Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Unterlassungsanspruch nach §§ 1004 I 2 analog, 823 I BGB zum Schutz eines sonstigen absoluten Rechts. Allgemeines Persönlichkeitsrecht eines Unternehmens; Eingriff durch abwertenden Eintrag in einem Bewertungsportal. Verantwortlichkeit des Portalbetreibers durch Zu-Eigen-Machen fremder Inhalte. Schutz der Meinungsfreiheit. Behauptung unwahrer Tatsachen

BGH
Urteil vom 4. 4. 2017 (VI ZR 358/13) NJW 2017, 2029

Fall (klinikbewertungen.de)

Die K-GmbH betreibt eine Klinik für HNO-Chirurgie, in der sich Patient P am 1. 8. einer Nasenscheidewandbegradigung unterzog. Am Tage nach der Operation zeigten sich bei P Auffälligkeiten, die von der Klinik auf eine Überdosierung von Benzodiazepinen, deren Konsum P verschwiegen hatte, zurückgeführt wurden. Als sich der Zustand des P im Laufe des 2. 8. verschlechterte und der Verdacht aufkam, es könnte zu einem Nierenversagen kommen, wurde P in ein anderes Krankenhaus und, nachdem dort ein Nierenversagen festgestellt wurde, am 3. 8. in die Universitätsklinik verlegt. Die Diagnose ergab erstmals eine lebensbedrohliche Sepsis mit Leber- und Nierenversagen und einer zeitweiligen Erblindung. Nach längerer Behandlung erholte P sich. Ein Gutachten, das in einem von P angestrengten Schlichtungsverfahren eingeholt wurde, kam zu dem Ergebnis, dass postoperativ eine sich entwickelnde Sepsis nicht rechtzeitig erkannt worden ist.

B betreibt das Bewertungsportal www.klinikbewertungen.de. Auf den die K betreffenden Seiten stellte P unter dem Pseudonym „Sepsishilfe“ einen Eintrag ein, der auszugsweise wie folgt lautete:

„Pro: schicke Klinik.

Kontra: auf Notfälle nicht vorbereitet.

Erfahrungsbericht: Bei einem Standardeingriff kam es zu septischen Komplikationen, die zu einem Multiorganversagen und einer mehrmonatigen Erblindung führten.

Der verantwortliche Arzt streitet jede Verantwortung ab. Polizei und Staatsanwaltschaft haben die Praxis durchsucht und Akten sichergestellt.

Das Klinikpersonal war mit der lebensbedrohlichen Notfallsituation überfordert. Dies hat beinahe zu meinem Tode geführt."

Nachdem K den B mit Hilfe eines Rechtsanwalts zur Entfernung der Eintragung aufgefordert hatte, nahm B Änderungen an dem Text vor. Im Erfahrungsbericht fügte er im ersten Satz nach den Worten „Bei einem Standardeingriff kam es" die Worte „wegen meiner besonderen Konstitution" ein. Im dritten Satz strich er die Worte „und Akten sichergestellt". Von diesen Änderungen, die er ohne Rücksprache mit P vorgenommen hatte, machte er der K Mitteilung und fügte hinzu, „weitergehende Eingriffe" seien nicht angezeigt. Da K den Text nach wie vor für unzutreffend hält, B sich aber auf seine und des P Meinungsfreiheit beruft, verlangt K nunmehr von B, es zu unterlassen, folgende Behauptungen aufzustellen und/oder zu verbreiten:

a) „Kontra: auf Notfälle nicht vorbereitet." b) „Bei einem Standardeingriff kam es wegen meiner besonderen Konstitution zu septischen Komplikationen, die zu einem Multiorganversagen und einer mehrmonatigen Erblindung führten." c) „Das Klinikpersonal war mit der lebensbedrohlichen Notfallsituation überfordert. Dies hat beinahe zu meinem Tode geführt."

Ist der von K gegenüber B geltend gemachte Anspruch begründet?

