Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann
► Bereicherungsausgleich (§ 812 I BGB) im Recht der Zahlungsdienste (§§ 675 c ff. BGB); Erstattungsanspruch der Bank nach unberechtigter Geldabhebung. ► Anwendungsfall einer Nichtleistungskondiktion. ► Grundsätze über den Bereicherungsausgleich in Anweisungsfällen. ► Wegfall der Bereicherung (§ 818 III BGB). ► Beweislast
BGH Urteil vom 2. 6. 2015 (XI ZR 327/14) NJW 2015, 2725 (für BGHZ vorgesehen)
Fall (Widerruf der Kontovollmacht)
Die K-AG ist eine Bank und führt für Frau F ein Girokonto. F hatte ihrem Ehemann B für dieses Konto Kontovollmacht erteilt. Am 18. Oktober widerrief F durch Erklärung gegenüber der K diese Vollmacht, teilte B diesen Widerruf aber nicht mit. B hob am 4. November vom Konto der F 900 Euro in bar ab, indem er sich von einer Bankmitarbeiterin den Betrag auszahlen ließ. Er erhielt den Betrag trotz des Widerrufs der Vollmacht ausgezahlt, weil die Bank den Widerruf infolge eines bankinternen Versehens nicht beim Konto der F vermerkt hatte. F beanstandete bei der K unverzüglich die Auszahlung und erhielt die 900 Euro wieder gutgeschrieben. K verlangt von B Erstattung der 900 Euro. B weigert sich mit der Begründung, er habe nicht für sich, sondern im Namen seiner Ehefrau gehandelt; der - ihm damals nicht bekannte - Widerruf der Vollmacht ändere an dem Handeln im fremden Namen nichts. Außerdem seien die 900 Euro, die er in seine Hosentasche gesteckt habe, am nächsten Morgen verschwunden gewesen. Da seine Frau abends und in der Nacht Zugang zu seinem Zimmer gehabt habe, gehe er davon aus, dass sie das Geld an sich genommen hat. Frau F erklärt, sie habe das Geld nicht genommen. Weitere Zeugen oder Beweismöglichkeiten gibt es nicht. Ist eine Klage der K gegen B auf Zahlung von 900 Euro begründet?
Eine Klage der K gegen B auf Zahlung von 900 Euro ist begründet, wenn K ein darauf gerichteter Anspruch zusteht.
A. Die K-Bank könnte gegen B einen Anspruch auf Zahlung der 900 € aus einem Zahlungsdienstevertrag i. S. d. § 675 f BGB haben.
Das Abheben von Geld von einem Girokonto fällt in den Anwendungsbereich der Vorschriften des BGB über Zahlungsdienste (§§ 675 c ff.). Zwischen der Bank und dem Kontoinhaber besteht ein Zahlungsdienstevertrag (§ 675 f BGB). Das Abheben von Geld ist ein Zahlungsvorgang (§ 675 f III BGB). Das Gesetz regelt aber nur die Beziehungen zwischen der Bank als Zahlungsdienstleister und dem Kunden als Zahler. So hat der Zahler nach § 675 u Satz 2 BGB gegen den Zahlungsdienstleister einen Anspruch auf Gutschrift nach einem nicht autorisierten Zahlungsvorgang; von diesem Fall ist die K-Bank im Verhältnis zu F offenbar ausgegangen. B war aber nicht Inhaber des Kontos, war nicht Partei des Zahlungsdienstvertrages bzw. nicht Zahler im Sinne dieser Vorschriften. Er war Dritter. Einen Anspruch gegen einen Dritten regelt das Gesetz in diesen Vorschriften nicht. Aus §§ 675 c ff. BGB hat K somit keinen Anspruch gegen B.
B. Anspruchsgrundlage für K gegen B kann ein Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung aus § 812 I BGB sein.
