Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Gefährdungshaftung, Überblick. Halterhaftung nach § 7 I StVG. Voraussetzung „bei dem Betrieb eines Kfz“; Fahrzeug als Arbeitsmaschine. Anlagenhaftung nach § 2 Haftpflichtgesetz. Direktanspruch gegen Versicherung nach § 115 Versicherungsvertragsgesetz

BGH
Urteil vom 8. 12. 2015 (VI ZR 139/15) NJW 2016, 1162

Fall (Ölfontäne)

Nachbar N des K hatte bei der G-GmbH Heizöl bestellt. Am 24. 8. erschien der Fahrer F der G mit einem Tanklastwagen der Firma und stellte ihn auf der öffentlichen Straße ab. N erklärte dem F, ein Teil des Öls sei für K bestimmt. Da der Tankwagen bereits vor dem Haus des K stand, bereitete F die Lieferung an K vor. Er verband den Öltank des Fahrzeugs unter Verwendung eines Schlauchs mit dem Öleinfüllstutzen am Haus des K. F stellte die Pumpe an und ging, so wie es in der Arbeitsanweisung vorgeschrieben war, in den Keller, um die Befüllung des dort aufgestellten Öltanks zu überwachen. Dabei ergab sich, dass der Öldruck zu niedrig war. F ging nach oben, öffnete die Haustür und stellte fest, dass aus dem Verbindungsschlauch zwischen LKW und Haus neben der am Schlauch installierten Messvorrichtung Öl in einer Art Fontäne herausspritzte. F stellte sofort die Befüllungsanlage ab. Das Öl war jedoch bereits auf die Fassade des Hauses des K gespritzt, war durch die geöffnete Haustür in den Hausflur und durch ein gekipptes Küchenfenster in die Küche geflossen. Auch hatte sich vor dem Haus Öl ausgebreitet, war ins Erdreich gesickert und auf die Straße gelaufen.

Die Beseitigung der durch das Öl entstandenen Schäden kostete K 72.000 Euro. K verlangt den Betrag von der G-GmbH und von der V-AG, bei der der Tanklastwagen versichert war, ersetzt. Beide verweigern die Zahlung. Der Geschäftsführer der G verweist darauf, dass das Fahrzeug erst wenige Tage vor dem Vorfall in der Inspektion war und dass dabei auch das Ölpumpsystem überprüft wurde und sich als einwandfrei gezeigt hatte. Nach Auffassung des G hat es sich um ein nicht vorhersehbares technisches Versagen gehandelt, für das weder die G noch deren Versicherung verantwortlich gemacht werden könne. Die V-AG verweist auch darauf, dass nach § 1 Pflichtversicherungsgesetz und den Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB, dort A.1.1) nur Schäden versichert sind, die „durch den Gebrauch des Fahrzeugs“ entstanden sind; die Ölanlieferung sei kein Gebrauch des Fahrzeugs. Sind die von K gegen G und V geltend gemachten Ansprüche begründet?

Vorbemerkung

Aus dem Sachverhalt wird ohne weiteres deutlich, dass der Schadensfall nicht auf ein schuldhaftes Verhalten auf Seiten der G zurückzuführen ist. LKW und Ölpumpsystem wurden ordnungsgemäß gewartet, der Fahrer hat sich vorschriftsmäßig verhalten. Deshalb haftet weder G für Verschulden noch braucht die V-Versicherung für einen von ihrer Versicherungsnehmerin G verschuldeten Schaden einzustehen. In Betracht kommt deshalb nur eine Haftung für einen unabhängig von einem Verschulden bestehenden Gefährdungstatbestand. Vorangestellt wird ein Überblick über die Anspruchsgrundlagen aus Gefährdungshaftung:

Vorschriften über eine Gefährdungshaftung gelten grundsätzlich auch bei einem hoheitlichen Handeln des Staates.

Im vorliegenden Fall kommen die Halterhaftung für den Tankwagen als Kraftfahrzeug und die Anlagenhaftung nach § 2 HaftpflG in Betracht. - Da die Anspruchsgrundlagen gegenüber G und gegenüber V verschieden sind, sind die Ansprüche gegen G und gegen V getrennt zu prüfen.

A. Anspruch des K gegen G

I. Anspruchsgrundlage kann § 7 I StVG sein. Danach ist der Halter eines Kraftfahrzeugs zum Schadensersatz verpflichtet, wenn bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs eine Sache beschädigt wird.

1. Da der Tank-LKW ein Firmenwagen war, war G Halterin des LKW.

2. Beschädigte Sache ist zunächst das Haus des K. Beschädigt wurden die Hauswand, der Hausflur und die Küche. Das Grundstück außerhalb des Hauses wurde dadurch beschädigt, dass sich Öl angesammelt und ins Erdreich eingedrungen war.

