Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann
► Forderungsübergang im Versicherungsfall, § 86 VVG. ► Nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 II 2 BGB, unmittelbar und analog. ► Hauseigentümer als Störer i. S. des § 1004 BGB bei dem von einem Dritten verschuldeten Brand.
BGH Urteil vom 9. 2. 2018 (V ZR 311/16) NJW 2018, 1542
Fall (Brand im Doppelhaus)
E und N waren Eigentümer zweier aneinander gebauter Häuser. Im Auftrag des N führte der - als zuverlässig und sachkundig bekannte - Dachdeckermeister D am Flachdach des Hauses mit Hilfe eines Brenners Heißklebearbeiten durch. Nach dem vermeintlichen Abschluss der Arbeiten übersah D, dass sich ein Glutnest unter den geschweißten Bahnen gebildet hatte. Aus diesem entwickelte sich ein Brand, der alsbald das gesamte Haus erfasste. Der Feuerwehr gelang es nicht, das Haus zu retten, es brannte vollständig nieder. Die Flammen hatten auch auf das Haus des E übergegriffen, so dass dieses durch den Brand und die Löscharbeiten schwer beschädigt wurde. Dieses war bei der V-AG versichert. V zahlte an E Reparaturkosten in Höhe von 98.000 Euro.
V versuchte zunächst, bei D Ersatz des Betrages von 98.000 Euro zu erhalten. D war jedoch nicht ausreichend versichert und bereits wegen der Schadensersatzforderung des N in die Insolvenz geraten; er ist zahlungsunfähig. Nunmehr verlangt V Ersatz von N, weil das Feuer von seinem Haus ausgegangen sei. N beruft sich darauf, dass er D sorgfältig ausgesucht habe und ihn auch sonst kein Verschulden treffe. Er habe weder während der Arbeiten noch nach deren Abschluss eine Pflicht zur Beaufsichtigung des D gehabt; das Glutnest sei für ihn nicht erkennbar gewesen. Eine Gefährdungshaftung bestehe weder für Handwerker noch für eine von einem Haus ausgehende Brandgefahr. Ist der Anspruch der V gegen N auf Zahlung von 98.000 Euro begründet?
Lösung
Vorbemerkung: Der Fall ist auch abgedruckt in JZ 2018, 680; MDR 2018, 467. Er wird besprochen von Klöpfer/Meier NJW 2018, 1516; Ringshandl JZ 2018, 682; Koch MDR 2018, 961.
A. Ein eigener Anspruch kann der V-Versicherung gegen N nicht zustehen. Es kommt aber ein Anspruch in Betracht, der in der Person ihres Versicherungsnehmers E entstanden und auf sie übergegangen ist. § 86 I 1 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) bestimmt: Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Zwischen E und V bestand ein Versicherungsvertrag. Es ist ein Versicherungsfall eingetreten. V hat dem E die durch den Brand entstandenen Schäden in Höhe von 98.000 Euro ersetzt. Somit ist ein etwaiger Ersatzanspruch des E gegen N auf V übergegangen.
B. E müsste Gläubiger eines Ersatzanspruchs gegen N gewesen sein.
I. Einige Anspruchsgrundlagen können von vornherein ausgeschlossen werden.
1. Ein vertraglicher Anspruch stand E nicht zu, weil zwischen E und N kein Vertrag geschlossen wurde. Mangels schuldrechtlicher Beziehungen haftet N deshalb auch nicht über § 278 BGB für D als Erfüllungsgehilfen.
2. § 823 BGB greift nicht ein, weil N - wie er zutreffend geltend macht -, kein Verschulden an dem Brand traf.
3. Für § 836 I BGB fehlt es an der Voraussetzung, dass der Schaden durch den Einsturz eines Gebäudes oder durch die Ablösung von Teilen des Gebäudes entstanden ist. Außerdem könnte N sich gemäß § 836 I 2 BGB exkulpieren.
4. Ein Anspruch aus § 831 I BGB scheitert daran, dass D kein Verrichtungsgehilfe des N gewesen ist. Verrichtungsgehilfe ist nur, wer bei einer übertragenen Tätigkeit vom Willen des Geschäftsherren abhängig und dessen Weisungen unterworfen ist. Das trifft zwar auf einen Arbeitnehmer i. S. des § 611 a BGB zu, nicht jedoch auf einen selbständigen Handwerker als Werkunternehmer (§ 631 BGB) wie D. Außerdem war D zuverlässig und sachkundig, so dass N sich nach § 831 I 2 BGB exkulpieren könnte.