I. Es müssten die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen.
1. B müsste einen vermögensrechtlichen Vorteil erlangt haben.
Erlangt hat B zunächst den Besitz an dem Bargeld in Höhe von 900 Euro. Er könnte außerdem das Eigentum daran erlangt haben. Dann müsste die Bank ihm das Geld übereignet haben (§ 929 BGB). Ob eine Einigung dahingehend anzunehmen ist, dass das Geld dem B selbst übereignet werden sollte, ist fraglich, weil B kraft der vermeintlich fortbestehenden Kontovollmacht gehandelt hat und eine ausdrückliche Erklärung der Bankmitarbeiterin, dass das Geld dem B selbst übereignet werden sollte, nicht vorliegt.
a) Die Kontovollmacht fällt als Bankvollmacht unter §§ 164 ff. BGB. Wenn auch die Übereignung des Geldes nach § 164 BGB zu behandeln wäre, hätte die Bank das Geld nur der F, vertreten durch B, übereignen wollen. Eine Einigung dahin, dass B selbst Eigentümer des Gelds werden sollte, läge dann nicht vor.
b) Jedoch bedeutet eine Bankvollmacht, dass der Bevollmächtigte zu Lasten des Kontoinhabers Geld abheben, überweisen und Lastschriftaufträge erteilen sowie Geld auf das Konto einzahlen darf. In diesen Fällen handelt er auf Rechnung des Kontoinhabers. Demgegenüber ist nicht anzunehmen, dass die Bankmitarbeiterin das Geld der nicht anwesenden F hat übereignen wollen. Vielmehr werden einem Kunden, auch wenn dieser Geld von einem Konto kraft Vollmacht abhebt, die Geldscheine so ausgehändigt, als hätte er das Geld von seinem eigenen Konto abgehoben. Es ist also davon auszugehen dass eine Kontovollmacht den Bevollmächtigten auch dazu berechtigt, das Geld sich zu Eigentum geben zu lassen. BGH [27] Unter normalen Umständen wird man davon auszugehen haben, dass der Beklagte durch die Auszahlung des Bargeldes an ihn Eigentum an den Geldscheinen erlangt hat… Somit hat B Eigentum an den 900 Euro erlangt.
2. B könnte die 900 Euro durch Leistung der K erlangt haben. Leistung ist d ie bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens.
a) Gegenüber B hat K keinen Leistungszweck verfolgt. Zweck der Auszahlung des Geldes war, die durch das Guthaben auf dem Konto der F bestehende Auszahlungspflicht zu erfüllen. Diese Pflicht bestand nur gegenüber der Kontoinhaberin F, nicht gegenüber B.
b) Ob K gegenüber F eine Leistung erbracht hat, kann an dieser Stelle offen bleiben (dazu noch 3 b). Denn eine solche Leistung würde für die Begründung einer Leistungskondiktion gegenüber B nicht ausreichen.
B hat den Betrag nicht durch Leistung der K erlangt.
3. B könnte die 900 Euro in sonstiger Weise auf Kosten der K erlangt haben (§ 812 I 1 Fall 2 BGB).
a) Wie unter I. 1. ausgeführt, hat K die 900 Euro aus ihrem Vermögen durch Übergabe von Geldscheinen dem B übereignet. Daraus lässt sich schließen, dass B das Geld auf Kosten der K erlangt hat. Da auch offensichtlich ist, dass B gegenüber K keinen eigenen Anspruch auf das Geld hatte, könnte nach dem Wortlaut des § 812 I Fall 2 BGB bejaht werden, dass B die 900 Euro ohne Rechtsgrund von K erlangt hat und dass K gegen B ein Anspruch auf Rückzahlung zusteht.
b) Allerdings ist die Kondiktion wegen einer Vermögensverschiebung in sonstiger Weise (Nichtleistungskondiktion) subsidiär gegenüber den Regeln der Leistungskondiktion. Leistungsbeziehungen haben Vorrang vor der Anwendung des § 812 I 2 Fall 2 BGB. Danach scheidet eine Anwendung des § 812 I 1 Fall 2 BGB im Verhältnis K - B aus, wenn K die 900 Euro an F geleistet hat. In diesem Fall müsste K ihren Anspruch gegenüber F geltend machen, etwa indem sie die Gutschrift der 900 Euro wieder storniert.
