Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Grundstückskauf, § 433 BGB. Grundstücksübereignung, §§ 873, 925 BGB. Notarielle Form, § 311 b BGB, bei nachträglicher Vertragsänderung. Bedeutung einer nach § 873 II BGB bindenden Auflassung

BGH
Urteil vom 14. 9. 2018 (V ZR 213/17) NJW 2018, 3523

Fall (Kaufpreisermäßigung)

Die V-GmbH, ein Bauträger, verkaufte mit notariellem Vertrag vom 4.Mai drei ältere Eigentumswohnungen an K zu einem Kaufpreis von 310.000 Euro. Die notarielle Urkunde enthielt - neben den Erklärungen über den Kaufabschluss - in Nr. 3 die Auflassungserklärungen von V und K sowie den Antrag des K auf Eintragung seines Eigentums im Grundbuch. Für die weitere Abwicklung wurde in Nr. 4 vereinbart, dass der Notar die Erklärungen nach Nr. 3 erst beim Grundbuchamt einreicht, wenn der Kaufpreis auf einem Treuhandkonto des Notars eingezahlt worden ist; diese Klausel bezweckt, dass das Eigentum erst dann auf den Käufer übergeht, wenn gesichert ist, dass der Verkäufer auch den Kaufpreis erhält. Bei dem Verkauf legten die Parteien zugrunde, dass V die Wohnungen sanieren lässt. Während dieser Arbeiten kam K zu der Ansicht, dass bei der Sanierung auf bestimmte, ursprünglich für notwendig erachtete Aufwendungen verzichtet werden kann. Unter Hinweis darauf verlangte K von V in einem Schreiben vom 24.Juli eine Herabsetzung des Kaufpreises um 30.000 Euro. Der Geschäftsführer der V vermerkte auf dem Schreiben „zur Kenntnis genommen und anerkannt“ und sandte eine Kopie davon an K, der daraufhin 280.000 Euro auf das im Kaufvertrag angegebene Konto überwies. Als K den Notar aufforderte, die zur Eigentumsumschreibung erforderlichen Unterlagen beim Grundbuchamt einzureichen, lehnte dieser das mit der Begründung ab, der Kaufpreis sei von K nicht vollständig gezahlt worden. Die Ermäßigung des Kaufpreises sei für ihn erst beachtlich, wenn sie in die Urkunde vom 4.Mai aufgenommen sei. Dem hält K entgegen, beurkundungsbedürftig seien nur Vorgänge, die mit der Pflicht zur Übertragung des Grundstückseigentums zusammenhängen. Dazu gehöre eine Herabsetzung des Kaufpreises jedenfalls dann nicht mehr, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Verkäufer bereits die Auflassung erklärt und alles getan habe, damit das Eigentum auf den Käufer übergehen kann. V, der die Herabsetzung inzwischen für nicht mehr gerechtfertigt hält, schließt sich der Auffassung des Notars an und verlangt von K die Zahlung weiterer 30.000 Euro. Ist der Anspruch der V auf Zahlung weiterer 30.000 Euro berechtigt?

Lösung

Vorbemerkung: Das Urteil ist auch abgedruckt in MDR 2018, 1308. In NJW 2018, 3523 ist eine Anmerkung von Böttcher angefügt. Besprochen wird es von Schwab JuS 2019, 390; Stadler JA 2019, 545.

I. Ein Anspruch des V gegen K auf Zahlung weiterer 30.000 Euro kann sich aus einem Kaufvertrag (§ 433 II BGB) ergeben.

1. Die erforderliche Einigung über Kaufgegenstand (drei Eigentumswohnungen) und Kaufpreis (310.000 Euro) wurde durch Abschluss des Vertrages vom 4. 5. erzielt und entsprach dem § 433 BGB.

