Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Widerruf bei Fernabsatzvertrag, § 312 g BGB. Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, §§ 355 III, 357 I BGB. Wertersatzanspruch des Verkäufers, § 357 VII BGB. Abgrenzung der dem Käufer gestatteten Prüfungsmaßnahmen von einer nicht notwendigen Nutzung. Umfang des Wertverlustes. Verhältnis zum Rücktrittsrecht, § 346 BGB

BGH Urteil vom 12. 10. 2016 (VIII ZR 55/15) NJW 2017, 878 (für BGHZ vorgesehen)

Fall (Eingebauter Katalysator)

Die V-GmbH betreibt einen Onlinehandel für Autoteile. Am 7. 2. bestellte K über deren Internetseite einen Katalysator für 352 Euro und einen Montagesatz für 18 Euro; hinzu kamen 17 Euro Versandkosten. Noch am selben Tage bestätigte V den Vertragsschluss zum Gesamtpreis von 387 Euro und unterrichtete K formell fehlerfrei über sein Widerrufsrecht. Nachdem K 387 Euro überwiesen hatte, wurde am 9. 2. die Ware geliefert. K ließ den Katalysator von einer Fachwerkstatt in seinen privat genutzten Mercedes-Benz-Pkw einbauen. Anschließend nahm er eine kurze Probefahrt vor, bei der sich herausstellte, dass der Pkw nicht mehr die vorherige Leistung erbrachte. Mit Schreiben vom 18. 2. an V erklärte K den Widerruf des Vertrages, sandte die Ware an V zurück und verlangte Rückzahlung der 387 Euro.

V stellte fest, dass der Katalysator deutliche Einbau- und Gebrauchsspuren aufwies und deshalb nur noch 150 Euro wert war, was von einem Sachverständigen bestätigt wurde. Nach Auffassung der V vermindert sich der Wert des Katalysators zusätzlich dadurch, dass bei einem Wiederverkauf Kosten in Höhe von 53 Euro entstehen, die vom Erlös abgezogen werden müssten. Durch diesen von K herbeigeführten hohen Wertverlust habe K sein Widerrufsrecht verloren, so dass V eine Rückzahlung verweigern dürfe. Zumindest müsse die Wertminderung zu einem Abzug von einem etwaigen Rückzahlungsanspruch führen. Demgegenüber verlangt K den gesamten Betrag erstattet. Sollte V gleichwohl einen Anspruch auf Ersatz einer Wertminderung haben, müsse beim Wert der Kaufsache der Gewinnanteil der V in Höhe von 30 Euro abgezogen werden, weil V nach Widerruf des Vertrages kein Gewinnanteil mehr zustehe. K beruft sich außerdem darauf, dass der Katalysator die Leistung des Pkw mindere, was zu einem nicht behebbaren Sachmangel geführt habe, so dass ihm auch deshalb ein Anspruch auf vollständige Erstattung zustehe. Ist der Anspruch des K gegen V begründet?

Lösung

Vorbemerkung: Innerhalb der Überlegungen unter II. zu § 357 BGB musste der BGH § 357 III in einer früheren Fassung anwenden. Inzwischen gilt stattdessen § 357 VII BGB und wird in der folgenden Lösung zugrunde gelegt. Die wesentliche Begründung und das Ergebnis ändern sich nicht. Deshalb konnten auch die BGH-Zitate angepasst werden.

I. Ein Rückzahlungsanspruch des K gegen V könnte sich aus §§ 355 III 1, 357 I BGB ergeben. Hier bei ist § 355 III 1 BGB die Anspruchsgrundlage, deren Tatbestandsmerkmal „unverzüglich“ durch die 14-Tage-Frist des § 357 I BGB konkretisiert wird (Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 355 Rdnr. 12; vgl. auch Schwab JuS 2017, 882; Magnus JZ 2017, 990). Grund für den Rückzahlungsanspruch könnte sein, dass K einen Kaufvertrag in der Form eines Fernabsatzvertrages aufgrund eines Widerrufsrechts rechtswirksam widerrufen hat.

1. K und V haben am 7. 2. durch die Bestellung und die Bestätigung einen Kaufvertrag (§ 433 BGB) über den Katalysator und den Montagesatz zum Preis von 387 Euro geschlossen.

