Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Rückabwicklung einer familiär veranlassten Grundstücksübertragung nach Scheitern einer Ehe. Schenkung oder „unbenannten Zuwendung“ bei Zuwendung durch Schwiegervater. ► Störung der Geschäftsgrundlage, Voraussetzungen und Rechtsfolge, § 313 BGB. ► Verjährung, §§ 195, 196 BGB

BGH
Beschluss vom 3. 12. 2014 (XII ZB 181/13) NJW 2015, 1014


Fall ( Schwiegerelternschenkung )

M und F haben 1993 geheiratet und sind in die Erdgeschosswohnung eines Hauses gezogen, das dem Vater V der F gehörte. Dort wuchsen auch die beiden Kinder des Ehepaares auf. M und F sanierten das Gebäude und errichteten einen Anbau. 1998 übertrug V das Eigentum an dem Wohngrundstück auf F und M als Miteigentümer zu gleichen Teilen. V und seine Ehefrau E ließen sich ein Wohnrecht an ihrer Wohnung im Obergeschoss einräumen. Außer dem Wohngrundstück hatten V und E keinen größeren Vermögenswert. Bei den die Übertragung vorbereitenden Gespräche äußerten V und E die Erwartung, F und M würden V und E im höheren Alter versorgen und betreuen; dabei legten sie Wert darauf, dass auch M sich in diesem Sinne mit einsetzen werde.

Im Jahre 2009 kam es zum Zerwürfnis zwischen M und F; M zog aus der Wohnung aus; 2011 wurde die Ehe geschieden. Eine Klage der F gegen M wegen eines Zugewinnausgleichs wurde abgewiesen, weil M keinen Zugewinn erzielt hatte. 2014 stellte M einen Antrag auf Teilungsversteigerung des Hausgrundstücks, über den noch nicht entschieden ist. Im Jahre 2015 verlangt V von M Rückübertragung des hälftigen Anteils an dem Hausgrundstück und begründet das damit; alle Beteiligten seien damals davon ausgegangen, dass die Ehe Bestand behalte, was aber nicht der Fall gewesen sei. M verweigert die Rückübertragung. Er sei für das Scheitern der Ehe nicht verantwortlich. Auch sei der Zweck der Grundstücksübertragung weitgehend erreicht worden, da die Ehe 16 Jahre bestanden habe und die Familie nach der Übertragung noch 11 Jahre dort gewohnt habe; F und zeitweise die Kinder wohnten jetzt noch dort. Auch habe V mit der Rückforderung so lange gewartet, dass ein Rückforderungsanspruch verjährt sei. Ist der Anspruch des V gegen M begründet?

I. V könnte gegen M einen Anspruch auf Anpassung eines Schenkungsvertrages wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 I BGB) haben, wobei die Anpassung in der Weise erfolgt, dass M den Miteigentumsanteil an V zurückzugeben hat.

1. Zwischen V und M müsste ein Schenkungsvertrag zustande gekommensein.

a) Der Begriff des Schenkungsvertrages ergibt sich aus § 516 I BGB. Eine Einigung zwischen E und M über die Übertragung des Miteigentumsanteils an dem Grundstück ist erfolgt. Sie ging auch dahin, dass M hierfür keine Gegenleistung erbringen sollte, so dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgte. Dass F und M die Eltern der F im höheren Alter versorgen und betreuen sollten, war keine Gegenleistung, sondern nur eine Erwartung.

b) Jedoch könnte der Zusammenhang mit den familiären Beziehungen der Beteiligten dazu führen, eine Schenkung i. S. des § 516 zu verneinen.