3. Der Ölaustritt, der zu dem Schaden geführt hat, müsste bei dem Betrieb des LKW erfolgt sein. Typische Schäden beim Betrieb eines Kfz sind solche, die Folgen eines Verkehrsunfalls sind; um einen solchen handelt es sich im vorliegenden Fall jedoch nicht. Es bedarf deshalb einer Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals, bei der der BGH von grundsätzlichen Überlegungen zum Zweck des § 7 StVG ausgeht und danach die Besonderheiten dieses Falles in den Blick nimmt.

a) BGH [11] Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist dieses Haftungsmerkmal entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann „bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeuges entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt habt . Diese Gefahr wird als Betriebsgefahr bezeichnet. Ausreichend ist, dass bei der gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist (vgl. BGHZ 105, 65, 66 f.; 192, 261 Rn. 17; …). Das ist der Fall, wenn der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht (vgl. BGHZ 199, 377 Rn. 5; …). Auch ist es nach der vom BGH unter [13] herangezogenen Lehre vom Schutzbereich der Norm erforderlich, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist (st. Rspr.; vgl. BGHZ 192, 261 Rn. 17; 199, 377 Rn. 5; …).

b) Danach kann nicht nur der Fahrbetrieb eine Haftung auslösen, sondern auch das damit in Zusammenhang stehende Halten oder Parken. Im vorliegenden Fall war deshalb unerheblich, dass der LKW abgestellt war. Darüber hinaus standen aber die Sachbeschädigungen zumindest in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Funktion des Tankwagens als - fahrendes oder haltendes - Fahrzeug, sondern waren eine Folge der Ölanlieferung. Für die weiteren Überlegungen ist somit bedeutsam, dass der Tankwagen ein Kraftfahrzeug mit Arbeitsfunktion ist.

aa) BGH [12-14] Bei Kraftfahrzeugen mit Arbeitsfunktionen ist es erforderlich, dass ein Zusammenhang mit der Bestimmung des Kraftfahrzeuges als eine der Fortbewegung und dem Transport dienende Maschine (vgl. § 1 Abs. 2 StVG ) besteht… Ein Betrieb des Fahrzeugs ist…auch dann gegeben, wenn das Kraftfahrzeug in innerem Zusammenhang mit seiner Funktion als Verkehrs- und Transportmittel entladen wird, und zwar auch dann, wenn das Entladen mit Hilfe einer speziellen Entladevorrichtung des Kraftfahrzeuges erfolgt. Daher haftet der Halter auch in diesen Fällen für die Gefahr, die das Kraftfahrzeug beim Entladen in dem in Anspruch genommenen Verkehrsraum für andere Verkehrsteilnehmer darstellt (BGHZ 71, 212, 215 f.). Hierhin fällt nicht nur die Gefahr durch das entladende Kraftfahrzeug als solches, sondern auch diejenige, die von den Entladevorrichtungen und dem Ladegut ausgeht. So hat etwa der Halter eines Tanklastzuges für Unfälle einzustehen, die sich bei der Anlieferung von Öl dadurch ergeben, dass Öl auf die Straße läuft, weil der Schlauch undicht ist, oder jemand über den Auslassschlauch stolpert (BGHZ 105, 65, 67).

bb) Ein Schaden beim Betrieb des Kfz liegt aber nicht mehr vor, wenn die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Kraftfahrzeuges keine Rolle mehr spielt und das Fahrzeug nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt wird (vgl. BGHZ 105, 65, 67: 113, 164, 165;…) oder bei Schäden, in denen sich eine Gefahr aus einem gegenüber der Betriebsgefahr eigenständigen Gefahrenkreis verwirklicht hat (vgl. BGHZ 115, 84, 87…).

