Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann
► Familienrecht; heterologe künstliche Befruchtung einer Frau mit Einwilligung des Partners (§ 1600 V BGB). ► Unterhaltsanspruch eines Kindes. ► Übernahme von Schwangerschaftsfolgen durch Anerkennung einer Unterhaltspflicht; Vertrag zugunsten des Kindes (§ 328 BGB)
BGH Urteil vom 23. 9. 2015 (XII ZR 99/14) NJW 2015, 3434 (für BGHZ vorgesehen)
Fall (Wunschkind)
M und F hatten über mehrere Jahre hinweg intime Beziehungen, waren aber nicht verheiratet und lebten auch nicht in einem gemeinsamen Haushalt. F wünschte sich ein Kind, konnte mit M aber keines haben, weil M nicht zeugungsfähig war. F entschied sich mit Zustimmung des M für eine künstliche Befruchtung durch heterologe Insemination, d. h. durch Verwendung des Spermas eines anderen Mannes. (Demgegenüber wird bei der homologen Insemination das Sperma des Ehemannes oder Partners verwendet.) Die Behandlung der F wurde durch den Hausarzt Dr. A vorgenommen, nachdem M das Fremdsperma besorgt hatte. Sie hatte aber zunächst keinen Erfolg. Im Zusammenhang mit der Behandlung veranlasste A den M dazu, folgenden Text zu verfassen: „Hiermit erkläre ich, dass ich für alle Folgen einer eventuell eintretenden Schwangerschaft aufkommen und die Verantwortung übernehmen werde.“ Eine Unterschrift findet sich unter dem Text nicht. Die Erklärung wurde von A in dessen Unterlagen übernommen. M teilte F mit, dass er die Erklärung abgegeben habe und welchen Inhalt sie hat. Nach einer weiteren Behandlung, für die M wiederum das Sperma besorgte, wurde F schwanger und gebar die Tochter T. Nach der Geburt der T ließ sich M mit ihr und ihrer Mutter F fotografieren. Er zahlte Teile der Erstausstattung und dreimal monatlichen Unterhalt.
Danach kam es zum Zerwürfnis zwischen M und F. M stellte die Unterhaltszahlungen ein. T verlangt, ordnungsgemäß vertreten, von M Weiterzahlung des Unterhalts. Sie beruft sich darauf, dass M vor und nach der Geburt wie ein Vater aufgetreten sei, woran er sich festhalten lassen müsse. Auch die von M bei Dr. A abgegebene Erklärung sei als Vaterschaftsanerkenntnis zu verstehen. M wendet ein, er sei nur aus Gefälligkeit gegenüber seiner Partnerin tätig geworden. Eine rechtsverbindliche Erklärung habe er nicht abgeben wollen, was auch dadurch bestätigt würde, dass er die Erklärung nicht unterschrieben habe und dass diese lediglich zu den Unterlagen des Arztes genommen worden sei. Würde der Erklärung die Übernahme einer langjährigen Unterhaltsverpflichtung entnommen, würde es sich praktisch um eine Leibrente handeln, für die aber die Schriftform vorgeschrieben sei. Schließlich könne T auch deshalb keine Rechte aus der Erklärung herleiten, weil sie damals noch gar nicht geboren war und ihre Geburt eher ungewiss gewesen sei. Ist der Unterhaltsanspruch der T gegen M begründet?
A. T könnte gegen M einen familienrechtlichen Unterhaltsanspruch haben.
I. Nach § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu leisten. Darunter fallen in erster Linie Eltern im Verhältnis zu ihren Kindern. Denn diese sind in gerader Linie miteinander verwandt, weil die Kinder von den Eltern i. S. des § 1589 BGB abstammen. T hat also einen familienrechtlichen Unterhaltsanspruch aus § 1601 BGB (und den nachfolgenden Vorschriften) gegen M, wenn sie von ihm abstammt, d. h. wenn dieser ihr Vater ist.
II. Wer Vater im Rechtssinne ist, ergibt sich aus § 1592 BGB.
1. Nach § 1592 Nr. 1 BGB ist Vater eines Kindes der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. M und F waren zum Zeitpunkt der Geburt der T nicht verheiratet.