2. Die in § 355 III 1 BGB enthaltene Voraussetzung „im Falle des Widerrufs“ bedeutet, dass ein Widerruf nach § 355 I BGB wirksam erklärt sein muss. Hierfür ist zunächst ein Widerrufsrecht erforderlich. Nach § 312 g I BGB hat der Verbraucher bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht nach § 355 I BGB.

a) § 312 g BGB räumt das Widerrufsrecht einem Verbraucher ein und steht in den Vorschriften, die nach § 312 I BGB auf Verbraucherverträge anzuwenden sind. Verbraucherverträge sind nach der Definition des § 310 III BGB Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher; dabei gelten die Begriffsbestimmungen der §§ 13, 14 BGB. K hat den Katalysator für seinen privaten Pkw erworben und somit als Verbraucher des § 13 BGB gehandelt. Die V-GmbH betreibt einen Onlinehandel für Autoteile und ist Unternehmer i. S. des § 14 BGB. Also war der Vertrag vom 7. 2. ein Verbrauchervertrag. Die weitere Voraussetzung des § 312 I BGB, dass der Vertrag eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, ist ebenfalls erfüllt.

b) Der am 7. 2. geschlossene Vertrag müsste ein Fernabsatzvertrag nach § 312 c BGB sein.

aa) Hierfür müssen Unternehmer und Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden oder verwendet haben (§ 312 c I). Fernkommunikationsmittel sind nach § 312 c II alle Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags eingesetzt werden können, ohne dass die Vertragsparteien gleichzeitig körperlich anwesend sind, wie Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails, über den Mobilfunkdienst versendete Nachrichten (SMS) sowie Rundfunk und Telemedien. Zu den Telemedien gehört das Internet. Über dieses geschlossene Verträge sind Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr (vgl. §§ 312 i und j BGB). K und V haben, ohne körperlich anwesend zu sein, den Vertrag über das Internet im elektronischen Geschäftsverkehr abgeschlossen, so dass die grundsätzliche Voraussetzung des § 312 c BGB erfüllt ist.

bb) Die Ausnahme nach § 312 c I, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt ist, greift im vorliegenden Fall nicht ein, vielmehr ist der Onlinehandel der V ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebssystem. Auch handelt es sich nicht um einen der in § 312 g II BGB vom Widerrufsrecht ausgenommenen Verträge.

Folglich war der zwischen K und V geschlossene Vertrag ein Fernabsatzvertrag. K hatte ein Widerrufsrecht gemäß §§ 312 g I, 355 I 1 BGB.

c) Entgegen der Auffassung der V hat K sein Widerrufsrecht selbst dann nicht verloren, wenn er eine erhebliche Verschlechterung der Kaufsache bewirkt hat. Ein solcher Rechtsverlust ist - teilweise anders als beim Rücktritt (vgl. § 323 VI BGB) - beim Widerruf eines Fernabsatzvertrages nicht vorgesehen. Dem durch die Verschlechterung nachteilig betroffenen Interesse des Verkäufers wird nicht durch den Verlust des Widerrufsrechts (Magnus JZ 2017, 984), sondern durch den noch unter II. zu behandelnden Ersatzanspruch des Verkäufers nach § 357 VII BGB Rechnung getragen.

3. Die für den Widerruf erforderliche Erklärung (§ 355 I 1 BGB) erfolgt gegenüber dem Unternehmer (§ 355 I 2 BGB). K hat den Widerruf am 18. 2. gegenüber V erklärt und dabei den Widerrufsentschluss entsprechend § 355 I 3 BGB eindeutig zum Ausdruck gebracht. Einer Begründung bedurfte es nicht (§ 355 I 4 BGB).

4. Die Widerrufsfrist wird nur ausgelöst, wenn der Verbraucher ordnungsgemäß belehrt wurde (§ 356 III BGB), was nach dem Sachverhalt zu bejahen ist. Sie beträgt 14 Tage (§ 355 II 1 BGB) und beginnt grundsätzlich mit dem Vertragsschluss, bei einem Verbrauchsgüterkauf aber erst mit dem Erhalt der Ware (§ 356 II Nr. 1 a BGB). K hat die Ware am 9. 2. erhalten. Im Zeitpunkt des Widerrufsschreibens vom 18. 2. waren die 14 Tage noch nicht abgelaufen.