5. § 1004 BGB ist nicht auf eine Ersatzleistung, sondern auf Beseitigung und Unterlassung gerichtet.
II. E könnte ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch aus § 906 II 2 BGB zustehen. Die Voraussetzungen für diesen Anspruch ergeben sich nicht nur aus dieser Vorschrift selbst, sondern auch aus dem Zusammenhang, in dem Absatz 2 Satz 2 steht, also auch aus Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1. Danach bestehen für den Anspruch die folgenden Voraussetzungen: 1) Auf das Grundstück eines Eigentümers - im vorliegenden Fall des E - wirkt von einem anderen Grundstück - das des N - eine der in Absatz 1 Satz 1 aufgeführten Immissionen ein. 2) Die Einwirkung ist wesentlich und beeinträchtigt die Benutzung oder den Ertrag des gestörten Grundstücks über das zumutbare Maß hinaus. 3) Der Eigentümer des gestörten Grundstücks muss die Störung, weil sie auf einer ortsüblichen Benutzung des anderen Grundstücks beruht, nach Absatz 2 Satz 1 dulden. 4) Der Eigentümer oder Besitzer des anderen Grundstücks ist bezüglich der Immission Störer.
Der Vorschrift liegt der Gedanke zugrunde, dass der gestörte Eigentümer die Störung eigentlich nach § 1004 BGB abwehren kann, daran aber durch § 906 II 1 BGB gehindert wird; die dadurch auferlegte Duldung der Beeinträchtigung soll durch den Geldausgleich kompensiert werden (Klöpfer/Meier NJW 2018, 1517 unter 1). Weil der gestörte Eigentümer im Interesses des Nachbarn seinen Abwehranspruch „opfert“, wird § 906 II 2 BGB - in Parallele zum öffentlich-rechtlichen Enteignungs- und Aufopferungsanspruch - als privatrechtlicher Aufopferungsanspruch bezeichnet (Ringshandl JZ 2018, 683 unter II und Fn. 10; W estermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl. 2011, § 61 Rdnr. 25, S. 549; zum öffentlich-rechtlichen Aufopferungsanspruch BGH NJW 2017, 3384, Schulterverletzung ). Anwendungsfall ist, dass ein Gewerbebetrieb technisch nicht vermeidbaren Lärm verursacht, aber in einem Gewerbegebiet liegt, in dem ein solcher Lärm zugelassen und deshalb ortsüblich ist; dann kann der Eigentümer eines angrenzenden Mietshauses eine Entschädigung für einen geringeren Mietertrag verlangen.
1. Im vorliegenden Fall ist der Brand und der dadurch verursachte Schaden weder Folge einer Benutzung des Wohnhauses des N, noch ist er ortsüblich.
2. Vor allem brauchte E den Brand nicht zu dulden. Hätte es eine Möglichkeit gegeben, ihn mit rechtlichen Mitteln zu verhindern, hätte E davon Gebrauch machen können. Ihm wurde nicht auferlegt, den Abwehranspruch zu opfern, sondern er konnte den Abwehranspruch allein aus faktischen Gründen nicht durchsetzen.
Ein Anspruch aus unmittelbarer Anwendung des § 906 II 2 BGB besteht nicht.
III. Es kommt eine analoge Anwendung des § 906 II 2 BGB in Betracht.
§ 906 II 2 wird analog angewendet auf den Fall, dass eine rechtswidrige Einwirkung auf ein Grundstück erfolgt ist, die der Eigentümer nicht zu dulden brauchte, die er aber aus besonderen Gründen nicht verhindern konnte. BGH [5] Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch ist nach st. Rspr. des BGH gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, aus besonderen Gründen jedoch nicht gemäß § 1004 Abs. 1, § 862 Abs. 1 BGB unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen. Bisherige Anwendungsfälle waren (vgl. die Aufzählung in MünchKommBGB/Brückner, 7. Aufl. 2017, § 906 Rnr. 195 Fn. 472) BGHZ 72, 289, 85, 375, Vertiefungsschäden; 90, 255, Pestizide; 142, 66, Brandschaden; 144, 200, Störungen durch Drogenhilfezentrum; 147, 45, Besitzstörung; 155, 99, Leitungswasser; ferner BGHZ 155, 99; 157, 33, 44; NJW 2009, 3787; Bruns NJW 2018, 1013. (Diese Fälle sind häufiger als die Fälle unmittelbarer Anwendung des § 906 II 1 BGB; denn letztere sind nach dem Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG durch planungsrechtliche Maßnahmen zu vermeiden und werden in der Regel auch vermieden.)