aa) Bei Eheleuten - und bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft - werden nicht als Schenkung behandelt zunächst die Leistungen für die gemeinsame Lebensführung. Für diese gilt der Grundsatz der Nichtausgleichung, auch als Abrechnungsverbot bezeichnet (Henke/Keßler JuS 2011, 584). Handelt es sich um eine darüber hinausgehende Leistung eines Ehepartners an den anderen, nimmt der BGH in st. Rspr. an, dass sie keine Schenkung, sondern eine unbenannte Zuwendungen ist, auch als ehebedingte oder ehebezogene Zuwendung bezeichnet. Bei ihr ist eine Schenkung regelmäßig deshalb zu verneinen, weil der zuwendende Ehegatte die Vorstellung hat, der zugewendete Gegenstand werde ihm letztlich nicht verloren gehen, sondern der ehelichen Lebensgemeinschaft und damit auch ihm selbst zugute kommen (BGHZ 177, 193, 198).

bb) Nach früherer Rspr. des BGH konnte auch eine Zuwendung der Schwiegereltern an den Ehepartner des leiblichen Kindes mit Rücksicht auf die Ehe als Rechtsverhältnis zu behandeln sein, das mit den unbenannten Zuwendungen unter Ehegatten vergleichbar war. Diese Rechtsprechung hat der BGH aber in BGHZ 184, 190 = NJW 2010, 2202 aufgegeben und dies im vorliegenden Fall bestätigt, [14, 15] Nach der neueren Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei unentgeltlichen Zuwendungen von Schwiegereltern nicht um unbenannte Zuwendungen, sondern um Schenkungen. Denn sie erfüllen auch dann sämtliche tatbestandlichen Voraussetzungen des § 516 Abs. 1 BGB, wenn sie um der Ehe des eigenen Kindes willen erfolgen. Insbesondere fehlt es nicht an einer mit der Zuwendung einhergehenden dauerhaften Vermögensminderung beim Zuwendenden, wie sie § 516 Abs. 1 BGB voraussetzt (BGHZ 184, 190; FamRZ 2012, 273 Rn. 19 f.…). Insoweit unterscheidet sich die Situation von der Vermögenslage, die durch ehebezogene Zuwendungen unter Ehegatten entsteht. Dort ist eine Schenkung regelmäßig deshalb zu verneinen, weil der zuwendende Ehegatte die Vorstellung hat, der zugewendete Gegenstand werde ihm letztlich nicht verlorengehen, sondern der ehelichen Lebensgemeinschaft und damit auch ihm selbst zugutekommen. Demgegenüber übertragen Schwiegereltern den zuzuwendenden Gegenstand in dem Bewusstsein auf das Schwiegerkind, künftig an dem Gegenstand nicht mehr selbst zu partizipieren. Die Zuwendung aus ihrem Vermögen hat also eine dauerhafte Verminderung desselben zur Folge.


Folglich bleibt es dabei, dass zwischen V und M ein Schenkungsvertrag bestand.

c) Sonderfälle des Wegfalls der Geschäftsgrundlage im Schenkungsrecht enthalten die §§ 527, 528 und 530. Sie greifen im vorliegenden Fall aber nicht ein und sind auch nicht abschließend (BGHZ 184, 190 [27]). Somit ergibt sich als Zwischenergebnis nach BGH [16] Auf solche Schenkungen finden die Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB Anwendung (BGH NJW 2012, 523 Rn. 21 m. w. N.).


2. Es müsste eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegen.

a) BGH [17] Nach ständiger Rechtsprechung sind Geschäftsgrundlage die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien sowie die der einen Vertragspartei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut. Ist dies hinsichtlich der Vorstellung der Eltern, die eheliche Lebensgemeinschaft des von ihnen beschenkten Schwiegerkindes mit ihrem Kind werde Bestand haben und ihre Schenkung demgemäß dem eigenen Kind dauerhaft zugutekommen, der Fall, so bestimmt sich bei Scheitern der Ehe eine Rückabwicklung der Schenkung nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage (BGHZ 184, 190;…).