2. Nach § 1592 Nr. 2 und 3 ist Vater, wer die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft nach § 1600 d BGB oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) gerichtlich festgestellt ist. Auch diese Voraussetzungen treffen auf M nicht zu.
3. Dass M, wie T geltend macht, vor und nach der Geburt wie ein Vater aufgetreten ist, reicht zur Annahme einer Vaterschaft nicht aus. M ist folglich nicht Ts Vater. (Deshalb hatte auch ein im Originalfall betriebenes Vaterschaftsfeststellungsverfahren keinen Erfolg.) Ein Unterhaltsanspruch aus § 1601 BGB besteht nicht.
B. Anspruchsgrundlage könnte ein Vertrag sein, der auf die Verpflichtung des M zur Zahlung von Unterhalt an T gerichtet ist.
I. Allerdings ist zwischen M und T kein Vertrag geschlossen worden. T war zu der Zeit, als M und F sich über die künstliche Befruchtung einigten und als M die Erklärung beim Hausarzt abgab, noch nicht geboren. T ist auch nicht durch F vertreten worden. Weder in der Einigung zwischen M und F über die künstliche Befruchtung noch in der Erklärung des M bei Dr. A gibt es einen Anhaltspunkt dafür, dass F nicht für sich selbst, sondern als Vertreterin eines möglicherweise später geborenen Kindes handeln würde.
II. Ein Vertrag könnte zwischen M und F als Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) geschlossen worden sein, durch den T als begünstigte Dritte unmittelbar einen Unterhaltsanspruch erlangt hat. Dann müsste zunächst zwischen M und F eine vertragliche Vereinbarung zustande gekommen sein, in der M sich zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet hat.
1. Eine solche Vereinbarung könnte darin liegen, dass sich F und M über die künstliche heterologische Insemination geeinigt haben.
a) Eine dahingehende Einigung ist in § 1600 V BGB vorgesehen. Dort ist bestimmt, dass eine Vaterschaftsanfechtung nicht zulässig ist, wenn ein „Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden“ ist. Die Vorschrift passt zwar nach ihrer Rechtsfolge - Ausschluss der Vaterschaftsanfechtung - nicht in den hier zu behandelnden Zusammenhang. Jedoch sind die Voraussetzungen der Vorschrift gegeben, so dass der BGH vom Vorliegen einer gesetzlich zugelassenen Einwilligung des Mannes in die künstliche Befruchtung der Frau mittels Samenspende eines Dritten ausgeht und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen darstellt.
aa) Hierbei legt der BGH zunächst den Normalfall zugrunde, in dem die Erklärung des Mannes zwischen Eheleuten abgegeben wurde (so lag der Fall in der dem vorliegenden Fall vorangegangenen Entscheidung BGHZ 129, 297).
[10, 11] Bei der mit Einwilligung des Ehemannes vorgenommenen heterologen Insemination handelt es sich um die Übernahme der Elternschaft (der Scheinvaterschaft) durch Willensakt. Insofern ist das Einverständnis mit der heterologen Insemination einer Adoption (§§ 1741 ff. BGB) ähnlich. Anders als bei der Adoption handelt es sich allerdings nicht um die Übernahme der Elternschaft für ein bereits gezeugtes oder geborenes Kind, durch den Willensakt soll vielmehr die Entstehung des Kindes erst ermöglicht werden (BGHZ 129, 297…). Wenn der Ehemann auf diese Weise zu der Geburt eines Kindes durch seine Ehefrau beiträgt, gibt er zu erkennen, dass er für das Kind wie ein ehelicher Vater sorgen will. Das Verhalten des Ehemanns kann aus der Sicht seiner Ehefrau nur dahin interpretiert werden, dass er eine Unterhaltspflicht unabhängig davon übernehmen will, ob die gesetzliche Unterhaltspflicht…besteht (BGHZ 129, 297). Die Willenserklärung des Ehemanns besteht in der Einwilligung in die künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten und entspricht insoweit der Einwilligung im Sinne von § 1600 Abs. 5 BGB. Die Einwilligung nach § 1600 Abs. 5 BGB richtet sich wenigstens mittelbar auf die Begründung einer der Vaterschaft entsprechenden Verantwortung…(BGHZ 129, 297; OLG Karlsruhe FamRZ 2012, 1150; OLG Oldenburg FamRZ 2015, 67;… MünchKommBGB/Wellenhofer, 6. Aufl., § 1600 Rn. 35 m. w. N.…).
