Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Kostenersatz nach Abschleppen eines auf einem privaten Parkplatz unbefugt parkenden Pkw. Verbotene Eigenmacht, § 858 BGB; Selbsthilfe, § 859 BGB. Geschäftsführung ohne Auftrag, § 677 BGB. Aufwendungsersatzanspruch bei berechtigter GoA, § 683 BGB; Anforderungen an das Interesse und den mutmaßlichen Willen. Kostentragungspflicht wegen Befreiung vom Wegfahrgebot

BGH
Urteil vom 11. 3. 2016 (V ZR 102/15) NJW 2016, 2407

Fall (Abschleppen vom Kundenparkplatz)

Firma F betreibt einen Verbrauchermarkt, zu dem ein - nicht in ihrem Eigentum stehender - Kundenparkplatz gehört. Auf dem Parkplatz ist durch deutlich sichtbare Schilder das Parken auf eine Höchstparkzeit von 90 Minuten beschränkt. F hat mit der G-GmbH vertraglich vereinbart, dass G unberechtigt parkende Fahrzeuge abschleppt und pro Abschleppfall eine pauschale Vergütung von 130 Euro erhält. Weiterhin erklärte F in dem Vertrag die Abtretung der ihr gegen die unberechtigt parkenden Nutzer und Halter der Fahrzeuge zustehenden Ansprüche an G.

Frau B ist Halterin eines Pkw, den sie ihrer Tochter T vorübergehend überlassen hat. T stellte den Pkw auf dem Parkplatz des Verbrauchermarktes der F ab, kaufte dort aber nur kurz ein und entfernte sich für weitere Besorgungen. Nachdem das Auto mehr als zwei Stunden später noch immer auf dem Parkplatz stand, veranlasste ein Mitarbeiter der G dessen Entfernen. Es wurde zu einem Platz gebracht, von wo T das Auto später abholen konnte. Die G-GmbH verlangt von B Zahlung der Vergütung in Höhe von 130 Euro. Außerdem verlangt G von B Ersatz der Kosten in Höhe von 5, 10 Euro für eine Halteranfrage, mit der sie ermittelt hat, dass B Halterin des entfernten Fahrzeugs war. B wendet ein, ihre Tochter habe nur kurz weggehen wollen, sei aber unerwartet aufgehalten worden. Auch sei der Parkplatz noch nicht einmal zur Hälfte belegt gewesen, so dass durch das längere Parken kein Schaden entstanden sei. Ist der Anspruch der G gegen B auf Zahlung von 135, 10 Euro begründet?

Lösung

A. Ansprüche aus eigenem Recht hat G nicht. Zwar hat sie nicht als Vertreterin der F gehandelt, weil bei dem bloß faktischen Entfernen des Pkw eine Willenserklärung (§ 164 BGB) weder gegenüber T noch gegenüber B abgegeben wurde und deshalb die Vorschriften über die Stellvertretung nicht anwendbar sind. G ist aber im Auftrag der F tätig geworden, so dass etwaige Ansprüche in der Person der F entstanden sind. Soweit ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht kommt, hat die für § 677 BGB erforderliche Geschäftsbesorgung nicht G vorgenommen, sondern F, die sich dabei der Hilfe der G bedient hat. Dementsprechend führt BGH [6] bei der Prüfung eines Anspruchs der F aus: …auf den Willen der nur im Auftrag handelnden Klägerin G kommt es nicht an…

B. G kann Ansprüche aus abgetretenem Recht haben. F hat ihre (vermeintlichen) Ansprüche gegen unberechtigte Nutzer und Halter, die sie als Folge eines Abschleppens hat, gemäß § 398 BGB an G abgetreten, was als vorweggenommene Abtretung zulässig war. Die Abtretungsvereinbarung ist dahin auszulegen, dass sie jedes zwangsweise Entfernen eines Fahrzeugs wegen eines Verstoßes gegen die Parkbedingungen erfasst, so dass auch ein bloßes Umsetzen, von dem der BGH im Originalfall ausgeht, ein Abschleppen ist.