b) Auch bei V (und E) ist von der Vorstellung auszugehen, die eheliche Lebensgemeinschaft des M mit ihrer Tochter werde Bestand haben und die Schenkung des Miteigentumsanteils an M auch der F dauerhaft zugutekommen. Sie entspricht zunächst der Lebenserfahrung, weil der zugewandte Gegenstand der konkret bestehenden Familie nützen sollte und dies nicht mehr der Fall ist, wenn etwa der die Familie verlassende Ehepartner wiederheiratet und der Gegenstand dann einer anderen Familie zufällt. Im konkreten Fall ergibt sich diese Vorstellung der V/E auch aus der Erwartung, F und gerade auch M würden V und E im höheren Alter versorgen. Dabei wurde ersichtlich vorausgesetzt, dass F und M noch gemeinsam im Hause wohnen, was eine fortbestehende Ehe voraussetzt. Diese Vorstellung wurde bei den die Übertragung vorbereitenden Gespräche geäußert und war M deshalb bekannt. Sie war folglich Geschäftsgrundlage des Schenkungsvertrags geworden.

c) Diese Geschäftsgrundlage ist infolge des Scheiterns der Ehe von M/F, dem Auszug des M und der Ehescheidung entfallen.

Eine Störung der Geschäftsgrundlage liegt vor.

3. Nach dem letzten Satzteil des § 313 I BGB ist weitere Voraussetzung, dass dem eine Anpassung verlangenden Vertragsteil das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. BGH [18, 19] Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage berechtigt noch nicht zu einer Vertragsanpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB. Vielmehr muss als weitere Voraussetzung hinzukommen, dass dem Zuwendenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für den Zuwendenden zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt. Ob dies der Fall ist, kann nur nach einer umfassenden Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände festgestellt werden (BGH NJW 2015, 690…)

a) BGH [20, 21] Im Falle einer Schwiegerelternschenkung führt das Scheitern der Ehe von Kind und Schwiegerkind auch dann, wenn der Fortbestand der Ehe Geschäftsgrundlage der Zuwendung war, nicht automatisch, sondern nur bei gesondert festzustellender Unzumutbarkeit des Festhaltens an der Schenkung zu einem Anspruch auf Vertragsanpassung. Hierbei sind insbesondere die Kriterien heranzuziehen, die auch nach der BGH-Rechtsprechung zu unbenannten schwiegerelterlichen Zuwendungen zugrunde zu legen waren… Neben der Ehedauer sind dabei die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse von Schwiegereltern und früheren Ehegatten, der Umfang der durch die Zuwendung bedingten und beim Schwiegerkind noch vorhandenen Vermögensmehrung, aber auch mit der Schenkung verbundene Erwartungen des Zuwendenden hinsichtlich seiner Versorgung im Alter von Bedeutung (BGH FamRZ 2006, 394, 395 ff.; 1999, 365, 366 f. und 1998, 669, 670; Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 6. Aufl. Rn. 562 ff. m. w. N.).

b) Im vorliegenden Fall dauerte die Ehe 16 Jahre, 11 Jahre wohnten die Eheleute in dem ihnen zu Eigentum übertragenen Haus. Diese verhältnismäßig langen Zeiten sprechen dagegen, dass V ein Festhalten an dem Vertrag nunmehr unzumutbar ist. Demgegenüber spricht aber für Unzumutbarkeit, dass das Hausgrundstück der einzige wesentliche Vermögensgegenstand des V war und dass V wegen der Teilungsversteigerung befürchten muss, dass es in die Hand eines Dritten gerät und der Familie verloren geht. Auch der Wegfall der Aussicht, dass M und F sich im Alter um V und E kümmern würden, spricht für die Unzumutbarkeit, den Miteigentumsanteil weiterhin dem M zu überlassen. Ein Festhalten an dem unveränderten Schenkungsvertrag ist dem M somit nicht zumutbar.

Damit steht fest, dass M nach § 313 I BGB eine Anpassung des Schenkungsvertrags an den Umständ, dass die Ehe von M und F gescheitert ist, verlangen kann.