bb) Diese Überlegungen überträgt der BGH auf den hier vorliegenden Fall, in dem die Frau und ihr Partner nicht verheiratet sind, [21] Die Tatbestände der konsentierten heterologen Befruchtung sind… nicht wesentlich verschieden. Das ergibt sich schon aus ihrer Gleichstellung in § 1600 Abs. 5 BGB, welche nach den Gesetzesmaterialien des Kinderrechteverbesserungsgesetzes ausdrücklich dazu dienen soll, dass es für ehelich und nichtehelich geborene Kinder nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen kommt (BT-Drucks. 14/2096 S. 7).
Folglich ergibt sich bereits aus der im Zusammenhang mit der Entscheidung der F, eine künstliche Befruchtung durch Fremdsperma durchführen zu lassen, erklärten Einwilligung des M (§ 1600 V BGB), dass M eine Unterhaltspflicht übernommen hat.
2. Die auf die Zahlung von Unterhalt gerichtete Verpflichtung des M könnte auch im Zusammenhang mit der bei Dr. A abgegebenen Erklärung des M begründet worden sein.
a) In der Erklärung des M könnte ein Angebot zum Abschluss eines auf die Übernahme der Unterhaltspflicht gerichteten Vertrages gelegen haben. Zu den „Folgen einer Schwangerschaft“, mit denen sich die Erklärung befasst, gehört der mit der Geburt des Kindes entstehende Unterhaltsbedarf. Wenn M erklärt hat, dafür aufkommen zu wollen, kann das nur so verstanden werden (vgl. §§ 133, 157 BGB), dass er diesen Unterhalt zahlen will. Durch die weitere Formulierung, auch die Verantwortung dafür zu übernehmen, wird diese Aussage verstärkt. Bereits diese Überlegung zeigt, dass die Behauptung des M, er habe nur aus Gefälligkeit gehandelt, unzutreffend ist. Vielmehr ist mit BGH [25] festzustellen, dass die Erklärung des M, für die Folgen der Schwangerschaft aufkommen zu wollen, die Zahlung des Kindesunterhalts zweifelsfrei umfasst.
Auch ist M selbst davon ausgegangen, Verpflichtungen wie ein Vater übernommen zu haben, was BGH [25] aus dessen sonstigem Verhalten schließt, insbesondere daraus, dass er die zum Erfolg führende Samenspende beschafft hatte. Zudem trat er nach der Geburt der T wie ein Vater auf und ließ sich mit der neugeborenen T und deren Mutter fotografieren. Außerdem zahlte er Teile der Erstausstattung sowie dreimal monatlichen Unterhalt.
Somit ist der von M bei Dr. A abgegebenen Erklärung ein Angebot zum Abschluss eines Vertrages mit F zu entnehmen, nach dem M für T wie für eine Tochter Unterhalt zahlen wollte.
b) Das Angebot müsste M gegenüber F und nicht nur gegenüber dem Arzt abgegeben haben. BGH [13] Die Wirksamkeit der Einwilligung setzt die Abgabe der Erklärung gegenüber der Frau voraus (Erman/Hammermann, BGB, 14. Aufl. § 1600 Rn. 28 m. w. N.… ). Diese kann auch in der Weise erfolgen, dass die Einwilligung auf Veranlassung des die heterologe Insemination durchführenden Arztes erklärt wird, wenn diese zugleich der Frau zur Kenntnis gebracht wird… Die Erklärung wird in solchen Fällen nicht (nur) gegenüber dem behandelnden Arzt abgegeben, sondern zumindest auch gegenüber der Frau. [26] Entgegen der Auffassung der Revision ist festgestellt, dass M die Einwilligungserklärung zumindest auch gegenüber der Mutter abgab. Dass die schriftliche Erklärung beim Arzt verblieb, hindert die Abgabe der Erklärung gegenüber der Mutter nicht. Nach obigem Sachverhalt lag die Abgabe der Erklärung gegenüber F darin, dass M der F von der Erklärung Mitteilung gemacht und F die Erklärung zur Kenntnis genommen hat.