5. Nach § 355 I 1 BGB sind als Folge eines fristgemäß erklärten Widerrufs Käufer und Verkäufer nicht mehr an ihre Vertragserklärungen gebunden. Die empfangenen Leistungen sind zurückzugewähren (§ 355 III 1 BGB), und zwar innerhalb von 14 Tagen (§ 357 I BGB). Die Leistung, die V von K erhalten hat, war die Zahlung von 387 Euro. V schuldet also ihre Rückzahlung. Da K den Katalysator zurückgesandt hat, steht § 357 IV BGB dem Anspruch nicht entgegen.

II. Der Zahlungsanspruch des K könnte durch Aufrechnung mit einem auf Geldersatz gerichteten Gegenanspruch der V (teilweise) erloschen sein (§ 389 BGB).

1. Eine ausdrückliche Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB) hat V nicht abgegeben. Sie hat sich aber geweigert, 387 Euro zurückzuzahlen und das u. a. damit begründet, die Wertminderung der Ware müsse zu einem Abzug von einem etwaigen Rückzahlungsanspruch des K führen. Darin liegt die Berufung auf ein Recht zur Anspruchsminderung, das im Falle eines Gegenanspruchs durch Aufrechnung verwirklicht wird. Die Erklärung der V ist als schlüssige Aufrechnungserklärung zu verstehen.

2. Die nach § 387 BGB erforderliche Aufrechnungslage setzt voraus, dass V gegenüber der Hauptforderung des K über eine gleichartige, d. h. auf Geld gerichtete Gegenforderung verfügt. Anspruchsgrundlage für die Gegenforderung kann § 357 VII BGB sein. Danach hat der Verbraucher nach einem Widerruf Wertersatz für einen Wertverlust der Ware zu leisten, wenn 1. der Wertverlust auf einen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Ware nicht notwendig war, und 2. der Unternehmer den Verbraucher über sein Widerrufsrecht unterrichtet hat. Die Unterrichtung über das Widerrufsrecht ist, wie unter I 4 festgestellt wurde, erfolgt. Der zur Aufrechnung gestellte Anspruch hängt folglich davon ab, ob die Voraussetzungen des § 357 VII Nr. 1 BGB vorliegen und wie hoch der Wertverlust ist.

a) Der Einbau des Katalysators und die Probefahrt haben Einbau- und Gebrauchsspuren zur Folge gehabt, die zu einer Verschlechterung und einer Wertminderung geführt haben (dazu Amort NJW 2017, 857). Dieser Wertverlust müsste auf einen Umgang zurückzuführen sein, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war.

aa) Nach dem positiv verstandenen Inhalt der Vorschrift darf der Verbraucher so mit der Ware umgehen, wie es zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften oder der Funktionsweise der Ware notwendig ist. BGH [18-23] Der Verbraucher soll…die Kaufsache nicht nur in Augenschein nehmen, sondern darüber hinaus einer Prüfung auf ihre Eigenschaften und ihre Funktionsweise unterziehen können, ohne eine Inanspruchnahme für einen hieraus resultierenden Wertverlust befürchten zu müssen… Das bedeutet, dass eine Prüfung der Ware auf ihre Eigenschaften und ihre Funktionsweise…auch eine Ingebrauchnahme erfordern kann (…).So soll der Verbraucher beispielsweise nicht für den Wertverlust aufkommen müssen, den etwa ein Kleidungsstück allein dadurch erleidet, dass es aus der Verpackung genommen und anprobiert wird, den ein Buch durch das bloße Aufschlagen und Durchblättern erfährt, oder der bei einem Kraftfahrzeug durch das Ausprobieren seiner Instrumente oder durch eine kurze Testfahrt auf einem nichtöffentlichen Gelände eintritt (BT-Drucks. 14/6040, S. 200; vgl. auch BGHZ 187, 268 Rn. 20 f.). Dabei handelt es sich um gestattete Prüfungsmaßnahmen, die von nicht notwendigen, übermäßigen Nutzungen abzugrenzen sind (Amort NJW 2017, 858). Also ist bei einem Kleidungsstück das Anprobieren noch als unschädlich erlaubt, das Tragen (z. B. eines Hochzeitskleids, das nur einmal benötigt und dann zurückgeschickt wird) dagegen nicht mehr (BGH [20]; Magnus JZ 2017, 984).