4. Rückübertragung des Miteigentumsanteils kann V nur verlangen, wenn die Anpassung des Vertrages gerade durch Einräumung eines Anspruchs auf Rückübertragung zu erfolgen hat. BGH [24-26] In welchem Umfang ein Rückforderungsanspruch besteht, ist unter Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls und mit Blick darauf, dass die Anpassung ausschließlich die Herstellung eines zumutbaren Zustandes zum Ziel hat, zu entscheiden…

a) Bei Zuwendungen von Schwiegereltern wird eine aufgrund der Störung der Geschäftsgrundlage vorzunehmende Vertragsanpassung nur in seltenen Ausnahmefällen dazu führen, dass der zugewendete Gegenstand zurück zu gewähren ist. In der Regel kann nur ein Ausgleich in Geld verlangt werden, dessen Höhe sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Soweit die Ehe Bestand gehabt hat, ist der Zweck der Zuwendung jedenfalls teilweise erreicht, so dass das Zugewendete nicht voll zurückgegeben werden muss. Im vorliegenden Fall würde das bedeuten, dass V nur einen Geldbetrag - etwa in Höhe des halben Wertes des Miteigentumsanteils oder in Höhe eines Drittels - verlangen kann, nicht aber Rückübereignung des Grundstücksanteils.

b) Da die Überlegungen a) nur für den Regelfall gelten, sind Ausnahmen möglich, bei denen der zugewendete Gegenstand zurückverlangt werden kann.

aa) In Betracht wird die Annahme eines Ausnahmefalls insbesondere bei in Natur nicht teilbaren Gegenständen kommen, etwa bei Hausgrundstücken oder Miteigentumsanteilen an diesen, wenn zusätzliche Umstände hinzutreten. Der BGH hat die Verpflichtung zur dinglichen Rückgewähr von Grundeigentum bejaht bei der Gefährdung des Wohnrechts und der Altersversorgung des Zuwendenden wegen möglicher oder gar angedrohter Zwangsversteigerung (FamRZ 2005, 394, 395; 1998, 669, 670) oder wenn die im Grundstücksübereignungsvertrag übernommene Pflegeverpflichtung wegen eines tiefen Zerwürfnisses nicht mehr erbracht werden kann (NJW-RR 1995, 77, 78). Da es sich im vorliegenden Fall um einen Miteigentumsanteil an einem Hausgrundstück handelt, ist die erste Voraussetzung für einen Ausnahmefall erfüllt.

bb) Außerdem müssen zusätzliche Umstände hinzutreten. Ein zusätzlicher Umstand von erheblichem Gewicht liegt darin, dass V wegen des Antrags des M auf eine Teilungsversteigerung damit rechnen muss, dass das Hausgrundstück versteigert wird und einem Dritten zufällt. Der Sachverhalt enthält keine Angaben, in welcher Rechtsform V und E sich ein Wohnrecht haben einräumen lassen. Ist das nur schuldrechtlich erfolgt, müssen sie, da sie keine Mieter sind (vgl. § 566 BGB, Kauf bricht nicht Miete), mit einem Verlust ihres Wohnrechts rechnen. Im Falle einer dinglichen Sicherung bleibt zwar das Wohnrecht erhalten. Jedoch droht der Verlust der Wohnung weiterhin ihrer Tochter F und deren Kindern. Auch für V und E selbst kann es eine erhebliche Beeinträchtigung sein, wenn sie in dem Haus, das ihnen früher gehört hat, nun wie Fremde mit einem anderen Eigentümer zurechtkommen müssen. Hinzu kommt, dass die Möglichkeit, sich im Alter von im selben Hause wohnenden Angehörigen betreuen zu lassen, im Falle einer Teilungsversteigerung für V und E verloren geht. Somit ist es für V nicht zumutbar, sich mit einem Geldbetrag zu begnügen. Er kann Rückübertragung des Miteigentumsanteils verlangen.