An G sind nur dann Ansprüche wirksam abgetreten worden, wenn F solche Ansprüche erworben hat. Zunächst ist zu prüfen, ob F einen Anspruch gegen B auf Zahlung von 130 Euro erworben hat.

I. Anspruchsgrundlage hierfür kann eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) sein, aus der sich ein Anspruch auf Aufwendungsersatz ergibt (§§ 683, 1, 677, 670 BGB).

1. Erste Voraussetzung für § 677 BGB ist eine Geschäftsbesorgung. Hierfür bedarf eines Geschäfts. Geschäft war das Wegfahren oder Wegbringen des von T abgestellten Pkw. Wie bereits unter A. angesprochen wurde, hat F dieses Geschäft mit Hilfe der G durch Abschleppen besorgt. Das Abschleppen war also eine Geschäftsbesorgung durch F als Geschäftsführer (während B als Geschäftsherr - in den Formulierungen der §§ 677 ff. BGB - in Betracht kommt).

2. Ein Geschäft wird nur dann i. S. des § 677 BGB für einen anderen besorgt, wenn es ein Geschäft des anderen und für den Handelnden ein fremdes Geschäft ist.

a) Das Wegfahren eines Fahrzeugs von einem fremden Parkplatz ist ein Geschäft des Fahrers des Pkw, weil dieser es abgestellt hat und dafür verantwortlich ist, dass es nach Ablauf der Parkzeit wieder entfernt wird. Unter diesem Blickwinkel handelt es sich nicht um ein Geschäft der F und ist insoweit für F ein fremdes Geschäft.

b) Den Parkplatz von unberechtigt parkenden Pkws frei zu machen und dadurch andere Kraftfahrer von einem unberechtigten Parken abzuhalten, ist auch eine Aufgabe des Parkplatzbesitzers und deshalb auch ein Geschäft der F. Ob dieser Umstand ein fremdes Geschäft i. S. des § 677 BGB ausschließt und einer Anwendung des § 677 entgegensteht, ist stark umstritten (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl. 2016, § 677 Rdnr. 18). Hier wird der ständigen Rspr. des BGH gefolgt, wonach es einer Anwendung des § 677 BGB nicht entgegensteht, wenn ein Handelnder auch eigene Interessen verfolgt (BGH NJW 2009, 2590; im vorliegenden Fall [6], dieses Zitat noch unter 3.). Aus der Sicht des Geschäftsführers - hier der F - handelt es sich um ein „auch fremdes Geschäft“, das für eine Anwendung des § 677 BGB ausreicht.

c) Um einen Anspruch gegen B zu begründen, müsste das Abschleppen auch ein Geschäft des Halters des Pkw - und nicht nur ein Geschäft des Fahrers - sein. Das könnte sich daraus ergeben, dass das Parken nach Überschreiten der Parkzeit eine verbotene Eigenmacht ist und auch der Halter für deren Beseitigung verantwortlich ist.

aa) F war Besitzerin des Parkplatzes. Nach § 858 I BGB liegt verbotene Eigenmacht vor, wenn dem Besitzer ohne dessen Willen der Besitz entzogen oder er im Besitz gestört wird. Im vorliegenden Fall hat die Fahrerin des Pkw den Parkplatz benutzt. Das entsprach während einer Zeit von 90 Minuten dem Willen der F und war berechtigt. Nach der Rspr. des BGH kann die Benutzung eines Parkplatzes an Bedingungen geknüpft und auch zeitlich beschränkt werden. Werden die Bedingungen bzw. die zeitliche Beschränkung nicht eingehalten, liegt verbotene Eigenmacht vor. BGH NJW 2016, 863 („Ohne Parkschein“) unter [13] : Es entspricht der st. Rspr. des BGH, wonach derjenige, der sein Fahrzeug unbefugt auf einem Privatgrundstück abstellt, verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB begeht (… BGHZ 181, 233 Rn. 13). Das gilt nicht nur dann, wenn das Parken überhaupt nicht erlaubt ist, sondern auch dann, wenn das Parken an bestimmte Bedingungen geknüpft ist (Parken auf einem Kundenparkplatz: BGH NJW 2014, 3727; BGHZ 181, 233).

