Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann
► Rücktritt vom Kaufvertrag wegen eines Mangels der Kaufsache nach gescheiterter Nacherfüllung (§§ 437 Nr. 2, 323 I, 346 BGB). ► Ausschluss des Rücktritts nach § 323 V 2 BGB wegen einer unerheblichen Pflichtverletzung / eines unerheblichen Mangels. ► Fünf-Prozent-Regel bei einem behebbaren Mangel. ► Schadensersatz statt der Leistung im Falle eines Sachmangels (§§ 437 Nr. 3, 281 BGB); Verhältnis zum erklärten Rücktritt. ► Ansprüche auf Nutzungsersatz nach erfolgtem Rücktritt (§ 346 I BGB)
BGH Urteil vom 28. 5. 2014 (VIII ZR 94/13) NJW 2014, 3229 (für BGHZ vorgesehen)
Fall (Fehlerhafte Einparkhilfe)
K kaufte von der V-GmbH, die ein Autohaus betreibt, einen Neuwagen zu einem Preis von 30.000 Euro. Das Fahrzeug wurde K übergeben und von ihm bezahlt. In der Folgezeit machte K mehrere Mängel geltend und brachte deshalb das Auto wiederholt in die Werkstatt der V, wobei einige Mängel beseitigt wurden, eine Fehlfunktion der Einparkhilfe jedoch nicht abgestellt wurde. Drei Monate nach der Übergabe des Autos setzte K der V in einem mit „Letzter Nachbesserungsversuch“ bezeichneten Schreiben eine Frist von einem Monat zur Beseitigung des Fehlers an der Einparkhilfe. Nachdem das Auto erneut in der Werkstatt der V war, erklärte der Geschäftsführer der V, das Fahrzeug entspreche jetzt „definitiv in jeder Hinsicht dem Stand der Technik“.
K schaltete einen neutralen Sachverständigen (S) ein, der zu der Feststellung kam, dass die Sensoren der Einparkhilfe in falscher Höhe und mit falschem Abstand zueinander eingebaut worden waren, was dazu führte, dass die Einparkhilfe Warnsignale auch ohne Hindernis abgibt, dies auch während der Fahrt. Aus einem von S eingeholten Angebot des Autohauses A ergibt sich, dass eine Behebung der Störung 2.000 Euro kosten würde. Nach Ablauf der Monatsfrist erklärte K gegenüber V unter Hinweis auf die Ausführungen des S den Rücktritt vom Vertrag und verlangte Rückzahlung des Kaufpreises. V weigerte sich mit der Begründung, selbst wenn noch ein Fehler vorliege, sei dieser nicht ausreichend, um den ganzen Vertrag rückgängig zu machen. K fragt, ob er von V Erstattung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangen kann. Weiterhin bittet K um Auskunft, ob er im Falle des Bestehens dieses Anspruchs dessen Verzinsung verlangen kann, andererseits ob V - neben dem Anspruch auf Rückgabe des Autos - weitere Ansprüche gegen ihn hat, etwa weil K mit dem Auto bis jetzt gefahren ist.
A. Anspruch des K gegen V auf Rückzahlung des Kaufpreises
I. Anspruchsgrundlage für ein Rückzahlungsverlangen des K können die Vorschriften über einen Rücktritt wegen eines Sachmangels (§§ 437 Nr. 2, 323 I, 346 I BGB) sein.
1. Zwischen K und V ist ein Kaufvertrag über den Neuwagen zustande gekommen. Dieses Fahrzeug müsste bei Gefahrübergang, d. h. im Zeitpunkt der Übergabe (§ 446 BGB), einen Sachmangel aufgewiesen haben. Eine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) im Hinblick auf die Einparkhilfe müsste eindeutig erklärt worden sein (Palandt/Weidenkaff, 74. Aufl. 2015, § 434 Rdnr. 15), was sich nach dem Sachverhalt aber nicht feststellen lässt. Weil die Einparkhilfe aber nicht fehlerfrei arbeitet, da die Sensoren in falscher Höhe und mit falschem Abstand zueinander eingebaut wurden und die Einparkhilfe deshalb fehlerhafte Warnsignale abgab, hatte das Fahrzeug nicht die Beschaffenheit, die bei einem Auto üblich ist und die der Käufer erwarten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB). Das Auto war bei Übergabe mangelbehaftet.