Für die genauere Bestimmung der gestatteten Prüfungsmaßnahmen ist auf den Zweck der Widerrufsmöglichkeit bei Fernabsatzverträgen abzustellen. Dieser besteht in der Kompensation von Gefahren aufgrund der fehlenden physischen Begegnung von Anbieter und Verbraucher und der in der Regel fehlenden Möglichkeit, die Ware oder Dienstleistung vor Vertragsschluss in Augenschein zu nehmen (…). Dementsprechend soll ein Gleichlauf mit den Prüfungs- und Unterrichtungsmöglichkeiten im Ladengeschäft erreicht werden. Ausgehend davon hat sich die Beurteilung, was im Einzelfall vom Tatbestandsmerkmal der Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise umfasst ist, daran zu orientieren, wie ein Verbraucher beim Testen und Ausprobieren der gleichen Ware in einem Ladengeschäft im stationären Handel typischerweise hätte verfahren können (…). Der Verbraucher soll mit der Ware grundsätzlich so umgehen und sie so ausprobieren dürfen, wie er dies auch in einem Ladengeschäft hätte tun dürfen (…).Weiter ist zu berücksichtigen, dass für den Kauf im Ladengeschäft typisch ist, dass dort zumindest Musterstücke ausgestellt sind, die es dem Kunden ermöglichen, sich einen unmittelbaren Eindruck von der Ware zu verschaffen und diese auszuprobieren. Das ist bei einem Vertragsabschluss im Fernabsatz, bei dem der Verbraucher sich allenfalls Fotos der Ware anschauen kann, nicht der Fall (…). Der Umstand, dass beim Fernabsatz im Rahmen einer Prüfung der Ware zu Hause solche im stationären Handel vielfach üblichen Vergleichs-, Vorführ- und Beratungsmöglichkeiten fehlen, ist daher durch die Einräumung angemessener Prüfungsmöglichkeiten zu Hause auszugleichen.

bb) Somit ist der Einbau des Katalysators und dessen Ausprobieren auf einer Probefahrt durch K noch eine gestattete Prüfungsmaßnahme, wenn auch bei einem stationären Autohändler ein Katalysator vor dem Kauf hätte in das Auto des K eingebaut und auf einer Probefahrt getestet werden können. Von BGH [24-28] wird das - ebenso wie von der Vorinstanz - verneint. Schwab JuS 2017, 882 fasst das so zusammen: „Kein Präsenzhändler hätte K erlaubt, den Katalysator in sein Auto einzubauen und damit eine Probefahrt zu machen. K ist damit dem Grunde nach zum Wertersatz verpflichtet.“ BGH [26] Den Katalysator hätte K im stationären Handel nicht - auch nicht in Gestalt eines damit ausgestatteten Musterfahrzeugs oder durch Nutzung einer mit einem Fahrzeugmotor versehenen Testeinrichtung, an die Katalysatoren probeweise angeschlossen werden könnten - dergestalt ausprobieren können, dass er dessen Wirkungsweise auf sein oder ein vergleichbares Kraftfahrzeug nach Einbau hätte testen können. Zustimmend Amort NJW 2017, 858.

Zur Funktionsweise eines Katalysators gehört nicht mehr, welche Motorleistung der Pkw nach dessen Einbau erbringt. BGH [27] Auch ein versierter Verkäufer hätte lediglich eine Beratung anhand der technischen Daten der Kaufsache vornehmen, nicht aber die tatsächlichen Auswirkungen eines Einbaus in das klägerische Fahrzeug…verlässlich beurteilen können.

Obiges Ergebnis steht nicht im Widerspruch zu BGHZ 187, 268, wo der BGH beim Kauf eines Wasserbetts im Fernabsatz das Auspacken und Ausprobieren durch Befüllen mit Wasser noch als zulässige Prüfungsmaßnahme angesehen hatte, obwohl das im Ladengeschäft ebenfalls nicht erlaubt worden wäre. Beim Kauf eines Wasserbetts im Laden wäre es möglich gewesen, ein Musterstück auszuprobieren, so dass das Ausprobieren zu Hause an dessen Stelle trat. Im vorliegenden Fall kam es auf das Zusammenwirken des Katalysators mit dem Pkw des K an, was im Ladengeschäft, wie dargelegt, nicht hätte getestet werden können; deshalb lassen sich beide Fälle nicht vergleichen (BGH [28]). - Würde der Umgang des K mit dem Katalysator als zulässige Prüfungsmaßnahme angesehen, würde der Käufer im Fernabsatz besser gestellt als ein Käufer im Ladengeschäft, was nicht zulässig ist (BGH {27]).