Die Einwände der B, ihre Tochter sei unerwartet aufgehalten worden und der Parkplatz sei noch nicht einmal zur Hälfte besetzt gewesen, ändern daran nichts. Es war Sache der T, dem unerwarteten Verlauf Rechnung zu tragen und die Parkplatzfrage zu regeln; dazu, den Pkw einfach stehen zu lassen, war sie nicht berechtigt. Auch durfte F die Höchstdauer der Parkzeit ohne Rücksicht darauf beschränken, wie der Parkplatz ausgelastet ist ( BGHZ 181, 233 [17]). Dass es genügend freie Plätze gab, schließt eine verbotene E igenmacht nicht aus, weil andernfalls der Besitzer von seinem Selbsthilferecht nur gegenüber demjenigen Gebrauch machen dürfte, der sein Fahrzeug ohne Berechtigung auf dem letzten freien Platz abstellt, was eine zu weitgehende Einschränkung der Rechte des Besitzers aus §§ 858 ff. BGB wäre.

Das 90 Minuten überschreitende Parken der T erfüllte deshalb die Voraussetzungen für eine verbotene Eigenmacht.

bb) Wird in dem unbefugten Parken eine (Teil-) Entziehung des Besitzes gesehen, hatte F einen Anspruch auf Rückgabe des Besitzes (§ 861 BGB), andernfalls auf Beseitigung der Störung (§ 862 BGB).

cc) Diese Ansprüche richten sich auch gegen den Halter, also auch gegen B. So BGH im Fall „Ohne Parkschein“ NJW 2016, 863 [22] Der Halter beherrscht die Quelle der Störung, da er allein darüber bestimmen kann, wie und von wem sein Fahrzeug genutzt wird. Ihm war die Beeinträchtigung auch zuzurechnen. Da er sein Fahrzeug freiwillig einem anderen überlassen hat, ist es somit sachgerecht, ihm als Halter die Störung zuzurechnen, die dadurch entsteht, dass das Fahrzeug von dieser Person unberechtigt abgestellt wird…

Folglich war (auch) B nach Ablauf der Parkzeit zum Wegbringen des Pkw verpflichtet. Dieses Geschäft hat sie nicht selbst besorgt, so dass in dem Abschleppen eine Geschäftsbesorgung der F für B lag.

3. Die Führung des Geschäfts „für einen anderen“ hat weiter zur Voraussetzung, dass der Handelnde einen Fremdgeschäftsführungswillen hat (vgl. auch § 687 I BGB). Das Wegfahren des fremden Pkw war für F ein objektiv fremdes Geschäft. Bei diesem wird vermutet, dass der Geschäftsführer es für den anderen führen will. Gegenteilige Hinweise enthält der Sachverhalt nicht. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass F mit der Beauftragung der G auch die Pflicht der Fahrzeughalter zum Wegfahren ihrer Fahrzeuge erfüllen wollte. Der Fremdgeschäftsführungswille ist gegeben.

Zu 2. und 3. führt der BGH im vorliegenden Fall unter [6] aus: Die im Auftrag der Grundstücksbesitzerin durchgeführte Umsetzung des Fahrzeugs der B stellt ein Handeln in fremdem Rechtskreis und damit eine Fremdgeschäftsführung im Sinne von § 677 BGB dar. Ein Geschäft der B war dies deshalb, weil sie als Halterin des Fahrzeugs zur Entfernung nach § 862 Abs. 1 BGB bzw. - wenn das Parken als teilweise Besitzentziehung qualifiziert wird - gemäß § 861 Abs. 1 BGB verpflichtet war. Das unbefugte Abstellen eines Fahrzeugs auf einem Privatgrundstück begründet eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB, für die nicht nur der Fahrer, sondern auch der Halter des Fahrzeugs verantwortlich ist. Dies gilt auch dann, wenn das Parken an bestimmte Bedingungen - wie hier die Festlegung einer Höchstparkdauer von 90 Minuten - geknüpft ist und diese nicht eingehalten werden (…). Dass die Grundstücksbesitzerin…auch im eigenen Interesse tätig geworden ist, schließt ihren Fremdgeschäftsführungswillen nicht aus (sog. „auch fremdes Geschäft“, vgl. BGH NJW 2009, 2590 Rn. 18 m. w. N.).