2. Verkäuferin V schuldete K nach § 433 I 2 BGB die Lieferung eines fehlerfreien Fahrzeugs und nach Feststellung des Mangels Nacherfüllung nach § 439 BGB. Dieser Verpflichtung ist sie bisher nicht nachgekommen, insbesondere hat sie den Fehler nicht behoben. K war nach § 323 I BGB zur Fristsetzung berechtigt und hat V zur Behebung des Mangels eine angemessene Frist von einem Monat gesetzt (§ 323 I BGB), die ergebnislos abgelaufen ist. Das ihm danach zustehende Rücktrittsrecht (§ 323 I BGB) hat K gemäß § 349 BGB durch Rücktrittserklärung gegenüber V ausgeübt.
3. Ein Ausschluss des Rücktrittsrechts könnte sich aus § 323 V 2 BGB ergeben. Danach ist bei nicht vertragsgemäßer Leistung der Rücktritt ausgeschlossen, wenn die Pflichtverletzung - hier: der Verstoß gegen §§ 433 I 2, 437 Nr. 1, 439 I BGB - unerheblich ist.
Von einer unerheblichen Pflichtverletzung kann in aller Regel nicht ausgegangen werden, wenn ein Mangel wegen des Fehlens einer ausdrücklichen Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt oder wenn der Verkäufer den Käufer arglistig über den Mangel getäuscht hat (Riehm JuS 2015, 68 in einer Besprechung der BGH-Entscheidung auf S. 70 unter Hinweis auf BGH NJW 2013, 1365; BGHZ 167, 19 in Fn. 18, 19; Faust JZ 2015, 151, ebenfalls Besprechung des BGH-Urteils). Einer dieser Fälle liegt hier nicht vor. Deshalb bedarf es einer grundsätzlichen Entscheidung darüber, in welchen Fällen Unerheblichkeit vorliegt und ob eine Fehlfunktion der Einparkhilfe, deren Reparatur 2.000 Euro kostet, unerheblich ist.
Dabei ist zunächst zu klären, ob der Mangel behebbar ist (Faust JZ 2015, 151). Unbehebbare Mängel sind in der Regel erheblich, weil dem Käufer nicht zugemutet werden kann, sich mit einer dauerhaft mangelbehafteten Sache zufrieden zu geben (Faust a. a. O.). Im vorliegenden Fall ist der Mangel behebbar. Zu diesem Fall führt der BGH aus:
a) [16] Nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist der Rücktritt ausgeschlossen, wenn die in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache liegende Pflichtverletzung unerheblich ist, das heißt, wenn der Mangel geringfügig ist (BGH NJW 2011, 2872 Rn. 19; NJW 2013, 1365 Rn. 18). Dabei ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Käufers abzustellen (…). Die Beurteilung der Frage, ob eine Pflichtverletzung unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist, erfordert nach der Rechtsprechung des BGH eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls (…). Dieser Ausgangspunkt bedarf aber einer Konkretisierung, die bisher sehr unterschiedlich vorgenommen wurde und bei der auf das Verhältnis zwischen Kaufpreis und Minderwert durch den Mangel abgestellt wurde.
b) Unter [20-29] stellt der BGH ausführlich die bis zu seinem Urteil ergangenen Stellungnahmen in der Literatur und die Rechtsprechung der Instanzgerichte dar. Sie reichen von für den Käufer günstigen 3% des Kaufpreises über einen Mittelwert von 5 % (so z. B. OLG Köln NJW 2007, 1694, 1696; Palandt/Weidenkaff, BGB, 73. Aufl., § 437 Rdnr. 23) bis zu für den Verkäufer günstigen 10 % oder darüber hinaus; das Berufungsgericht war im vorliegenden Fall der 10 %-Grenze gefolgt und hatte deshalb Geringfügigkeit angenommen.
c) Anschließend nimmt der BGH eine an den Kriterien Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesetzessystematik und Gesetzeszweck orientierte Auslegung des § 323 V 2 vor und schließt aus dieser, dass 5 % des Kaufpreises die regelmäßige Obergrenze für einen geringfügigen Mangel sind.