c) Im vorliegenden Fall wurde der LKW als Transportmittel für das Heizöl und nicht nur als Arbeitsmaschine eingesetzt; er war auch als haltendes Fahrzeug noch im Betrieb. Da der Schaden beim Entladen des LKW eingetreten ist, hat sich eine zusätzliche, eigenständige Gefahr nicht verwirklicht. Andererseits wäre es für die Bejahung einer Betriebsgefahr nicht ausreichend, wenn festgestellt werden könnte, dass der Motor des LKW zum Betrieb der Ölpumpe eingesetzt wurde (BGH VersR 1975, 945/6). BGH [15] Vielmehr ist darauf abzustellen, dass der Tankwagen im öffentlichen Verkehrsraum vor dem Haus des K abgestellt war und eine undichte Stelle in einem Schlauchstück vor der Schlauchtrommel beim Entladen eine Ölfontäne verursachte, die sowohl zu einer Ölverschmutzung der öffentlichen Straße als auch zur Beschädigung des Hausgrundstücks führte. Es handelte sich also um Gefahren, die von einem im Verkehr befindlichen Fahrzeug beim Entladevorgang ausgingen. Bei diesem Hergang war es allein vom Zufall abhängig, ob nur der Verkehrsraum, andere Verkehrsteilnehmer oder auch das Hausgrundstück geschädigt wurden. Im Anschluss an die Überlegungen oben a) lässt sich feststellen, dass bei einem Tankwagen das Pumpsystem einschließlich des Verbindungsschlauchs zu den Einrichtungen des Fahrzeugs gehört und dass der Austritt des Öls in einem engen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dieser Betriebseinrichtung steht. Die Anlieferung des Öls einschließlich der dabei aufgetretenen Fehlfunktion gehörten somit noch zum Betrieb des LKWs der G.

d) Durch den Ölaustritt ist K ein Schaden in Höhe von 72.000 Euro entstanden. Die Voraussetzungen des § 7 I StVG für einen auf dessen Ersatz gerichteten Schadensersatzanspruch sind erfüllt.

4. Nach § 7 II StVG ist die Ersatzpflicht ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird. Indem der Gesetzgeber den früheren Begriff des unabwendbaren Ereignisses (jetzt noch in § 17 III StVG) durch den der höheren Gewalt ersetzt hat, hat er deutlich gemacht, dass an dessen Vorliegen strenge Voraussetzungen zu stellen sind. Höhere Gewalt ist ein betriebsfremdes, von außen durch Naturkräfte oder durch Handlungen Dritter herbeigeführtes Ereignis, das nach menschlicher Einsicht und Erfahrung nicht vorhersehbar war und auch durch den Einsatz äußerster Sorgfalt nicht verhindert werden konnte. Die Undichtigkeit des Verbindungsschlauchs zum Öleinfüllstutzen ist schon kein betriebsfremdes, von außen kommendes Ereignis und deshalb kein Einwirken von höherer Gewalt. Dass ein technisches Versagen vorlag, reicht nicht aus. § 7 II StVG steht dem Anspruch somit nicht entgegen.

Der Anspruch des K gegen G aus § 7 I StVG ist begründet.

II. Ein Anspruch kann sich auch aus § 2 I 1 HaftpflG ergeben. Voraussetzungen sind, dass durch d ie Wirkungen von Elektrizität, Gasen, Dämpfen oder Flüssigkeiten, die von einer Stromleitungs- oder Rohrleitungsanlage oder einer Anlage zur Abgabe der bezeichneten Energien oder Stoffe ausgehen, eine Sache beschädigt wird. Rechtsfolge ist die Haftung des Inhabers der Anlage. Dieser Satz 1 begründet die sog. Wirkungshaftung im Unterschied zu der in Satz 2 geregelten Zustandshaftung, bei der der Schaden nicht auf der Wirkung des Stoffes beruht, sondern auf dem Zustand der Anlage.

1. Der Verbindungsschlauch, der zum Ölpumpsystem des Tankwagens gehörte, war Teil einer Rohrleitungsanlage und einer Anlage zur Abgabe des Öls.

2. Das Öl war eine Flüssigkeit, deren Wirkung darin bestand, dass das Haus und das Grundstück des K beschädigt wurde.

3. Inhaber des Ölpumpsystems und damit der Anlage war G.

4. Folglich war das Öl eine Flüssigkeit, die von dem Ölpumpsystem als Anlage zur Abgabe dieses Stoffes ausging, und hatte die Wirkung, dass die Sache des K beschädigt wurde. G ist demgemäß als Inhaberin der Anlage zum Schadensersatz verpflichtet.

5. § 2 III HaftpflG steht nicht entgegen: Der Schaden ist nicht auf eine innerhalb des Gebäudes befindliche Anlage zurückzuführen (Nr. 1). Ein Energieverbrauchsgerät wurde weder beschädigt noch wurde durch ein solches Gerät der Schaden verursacht (Nr. 2). Der Schaden ist nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen (Nr. 3).

Somit greift auch § 2 I 1 HaftpflG als Anspruchsgrundlage für den Anspruch des K gegen G ein.

(Der BGH hat diese Anspruchsgrundlage nicht geprüft, sondern offen gelassen, vgl. [17]. Das OLG als Vorinstanz hatte sie geprüft und bejaht. Das Urteil des KG Berlin vom 17. 6. 2004 - 20 U 121/03 - hat in dem Fall, in dem bei einem Beton transportierenden LKW ein Schlauch geplatzt und Beton auf einen PKW gefallen war, einen Anspruch aus § 2 I 1 HaftpflG bejaht.)