c) Dass M die Erklärung nicht unterschrieben hat, spricht nicht dagegen, dass sie als rechtsverbindlich gewollt und so verstanden wurde. Allerdings wäre die Verpflichtungserklärung ohne Unterschrift unwirksam, wenn sie der Schriftform bedurft hätte (weil die Schriftform eine Unterschrift verlangt: § 126 I BGB). Auf ein solches Formerfordernis hat M sich unter Verweis auf die bei der Leibrente vorgeschriebene Schriftform (§ 761, 1 BGB) berufen. Die Verpflichtung, für ein Kind Unterhalt zu zahlen, ist aber keine Leibrente, und § 761, 1 BGB ist auch nicht analog anwendbar. BGH [14-18]
aa) Bei der Unterhaltsvereinbarung handelt es sich um eine Vereinbarung eigener Art, die sich von der Leibrente in wesentlicher Hinsicht unterscheidet (BGHZ 5, 302, 305; RGZ 150, 385, 391…). Anders als die Leibrente ist die Unterhaltspflicht ihrem Wesen nach von der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten wie auch von der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen abhängig. Das Gleiche gilt auch für den vertraglichen Unterhalt jedenfalls dann, wenn dieser von den Vertragsparteien seinem Inhalt nach (ganz oder teilweise) am gesetzlichen Unterhalt orientiert worden ist. Demgegenüber ist die Leibrente einer Anpassung an veränderte Verhältnisse grundsätzlich nicht zugänglich (RGZ 150, 385, 391; Staudinger/Mayer, BGB [2008], Vorbem. zu §§ 759 - 761 Rn. 15 m. w. N.), woraus sich nicht zuletzt auch das Schriftformerfordernis des § 761 Satz 1 BGB rechtfertigt (vgl. Staudinger/Mayer BGB [2008] § 761 Rn. 1 m. w. N.).
bb) Auch der Rechtsgedanke des Übereilungsschutzes rechtfertigt die Annahme einer Formbedürftigkeit nicht. Zwar hat der Senat hervorgehoben, dass das Gesetz an anderer Stelle für die Übernahme der Elternschaft durch Willensakt (namentlich durch Adoption oder Vaterschaftsanerkennung) besondere Schutzmechanismen vorsieht, die verhindern sollen, dass der Mann vorschnell eine derart starke und lange nachwirkende Bindung eingeht (BGHZ 129, 297). Gleichzeitig hat der Senat aber betont, die Lösung könne nicht darin bestehen, dass dem Ehemann, der durch seine Zustimmung zur heterologen Insemination die Geburt des Kindes entscheidend mitveranlasst habe, aus allgemeinen Gerechtigkeitsüberlegungen die Möglichkeit eröffnet werde, sich…seiner Verantwortung für das Kind zu entziehen (BGHZ 129, 297).
cc) Dementsprechend sieht das Gesetz in § 1600 Abs. 5 BGB keine bestimmte Form der Einwilligung vor, obwohl diese Regelung die rechtliche Eltern-Kind-Beziehung als solche perpetuiert und zu Gunsten des Kindes im Rahmen des Status nicht nur den Unterhaltsanspruch festschreibt, sondern auch andere wichtige Rechte und Rechtspositionen wie das Erbrecht und gegebenenfalls die vom Vater vermittelte Staatsangehörigkeit. Die Einwilligung nach § 1600 Abs. 5 BGB ist formfrei (OLG Oldenburg FamRZ 2015, 67;…MünchKommBGB/Wellenhofer, 6. Aufl., § 1600 Rn. 35…). Einer im Gesetzgebungsverfahren zum Kinderrechteverbesserungsgesetz vom 9. April 2002 (BGBl. I S. 1239) erhobenen Forderung, die Einwilligung formbedürftig zu stellen, ist der Gesetzgeber nicht gefolgt (vgl. BT-Drucks. 14/2096 S. 10…). Es fehlt mithin an einer Rechtfertigung, aus dem Gesichtspunkt des Schutzes vor übereilten Erklärungen an die Unterhaltsvereinbarung höhere Anforderungen zu stellen als an die mit ihren Rechtsfolgen wesentlich weiter reichende Erklärung nach § 1600 Abs. 5 BGB…
Somit bedurfte die Verpflichtungserklärung des M keiner Form. Die fehlende Unterschrift beeinträchtigt ihre Rechtswirksamkeit nicht.