Lösung

I. Anspruchsgrundlage sind nach BGH [15] § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG.

1. Zur Erläuterung dieser Anspruchsgrundlage ist darauf hinzuweisen, dass im BGB Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche - anders als Schadensersatzansprüche - nur zugunsten einiger absoluten Rechte geregelt sind: in § 1004 I 1, 2 zugunsten des Eigentums, in anderen Vorschriften zugunsten anderer dinglicher Rechte (z. B. zugunsten einer Hypothek, § 1134) und in § 12 zugunsten des Namensrechts. Da aber Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche zugunsten eines jeden in § 823 BGB geschützten absoluten Rechts und Schutzgesetzes bestehen müssen, wird § 1004 I BGB auf diese Rechtspositionen analog angewendet (sog. quasinegatorischer Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch; nach Hofmann JuS 2017, 715 eine Rechtsfortbildung). Bei dieser Anwendung werden die Voraussetzungen den folgenden Vorschriften entnommen: dem § 823 I das absolute Recht und dem § 823 II das Schutzgesetz, dem § 1004 I 1 die Beeinträchtigung, dem § 1004 I 2 die Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr sowie dem § 1004 II das zur Rechtswidrigkeit gehörende Fehlen einer Duldungspflicht.

2. Der Anwendbarkeit dieser Anspruchsgrundlage steht nicht entgegen, dass B einen elektronischen Informationsdienst betreibt und dass Diensteanbieter nach §§ 7 ff. Telemediengesetz (TMG) für fremde Inhalte nur unter bestimmten Voraussetzungen verantwortlich sind. Diese Beschränkungen betreffen in erster Linie die strafrechtliche Verantwortung und die Haftung auf Schadensersatz. Demgegenüber bleiben nach § 7 II 2 TMG die Verpflichtungen zur Entfernung und Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen unberührt (BGHZ 181, 328 [14] - spickmich). Somit bleibt auch im vorliegenden Fall die oben herangezogene allgemeine Anspruchsgrundlage für einen Unterlassungsanspruch unberührt.

3. Durch das Datenschutzrecht kann die obige Anspruchsgrundlage nicht verdrängt werden, weil der Datenschutz nur zugunsten natürlicher Personen und nicht zugunsten einer GmbH eingreift (§ 3 I BDSG; Peifer NJW 2016, 23).

II. Voraussetzung für die analoge Anwendung des § 1004 I 2 BGB ist ein Eingriff in ein subjektives Recht der K.

1. Als Recht der K könnte ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klinik herangezogen werden. Im Vordergrund steht aber das Ansehen der K als Fachklinik. Wird die Parallele zu einer natürlichen Person gezogen, etwa zu einem Arzt, würde ihm als Abwehrrecht sein allgemeines Persönlichkeitsrecht zugebilligt. In gleicher Weise hat der BGH im Fall NJW 2016, 1584 - Nerzquäler argumentiert und wiederholt das im vorliegenden Fall unter [16]: Als juristische Person kann sich K, soweit sie aus ihrem Wesen als Zweckschöpfung des Rechts und ihren Funktionen dieses Rechtsschutzes bedarf, …auf eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts berufen. Dabei zitiert der BGH (vgl. oben I) auch „Art. 2 I, 19 III GG“. Ob heute noch im Privatrecht eine Anwendung der grundsätzlich gegen den Staat gerichteten Grundrechte erforderlich ist, ist zumindest zweifelhaft, denn das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist seit Langem (seit BGHZ 13, 334) als privatrechtliches absolutes Recht anerkannt, insbesondere i. S. des § 823 I BGB. Es wäre jedenfalls nicht sachgemäß, die Anwendung des Persönlichkeitsrechts unter Bezugnahme auf das Grundrecht zu problematisieren. Gleiches gilt für die in diesem Fall ebenfalls bedeutsame Meinungsäußerungsfreiheit. Eine Bezugnahme auf die Grundrechte hat allerdings den Vorteil, dass damit auch auf die Rspr. des BVerfG zu diesen Grundrechten verwiesen werden kann.