(1) Dem Wortlaut „Pflichtverletzung unerheblich“ ist zu entnehmen, dass auf die Pflicht und die Verletzung abzustellen ist. Das Gewicht der Pflicht ergibt sich aus dem Kaufpreis und das der Verletzung aus den Beseitigungskosten (vgl. Riehm JuS 2015, 69). Aber BGH [32] Einzelheiten dazu, wann von einer unerheblichen Pflichtverletzung gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB auszugehen ist, lassen sich dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen.
(2) Aus der Entstehungsgeschichte ist zunächst von Bedeutung, dass die frühere Regelung des § 459 I 2 BGB (a. F.), wonach alle Sachmangelansprüche bei Unerheblichkeit entfielen, durch § 323 V 2 n. F. ersetzt wurde, nach der nur noch der Rücktritt entfällt (und außerdem gemäß § 281 I 3 BGB der große Schadensersatz). Unter Berufung auf die Gesetzesbegründung führt BGH [34] aus: Anhaltspunkte dafür, dass hiermit zugleich eine Erhöhung der Schwelle einhergehen sollte, ab der von der Erheblichkeit eines Sachmangels auszugehen ist, sind den Gesetzesmaterialien jedoch nicht zu entnehmen. Vielmehr machen insbesondere die …Gesetzesbegründung sowie die Ausführungen, wonach eine Pflichtverletzung unerheblich sei, wenn damit das Leistungsinteresse des Gläubigers „im Grunde nicht gestört" sei, deutlich, dass der Gesetzgeber mit § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB an die von der Rechtsprechung zur Vorgängerregelung entwickelten Maßstäbe anknüpfen und - in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, deren Umsetzung (auch) § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB dient - an das Rücktrittsrecht des Käufers keine zu hohen Anforderungen stellen wollte. Dem würde eine Erhöhung in Richtung auf 10 % nicht entsprechen; die neue Höhe muss also darunter bleiben.
(3) Gegen eine starke Absenkung spricht demgegenüber die Gesetzessystematik, nach der dem Käufer zwar das Rücktrittsrecht genommen wird, er aber die Rechte auf Nacherfüllung, Minderung und den kleinen Schadensersatz wegen des Minderwerts oder auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten behält (Riehm JuS 2015, 69).
(4) BGH [37, 38] Sinn und Zweck des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist es, zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit…die für den Verkäufer in der Regel mit erheblichen Nachteilen verbundene Rechtsfolge der Rückabwicklung des Vertrages auszuschließen. Bei Sachmängeln in der vom BerGer. angeführten Größenordnung von bis zu zehn Prozent kann in der Regel nicht mehr angenommen werden, dass das Leistungsinteresse des Käufers - wie dies in der Gesetzesbegründung (…) als Rechtfertigung dafür, den Käufer trotz Sachmangels am Vertrag festzuhalten, angeführt wird - „im Grunde nicht gestört" ist. Von einem geringfügigen Mangel, der zwar den Rücktritt, nicht aber die übrigen Gewährleistungsrechte ausschließt, kann hingegen in der Regel noch gesprochen werden, wenn der Mängelbeseitigungsaufwand einen Rahmen von fünf Prozent des Kaufpreises nicht übersteigt. Durch die vorbezeichnete nicht starre („in der Regel"), sondern…flexible, in eine Interessenabwägung und eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls eingebettete Erheblichkeitsschwelle von fünf Prozent des Kaufpreises werden die Interessen der Kaufvertragsparteien zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht. Bei behebbaren Sachmängeln unterhalb der genannten Schwelle wird es dem Käufer in der Regel zuzumuten sein, am Vertrag festzuhalten und sich - nach erfolglosem Nachbesserungsverlangen - mit einer Minderung des Kaufpreises oder mit der Geltendmachung des kleinen Schadensersatzes zu begnügen. Den Verkäufer wiederum vermag diese Lösung in ausreichendem Maße vor den für ihn wirtschaftlich meist nachteiligen Folgen eines Rücktritts des Käufers wegen geringfügiger Mängel zu schützen, zumal der Rücktritt… zusätzlich an die Voraussetzung geknüpft ist, dass der Käufer vom Verkäufer wegen des Sachmangels zuvor erfolglos die Nacherfüllung verlangt hat… . - Anschließend unter [39-51] überprüft der BGH das Ergebnis noch anhand der EU-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf und anhand des UN-Kaufrechts CISG und erklärt es als damit vereinbar.