d) Die Annahme des Angebots des M durch F liegt darin, dass F nach Kenntnisnahme von der Erklärung des M dessen Angebot stillschweigend zugestimmt hat und einen weiteren, später erfolgreichen Versuch der künstlichen Befruchtung hat vornehmen lassen. BGH [26] Die Mutter hat die Erklärung spätestens dadurch angenommen, dass sie mit Rücksicht auf die Einwilligung des M mit dessen Kenntnis die künstliche Befruchtung durchführen ließ, welche zur Geburt der T führte.
III. Die Erklärungen, die nach den Ausführungen unter II. zur Begründung einer Unterhaltspflicht des M geführt haben, müssten den - für § 328 I BGB wesentlichen - Inhalt haben, dass T dadurch unmittelbare Ansprüche erhält.
1. Ausdrücklich wird weder in der Einwilligung nach § 1600 V BGB noch in der Erklärung des M beim Arzt das zu erwartende Kind als Berechtigter genannt. Es könnte aber eine dahingehende Auslegung zu dem Ergebnis führen, dass es sich jeweils um einen echten Vertrag zugunsten des Kindes handelt.
a) Der auf der Einwilligung und der Erklärung des M beruhende Unterhaltsanspruch besteht im Interesse des Kindes und dient diesem als Lebensgrundlage. Er erfüllt seinen Zweck nur, wenn er auch zur Rechtsstellung des Kindes gehört und dessen wirtschaftliche Existenz absichert. Das ist nur durch Annahme eines echten Vertrages zugunsten des Kindes zu erreichen. Würde der Anspruch, was die Alternative wäre, nur der Mutter zustehen, bestünde die Gefahr, dass beim Tod der Mutter oder bei einem anderen Verlauf, bei dem die Mutter als Vermittlerin des Unterhalts wegfällt, eine Unterhaltszahlung an das Kind nicht mehr gesichert wäre. Diese Umstände waren dem M bekannt, so dass er auch die daraus folgende Zubilligung einer unmittelbaren Berechtigung der T hinzunehmen hat.
b) Der BGH begründet die Annahme eines Vertrages zugunsten des Kindes mit der Eigenart der Einwilligung i. S. des § 1600 V BGB. So BGH [10] zu dem - vergleichbaren - Fall, dass die Erklärung zwischen Eheleuten abgegeben wird: Nach der zur (Schein-)Vaterschaft des Ehemanns ergangenen Rechtsprechung des Senats enthält eine Vereinbarung zwischen Eheleuten, mit welcher der Ehemann sein Einverständnis zu einer heterologen Insemination erteilt, regelmäßig zugleich einen von familienrechtlichen Besonderheiten geprägten berechtigenden Vertrag zugunsten des aus der heterologen Insemination hervorgehenden Kindes, aus dem sich für den Ehemann dem Kind gegenüber die Pflicht ergibt, für dessen Unterhalt wie ein ehelicher Vater zu sorgen (BGHZ 129, 297). Da nichtehelich geborene Kinder nicht schlechter stehen dürfen als eheliche (oben II 1 a bb), gilt das auch für die von M gegenüber F abgegebene Einwilligung.
2. BGH [19] Der Annahme eines Vertrages zugunsten Dritter gegenüber dem Kind steht nicht entgegen, dass das Kind zu dem Zeitpunkt, in dem M sein Einverständnis mit der heterologen Insemination erklärt hat, noch nicht gezeugt war. Zwar beginnt die Rechtsfähigkeit des Menschen erst mit der Vollendung der Geburt (§ 1 BGB). Es ist aber allgemein anerkannt, dass auch dem noch nicht erzeugten Kind für den Fall seiner Lebendgeburt Rechte zugewendet werden können, insbesondere auch durch einen Vertrag zugunsten Dritter (BGHZ 129, 297 m. w. N.; Staudinger/Jagmann BGB [2009] § 328 Rn. 12 sowie § 331 Rn. 24 m. w. N.). Dabei verweist der BGH auch auf § 331 II BGB, wo ein Fall geregelt wird, in dem der durch den Vertrag begünstigte Dritte bei Abschluss des Vertrages noch nicht geboren war.