2. In das Persönlichkeitsrecht der K müsste eingegriffen worden sein.

a) Der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts lässt sich nicht durch eine allgemeingültige Definition bestimmen, sondern ist mit Blick auf mögliche Eingriffe, also eingriffsbezogen, und unter Heranziehung von Fallgruppen abzugrenzen. Der vorliegende Fall betrifft Bewertungen, die für eine Person negativ sind. Dazu hat BVerfG NJW 2011, 511 [21] ausgeführt, dass das Persönlichkeitsrecht den sozialen Geltungsanspruch der Person schützt. Namentlich umfasst es den Schutz vor Äußerungen, die - ohne im engeren Sinn ehrverletzend zu sein - geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen des Einzelnen in der Öffentlichkeit auszuwirken (vgl. BVerfGE 99, 185, 193 f.; 114, 339, 346). Die Ausführungen des P in der Bewertung unter „Kontra“ wirken sich abträglich auf das Ansehen der K als professionell arbeitende Fachklinik aus.

BGH [16] Ein Eingriff gegenüber K liegt vor, wenn und soweit sie in ihrem sozialen Geltungsanspruch in ihrem Aufgabenbereich betroffen ist (BGH NJW 2016, 1584 Rn. 11 m. w. N. - Nerzquäler). Dies trifft hier nicht nur auf die Vorwürfe zu, K sei „auf Notfälle nicht vorbereitet" und „mit der lebensbedrohlichen Notfallsituation überfordert" gewesen. Auch die Aussage „Bei einem Standardeingriff kam es wegen meiner besonderen Konstitution zu einer septischen Komplikation, die zu einem Multiorganversagen und einer mehrmonatigen Erblindung führte" berührt in dem Kontext, in dem sie steht, K in ihrem sozialen Geltungsanspruch. Sie begründet die tatsächliche Grundlage für den Vorwurf, das Klinikpersonal sei mit dem (mit der septischen Komplikation einhergehenden) Notfall überfordert gewesen. Zudem erweckt sie…aufgrund des dem Satz unmittelbar folgenden Hinweises darauf, dass „der verantwortliche Arzt jede Verantwortung" abstreite und Polizei und Staatsanwaltschaft die Praxis durchsucht hätten, den Eindruck, der bei K tätige Arzt habe schon die Entstehung der septischen Komplikation bei dem Standardeingriff zu verantworten.

b) Somit enthalten die von K beanstandeten und im Sachverhalt unter a), b) und c) aufgeführten Äußerungen Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht der K.

III. Da K ihren Unterlassungsanspruch gegenüber B geltend macht, muss B für die Eingriffe verantwortlich sein.

1. § 1004 BGB richtet sich gegen den Störer des Eigentums. Für die hier gegebenen Fälle, in denen eine Information von einer Person ins Internet gestellt und durch einen Diensteanbieter verbreitet wird, wird differenziert. Wer die Behauptung oder sonstige Information erstmalig einstellt - im vorliegenden Fall P - kann Täter oder unmittelbarer Störer sein (vgl. BGH [18]; „Täterhaftung“). Vor allem wenn dieser anonym bleibt (der Betroffene hat keinen Anspruch auf Auskunft: BGHZ 201, 380), besteht die Möglichkeit, den die Information weiterverbreitenden Diensteanbieter (den Hostprovider, den Betreiber des Portals) unter bestimmen Voraussetzungen als mittelbaren Störer auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen (dazu Hofmann JuS 2017, 713, 717: „Störerhaftung“; BGH NJW 2016, 2106, Ärztebewertungsportal III). Gelingt das nicht, kommt ein solcher Anspruch auch gegenüber dem (Access-) Provider, der den Internetzugang vermittelt, in Betracht.