Die Zumutbarkeit wird also zweimal geprüft: bei der Frage, ob eine Anpassung zu erfolgen hat, und bei der Frage, ob die Anpassung gerade zu einer Rückgabe des zugewendeten Gegenstandes führt.

cc) BGH [27-29] Die dingliche Rückgewähr ist nur ein Element der nach den für die Störung der Geschäftsgrundlage geltenden Regeln vorzunehmenden Anpassung; diese hat zugleich auch die Belange des Verpflichteten zu berücksichtigen. Das wird von den Fällen kurzer Ehedauer abgesehen (…) regelmäßig einen an das Schwiegerkind Zug um Zug gegen die dingliche Rückgewähr zu leistenden angemessenen Ausgleich in Geld bedingen (BGH FamRZ 2006, 394, 395; 1999, 365, 366 und 1998, 669, 670). Dieser Ausgleich soll bewirken, dass der in Natur rückgewährpflichtige Ehegatte im wirtschaftlichen Ergebnis nicht anders steht als er stünde, wenn ihm der zugewendete Gegenstand verbliebe und der Zuwendende von ihm für die Zuwendung, soweit deren Geschäftsgrundlage entfallen ist, seinerseits eine Ausgleichszahlung verlangen könnte (…). Auch muss die Vertragsanpassung der Risikoverteilung im ursprünglichen Vertrag entsprechen. Für die Nachteile aus der Störung der gemeinsamen Geschäftsgrundlage tragen beide Parteien ein Risiko, so dass es im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt wäre, das Risiko dafür, dass der Schenkungsvertrag seinen Zweck wegen des Scheiterns der Ehe nicht mehr erfüllen kann, einseitig dem M zuzuweisen, zumal nicht feststeht, inwiefern M für das Scheitern der Ehe verantwortlich ist. Damit, dass auch V ein Risiko zuzuweisen ist, wäre nicht vereinbar, wenn V den Grundstücksanteil voll zurückbekäme und per Saldo keinen Vermögensnachteil mehr wegen des Schenkungsvertrages hätte, während M den durch den Schenkungsvertrag erlangten Vorteil vollständig verlieren würde. Um das zu verhindern, muss V zu einer Ausgleichszahlung verpflichtet werden.

Es gilt also: Ist Schenkungsgegenstand ein Grundstück oder ein Grundstücksanteil, ist Normalfall, dass dieser Gegenstand nicht zurückgegeben werden muss, sondern dass der Schenker lediglich eine Ausgleichszahlung erhält (oben a). Liegt - wie im vorliegenden Fall - ein Ausnahmefall vor und ist der Schenkungsgegenstand zurückzugeben (oben b, aa und bb), wird - umgekehrt - dem zur Rückgabe verpflichteten Beschenkten ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung gewährt. Der BGH im Originalfall konnte diese Frage nicht abschließend entscheiden, hat aber bei [29[ ausgeführt: Schon mit Blick auf die zwischen Schenkung und Scheitern der Ehe verstrichene Zeit von mehr als zehn Jahren wird…eine Rückübertragung allenfalls Zug um Zug gegen eine angemessene Ausgleichszahlung in Betracht kommen. Bei der Höhe der Ausgleichszahlung wird auch zu berücksichtigen sein, dass M in das Haus investiert hat, dass V durch die Übereignung auch diese Investition mit hat abgelten wollen und dass der noch vorhandene Wert dieser Investition dem V nach Rückgabe zugute kommt.

Somit hat V einen Anspruch auf Anpassung des Schenkungsvertrags dahin, dass er den Grundstücksanteil zurückverlangen kann, an M aber eine angemessene Ausgleichszahlung zu leisten hat.

5. Dem Anspruch könnte die von M erhobene Einrede der Verjährung entgegen stehen (§§ 194, 214 BGB).

a) Dann müsste die Verjährungsfrist abgelaufen sein. Die normale Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (§ 195 BGB). Würde davon ausgegangen, hätte deren Lauf nach § 199 I BGB im Jahre 2009, zumindest mit der Scheidung 2011 begonnen und wäre spätestens 2014 abgelaufen. Da V den Anspruch erst 2015 geltend gemacht, wäre er verjährt.

b) Nach § 196 BGB verjähren in zehn Jahren „ Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung“. Im vorliegenden Fall könnte es sich um einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums handeln.

