserfolg mitfinanzieren. Zu Lasten des O ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass dieser beim ersten Sanierungsversuch seinen Beitrag in erheblicher Höhe nicht geleistet und dadurch wesentlich dazu beigetragen hat, dass der erste Sanierungsversuch gescheitert ist. Er war deshalb in besonderem Maße gehalten, bei einem erneuten Versuch Rücksicht zu nehmen und niemanden erneut zu schädigen (vgl. BGH [19]).
BGH [17]: Das BerGer. ist rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gekommen, dass die Gründer der Klägerin [= Neu-GbR] es unterließen, die übrigen Gesellschafter der Alt-GbR von der beabsichtigten Gründung der Klägerin zu informieren und ihnen Gelegenheit zu geben, sich an einer Sanierung unter anteiliger Aufbringung des mit der Bank vereinbarten Ablösebetrags zu beteiligen, um auf diese Weise auf Kosten der ausgeschlossenen Mitgesellschafter ihrer Gesellschafterhaftung zu entgehen oder jedenfalls den auf sie entfallenden Haftungsbetrag zu ermäßigen sowie im Falle der Zahlungsunfähigkeit einzelner Gesellschafter der Alt-GbR durch eine zwangsweise Verwertung der Fondsimmobilie den einzigen Vermögenswert der Alt-GbR auf die Klägerin „überzuleiten“ und die Alt-GbR aus ihrer Geschäftstätigkeit zu drängen. Die Gründung einer neuen Gesellschaft durch die Gesellschafter einer bestehenden Gesellschaft, die denselben Zweck wie die Altgesellschaft verfolgt, ist regelmäßig als treuwidrig zu beurteilen, wenn sie nicht mit Billigung aller Altgesellschafter geschieht. Eine solche treuwidrige Gründung haben O und G1 - 3 hier vorsätzlich vorgenommen.
Somit haben O und G 1 - 3 ihre dem B gegenüber obliegende gesellschaftsrechtliche Treuepflicht schuldhaft verletzt.
c) Damit die Voraussetzungen des § 280 I BGB erfüllt sind, müsste B ein Schaden entstanden sein. In Anwendung des § 249 I BGB ist zu prüfen, wie sich die Vermögenslage des B darstellen würde, wenn O und G 1 - 3 ihm Gelegenheit gegeben hätten, sich an der Neu-GbR zu beteiligen. Zunächst ist davon auszugehen, dass B, der gezeigt hatte, dass er sanierungswillig war, sich an der Neu-GbR beteiligt hätte. Dann wäre ihm ebenfalls der Vorteil zugute gekommen, der darin lag, dass die H-Bank die Darlehensverpflichtung auf 1 Mio reduzierte, so dass sich seine Haftung auf 20.000 Euro begrenzt hätte. Weitere 16.000 Euro hätte er nicht zu zahlen brauchen. Somit sind die weiteren 16.000 Euro, die die Neu-GbR von ihm verlangt, ein Schaden, dessen Ersatz B von O und G 1 - 3 verlangen kann.
In diesem Sinne billigt BGH [8] die Ausführungen des BerGer., bei der gebotenen Information hätten die Alt-Gesellschafter die Möglichkeit erhalten, die Forderung zu dem ermäßigten Betrag von 1 Mio Euro zu Gunsten der Alt-GbR abzulösen, da auch die Alt-GbR das von der Neu-GbR erzielte Verhandlungsergebnis hätte erreichen können. Es ist auch davon auszugehen, dass dieser Betrag von den Gesellschaftern der Alt-GbR aufgebracht worden wäre. Unter Berücksichtigung des auf den Gesellschafter O. entfallenden Sanierungsbeitrags von 180.000 Euro hätten zusätzlich zu den für die gescheiterte Sanierung bereits geleisteten 800.000 Euro nur noch ca. 20.000 Euro gezahlt werden müssen. Dass ein Betrag dieser Größenordnung angesichts der Alternative, dass die Forderung durch eine von einigen Mitgesellschaftern gegründete neue Gesellschaft aufgekauft und in voller Höhe gegen die Mitgesellschafter geltend gemacht würde, von den Alt-Gesellschaftern nicht zur Verfügung gestellt worden wäre, ist nach den gegebenen Umständen auszuschließen.
2. Da nicht O und G1 - 3 klagen, sondern die Neu-GbR, ist erforderlich, dass B den Schadensersatzanspruch der Neu-GbR entgegenhalten kann.
a) Wird von der grundsätzlich gebotenen Trennung von Gesellschaft und Gesellschaftern ausgegangen, ist es nicht möglich, einen gegenüber O und G 1 - 3 bestehenden Schadensersatzanspruch gegenüber der Neu-GbR anspruchsausschließend geltend zu machen. Das gilt umso mehr, als O und G1 - 3 die zum Schadensersatz verpflichtenden Handlungen nicht als Gesellschafter der Neu-GbR, sondern als Gesellschafter der Alt-GbR begangen haben.
BGH [24]: Die Klägerin ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwar keine juristische Person. Als Gesamthand ist sie aber ein eigenes Zuordnungssubjekt, das rechtsfähig ist und grundsätzlich am Rechtsverkehr teilnehmen kann (BGHZ 146, 341, 343 ff.)… Handelt es sich bei der Klägerin um ein eigenständiges Zuordnungssubjekt, ist zwischen ihr und ihren Gesellschaftern zu trennen. Dies hat zur Folge, dass eine Treuepflichtverletzung der Gesellschafter der Klägerin, die sie sich als Gesellschafter der Alt-GbR gegenüber dem Beklagten als Mitgesellschafter haben zuschulden kommen lassen, der Klägerin grundsätzlich nicht anzulasten ist.