2. Der Diensteanbieter (Portalbetreiber) ist, ohne dass zusätzliche Voraussetzungen vorliegen müssen, bereits als unmittelbarer Störer verantwortlich, wenn er sich die Ausführungen des Erstverbreiters zu eigen gemacht hat. BGH [18-20]:

a) Von einem Zu-Eigen-Machen ist dann auszugehen, wenn der Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat, was aus objektiver Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen ist. Dabei ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (vgl. BGHZ 209, 139 Rn. 17 - jameda II;… BGH NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal). Für ein Zu-Eigen-Machen spricht es aber, wenn der Portalbetreiber eine inhaltlich-redaktionelle Überprüfung der auf seinem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt (…).

b) Danach hat B sich die angegriffenen Aussagen des P dadurch zu eigen gemacht, dass er diese auf die Rüge der K hin inhaltlich überprüft und auf sie Einfluss genommen hat, indem er selbständig - insbesondere ohne Rücksprache mit P - entschieden hat, welche Äußerungen er abändert oder entfernt und welche er beibehält. Er hat damit die Rolle eines neutralen Vermittlers verlassen und eine aktive Rolle übernommen (…). Dies hat er der K als der von der Kritik Betroffenen kundgetan, indem er mit Schreiben vom 12. Februar 2014 die getätigten „Eingriffe" sowie seine Auffassung mitteilte, dass und weshalb „weitergehende Eingriffe" nicht angezeigt seien.… B hat nicht nur die zentrale Tatsachenaussage b), auf der die Vorwürfe des P basieren, durch die Einfügung „wegen meiner besonderen Konstitution" inhaltlich verändert und dadurch - wenn auch mit der Motivation, den Einwendungen der K teilweise entgegenzukommen - den Aussagegehalt modifiziert. Er hat darüber hinaus eine selbständige Bewertung der Richtigkeit dieser Tatsachenbehauptung im Übrigen vorgenommen und sich…für die Beibehaltung der Äußerung entschieden. Damit muss er sich die gesamte Aussage b) als eigene zurechnen lassen. Da diese zentrale Tatsachenaussage Grundlage des weiteren Vorwurfs ist, die Klinik sei auf Notfälle nicht vorbereitet bzw. mit der lebensbedrohlichen Notfallsituation überfordert gewesen (Äußerungen a und c), gilt für diese Äußerungen nichts anderes. Das OLG hatte als Argument auch noch herangezogen, dass B sich an keiner Stelle - etwa durch einen Disclaimer - von den eingestellten Bewertungen distanziert hatte (vgl. BGH [14, 20]).

Somit ist B - neben P - für die Bewertung der K in seinem Portal verantwortlich.

IV. Der Eingriff des P und des B in das Persönlichkeitsrecht der K müsste rechtswidrig sein.

1. Während bei Rechten wie dem Eigentum, der Gesundheit und Freiheit der Eingriff die Rechtswidrigkeit indiziert und deshalb an dieser Stelle nur noch geprüft wird, ob ein Rechtfertigungsgrund eingreift, muss bei den Rahmenrechten Persönlichkeitsrecht und Gewerbebetrieb die Rechtswidrigkeit positiv festgestellt werden.

a) BGH [23] Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. BGH NJW 2017, 1550 Rn. 15; NJW 2017, 482 - „Mal PR-Agent, mal Reporter"; BGHZ 209, 139 Rn. 30 - jameda II; jeweils m. w. N.).

b) [24] Im Streitfall ist das Schutzinteresse der K mit dem in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht des B auf Meinungs- und Kommunikationsfreiheit abzuwägen. Schon der Kommunikationsprozess als solcher und damit der Betrieb des Bewertungsportals wird vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG erfasst, weil B als Portalbetreiber und „unverzichtbare Mittlerperson" (Schröder VerwArch 2010, 205, 214) den Austausch über Behandlungserfahrungen bei konkreten Kliniken unter nicht persönlich miteinander bekannten Personen erst möglich macht und das Portal aus Sicht des Nutzers den Anspruch erhebt, ein vollständiges Bild über die abgegebenen und den vorgegebenen Richtlinien entsprechenden Nutzerbewertungen zu zeichnen (vgl. BGHZ 202, 242 Rn. 28 - Ärztebewertung II). Macht sich der Portalbetreiber darüber hinaus, wie hier, die fremde Meinung oder Tatsachenbehauptung zu eigen, ist auch unter diesem Gesichtspunkt - neben der Meinungs- und Informationsfreiheit der Portalnutzer (…) - sein Recht auf Meinungsfreiheit berührt. Mit diesen Ausführungen wird zunächst nur dargetan, dass B sich gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der K grundsätzlich auf die Meinungsfreiheit berufen kann. Ob und ggfs. mit welchem Gewicht die einzelnen Äußerungen als Meinung geschützt werden, ist damit noch nicht festgestellt, sondern Gegenstand der nachfolgenden Überlegungen.