Somit bilden 5 % des Kaufpreises die Grenze für einen unerheblichen Mangel. Deshalb ist im Normalfall die oben a) geforderte umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls nicht mehr nötig. Zusätzliche Erwägungen neben der Anwendung der 5%-Grenze sind - entsprechend der vom BGH vorstehend geforderten Flexibilität - nur noch nötig, wenn der Fall deutlich vom Regelfall abweicht (beispielweise der Käufer erklärt hat, er brauche die Einparkhilfe nicht).
d) Im vorliegenden Fall belaufen sich 5 % von 30.000 Euro auf 1.500 Euro; also liegt der Beseitigungsaufwand von 2.000 Euro darüber, ist mithin nicht mehr unerheblich. Besondere Umstände, die gegen dieses Ergebnis sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Eher spricht der Umstand, dass die Fehlfunktion der Einparkhilfe auch während der Fahrt Signale sendet und dadurch die Verkehrssicherheit beeinträchtigt, zusätzlich für einen erheblichen Fehler.
4. Der Rücktritt ist somit nicht nach § 323 V 2 BGB ausgeschlossen. Er ist wirksam, so dass K von V Erstattung des Kaufpreises in Höhe von 30.000 Euro Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw (§§ 346 I, 348 BGB) verlangen kann.
II. Die über Rücktritt begründete Rechtsfolge könnte sich auch über den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB) begründen lassen. Der Schadensersatzanspruch wird durch den Rücktritt nicht ausgeschlossen (§ 325 BGB), wobei § 325 BGB nicht eng auszulegen und nicht auf bestimmte Schäden zu begrenzen ist (MüKo/Ernst, 6. Aufl. 2012, § 325 Rdnr. 2).
1. Ausgangsvorschrift ist § 437 Nr. 3 BGB. Das von V verkaufte und gelieferte Fahrzeug war wegen der fehlerhaft eingebauten Einparkhilfe mangelhaft. Weiterhin liegen die Voraussetzungen des § 280 I BGB vor, denn der Mangel besteht fort, so dass V ihre Verpflichtung aus §§ 433 I 2, 439 BGB verletzt hat. Da V nicht dargelegt hat, dass sie schuldlos nicht in der Lage war, den Mangel zu beheben, ist gemäß § 280 I 2 BGB von einem Verschulden auszugehen.
2. K hat die von § 281 I 1 BGB geforderte Frist gesetzt, die V hat verstreichen lassen. § 281 I 3 BGB steht dem Rücktritt nicht entgegen, weil die Pflichtverletzung nicht unerheblich ist; auch hier gilt die 5-%-Grenze (Faust JZ 2015, 152).
3. Folglich kann K Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Nach der allgemeinen Regelung in § 249 BGB kann K verlangen so gestellt zu werden, als hätte V keine Pflichtverletzung begangen.
a) Dieser Schadensausgleich ist grundsätzlich auch in der Form des großen Schadensersatzes möglich, bei dem der Käufer die Sache zurückgibt und den Kaufpreis zurückerhält. Dadurch würde der durch die mangelhafte Leistung entstandene Schaden ausgeglichen.
b) Im vorliegenden Fall könnte ein Schaden jedoch deshalb nicht bestehen, weil dieselben Folgen bereits durch den Rücktritt herbeigeführt wurden.