B. Anspruch des K gegen die V-Versicherung

I. § 115 I Nr. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) gewährt einem Dritten einen Schadensersatzanspruch gegen eine Versicherungsgesellschaft (Direktanspruch). Voraussetzung ist, dass e s sich um eine Haftpflichtversicherung in Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt. Hauptfall ist die von § 1 Pflichtversicherungsgesetz vorgeschriebene Pflicht des Halters eines Kraftfahrzeugs, für sich, den Eigentümer und den Fahrer eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Schäden abzuschließen und aufrechtzuerhalten. Eine solche Haftpflichtversicherung hat G bei der V abgeschlossen und den Tankwagen dadurch versichert.

II. Nach § 115 I Nr. 1 2 VVG besteht der Anspruch „ im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis…“.

1. Nach § 100 VVG ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren. Da, wie unter A. ausgeführt, K gegen G einen Schadensersatzanspruch wegen des bei dem Betrieb des versicherten LKWs herbeigeführten Schadens hat, ist V zum Ausgleich dieses Schadensersatzes gegenüber G und infolgedessen auch gegenüber K verpflichtet.

2. Eine Einschränkung könnte sich daraus ergeben, dass - worauf V verweist - nach A.1.1 der Versicherungsbedingungen (AKB) - im Einklang mit § 1 PflichtversG - nur der „durch den Gebrauch“ des versicherten Fahrzeugs entstandene Schaden ersetzt zu werden braucht. Demgegenüber kann aber an die Überlegungen oben A I 3 c) angeknüpft werden, wonach der Schaden „bei dem Betrieb“ des LKW eingetreten ist. Der Begriff des Gebrauchs eines Fahrzeugs ist weiter als der des Betriebs. Der Betrieb ist nur eine, wenn auch die bei weitem wichtigste Art des Gebrauchs eines Fahrzeugs. Beispielsweise wäre auch die Ausstellung eines Fahrzeugs im Schaufenster eines Händlers ein Gebrauch, aber kein Betrieb. Folglich kann die Voraussetzung des „Gebrauchs“ den Anspruch nicht einschränken.

BGH [22, 23] „ Gebraucht" wird ein Kraftfahrzeug auch dann, wenn es nur als Arbeitsmaschine eingesetzt wird. Der Entladevorgang gehört danach zu seinem Gebrauch, solange das Kraftfahrzeug oder seine an und auf ihm befindlichen Verrichtungen dabei beteiligt sind. Der Schaden, der beim Hantieren mit Ladegut eintritt, ist dann „durch den Gebrauch" des Kraftfahrzeugs entstanden, wenn es für die schadensstiftende Verrichtung aktuell, unmittelbar, zeitlich und örtlich nahe eingesetzt worden ist. Nach diesen Grundsätzen ist das Entladen eines Tanklastzuges mittels einer auf ihm befindlichen Pumpe dem Gebrauch des Kraftfahrzeugs zuzuordnen, solange der Druck der Pumpe noch auf das abzufüllende Öl einwirkt und die Flüssigkeit durch den Schlauch heraustreibt. Damit wird der Tanklastzug mit seinen speziellen Vorrichtungen unmittelbar eingesetzt und es verwirklicht sich eine Gefahr, die von dem Fahrzeug selbst ausgeht (…). Der im Streitfall beim Entladevorgang des Öltankwagens, der sich im öffentlichen Straßenraum befand, eingetretene Ölschaden ist demnach nicht nur dem Betrieb, sondern auch dem Gebrauch des Kraftfahrzeuges zuzuordnen.

So schließt nach der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur der Begriff des Gebrauchs im Sinne von §
1 PflVG den Betrieb des Kraftfahrzeuges im Sinne von § 7 StVG ein, geht aber noch darüber hinaus (vgl. BGH JR 2013, 140 ff.; BGHZ 75, 45, 48; 78, 52/3; Feyock in Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl., § 1 PflVG Rn. 9; Lampe in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 1 PflVG Rn. 14, Stand September 2015).

III. Folglich hat K gegen V einen Schadensersatzanspruch aus §§ 115 I Nr. 1, 100 VVG i. V. mit § 7 StVG. Nach § 115 I Nr. 1 4 VVG haften zwar der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer und der Versicherer als Gesamtschuldner; letztlich zahlt aber nur die Versicherung.

Gesamtergebnis: Die von K gegen G und V geltend gemachten Ansprüche sind begründet.


Zusammenfassung