2. Ausgangsüberlegung für die Entscheidung, ob eine bestimmte Äußerung in die Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht gelangt und welches Gewicht sie hat, ist ihre Einordnung als Werturteil (Meinung i. e. S.). oder Tatsachenbehauptung. Denn u nter den Schutz der Meinungsfreiheit fallen nach st. Rspr. Werturteile und Tatsachenbehauptungen, wenn und soweit sie zur Bildung von Meinungen beitragen (BVerfGE 85, 1, 15; NJW 2013, 3021 [13]). Vermengen sich Werturteile und Tatsachenbehauptungen, kommt es darauf an, welches Element die Äußerung wesentlich prägt.

a) Zur Abgrenzung von Werturteilen und Tatsachenbehauptungen führt BGH [29] aus: Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Das scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen.

b) Werturteile sind ohne weiteres geschützt, unabhängig davon, ob sie berechtigt oder unberechtigt, emotional oder rational, sachlich oder überspitzt und polemisch sind (BVerfG NJW 2015, 2022; Sajuntz NJW 2016, 1922). So wurde von BVerfG 1 BvR 2646/15 der Schutz aus Art. 5 I 1 GG grundsätzlich bejaht und eine Abwägung verlangt in einem Fall, in dem ein Strafverteidiger gegenüber einem Journalisten die Vertreterin der Staatsanwaltschaft wegen ihres dienstlichen Auftretens als „durchgeknallte Staatsanwältin“ und „widerwärtige, geisteskranke“ Person bezeichnet hatte. Vom Schutz ausgenommen sind erst die Formalbeleidigung und die Schmähkritik. Letztere ist eng zu fassen und nur gegeben, wenn es für die Äußerung keinen Sachbezug gibt, praktisch also nur bei der sog. Privatfehde (BVerfGE 93, 266, 294; BGH NJW 2016, 3378; Bünnigmann DVBl 2017, 981). Auch ein Wertungsexzess kann zum Wegfall des Schutzes führen (so im Fall BVerwGE 103, 81, wo ein mit Arrest bestrafter Soldat das gegen ihn gerichtete Disziplinarverfahren als „Holocaust“ bezeichnet hatte, der zu einer „Endlösung“ hätte führen sollen).


c) BGH [26] Geht es um Tatsachenbehauptungen,…hängt die Abwägung maßgeblich von ihrem Wahrheitsgehalt ab (BVerfG NJW-RR 2010, 470 Rn. 62). Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind. Von dem Schutz der Meinungsfreiheit nicht erfasst werden aber Tatsachenbehauptungen, die in dem Bewusstsein ihrer Unwahrheit aufgestellt werden oder deren Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung unzweifelhaft feststeht (BGH NJW 2009, 1872 Rn. 15; BGHZ 176, 175 Rn. 34;… BVerfGE 90, 241, 247; 99, 185, 197; NJW 2013, 217, 218). Ist die Wahrheit einer Tatsache im Zeitpunkt ihrer Äußerung ungewiss und stellt sich ihre Unwahrheit erst später heraus, fällt die Äußerung zwar in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG. Der gebotene Ausgleich zwischen den Anforderungen der Meinungsfreiheit und den Belangen des Persönlichkeitsschutzes wird dann aber dadurch hergestellt, dass demjenigen, der nachteilige Tatsachenbehauptungen über andere aufstellt, Pflichten zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt auferlegt werden, die sich im Einzelnen nach den Aufklärungsmöglichkeiten richten und etwa für Medien strenger sind als für Privatleute (BVerfGE 99, 185, 197 f.; NJW 2016, 3360 - Dopingvorwürfe; BGHZ 203, 239 Rn. 15 m. w. N. - Chefjustiziar). Das Ergebnis der Abwägung hängt dann von der Beachtung dieser Sorgfaltspflichten ab.