aa) Eine für eine Leistung erforderliche Mehrung des Vermögens der F durch K ist nicht erfolgt, denn das Geld wurde dem B übereignet. Eine Leistung der K an F wäre aber dann anzunehmen, wenn die tatsächliche Zahlung an B als Zahlung an F gelten würde. Zur Entscheidung dieser Frage wendet der BGH die Grundsätze über die Zahlung auf Anweisung (Hauptfall: Banküberweisung) an, bei der es sich um ein sog. Dreiecksverhältnis handelt. Im Falle einer Anweisung bzw. eines Überweisungsauftrags bewirkt die daraufhin erfolgende Zahlung der Bank als Angewiesene zwei Leistungen: eine Leistung der Bank an den Anweisenden/Kontoinhaber/Kunden - im Deckungsverhältnis - und eine Leistung des Anweisenden an den Zahlungsempfänger - im Valutaverhältnis -. Im vorliegenden Fall behandelt der BGH die Kontoinhaberin F als (vermeintlich) Anweisende, die K-Bank als (vermeintlich) Angewiesene und B als Zahlungsempfänger. Nach den Regeln des Anweisungsrechts würde die Auszahlung der K-Bank an B eine Leistung der K an F bedeuten (und je nach der zwischen F und B getroffenen Absprache weiterhin eine Leistung der F an B). Voraussetzung für die Anwendung dieser Regeln ist aber grundsätzlich, dass eine wirksame Anweisung vorliegt.
bb) Im vorliegenden Fall kann nur die Kontovollmacht die Aufgabe übernehmen, die im Fall der Zahlung auf Anweisung die vom Kontoinhaber vorgenommene Anweisung hat. Die Kontovollmacht des B war aber bei Abhebung des Geldes widerrufen. Somit fehlte es an einer wirksamen Anweisung. Daraus ergibt sich, dass eine Leistung der K an F nicht vorliegt. Dieses Ergebnis folgt auch aus den Vorschriften über Zahlungsdienste (§§ 675 c ff. BGB). Die Auszahlung als Zahlungsvorgang ist nach § 675 j I BGB gegenüber einem Kontoinhaber nur wirksam, wenn der Kontoinhaber zugestimmt hat (Autorisierung). Im vorliegenden Fall hat F selbst nicht zugestimmt. Die Zustimmung durch B wirkte nach Widerruf der Kontovollmacht nicht mehr gegenüber ihr. Danach lag keine Autorisierung durch F vor. K war nach § 675 u Satz 2 BGB verpflichtet, die Belastung auf dem Konto der F rückgängig zu machen und ist auch entsprechend verfahren. In einem solchen Vorgang, den das Gesetz missbilligt und dessen Rückgängigmachen es anordnet, kann keine Leistung der Bank an ihren Kunden liegen. K hat gegenüber F keine Leistung erbracht.
cc) Die fehlende Anweisung bzw. Autorisierung könnte aber dadurch ersetzt werden, dass F dem B ursprünglich eine Kontovollmacht erteilt hatte, dem B den Widerruf nicht mitgeteilt und damit eine Ursache dafür gesetzt hat, dass es später zu der Auszahlung gekommen ist. Bei der Behandlung von Überweisungsaufträgen wird diesem Gesichtspunkt in bestimmten Fällen Rechnung getragen; dazu noch die nachfolgend unter c) cc) (1) wiedergegebenen Ausführungen des BGH. Im Fall der widerrufenen Bankvollmacht kann einer solchen Überlegung aber keine maßgebliche Bedeutung zugesprochen werden. Hier musste F sich darauf verlassen können, dass die Bank dem B kein Geld mehr auszahlt. Die für die Fehlentwicklung entscheidende Ursache war nicht das Verhalten der F, sondern dass die Bank den Vollmachtswiderruf nicht beim Konto der F vermerkt hatte; dahinter tritt eine eventuelle Mitursächlichkeit der F vollständig zurück. Eine Leistung der K an F lag somit nicht vor. Es bleibt bei dem oben 3a) begründeten Ergebnis, dass B die 900 Euro auf Kosten der F erlangt hat.
c) Die unter a) und b) in der Gutachtensform dargestellten Überlegungen werden vom BGH in der Urteilsform behandelt und vertieft. [14-20]:
aa) Nach der bisherigen Rechtsprechung hat der vermeintlich Angewiesene einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB gegen den Zahlungsempfänger, wenn eine wirksame Anweisung fehlt und dem Anweisenden diese auch nicht zuzurechnen ist… Der Zahlungsempfänger ist daher in sonstiger Weise auf Kosten des Angewiesenen bereichert und deshalb dessen Anspruch aus Nichtleistungskondiktion ausgesetzt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Zahlungsempfänger das Fehlen einer wirksamen Anweisung im Zeitpunkt der Zuwendung kannte oder nicht kannte (BGHZ 176, 234 Rn. 10 m. w. N.;…).