4. Die Geschäftsbesorgung durch F erfolgte ohne Auftrag der B. D ie Voraussetzungen des § 677 sind somit erfüllt. F hat als Geschäftsführer ohne Auftrag für B gehandelt.

5. Damit F ein Aufwendungsersatzanspruch zusteht, müssen weiterhin die Voraussetzungen für eine berechtigte GoA nach § 683 BGB vorliegen. Das Handeln muss im Interesse des Geschäftsherrn liegen und mit dessen tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen übereinstimmen.

a) Ein Abschleppen im Interesse und mit Willen des Pkw-Halters setzt voraus, dass das Abschleppen berechtigt war. Hätte F den Pkw der B nicht abschleppen lassen dürfen, müsste ohne weitere Prüfung davon ausgegangen werden, dass das Abschleppen nicht vom Interesse und Willen der B gedeckt war Eine Berechtigung zum Abschleppen für F kann sich aus § 859 I BGB ergeben, wonach sich der Besitzer verbotener Eigenmacht mit Gewalt erwehren darf und er ein Selbsthilferecht hat.

aa) BGHZ 181, 233 [16] Das durch das Abschleppen in Anspruch genommene Selbsthilferecht hat seine Grundlage in der Vorschrift des § 859 Abs. 1 BGB [sog. Besitzwehr] , wenn man das unbefugte Parken als Besitzstörung ansieht; nimmt man eine teilweise Entziehung des Besitzes an, folgt es aus der Vorschrift des § 859 Abs. 3 BGB [859 II, III: Besitzkehr] . Grundsätzlich gewährt also das Selbsthilferecht des § 859 I BGB dem Parkplatzbesitzer die Befugnis, die Besitzstörung durch Abschleppen zu beseitigen.

bb) Allerdings steht die Ausübung des Selbsthilferechts, wie die eines jeden Rechts, unter dem Vorbehalt, dass sie nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt. Ein solcher Verstoß liegt vor, wenn das Abschleppen unverhältnismäßig ist. BGHZ 181, 233 [18] Für die Beurteilung, ob der auf Treu und Glauben beruhende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist, ist eine Mittel-Zweck-Relation maßgeblich. Die Ausübung eines Rechts ist unter diesem Gesichtspunkt dann unzulässig, wenn sie der Gegenseite unverhältnismäßig große Nachteile zufügt und andere, weniger schwer wiegende Maßnahmen möglich gewesen wären, die den Interessen des Berechtigten ebenso gut Rechnung getragen hätten oder ihm zumindest zumutbar gewesen wären (MünchKomm-BGB/Roth, 5. Aufl., § 242 Rdn. 380)… Im vorliegenden Fall war einerseits die Parkzeit mehr als eine halbe Stunde überschritten, so dass es F/G nicht zumutbar war, länger zu warten. Andererseits waren die entstehenden Kosten in Höhe von 130 Euro nicht unverhältnismäßig hoch. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass F der G die Gelegenheit einräumen wollte, versehentlich zu lange parkende Autofahrer auszubeuten („abzuzocken“).