aa) Genaugenommen hat V zunächst nur einen Anspruch aus § 313 BGB auf Vertragsanpassung und auf Eigentumsübertragung erst nach der Vertragsanpassung. Müsste V zunächst den Anspruch auf Vertragsanpassung geltend machen, fiele dieser nicht unter § 196 BGB, sondern wäre nach § 195 BGB verjährt.

bb) Der BGH gestattet dem Berechtigten aber, sogleich auf Erfüllung des Anspruchs und damit auf Eigentumsübertragung zu klagen. [22] Zur Durchsetzung eines Anspruchs aus § 313 Abs. 1 BGB kann der Zuwendende eine von ihm formulierte Änderung des Vertrages zum Gegenstand der Klage machen oder unmittelbar auf die Leistung klagen, die sich aus der von ihm als angemessen erachteten Vertragsanpassung ergibt. Letzteres ist nicht nur die Geltendmachung des Anspruchs aus der Anpassung, sondern zugleich die Durchsetzung des Anspruchs auf Anpassung (BGHZ 191, 139 Rn. 34 m. w. N.).

Daraus folgt, dass der Anspruch des V ein Anspruch auf Übertragung des Grundstücks ist. BGH [43-51] Der Anspruch aus § 313 Abs. 1 BGB geht in diesen Fällen zwar nicht unmittelbar auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück, sondern „nur" auf Vertragsanpassung. Der Wortlaut des § 196 BGB schließt dessen Anwendung schon auf den Anpassungsanspruch jedoch nicht aus. Denn der Anpassungsanspruch ist bei Fällen der Störung der Geschäftsgrundlage einer Grundstücksschenkung letztlich darauf gerichtet, einen Rückgewähranspruch hinsichtlich der Zuwendung und damit auf Übertragung von Grundeigentum (oder Geldzahlung wegen Unmöglichkeit der Teilrückgabe) zu begründen.

cc) Das entspricht auch dem Gesetzeszweck des § 196 BGB. Dieser besteht darin, Ansprüche nicht der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB zu unterwerfen, wenn sie sich auf die Übertragung von Immobiliarrechten beziehen… Die Verjährungsvorschriften bezwecken vornehmlich, den Schuldner vor Beweisnöten zu bewahren, die mit einem zu langen zeitlichen Abstand zum Entstehen des Anspruchsgrunds eintreten können. Darüber hinaus dient die Verjährung dem Rechtsfrieden und der Rechtsklarheit. Diese Ziele sind im Rechtsverkehr mit Immobiliarrechten von geringerem Gewicht als bei Dienstleistungen und dem Handel mit beweglichen Sachen. Der Formzwang für die Übertragung von Grundstücksrechten und dahingehende Verpflichtungen reduziert die Beweisnot für alle Beteiligten erheblich. Dem auch bei Grundstücksrechten bestehenden Interesse an Rechtsfrieden und Rechtsklarheit steht bei Übertragungsansprüchen regelmäßig mit größerem Gewicht das Interesse an einem der materiellen Rechtslage entsprechenden Ergebnis gegenüber. Grundstücksgeschäfte, auch Grundstücksschenkungen beruhen im Vergleich zu Alltagsgeschäften in der Regel auf einer sorgfältigeren Planung und verfolgen eher langfristige Ziele. Weiterhin betreffen sie häufig Vermögenswerte von größerem Umfang, weshalb sich die Beschränkung der Durchsetzbarkeit von Ansprüchen bei Immobiliarrechten im Allgemeinen gravierender auswirken würde als bei Waren- und Dienstleistungsgeschäften des täglichen Lebens (BGH FamRZ 2010, 1330 Rn. 25). Die vorgenannten Gesetzeszwecke erfassen im Wesentlichen auch den Anspruch auf die gemäß § 313 Abs. 1 BGB vorzunehmende Anpassung eines Grundstücksschenkungsvertrags.