Somit ist zwischen M und F ein Vertrag zugunsten der T zustande gekommen, nach dem M verpflichtet ist, T Unterhalt zu leisten. Folglich besteht ein Unterhaltsanspruch der T gegen M dem Grunde nach.
3. Möglicherweise hat T auch einen Anspruch gegen den Samenspender als ihren biologischen Vater: In diesem Sinne Palandt/Brudermüller, 75. Aufl. 2016, Einf. 1591 Rdnr. 17; auch BGH NJW 2015, 1098 [56]. Nach BGH NJW 2015, 1098 hat das durch künstliche Befruchtung erzeugte Kind gegen die Klinik, die das Sperma besorgt und die Befruchtung vorgenommen hat, aus seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einen Anspruch auf Auskunft, wer der Spender war. Jedoch kann M seine eigene Unterhaltspflicht nicht durch Verweis auf einen Anspruch gegen den Samenspender abwehren (BGHZ 129, 311), d. h. dieser weitere Anspruch hindert den gegen M begründeten Anspruch nicht.
IV. Bei den Fragen, welche weiteren Voraussetzungen erfüllt sein müssen und in welcher Höhe der Unterhaltsanspruch besteht, verweist der BGH auf die Regelung des gesetzlichen Unterhalts, [23] Der Inhalt der vertraglichen Unterhaltspflicht entspricht der Erklärung des Mannes, die Stellung als Vater übernehmen zu wollen. Der hieraus entstehende Unterhaltsanspruch des Kindes bestimmt sich also hinsichtlich der grundlegenden Voraussetzungen (Bedürftigkeit, Leistungsfähigkeit und Anspruchshöhe) entsprechend der gesetzlichen Regelung zum Verwandtenunterhalt (insbesondere §§ 1602, 1603, 1610, 1612 a, 1612 b BGB).
1. Da T minderjährig ist und nicht im Haushalt des M lebt, hat sie einen Anspruch auf Mindestunterhalt nach § 1612 a BGB i. V. mit der Mindestunterhaltsverordnung (BGBl I 2015 Nr. 49 S. 2188). Danach beträgt der Mindestunterhalt für das Jahr 2016 je nach Altersstufe monatlich zwischen 335 und 450 Euro. Da anzunehmen ist, dass T noch nicht älter als 6 Jahre ist, beträgt ihr Mindestanspruch 335 Euro.
2. Der Betrag kann höher sein, soweit das einem angemessenen Unterhalt nach den Verhältnissen der T (§ 1610 BGB) und der Leistungsfähigkeit des M (§1603 BGB) entspricht. Ob das der Fall ist, kann nach dem hier gegebenen Sachverhalt nicht entschieden werden.
Das Urteil des BGH ist von Löhnig in NJW 2015, 375 ausführlicher, in JA 2016, 69 kürzer besprochen worden. Löhnig stimmt der Entscheidung weitgehend zu, stellt aber fest, dass ehelich und nichtehelich geborene Kinder noch immer ungleich behandelt werden: Bei künstlicher Befruchtung innerhalb der Ehe ist und bleibt der Ehemann nach §§ 1592 Nr. 1, 1600 V BGB Vater des Kindes. Dagegen ist das Kind im vorliegenden Fall, jedenfalls wenn der Samenspender anonym bleibt, rechtlich vaterlos und erhält nur einen Unterhaltsschuldner. Hier sollte der Gesetzgeber (oder das BVerfG?) eine Gleichstellung vornehmen, „zumal die Beteiligten sich zuvor mit Sicherheit sehr genau überlegt haben werden, ob sie den Schritt zu einer Elternschaft unter Zuhilfenahme fremden Genmaterials gehen wollen oder nicht, und ihre Handeln deshalb wesentlich bedachter erfolgt sein dürfte als so mancher natürliche Zeugungsakt“ (Löhnig NJW 2015, 3759).
Zusammenfassung