Allgemein wird davon ausgegangen, dass es sich dabei um eine Analogie handelt. Die Gesetzeslücke folgt daraus, dass sich § 906 II 2 BGB auf den Fall beschränkt, dass ein Schaden wegen Ortsüblichkeit zu dulden ist, und dass das BGB den Fall, in dem der Schaden wegen Unabwendbarkeit eingetreten ist, nicht regelt. Sie ist planwidrig, weil im Fall der Unabwendbarkeit, in dem der Betroffene die Beeinträchtigung nicht einmal zu dulden braucht, erst recht ein Bedarf an einer Entschädigung besteht. Damit rechtfertigt sich auch der Analogieschluss. Allerdings ist die Analogie dem Grunde nach so weitgehend anerkannt, dass sie auch ohne nähere Begründung angewendet werden kann. Vermeiden kann man eine genauere Begründung auch dadurch, auf die richterliche Rechtsfortbildung verwiesen wird (so Jauernig JZ 1986, 611; Ringshandl JZ 2018, 683 unter II).
Nicht analog angewendet wird § 906 II 2 BGB, wenn für den zu behandelnden Fall ein geschlossenes Haftungssystem besteht (BGHZ 178, 90); § 906 II 2 analog ist also subsidiär. Ein solches System wurde bisher nur für das Planfeststellungsrecht nach § 74 II VwVfG, das Wasserrecht (§ 89 WHG) und teilweise das Bergrecht anerkannt (Klöpfer/Meier NJW 2018, 1517 unter b). Beim Nachbarrecht gibt es kein umfassendes Haftungssystem (BGH [14]). Folglich sind die Voraussetzungen für § 906 II 2 BGB analog zu prüfen.
1. Auf das Grundstück eines Eigentümers wird von einem anderen Grundstück aus rechtswidrig eingewirkt. Dabei sind Einwirkungen nicht nur, wie bei unmittelbarer Anwendung, die in § 906 I BGB aufgeführten Feinimmissionen, sondern auch Grobimmissionen wie ein Brand (BGHZ 142, 66; 155, 99; 157, 33; vgl. auch die Beispiele oben III). Der von dem Haus des N ausgegangene Brand war eine rechtswidrige Einwirkung.
2. Ein Brand, der einen Schaden über 98.000 Euro verursacht hat, enthält eine wesentliche Einwirkung auf das Haus des E und beeinträchtigt dessen Benutzung über das zumutbare Maß hinaus.
3. E brauchte den Brandschaden nicht zu dulden, konnte ihn aber aus faktischen Gründen nicht abwehren. BGH [10] E hatte keine tatsächliche Möglichkeit, das drohende Übergreifen des Brandes auf sein Grundstück durch die Geltendmachung von Abwehransprüchen gemäß §§ 1004 I, 862 I BGB zu verhindern.
4. Da § 906 II 2 BGB ein Ausgleich für den an sich gegebenen, aber weggefallenen Anspruch aus § 1004 BGB ist, muss der Nachbar, von dem die Einwirkungen ausgehen, Störer i. S. des § 1004 BGB sein. Die Störereigenschaft des Nachbareigentümers ist sowohl bei der unmittelbaren als auch bei der analogen Anwendung des § 906 II 2 BGB ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal. BGH [6] Weitere Voraussetzung des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs ist, dass der Anspruchsgegner als Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB zu qualifizieren ist (BGH NJW 2008, 992 Rn. 8 m. w. N.). Die Bedeutung dieser Voraussetzung besteht darin, dass einerseits die Störereigenschaft ausreicht, dass also ein Verschulden oder auch nur eine Sorgfaltspflichtverletzung nicht erforderlich ist (BGH [12]; Klöpfer/Meier NJW 2018, 1517 unter II, 1518 unter III). Andererseits reicht eine von dem Grundstück ausgehende Gefährdung nicht aus; § 906 II 2 BGB begründet keine Gefährdungshaftung.