Somit war das Abschleppen berechtigt.

b) Es müsste dem Interesse und dem Willen der B - auch unter Berücksichtigung des Interesses ihrer Tochter T - entsprochen haben. Da über T und B nichts Näheres bekannt ist, müssen sie als typische Autofahrer und -halter behandelt werden. Wird von deren subjektivem Interesse und Willen ausgegangen, drängt sich auf, dass ein Abschleppen des Autos ihrem Interesse und Willen nicht entspricht. Sowohl die Kosten, die durch das Abgeschlepptwerden entstehen, als auch die Zeit und Mühe, die für das Wiederbeschaffen des Autos aufgewandt werden müssen, sprechen gegen die Annahme, dass das Abschleppen ihrem Interesse und Willen entspricht. Vielmehr ist der normale Autofahrer verärgert, wenn er zum Parkplatz zurückkommt und feststellt, dass das Auto weg ist. - Im Originalfall hatte die Vorinstanz die Klage wegen des nicht bestehenden Interesses der B abgewiesen.

Es bestand auch kein öffentliches Interesse (§§ 683, 2, 679 BGB) an der Beseitigung der Störung. Anders als bei einem unerlaubten Parken auf öffentlichen Verkehrsflächen, das andere Verkehrsteilnehmer behindert oder gefährdet, lässt sich ein öffentliches Interesse an der Freihaltung eines privaten Parkplatzes nicht feststellen, zumal wenn dieser nur zur Hälfte belegt ist.

c) Demgegenüber bejaht der BGH die Voraussetzungen des § 683, 1 BGB. Er nimmt eine normative Betrachtung vor und stellt darauf ab, dass durch das Abschleppen die oben 2 c bb und cc) bejahte Pflicht der B erfüllt wird, was sowohl im Interesse der B liege als auch ihrem mutmaßlichem Willen entspreche. Der Gedanke, dass die Erfüllung einer Pflicht durch einen anderen zu einem Vorteil des Schuldners führt, wird im Bereicherungsrecht herangezogen, um im Falle der Tilgung einer Schuld durch einen Dritten (§ 267 BGB), sofern der Dritte dazu nicht verpflichtet war, einen Bereicherungsanspruch des Dritten gegen den von seiner Schuld Befreiten zu begründen (Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl. 2016, § 812 Rdnr. 10). Der vorliegende Fall liegt allerdings insofern anders, als F nicht Dritte, sondern Gläubigerin des Anspruchs auf Störungsbeseitigung war. Auch führte die Erfüllung der Verpflichtung auf Störungsbeseitigung nicht zu einer Bereicherung der B (dazu auch noch unten II 2). Beiden Fällen ist aber gemeinsam, dass die Erfüllung einer Verpflichtung durch einen anderen als den Schuldner zu einem Vorteil für den (ursprünglichen) Schuldner führt.

Im einzelnen führt BGH [8-12] dazu aus:

aa) Die Übernahme einer Geschäftsführung liegt dann im Interesse des Geschäftsherrn, wenn sie ihm objektiv vorteilhaft und nützlich ist (vgl. BGHZ 47, 370, 372 ff.; NJW-RR 1993, 200; siehe aus der Literatur BeckOGK/Thole, BGB, Stand: 1.10.2015, § 683 Rn. 7; MüKo-BGB/Seiler, 6. Aufl., § 683 Rn. 4). Nach der st. Rspr. des BGH gilt die Tilgung einer einredefreien Schuld grundsätzlich als vorteilhaft und damit als interessegemäß (…). Entsprechendes gilt, wenn ein Grundstückseigentümer eine Eigentumsbeeinträchtigung selbst beseitigt. Der Störer wird von der ihm gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB obliegenden Pflicht frei, so dass die Übernahme des Geschäfts auch in seinem objektiven Interesse liegt und er - wenn die weiteren Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegen - verpflichtet ist, dem Eigentümer gemäß § 683 BGB die zu der Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwendungen zu erstatten (vgl. BGHZ 110, 313, 314 ff.; …). Der Umstand, dass der Geschäftsherr Aufwendungsersatz schuldet, kann seinem Interesse nicht schon von vornherein und generell entgegenstehen, weil § 683 BGB sonst nie erfüllt wäre (BeckOGK/Thole, BGB, Stand: 1.10.2015, § 683 Rn. 7).