Danach müsste B den Schadensersatzanspruch eigentlich im Wege einer Klage gegen O und G 1 - 3 geltend machen und von O und G 1 - 3 entweder Zahlung von 16.000 Euro oder Freistellung von seiner Verpflichtung gegenüber der Neu-GbR zur Zahlung weiterer 16.000 Euro verlangen.
b) Jedoch ist zu berücksichtigen, dass die klagende Neu-GbR aus O und G 1 - 3 besteht, also aus denselben Personen, die B Schadensersatz schulden, und dass ein innerer Zusammenhang zwischen der Verpflichtung des B zur Zahlung weiterer 16.000 Euro und dem Schadensersatzanspruch besteht, insofern beides auf die Alt-GbR, ihr finanzielles Scheitern und den Versuch ihrer Sanierung zurückzuführen ist. Das BerGer. und der BGH haben deshalb im vorliegenden Fall die Trennung zwischen Neu-GbR und den Gesellschaftern nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) für unerheblich erklärt.
BGH [24 - 26]: Wie das BerGer. zutreffend gesehen hat, gilt das Trennungsprinzip zwischen einer Gesellschaft als selbständigem Rechtsträger und ihren Gesellschaftern nicht ausnahmslos. Es ist für die GmbH allgemein anerkannt, dass in besonders gelagerten Ausnahmefällen ausnahmsweise eine Durchbrechung des zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern geltenden Trennungsprinzips in Betracht kommen kann. Eine Abweichung vom Trennungsprinzip wird unter anderem dann zugelassen, wenn die Berufung auf die Verschiedenheit von Gesellschaft und Gesellschafter gegen Treu und Glauben verstoßen würde (vgl. BGHZ 22, 226, 230; 68, 312, 314 f. jeweils zur Einpersonen-GmbH; BSG ZIP 1996, 1134, 1135 zur GmbH; Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 13 Rn. 10). Für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die anders als die GmbH kein gegenüber ihren Gesellschaftern völlig verselbständigtes Rechtssubjekt ist, kann nichts anderes gelten. Soweit es für die hier gegebene Fallgestaltung von Bedeutung ist, kann die Durchbrechung des Trennungsprinzips dadurch geschehen, dass rechtserhebliche Umstände auf Seiten der Gesellschafter der Gesellschaft zugerechnet werden. Sie ist - anders als bei einer GmbH - bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, für deren Verbindlichkeiten ihre Gesellschafter den Gesellschaftsgläubigern analog § 128 HGB persönlich haften, auch in der Weise denkbar, dass bei Vorliegen besonderer Umstände ein Dritter dem gegen ihn erhobenen Anspruch der Gesellschaft seinen - gegen alle Gesellschafter gerichteten - Schadensersatzanspruch im Wege der Einwendung entgegenhalten kann.
Die Feststellungen des BerGer. rechtfertigen die Beurteilung, dass es grob unbillig wäre, den Beklagten ungeachtet des treuwidrigen Verhaltens aller Gesellschafter der Klägerin zu verpflichten, an diese den gesamten, seiner quotalen Beteiligung an der Alt-GbR entsprechenden Teilbetrag der Darlehensschuld zu zahlen und ihn darauf zu verweisen, seinen Schadensersatzanspruch im Wege des Regresses gegen seine Mitgesellschafter durchzusetzen. Die Annahme, dass ein solches Ergebnis gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt und untragbar ist, ist hier deshalb gerechtfertigt, weil die Gründung der Klägerin auf einem grob treupflichtwidrigen Verhalten ihrer Gesellschafter beruht, die Forderung der Klägerin und der Schadensersatzanspruch gegen ihre Gesellschafter in einem untrennbarem Zusammenhang stehen und die Klägerin ausschließlich aus Gesellschaftern besteht, denen ein solcher Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht gegenüber dem Beklagten anzulasten ist.
Somit kann B seinen Schadensersatzanspruch der Neu-GbR gegenüber geltend machen.
c) Ein auf Schadensersatz gerichteter Gegenanspruch wird gegenüber einem Geldanspruch normalerweise durch Aufrechnung (§ 387 BGB) geltend gemacht. Davon haben die Gerichte im vorliegenden Fall aber abgesehen und dem B gestattet (vgl. BGH im vorangegangenen Absatz), dass er den Schadensersatzanspruch unmittelbar „im Wege der Einwendung“ dem Anspruch der Neu-GbR entgegenhalten kann. Dafür kann auch der Grundsatz herangezogen werden, wonach arglistig handelt, wer etwas verlangt, das er sogleich wieder herausgeben müsste. Denn da im vorliegenden Fall das Prinzip der Trennung von Gesellschaft und Gesellschaftern aufgehoben ist, verlangt die O und G 1 - 3 bestehende Neu-GbR von B 16.000 Euro, obwohl O und G 1 - 3 diesen Betrag dem B als Schadensersatz zahlen müssten. Somit steht die Schadensersatzforderung des B der Klageforderung der Neu-GbR entgegen und bewirkt, dass die Klage abzuweisen ist.
Zusammenfassung