a) Allgemein - vor allem auch im Polizei- und Ordnungsrecht - kann eine Person Handlungsstörer oder Zustandsstörer sein. Unmittelbarer Handlungsstörer wäre N, wenn er die Brandursache selbst gesetzt hätte; das ist aber nicht der Fall. Vielmehr war D unmittelbarer Handlungsstörer - und nach § 823 BGB verantwortlich -.
b) N könnte als Eigentümer seines Wohnhauses und Grundstücks Zustandsstörer sein. Grundsätzlich ist ein Eigentümer für den Zustand seines Grundstücks verantwortlich, aber im Zusammenhang mit § 906 II 2 BGB nicht uneingeschränkt. BGH [7] Die Störereigenschaft folgt nicht allein aus dem Eigentum oder Besitz an dem Grundstück, von dem die Einwirkung ausgeht. Erforderlich ist vielmehr, dass die Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers zurückgeht. Der BGH kombiniert also ein Element der Zustandshaftung mit einem der Handlungshaftung, spricht bei [12] ausdrücklich von der Verantwortlichkeit als mittelbarer Handlungsstörer. Insoweit weicht die privatrechtliche Beurteilung von der im Polizei- und Ordnungsrecht ab, wo Eigentum und Besitz für die Zustandshaftung ausreichen.
aa) Nach den konkreter auf die hier einschlägige Fallgruppe bezogenen Ausführungen BGH [7, 8] ist entscheidend, ob es Sachgründe gibt, dem Grundstückseigentümer oder -besitzer die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen… (st. Rspr., vgl. BGHZ 157, 33, 42; NJW-RR 2011, 739 Rn. 12 m. w. N.). Dafür kommt es darauf an, ob der Grundstückseigentümer oder -besitzer nach wertender Betrachtung für den gefahrenträchtigen Zustand seines Grundstücks verantwortlich ist, er also zurechenbar den störenden Zustand herbeigeführt hat (…). Wesentliche Zurechnungskriterien sind dabei u.a. die Veranlassung, die Gefahrenbeherrschung und die Vorteilsziehung (vgl. BGHZ 155, 99, 106; …). Bei natürlichen Immissionen ist entscheidend, ob sich die Nutzung des störenden Grundstücks im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält (vgl. BGHZ 157, 33, 42 m. w. N.). Sachgründe, die es rechtfertigen, dem Grundstückseigentümer oder -besitzer die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen und ihn damit als Störer zu qualifizieren, hat der BGH etwa bejaht, wenn ein Haus infolge eines technischen Defekts seiner elektrischen Geräte oder Leitungen in Brand gerät (BGHZ 142, 66, 70; NJW 2008, 992) oder Wasser infolge eines Rohrbruchs auf das Nachbargrundstück gelangt (BGHZ 155, 99, 105 f.).
bb) BGH [12] Im Fall des N steht der Annahme einer Verantwortlichkeit nicht entgegen, dass der Brand auf die Handlung eines Dritten, nämlich auf die Arbeiten des …beauftragten Werkunternehmers zurückzuführen ist. Mittelbarer Handlungsstörer ist auch derjenige, der die Beeinträchtigung des Nachbarn durch einen anderen in adäquater Weise durch seine Willensbetätigung verursacht (vgl. BGHZ 144, 200, 203 m. w. N.; NZM 2016, 735 Rn. 22). Entgegen der Auffassung des BerGer. kommt es für die Zurechnung des durch den Handwerker herbeigeführten gefahrträchtigen Zustands des Grundstücks nicht darauf an, ob N bei der Auswahl des Handwerkers Sorgfaltspflichten verletzt hat. Maßgeblich ist vielmehr, ob es Sachgründe gibt, die aufgetretene Störung dessen Verantwortungsbereich zuzurechnen. Das ist der Fall. N war derjenige, der die Vornahme von Dacharbeiten veranlasst hat und der aus den beauftragten Arbeiten Nutzen ziehen wollte (…). Dass er den Handwerker sorgfältig ausgesucht und ihm die konkrete Ausführungsart nicht vorgeschrieben hat, ändert nichts daran, dass er mit der Beauftragung von Dacharbeiten eine Gefahrenquelle geschaffen hat und damit der bei der Auftragsausführung verursachte Brand auf Umständen beruhte, die seinem Einflussbereich zuzurechnen sind.