Unter Beachtung dieser Grundsätze und der hiernach gebotenen objektiven Betrachtung stellt sich die Entfernung des Fahrzeugs für B als vorteilhaft dar. Sie ist durch die Umsetzung, zu der die Grundstücksbesitzerin gemäß § 859 Abs. 1 und 3 BGB berechtigt war, von ihrer Verpflichtung aus § 862 Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. aus § 861 Abs. 1 BGB frei geworden. Andere, für B kostengünstigere und vorteilhaftere Möglichkeiten, diesen Anspruch zu erfüllen, bestanden nicht. Zu berücksichtigen ist, dass die Grundstücksbesitzerin von B die sofortige Beseitigung der Störung verlangen und den Anspruch auch im Wege der Selbsthilfe durchsetzen konnte. Zu einer sofortigen Beseitigung waren weder B noch die Fahrerin des Fahrzeugs in der Lage, da sie sich in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Geschäftsübernahme weder bei dem Fahrzeug befanden noch binnen kurzer Zeit ermittelt werden konnten. Die einzige Möglichkeit, den rechtswidrigen Zustand unmittelbar zu beseitigen, bestand deshalb in dem Umsetzen des Fahrzeugs… Aus der Sicht eines verständigen, sich rechtstreu verhaltenden Fahrzeughalters entsprach das Abschleppen deshalb seinem Interesse….

bb) [12] Da sich der wirkliche Wille der B nicht feststellen lässt, kommt es entscheidend auf ihren mutmaßlichen Willen an. Das ist derjenige Wille, den der Geschäftsherr bei objektiver Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Übernahme geäußert haben würde. Mangels anderer Anhaltspunkte ist als mutmaßlicher Wille der Wille anzusehen, der dem Interesse des Geschäftsherrn entspricht (vgl. BGHZ 47, 370, 374; NJW-RR 1989, 970; siehe aus der Literatur MükoBGB/Seiler, 6. Aufl., § 683 Rn. 10; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 683 Rn. 5; für den Fall des Abschleppens eines Fahrzeugs a. A. Lorenz NJW 2009, 1025, 1027, der aber die Voraussetzungen des § 679 BGB bejaht). Da die Entfernung des Fahrzeuges im objektiven Interesse der B lag, war auch ihr mutmaßlicher Willen hierauf gerichtet. Folglich sind die Voraussetzungen für eine berechtigte Geschäftsführung der F für B nach § 683 BGB erfüllt.

6. Auf Rechtsfolgeseite verweist § 683 BGB auf § 670 BGB.

a) Danach kann der Handelnde (Beauftragter und Geschäftsführer ohne Auftrag) Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf. Darunter fallen grundsätzlich die an ein Abschleppunternehmen zu zahlenden Kosten. BGH [14] Hat ein Grundstücksbesitzer - wie hier - ein Unternehmen umfassend mit der Beseitigung der Besitzstörung gegen Zahlung einer vertraglich festgelegten Pauschalvergütung beauftragt, stellt das Eingehen einer solchen Verbindlichkeit nach der st. Rspr. des BGH insoweit eine ersatzfähige Aufwendung dar, als die am Ort der Besitzstörung üblichen Kosten für das Abschleppen fremder Fahrzeuge und die Kosten für vorbereitende Maßnahmen nicht überschritten werden (vgl. BGH NJW 2014, 3727 Rn. 16, 23 und 41; NJW 2012, 528 Rn. 11…). Auf dieser Grundlage ist der vom Amtsgericht unter Berücksichtigung der Ortsüblichkeit als angemessen angesehene Betrag von 130 Euro (110 Euro reine Abschleppkosten zuzüglich 20 Euro Vorbereitungskosten) nicht zu beanstanden.