aa) Dazu MüKo/Ernst, 6. Aufl. 2012, § 325 Rdnr. 3: „Da der Rücktritt auf dieselbe Störung zurückgeht, derentwegen der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann, sind die vermögensmäßigen Folgen des Rücktritts nach den allgemeinen Regeln bei der Bestimmung des ersatzfähigen Schadens mit zu berücksichtigen.“ Auch nach Jauernig/Stadler, BGB, 15. Aufl. 2014, § 325 Rdnr. 3 ist bei der Schadensermittlung „einzustellen, was der Gläubiger aufgrund des Rücktritts erhält.“ Da K aufgrund des Rücktritts den Kaufpreis zurückerhält, hat er danach keinen Schaden mehr.
bb) Grundsätzlicher MüKo/Ernst § 325 Rdnr. 6: „Durch die Ausübung des Rücktrittsrechts wird der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung zum Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichtausführung des Vertrages.“ Einen Schaden wegen Nichtausführung des Kaufvertrags macht K aber nicht geltend, dass er vorliegen könnte, ist auch nicht ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass K für die zurückgezahlten 30.000 Euro wieder ein gleichwertiges Auto wie das, das er nach dem Kaufvertrag mit V verlangen konnte, erhalten kann.
Somit lässt sich mangels eines Schadens nach Rücktritt der Anspruch des K nicht außerdem auf §§ 437 Nr. 3, 280 I, 281 BGB stützen.
B. Nebenansprüche
I. Anspruch des K gegen V auf Verzinsung des Kaufpreises
Nach § 346 I kann K die gezogenen Nutzungen verlangen. Nach §§ 100, 99 II BGB gehören dazu die Erträge einschließlich der Zinsen (Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl. 2015, § 99 Rdnr. 3). Da anzunehmen ist (Vermuung im kfm. Bereich), dass V den Kaufpreis entweder auf einem Konto angelegt hat, das Zinsen bringt, oder insoweit ihren Kreditbedarf vermindert und dadurch Zinsen gespart hat (andernfalls § 347 I 1 BGB), muss sie die 30.000 Euro seit Erhalt bis zur Rückzahlung verzinsen (vgl. auch § 246 BGB). Der Anspruch des K auf Verzinsung ist somit berechtigt.
II. Anspruch der V gegen K auf Erstattung der durch die Benutzung des Autos durch K von diesem erlangten Gebrauchsvorteile
1. Anspruchsgrundlage ist ebenfalls § 346 I BGB. Zu den nach § 346 I BGB von K an V herauszugebenden Nutzungen gehören nach § 100 BGB die Vorteile, welche der Gebrauch des Autos für K hatte. Da diese Vorteile gegenständlich nicht herausgegeben werden können, muss K deren Wert ersetzen (§ 346 II Nr. 1 BGB).
2. Diesem Anspruch steht nicht entgegen, dass nach § 474 V BGB beim Verbrauchsgüterkauf Nutzungen nicht herauszugeben und nicht zu ersetzen sind. Denn diese Vorschrift bezieht sich nur auf § 439 IV BGB, gilt also nur im Fall der Nacherfüllung (vgl. BGH NJW 2010, 148). Sie schließt den Nutzungsersatz im Falle des Rücktritts nicht aus.
3. Zur Berechnung des Wertes der Gebrauchsvorteile nimmt die Praxis eine Schätzung nach § 287 ZPO vor und verteilt den Kaufpreis - ggfs. gemindert wegen des Mangels - auf die voraussichtliche Gesamtlaufzeit des Pkw. Das kann dadurch geschehen, dass zwischen 0,3 und 1 % des Anschaffungspreises als Wert der Nutzungen pro 1.000 km angesetzt werden (Palandt/Grüneberg, 74. Aufl. 2015, § 346 Rdnr. 10). Aus diesem Wert werden die Gebrauchsvorteile nach den gefahrenen Kilometern errechnet. Mit dem Anspruch auf Ersatz der Gebrauchsvorteile kann V gegen den Anspruch des K auf Erstattung des Kaufpreises aufrechnen (§ 398 BGB).
Zusammenfassung