cc) [13] Eine Einschränkung der Verantwortlichkeit hat BGH NJW 2006, 992 Rn. 5 beim Mieter vorgenommen. Danach kann der Eigentümer für Störungshandlungen seines Mieters nur verantwortlich gemacht werden, wenn er dem Mieter den Gebrauch seiner Sache mit der Erlaubnis zu störenden Handlungen überlassen hat oder es unterlässt, ihn von einem fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch abzuhalten. Maßgeblich hierfür ist die Überlegung, dass ausgleichspflichtig derjenige ist, der die Nutzungsart des Grundstücks bestimmt (…) und dass dies bei einem vermieteten Grundstück grundsätzlich der Mieter ist. Diese Grundsätze sind auf den von einem Grundstückseigentümer beauftragten Handwerker nicht übertragbar… Bei diesem behält der Grundstückseigentümer die Möglichkeit, jederzeit auf Art und Umfang der von dem Handwerker durchgeführten Arbeiten Einfluss zu nehmen (vgl. BGHZ 147, 45, 52). Deshalb bleibt er verantwortlich. (Wegen der Privilegierung beim Mieter ziehen Klöpfer/Meier NJW 2018, 1519 unter V in Betracht, dem Hauseigentümer zu empfehlen, dem Handwerker während der Arbeiten das Grundstück zu vermieten.)
c) Allerdings besteht gegenüber der BGH-Auffassung das Bedenken, dass das Beauftragen eines zuverlässigen Handwerkers mit notwendigen Reparaturarbeiten ein nur schwacher Grund ist, um dem Hauseigentümer vorzuhalten, er habe eine Gefahrenquelle geschaffen, und um ihn zum verantwortlichen Störer für den vom Handwerker verschuldeten Brand zu machen; praktisch normiere der BGH eine - nicht ohne gesetzliche Regelung zulässige - Gefährdungshaftung für Immobilien im Nachbarbereich (Klöpfer/Meier NJW 2018, 1517 unter 2; Ringshandl JZ 2018, 683 unter 2 und 684 unter IV). Auch wird dadurch dem Hauseigentümer, dessen Haus bereits dem Brand zum Opfer gefallen ist, auch noch die Verantwortung für den Schaden am Nachbarhaus und damit ein weiteres Opfer auferlegt (wobei er allerdings von den finanziellen Folgen entlastet wird, wenn von ihm abgeschlossene Gebäude- und Haftpflichtversicherungen sowohl den Schaden an seinem Haus als auch den am Nachbarhaus zu ersetzen haben; vgl. BGHZ 142, 66; Koch MDR 2018, 966; Ringshandl JZ 2018, 684 unter IV a. E.).
d) Trotz der Bedenken ist der im Urteil des BGH dargelegten Rechtsauffassung zu folgen, weil sie vertretbar ist und einer gefestigten Rechtsprechung entspricht. Somit ist N Störer i. S. des § 1004 BGB. Die Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch analog § 906 II 2 BGB liegen vor.
5. Zur Rechtsfolge: Inhalt und Umfang des Anspruchs aus § 906 II 2 BGB richten sich nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung (BGH NJW 2018, 1010; BGH Z 142, 66, 70 ff.; Klöpfer/Meier NJW 2018, 1518 unter c). Diese umfasst zumindest die eingetretenen Substanzschäden. Da es sich bei den 98.000 Euro um Reparaturkosten handelt, betreffen sie Substanzschäden und entsprechen der Rechtsfolge des § 906 II 2 BGB. (Nach Klöpfer/Meier NJW 2018, 1519 unter V sind bei Brandschäden die Ansprüche aus § 906 II 2 BGB deckungsgleich mit einem Schadensersatzanspruch.)
C. E ist somit Gläubiger eines Ausgleichsanspruchs in Höhe von 98.000 Euro geworden. Dieser Anspruch ist auf die V-Versicherung übergegangen. Der Anspruch der V gegen N ist begründet.
Zusammenfassung