b) Eine Einschränkung könnte sich aus § 257 BGB ergeben, wo bestimmt ist: W er berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, kann, wenn er für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Da im vorliegenden Fall die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind, steht F nach dem Wortlaut nur ein Befreiungs- und kein Zahlungsanspruch zu. Das gilt aber nur, wenn F selbst den Aufwendungsersatzanspruch geltend macht. F hat ihn aber an die Gläubigerin der eingegangenen Verbindlichkeit abgetreten. BGH [15] Obwohl die Grundstücksbesitzerin von B gemäß § 257 Satz 1 BGB nur Freistellung von der Verbindlichkeit gegenüber der Klägerin G verlangen könnte, ist B zur Zahlung von 130 Euro verpflichtet. Wird nämlich - wie hier - ein Befreiungsanspruch an den Gläubiger der eingegangenen Verbindlichkeit (hier: an G) abgetreten (§ 398 BGB), wandelt er sich in einen Zahlungsanspruch um (BGH NJW 2012, 528 Rn. 14 m. w. N.). Denn nach der Abtretung wäre es sinnlos, wenn G Befreiung von einem ihr selbst zustehenden Anspruch verlangen könnte.

7. Somit war B gegenüber F zum Ersatz der durch das Abschleppen entstandenen Kosten verpflichtet. Diesen Anspruch hat F wirksam an G abgetreten, so dass G gegen B einen Anspruch auf Zahlung von 130 Euro aus §§ 683, 677, 670 BGB hat.

II. Weitere Anspruchsgrundlagen für den Anspruch auf 130 Euro greifen nicht ein.

1. Bei § 823 I, II BGB bedeutet zwar die Besitzstörung eine Verletzung des F zustehenden absoluten Rechts aus dem berechtigten Besitz. Auch ist § 858 BGB ein Schutzgesetz zugunsten des Besitzers ( BGH NJW 2016, 863 [35]; BGHZ 181, 233 [15]). Jedoch hat B diese Besitzstörung nicht verursacht, und es trifft sie auch kein Schuldvorwurf. Über die Stellung als Störerin hinaus (oben I 2 c cc) ist B für das Handeln der T nicht verantwortlich. Insbesondere hat sie T nicht mit einer Verrichtung i. S. des § 831 BGB bestellt, sondern hat ihr nur das Auto überlassen. - Anmerkung: Hätte B selbst gehandelt, würde der Anspruch schwerpunktmäßig auf §§ 823 II, 858 gestützt, weil sich die schuldhafte Schutzgesetzverletzung und der dadurch bewirkte Schaden überzeugender begründen lassen als das Interesse und der Wille der B am Abschleppen. In den Fällen BGHZ 181, 233 und NJW 2012, 528 wurde der Anspruch auf Zahlung der Abschleppkosten in Anwendung des § 823 bejaht. Eine vertiefte Prüfung der §§ 683, 677, 670, so wie oben durchgeführt, ist also nur notwendig, wenn sich ein Anspruch nicht über § 823 BGB begründen lässt.

2. Ein Bereicherungsanspruch (§ 812 BGB) besteht nicht, weil B nicht um die Abschleppkosten bereichert ist. Zwar wurde oben I 2 c cc) festgestellt, dass auch B Störerin ist und aus § 861 oder § 862 BGB das Wegfahren des Autos schuldete. Das Wegfahren durch T oder B hätte aber nichts gekostet, so dass B dadurch, dass das Auto abgeschleppt wurde, nichts gespart hat. Auch führt zwar die Befreiung von einer Schuld durch einen Dritten (§ 267 BGB) zu einer Bereicherung des (ursprünglichen) Schuldners. Wie aber oben I 5 c) angesprochen wurde, war F kein Dritter, der den Schuldner von der Schuld gegenüber einem Gläubiger nach § 267 BGB befreit hat, sondern F war Gläubigerin und hat ihren Anspruch durchgesetzt. Dass F veranlasst, dass G für das Abschleppen bezahlt wird, führt zu keiner Bereicherung der B, weil B kein Abschleppen schuldete, sondern nur die Freigabe des Parkplatzes durch Wegfahren.