3. Nach diesen Grundsätzen sind die Äußerungen von P/B in der Klinikbewertung zu beurteilen und im Falle ihres grundsätzlichen Schutzes mit dem Persönlichkeitsrecht der K abzuwägen.

a) Für die Klinikbewertung wesentlich ist die von K in ihrem Unterlassungsbegehren unter b) aufgeführte Darstellung.

aa) Diese ist eine Tatsachenbehauptung. BGH [31] Die Äußerung b), wonach es bei einem Standardeingriff wegen der besonderen Konstitution des Patienten zu einer septischen Komplikation mit bestimmten Konsequenzen kam, ist dem Wahrheitsbeweis zugänglich und damit eine Tatsachenbehauptung.

bb) Was deren Wahrheitsgehalt betrifft, sind die Erkrankung des P und ihre weiteren Folgen richtig wiedergegeben. Zugleich wird aber behauptet, dass „Bei“ dem Eingriff „Komplikationen“ aufgetreten seien, und wird erklärt, dass es sich um einen Standardeingriff gehandelt hat, wodurch nahegelegt wird, dass sie vermeidbar waren. Nach dem tatsächlichen Verlauf sind Symptome der Sepsis aber erst nach der Operation, am 2. und 3. 8. aufgetreten, und es steht nicht fest, dass Fehler bei der Operation oder bei deren Nachsorge dazu beigetragen haben; möglicherweise war der Benzodiazepinkonsum der wesentliche Auslöser. Das Nierenversagen wurde erst in dem anderen Krankenhaus und die Sepsis erstmalig in der Uniklinik festgestellt; solange P sich in der K-Klinik befand, bestand lediglich der Verdacht, dass es zu einem Nierenversagen kommen könnte. Dieser Ablauf rechtfertigt nicht die Feststellung, dass es bei dem Eingriff an der Nase zu Komplikationen mit den schwerwiegenden Folgen einer lebensbedrohlichen Sepsis gekommen ist.

BGH [31] Aufgrund der temporalen Präposition „bei", welche eine Gleichzeitigkeit des Geschehens zum Ausdruck bringt, ist diese Aussage dahin zu verstehen, dass die Komplikation während oder zumindest in sehr engem zeitlichen Zusammenhang mit der Operation eingetreten ist. Diese Behauptung ist unwahr. Nach den …Feststellungen kam es während der Operation zu keinen Besonderheiten… Dass es zu der Komplikation nicht „bei" dem Eingriff kam, stand zum Zeitpunkt der Äußerung des P und des hier maßgeblichen Zu-Eigen-Machens dieser Äußerung durch B fest, so dass die Äußerung nicht von dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erfasst ist. Aber auch wenn man die dargestellte Äußerung dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG nicht gänzlich entziehen wollte, hätten die Schutzinteressen des B hinter denen der K zurückzutreten. Denn B hätte eine etwaige, nur in seiner Person bestehende Ungewissheit über den ihm nicht bekannten Geschehensablauf unschwer dadurch aufklären können und müssen, dass er sich durch Rückfrage bei P Gewissheit verschaffte, bevor er dessen Äußerung für richtig befand und sich zu eigen machte.

Somit hat das Persönlichkeitsrecht der K Vorrang. Die Behauptung b) von B/P ist rechtswidrig.

b) BGH [33] Die Äußerungen a) und c) können zusammen behandelt werden, denn sie sind aufeinander bezogen und haben im Wesentlichen denselben Sinngehalt. Sie implizieren den Vorwurf, das Klinikpersonal sei nicht in der Lage gewesen, auf die geschilderte Notsituation regelgerecht zu reagieren und die erforderlichen Maßnahmen zur ordnungsgemäßen medizinischen Behandlung und Versorgung des Patienten zu ergreifen.