bb) So liegt der Fall auch hier. Der Kontoinhaberin ist der von ihr nicht autorisierte Zahlungsauftrag auf Auszahlung der 900 € nicht zurechenbar. Der vom Beklagten erteilte Zahlungsauftrag auf Auszahlung des Geldbetrages (§ 675 f Abs. 3 BGB) entfaltete gegenüber der Kontoinhaberin keine rechtliche Wirksamkeit. Diese hatte die Kontovollmacht, die dem Beklagten die Befugnis gab, aus dem vorhandenen Guthaben des Kontos einzelne Zahlungsvorgänge zu bewirken (…), bereits vor Erteilung dieses Zahlungsauftrags gegenüber der Klägerin wirksam widerrufen (§ 168 Satz 3, § 167 Abs. 1, § 170 BGB). Damit fehlte für den hier in Rede stehenden Zahlungsvorgang von Anfang an die nach § 675 j Abs. 1 BGB erforderliche Autorisierung.
cc) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist der Zahlungsvorgang der Kontoinhaberin auch nicht deshalb als Leistung zuzurechnen, weil sie die im Jahr 2004 erteilte Kontovollmacht im Oktober 2012 widerrufen hat, ohne den Beklagten über den Widerruf in Kenntnis zu setzen.
(1) Zwar hat der BGH in Fallgestaltungen, in denen der Anweisende beispielsweise einen zunächst wirksam erteilten Überweisungsauftrag später widerruft und die Bank diesen Widerruf irrtümlich nicht beachtet, angenommen, der konkrete Zahlungsvorgang sei durch den Kontoinhaber mit veranlasst worden. In diesen Fällen müsse sich die Bank deshalb grundsätzlich an den Kontoinhaber halten, weil der Fehler, die weisungswidrige Behandlung des Kundenauftrags, im Deckungsverhältnis wurzle und deshalb in diesem Verhältnis zu bereinigen sei. Ein Bereicherungsanspruch der Bank gegen den Zahlungsempfänger komme in diesen Fällen nur dann in Betracht, wenn dem Zahlungsempfänger der Widerruf bekannt sei, weil er dann wisse, dass es an einer Leistung seines Vertragspartners fehle (BGHZ 176, 234 Rn. 12 m. w. N.;…).
(2) Hier fehlen jedoch jegliche Anhaltspunkte dafür, dass der konkrete Zahlungsvorgang der Kontoinhaberin kraft Rechtsscheins zuzurechnen sein könnte. Führt die Bank versehentlich einen Zahlungsauftrag aus, der von einem ehemals Kontobevollmächtigten erteilt wurde, nachdem dessen Kontovollmacht ihr gegenüber widerrufen worden war, ist dies mit den Fällen des Widerrufs eines vom Kontoinhaber erteilten Zahlungsauftrags nicht gleichzusetzen. Der wirksame Zahlungsauftrag fehlte hier vielmehr bereits von Anfang an (…). Die Kontovollmacht weist, anders als ein später widerrufener Überweisungs- oder Dauerauftrag, keinen Bezug zu einem konkreten Zahlungsvorgang auf. Die Beteiligten haben mit Erteilen der Kontovollmacht noch keine Leistungsbeziehungen festgelegt, an denen man aus Rechtsscheingesichtspunkten festhalten müsste. Die Kontovollmacht beinhaltet keine Zweckbestimmung, eine bestimmte Verbindlichkeit zu erfüllen, so dass keine Veranlassung besteht, dem Kontoinhaber den von ihm nie in Gang gesetzten konkreten Zahlungsvorgang als Leistung zuzurechnen… Der Zahlungsempfänger ist der Nichtleistungskondiktion unabhängig davon ausgesetzt, ob im Valutaverhältnis eine dem Zahlungsvorgang entsprechende Schuld tatsächlich besteht oder er das Fehlen eines wirksamen Zahlungsauftrags kennt. Da selbst der gutgläubige Vertragspartner nur dann geschützt werden kann, wenn der andere Vertragsteil in zurechenbarer Weise den Rechtsschein einer Leistung hervorgerufen hat, vermag der Empfängerhorizont des Zahlungsempfängers die fehlende Leistung des vermeintlich Anweisenden nicht zu ersetzen (BGHZ 176, 234 Rn. 10 m. w. N.).