cc) Entgegenstehen könnte dem obigen Ergebnis § 346 II Nr. 3 BGB, wonach beim Rücktritt eine „durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung“ folgenlos bleibt. Der Wertverlust beim Katalysator ist durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstanden (Schwab JuS 2017, 883). § 346 BGB ist jedoch auf die Rückabwicklung nach einem Widerruf nicht anwendbar, an seine Stelle tritt beim Widerruf § 357 VII BGB (BGH [36]); dieser ist grundsätzlich abschließend (Magnus JZ 2017, 987). Deshalb besteht auch keine für eine analoge Anwendung des § 346 BGB erforderliche Gesetzeslücke. Auch ein Wertungswiderspruch besteht nicht. Dass die Regelung beim Rücktritt, insbesondere wenn dieser Folge eines Sachmangels ist, für den Käufer günstiger ist als beim Widerruf, rechtfertigt sich durch die unterschiedlichen Voraussetzungen, die beim Rücktritt strenger sind, beim Widerruf dagegen allein an den Fernabsatzcharakter anknüpfen. BGH [36] Die im Vergleich zu den Rechtsfolgen beim Rücktritt schärfere Haftung des Verbrauchers für Verschlechterungen der Kaufsache beim Widerruf…rechtfertigt sich dadurch, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers nicht von einer Vertragsverletzung des Unternehmers abhängt, sondern ihm kraft Gesetzes in jedem Fall zusteht.

dd) Somit ist der eingetretene Wertverlust bei dem Katalysator auf einen Umgang mit ihm zurückzuführen, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften oder der Funktionsweise der Ware nicht notwendig war. Die Voraussetzungen des § 357 VII BGB liegen vor. K hat Wertersatz zu leisten (der von dem Fall zu unterscheiden ist, dass Nutzungen herauszugeben sind, Magnus JZ 2017, 986).

b) Der Betrag des Gegenanspruchs der V aus § 357 VII BGB hängt davon ab, wie hoch der Wertverlust ist.

aa) Der Vergleich zwischen dem ursprünglichen Wert des Katalysators in Höhe von 352 Euro und dem nach der Rückgabe in Höhe von 150 Euro führt zu einem Wertverlust von 202 Euro.

bb) Nach Auffassung der V müssten von dem Wert nach der Rückgabe noch die beim Wiederverkauf entstehenden Kosten in Höhe von 53 Euro abgezogen werden, was zu einem Wertverlust in Höhe von 255 Euro führen würde. Die Wiederverkaufskosten sind aber dem Wertverlust nicht zuzurechnen, weil sie auch beim Wiederverkauf der unbeschädigten Ware entstehen würden. BGH [46] Kosten für die Vorbereitung und die Durchführung eines Wiederverkaufs sind nicht durch die unangemessene oder übermäßige Benutzung der Kaufsache vor Widerruf entstanden. Diese Kosten fallen vielmehr auch in den Fällen an, in denen sich der Verbraucher keinem Wertersatzanspruch nach § 357 Abs. 7 BGB ausgesetzt sieht, weil er den ihm nach § 357 Abs. 7 Nr. 1 BGB eingeräumten Prüfungsumfang nicht überschritten hat. Danach bleibt es bei einem Wertverlust in Höhe von 202 Euro.