[35] Somit richtet sich die Verjährung der gemäß § 313 Abs. 1 BGB erfolgenden Vertragsanpassung einer Grundstücksschenkung von Schwiegereltern nach § 196 BGB (so im Ergebnis auch FA-FamR/v. Heintschel-Heinegg 9. Aufl. Kap. 10 Rn. 86; Haußleiter/Schulz Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 5. Aufl. Kap. 5 Rn. 248 und Kap. 7 Rn. 35; Henke/Keßler NZFam 2014, 307, 309; Krenzler/Borth/Stieghorst Anwalts-Handbuch Familienrecht 2. Aufl. Kap. 10 Rn. 36; Prütting/Wegen/Weinreich/Deppenkemper BGB 9. Aufl. § 197 Rn. 3; Schulz FamRZ 2011, 12, 13; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB [2014], § 196 Rn. 6;…).

[52] Folglich hat die Verjährungsfrist des § 196 BGB frühestens mit der Trennung der Eheleute…zu laufen begonnen und war mithin…bei Eintritt der Rechtshängigkeit nicht abgelaufen.

Ergebnis: Der - nicht verjährte - Anspruch des V gegen M ist mit dem Inhalt begründet, dass V den Grundstücksanteil zurückverlangen kann, an M aber eine angemessene Ausgleichszahlung zu leisten hat.

II. Dagegen hat V keinen Anspruch aus § 812 I 2 Fall 2 BGB wegen Zweckverfehlung.

1. Zwar wird § 812 I 2 BGB nicht durch § 313 BGB verdrängt (BGHZ 184, 190 Rn. 47; Adolphsen/Mutz JuS 2011, 436; Henke/Keßler JuS 2011, 691).

2. Jedoch fehlt es an einer Zweckabrede. Der von V verfolgte Zweck, das Hausgrundstück an M und F als Familienwohnung zu übertragen, steckt bereits im Schenkungsvertrag. Als darüber hinausgehender, wegen des Scheiterns der Ehe nicht erreichter Zweck könnte angenommen werden, dass V das Grundstück an M und F nur für eine auf Dauer fortbestehende Ehe hat zur Verfügung stellen wollen. Für eine solche Annahme bieten aber die im Sachverhalt geschilderten Vorgänge keinen Anhaltspunkt. Das Fortbestehen der Ehe war zwar eine Erwartung des V, war aber kein Gegenstand einer verbindlich vereinbarten Zweckabrede. Hierfür wäre Mindestvoraussetzung gewesen, dass V und M das Scheitern der Ehe ernsthaft in Betracht gezogen hätten, was sich aber nicht feststellen lässt (so auch in der Fallbearbeitung von Adolphsen/Mutz JuS 2011 auf S. 437). § 812 I 2 BGB greift nicht ein.

Drei ergänzende Hinweise

1.
Zu dem Fall gibt es zustimmende Anmerkungen von Schmitz NJW 2015, 1018; Wellenhofer JuS 2015, 271; Stürner JURA 2015, 657.

2. Was die prozessuale Seite betrifft, handelte es sich beim vom BGH entschiedenen Fall um ein Verfahren nach dem „Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)“, und zwar als Anwendungsfall der „sonstigen Familiensachen“ nach § 266 I BGB. Dessen Nr. 3 erfasst „ Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe“. Deshalb gab es im BGH-Fall keinen „Kläger“ und keinen „Beklagten“, sondern V war Antragsteller und M Antragsgegner.

3. In einem weiteren Fall BGH JA 2015, 470 (mit Anm. Löhnig) hatte der Schwiegervater Zahlungen auf einen Immobilienkredit geleistet, die auch dem Schwiegersohn zugute gekommen waren. Nach der Scheidung verlangte er Rückzahlung vom früheren Schwiegersohn. Der BGH hat klargestellt, dass nur zurückverlangt werden kann, was auch dem eigenen Kind dauerhaft zugute kommen sollte; das waren die Zahlungen zur Tilgung des Kredite. Demgegenüber wurden mit den Zahlungen, die auf die Zinsen entfielen, lediglich Leistungen für den laufenden Unterhalt erbracht, ähnlich wie Mietzahlungen; sie können nicht zurückverlangt werden.


Zusammenfassung