Es bleibt daher bei dem Anspruch aus GoA.

C. F hat G durch Abtretung einen Anspruch auf Ersatz der 5, 10 Euro Kosten für die Halteranfrage verschafft, wenn F einen solchen Anspruch gegen B erworben hat.

I. §§ 683, 677, 670 BGB greifen ein, wenn die Halteranfrage im Interesse der B lag und ihrem (mutmaßlichen) Willen entsprach. Das wäre dann der Fall, wenn nur über eine Halteranfrage die Adresse der B ermittelt werden konnte, um der B den neuen Standort ihres Fahrzeugs mitzuteilen. Das war im vorliegenden Fall aber nicht notwendig. Vielmehr konnte T das Auto nach ihrer Rückkehr abholen, sogar - in Abweichung von der üblichen Praxis - ohne zuvor die Kosten bezahlen zu müssen. Die Halteranfrage konnte daher nur den Zweck haben, die Adresse der B herauszufinden, um gegen sie wegen der Abschleppkosten vorzugehen. Das entsprach weder dem Interesse noch dem Willen der B. Niemand hält es für ein in seinem Interesse zu besorgendes Geschäft, wenn dieses darin besteht, dem späteren Klagegegner eine Klageerhebung zu ermöglichen.

BGH [18, 19] Ein Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 683 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 670 BGB besteht nicht. Zwar sind im Zusammenhang mit dem Abschleppen eines unbefugt abgestellten Fahrzeugs…Fallgestaltungen denkbar, in denen die Ermittlung des Halters nicht ausschließlich im Interesse des Anspruchstellers erfolgt, sondern auch dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen des Halters entspricht. So kann es insbesondere liegen, wenn der Halter keine Kenntnis davon hat, wo sich sein Fahrzeug nach dem Abschleppen befindet und er den Standort erst aufgrund der durch die Halteranfrage ermöglichten Kontaktaufnahme des Anspruchstellers erfährt. Ein solcher Sachverhalt ist hier aber nicht gegeben. Vielmehr war T und B der Standort des Fahrzeugs bereits vor der Kontaktaufnahme durch die G bekannt, und eine Halteranfrage entsprach nicht ihrem mutmaßlichen Willen.

Während bei der Behandlung der Abschleppkosten eine Pflicht der B zugrunde lag, das Auto zu entfernen, hatte B nicht die Pflicht, der G ihre Adresse zukommen zu lassen. Es ist zwar richtig, dass ohne diese Adresse F und G ihre Ansprüche nicht geltend machen konnten. Es obliegt aber demjenigen, der ein Recht verfolgen will, sich die dafür erforderlichen Informationen zu verschaffen und auch die dabei anfallenden Kosten zu tragen. Anders liegt es, wenn das Gesetz die Tragung von Rechtverfolgungskosten regelt wie das bei den Prozesskosten und nach einem Verzugseintritt der Fall ist (auch kann ein Schadensersatzanspruch Rechtsverfolgungskosten als Schaden mit umfassen, dazu noch II.). Für den vorliegenden Fall gibt es keine solche Regelung.

II. BGH [20] Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 858 Abs. 1 BGB ist ebenfalls nicht gegeben. Es fehlt an dem erforderlichen Verschulden der B, weil sie…das Fahrzeug nicht selbst verbotswidrig abgestellt hat und auch nicht ersichtlich ist, dass die verbotene Eigenmacht durch die Fahrzeugführerin für B konkret vorhersehbar war.

III. [21] Schließlich scheidet auch ein Bereicherungsanspruch aus, weil B durch die Halteranfrage nichts erlangt hat, was ihr Vermögen vermehrt hätte.

Ein Anspruch auf Zahlung der Kosten für die Halteranfrage in Höhe von 5, 10 Euro besteht nicht. Der Anspruch der G gegen B ist in Höhe von 130 Euro begründet.


Zusammenfassung