Während das OLG auch diese Äußerungen als Tatsachenbehauptungen eingestuft hatte, handelt es sich nach BGH [34] bei den Aussagen a) und c) um Meinungsäußerungen… Sie gründen erkennbar auf eigenen Erlebnissen des P bei der Behandlung in der Klinik und bringen in erster Linie die negative Bewertung der erbrachten medizinischen Leistungen zum Ausdruck. Sie enthalten damit eine subjektive Wertung, die jedoch mit den tatsächlichen Bestandteilen der Äußerungen untrennbar verbunden ist….

BGH [27] Bei Äußerungen, in denen sich wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, fällt bei der Abwägung maßgeblich der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht (BGH NJW-RR 2017, 98 Rn. 51 - Pressebericht über Organentnahme; NJW 2015, 773 Rn. 21 - Hochleistungsmagneten; BVerfGE 90, 241, 249 f.; … BVerfG NJW 2013, 217, 218). Enthält die Meinungsäußerung einen erwiesen falschen oder bewusst unwahren Tatsachenkern oder ist die mit ihr verbundene und ihr zugrunde liegende Tatsachenbehauptung erwiesen unwahr, so tritt das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig hinter die Schutzinteressen des von der Äußerung Betroffenen zurück (…).

Da die Äußerungen a) und c) Folgerungen aus der Behauptung b) sind und die Behauptung b) in ihrem wesentlichen Punkt unwahr ist, tritt die Meinungsfreiheit von B/P hinter das Persönlichkeitsrecht der K zurück. BGH [35] Da der beschriebene Notfall, nämlich die septische Komplikation, weder bei dem Eingriff noch überhaupt in der Klinik der K aufgetreten ist, entfällt die Tatsachengrundlage für den Vorwurf, dass die Klinik auf diesen Notfall nicht regelgerecht reagiert habe. Hinzu kommt, dass im Fall des P alles getan worden ist, um seine schnellstmögliche Versorgung nach dem Verdacht auf Nierenversagen in Folge einer Überdosierung mit Benzodiazepinen zu gewährleisten. Damit erweist sich auch der mit der Meinungsäußerung verbundene Tatsachenkern, das Klinikpersonal sei nicht in der Lage gewesen, auf die Notfallsituation regelgerecht zu reagieren und die erforderlichen Maßnahmen zur ordnungsgemäßen medizinischen Behandlung und Versorgung des Patienten zu ergreifen, als unwahr.

Das Gutachten im Schlichtungsverfahren steht dem nicht entgegen, weil es nichts darüber aussagt, ob gerade das Personal bei K Anzeichen einer sich entwickelnden Sepsis nicht rechtzeitig erkannt hat und ob sich damit die mit den Behauptungen a) und c) verbundenen Vorwürfe begründen lassen.

4. Somit sind die Äußerungen a), b) und c) nicht gerechtfertigt. Eine Prüfung des § 1004 II analog BGB ist nicht mehr notwendig. Die Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht der K sind rechtswidrig.

V. Für den Unterlassungsanspruch bedarf es grundsätzlich einer Wiederholungsgefahr. Sie lässt sich damit begründen, dass die rechtsverletzenden Bewertungen nach wie vor in dem Portal stehen. Für BGH [37] reicht eine Vermutung aus: Die für den Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderliche Wiederholungsgefahr wird im Falle einer erfolgten Rechtsverletzung vermutet (vgl. BGH NJW 2017, 1550 Rn. 17; NJW 2016, 870 Rn. 23 - „No-Reply"-E-Mails; BGHZ 206, 347 Rn. 30). Diese Vermutung hat B nicht entkräftet.

Ergebnis: Die Unterlassungsansprüche der K gegen B sind in vollem Umfang begründet. B muss diese Eintragungen löschen und verhindern, dass sie wieder eingestellt werden.


Zusammenfassung