cc) Nach Auffassung des K ist beim ursprünglichen Wert der Kaufsache der Gewinnanteil der V in Höhe von 30 Euro abzuziehen. Dadurch würde sich der Wertersatzanspruch der V auf 172 Euro vermindern. Bei der Bestimmung des Wertes der Ware gibt es zwei Möglichkeiten. Es kann von der im Vertrag vereinbarten Höhe ausgegangen werden oder von einem objektiven Wert, der etwa dem Einkaufspreis für den Händler entspricht und niedriger ist (vgl. Schwab JuS 2017, 882/3). Nach BGH [48} ist es interessengerecht, die Parteien bei einem gesetzlichen Rückgewährschuldverhältnis grundsätzlich an ihrer Bewertung von vereinbarter Leistung und Gegenleistung festzuhalten; die objektiven Wertverhältnisse sollen dagegen nur ausnahmsweise dann maßgebend sein, wenn eine Bestimmung der Gegenleistung, also eine privatautonom ausgehandelte Entgeltabrede, fehlt (…). Als Gegenleistung für den Katalysator wurden 352 Euro vereinbart, die danach maßgebend wären. Allerdings hat der BGH nicht auf das ausgehandelte Entgelt abgestellt, wenn Unternehmensleistungen zu bewerten waren, die nach Haustürgeschäften aufgrund eines Partnervermittlungsvertrags oder eines Maklervertrags bis zum Widerruf erbracht wurden (BGHZ 185, 192; 194, 150). Grund war, dass solche Verträge wegen der Verhandlungssituation beim Haustürgeschäft typischerweise mit einem Überraschungsmoment und einer Überrumpelungsgefahr verbunden sind und durch den Widerruf die dabei beeinträchtigte Entschließungsfreiheit wieder hergestellt werden soll. BGH [52] Hiermit ist die Situation des Verbrauchers bei einem Fernabsatzvertrag nicht vergleichbar. Diese Art des Vertragsschlusses ist für ihn typischerweise nicht mit einem Überraschungsmoment verbunden und auch eine Übereilungsgefahr spielt hier keine wesentliche Rolle.

Somit bleibt es dabei, dass der verkaufte Katalysator mit 352 Euro zu bewerten und kein Gewinnanteil der V abzuziehen ist. Der V zustehende Gegenanspruch beläuft sich auf 202 Euro. Aufgrund der Aufrechnung vermindert sich der ursprünglich in Höhe von 387 Euro bestehende Anspruch des K um 202 Euro und beläuft sich auf 185 Euro.

III. Soweit K sich darauf beruft, der Katalysator mindere die Leistung des Pkw und sei deshalb mangelhaft, könnte ihm ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nach Rücktritt vom Kaufvertrag wegen eines Sachmangels zustehen (§§ 437 Nr. 2, 434, 323, 346 BGB). Bei diesem Anspruch würde die Verschlechterung der Kaufsache durch bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme nicht zu einer Verminderung des Rückzahlungsanspruchs führen (§ 346 II Nr. 3 BGB; dazu bereits oben II 2 a cc).

1. Da K im Schreiben vom 18. 2. ausdrücklich nur einen Widerruf und keinen Rücktritt erklärt hat, fragt es sich, ob die Widerrufserklärung auch als Rücktrittserklärung ausgelegt werden oder ein Rücktritt noch erklärt werden kann. Beides wurde von BGH [35] verneint: Mit dem Zugang der wirksamen Widerrufserklärung ist das Rückgewährschuldverhältnis mit den Rechtsfolgen nach § 357 BGB entstanden. Die getroffene Wahl dieses Gestaltungsrechts (vgl. dazu MünchKommBGB/Fritsche, 7. Aufl., § 355 Rn. 34) ist für den Verbraucher verbindlich. Kommt danach ein Rücktritt nicht mehr in Betracht, hätte eine Auslegung der Widerrufserklärung als Rücktrittserklärung keinen Sinn mehr. (Kritisch Schwab JuS 2017, 883, der aber gleichwohl empfiehlt, bei einem „Widerruf“ nur §§ 355 III, 357 zu prüfen.) Somit fehlt es bereits an einer Rücktrittserklärung.

2. Es ist auch nicht festgestellt, dass der Katalysator mangelhaft war. Dass bei seinem Einbau keine Leistungsminderung des Pkw eintritt, ist weder im Kaufvertrag vereinbart oder vorausgesetzt (§ 434 I 1, 2 Nr. 1 BGB) noch gehört es zur gewöhnlichen Verwendung eines Katalysators (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB). V als Verkäuferin konnte nicht wissen, bei welcher Art von Fahrzeug K den Katalysator verwenden wollte, so dass sie auch nicht dafür verantwortlich gemacht werden kann, dass das Gerät bei dem Mercedes-Benz des K die Motorleistung vermindert.

K hat keinen Anspruch aus § 346 BGB nach Rücktritt wegen eines Sachmangels.

IV. Für K bleibt es bei einem Anspruch wegen des Widerrufs und nach Abzug der Wertminderung in Höhe von 185 Euro.


Zusammenfassung