4. Da B die 900 Euro in sonstiger Weise auf Kosten der K erlangt hat und auch kein Rechtsgrund hierfür bestand, ist der Anspruch der K gegen B aus § 812 I 1 Fall 2 BGB entstanden.
II. Der Anspruch könnte nach § 818 III BGB wegen Wegfalls der Bereicherung erloschen sein.
1. B trägt vor, die 900 Euro, die er in seine Hosentasche gesteckt habe, seien am nächsten Morgen verschwunden gewesen. Er gehe davon aus, dass seine Ehefrau das Geld an sich genommen habe. Wenn dieser Vortrag B zutrifft, handelt es sich um den ersatzlosen Wegfall des Erlangten und damit um den Wegfall der Bereicherung. Jedoch erklärt F, sie habe das Geld nicht genommen. Es ist davon auszugehen, dass Klägerin K sich diese Erklärung zu eigen macht, also den Vortrag des Beklagten B bestreitet.
2. In solcher Situation ist normalerweise Beweis zu erheben. Nach dem Sachverhalt steht jedoch Behauptung gegen Behauptung, und keine Partei kann ein Beweismittel anbieten.
3. Dann muss nach Beweislast entschieden werden. Die Beweislast legt fest, welche Partei den Nachteil im Falle der Nichterweislichkeit einer Tatsache trägt.
a) Jede Partei muss die Tatsachen, die für das Eingreifen einer für sie günstigen Norm vorliegen müssen, behaupten (darlegen) und im Bestreitensfall beweisen. Somit muss der Kläger die Voraussetzungen für das Eingreifen der Anspruchsgrundlage, der Beklagte die Voraussetzungen für eine Gegennorm (Einwendung oder Einrede) behaupten und beweisen. So muss der auf Zahlung des Kaufpreises klagende Verkäufer die Voraussetzungen für den Abschluss des Kaufvertrages (behaupten und) beweisen. Der Käufer, der wegen eines Mangels den Rücktritt erklärt hat, muss das Vorliegen der Voraussetzungen des § 437 Nr. 2 BGB beweisen. Beruft sich der Käufer darauf, er habe schon gezahlt, stützt er sich auf § 362 BGB und muss dessen Voraussetzungen beweisen. Die Beweislast ergibt sich also aus einer Würdigung der Rechtsfolgen der materiell-rechtlichen Normen, insbesondere der des BGB.
b) Im vorliegenden Fall, in dem § 812 I 1 BGB Anspruchsgrundlage ist, führt § 818 III BGB zum Erlöschen des Anspruchs, ist also ist eine für den Beklagten günstige Norm (Gegennorm, Einwendung). Für sie trägt der Beklagte, im vorliegenden Fall B die Beweislast. BGH [25] …Beweisantritt des Beklagten, der für die Umstände seiner Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) die Darlegungs- und Beweislast trägt (vgl. BGHZ 118, 383, 387 f. - Darüber hinaus trägt der Bereicherungsschuldner, der sich auf Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen will, auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass trotz des Wegfalls des ursprünglich Erlangten keine anderweitige Bereicherung in seinem Vermögen verblieben ist (MünchKommBGB/ Schwab, 6. Aufl., § 818 Rn. 161;…). Da B nicht beweisen kann, dass F das Geld genommen hat, trägt er den sich daraus ergebenden Nachteil, indem vom Nichtvorliegen des § 818 III BGB auszugehen ist. Ein Wegfall der Bereicherung liegt also nicht vor, der Anspruch der K ist nicht nach § 818 III BGB erloschen.
III. Es ist anzunehmen, dass B selbst dann, wenn F ihm die 900-Euro-Scheine nicht weggenommen hat, nach einem Prozess gerade die erhaltenen 900-Euro-Scheine nicht mehr zurückgeben kann. Er schuldet die 900 Euro daher als Wertersatz nach § 818 II BGB. Die Klage der K gegen B auf Zahlung von 900 Euro ist begründet.
Eine ausführliche Besprechung der Entscheidung des BGH findet sich bei Jansen JZ 2015, 952. Trotz mancher Kritik lautet das Fazit auf S. 956: „Gegen die Entscheidung des BGH ist im Ergebnis also nichts zu erinnern.“
Zusammenfassung