2. Der Vertrag bedurfte für seine Wirksamkeit einer notariellen Beurkundung nach § 311 b I BGB, wenn Eigentum an einem Grundstück übertragen werden sollte. Das ergibt sich nicht aus § 4 III Wohnungseigentumsgesetz (WEG), der auf § 311 b I BGB verweist, weil er nur bei einem Vertrag eingreift, durch den sich ein Teil verpflichtet, Sondereigentum zu erwerben. Der Erwerb einer Eigentumswohnung bedeutet aber nicht nur den Erwerb von Sondereigentum, sondern den Erwerb eines Miteigentumsanteils am gemeinschaftlichen Grundstückseigentum verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung (§ 1 II WEG); er fällt deshalb nicht unter § 4 III WEG. Jedoch ist nach h. M. Wohnungseigentum ein „echtes, als Verbindung von Alleineigentum mit Bruchteilseigentum ausgestaltetes Eigentum am Grundstück“ (Erman/Artz, BGB, 15. Aufl. 2017, Vorbem. § 873 Rdnr. 5 a unter Hinweis auf BGH NJW 1986, 1811 m. w. N.). Für den schuldrechtlichen Teil der Veräußerung gelten somit §§ 433, 311 b BGB. Die dingliche Übertragung erfolgt nach §§ 873, 925 BGB (Müller/Gruber, SachenR, 2016, Rdnr. 4202). Das Formerfordernis nach § 311 b BGB wurde dadurch gewahrt, dass der Vertrag vom 4. Mai notariell beurkundet wurde.

Somit ist durch den Abschluss des Vertrages vom 4.Mai ein Anspruch der V gegen K auf Zahlung von 310.000 Euro entstanden.

II. Die Überweisung von 280.000 Euro durch K hat insoweit eine Erfüllung (§ 362 I BGB) der Kaufpreisschuld bewirkt und zum Erlöschen des Anspruchs in Höhe dieses Betrages geführt.

III. Der danach noch verbliebene Kaufpreisanspruch in Höhe von 30.000 Euro könnte dadurch erloschen sein, dass V und K den Kaufpreis im Zusammenhang mit dem Schreiben des K vom 24. 7. um diesen Betrag herabgesetzt haben.

1. Nach § 311 I BGB ist nicht nur die Begründung eines Schuldverhältnisses, sondern auch dessen Änderung durch Vertrag kraft Vertragsfreiheit möglich. Einen solchen Änderungsvertrag haben V und K im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 24.7. geschlossen. Das Schreiben des K war ein Angebot, der Vermerk des zur Vertretung der V berechtigten Geschäftsführers (§ 35 I GmbHG) enthielt die Annahme, die durch Übersendung der Kopie dem K zugegangen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob K wegen verminderter Aufwendungen bei der Sanierung einen Anspruch auf Minderung hatte. Eine Herabsetzung des Kaufpreises können die Parteien auch ohne einen dahingehenden Anspruch des K vereinbaren.

2. Die Vertragsänderung könnte wegen Nichteinhaltung der in § 311 b I BGB vorgeschriebenen Form nach § 125, 1 BGB nichtig sein. Die Vertragsänderung im Anschluss an das Schreiben des K vom 24.7. ist lediglich schriftlich erfolgt und wurde nicht notariell beurkundet. Ihre Rechtswirksamkeit hängt deshalb davon ab, ob die Herabsetzung der Kaufpreisverpflichtung des K nach § 311 b I BGB formbedürftig war.

a) § 311 b BGB erwähnt - anders als § 311 I BGB („sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses“) - die Vertragsänderung nicht. Ob die Vorschrift die hier erfolgte Vertragsänderung erfasst, ist deshalb durch Auslegung zu entscheiden. Diese beginnt mit einer Auslegung nach dem Wortlaut und Wortsinn der Vorschrift.

aa) Aus dem Wortlaut des § 311 b I BGB ergibt sich, dass wesentlicher Gegenstand der formbedürftigen Erklärung die Verpflichtung ist, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen. Eine Änderung dieser Verpflichtung ist formbedürftig. Die Herabsetzung des Kaufpreises ist aber keine Änderung der Übereignungsverpflichtung, sondern lässt diese unberührt. Der Wortlaut des § 311 b I BGB lässt also eine Auslegung zu, nach der sich die Formbedürftigkeit einer Vertragsänderung auf die Fälle beschränkt, in denen die Übereignungspflicht verändert wird, und Änderungen des Vertrages, die die Übereignungspflicht nicht berühren, insbesondere die bloße Herabsetzung des Kaufpreises, keinem Formzwang unterwirft.

bb) Andererseits ist beim Vertragsschluss nach § 311 b BGB der gesamte Vertrag zu beurkunden, also auch der Kaufpreis. Deshalb könnte auch eine Änderung anderer Teile des Vertrages, insbesondere der Kaufpreisregelung, unter das Formgebot fallen. Der Wortlaut des § 311 b I BGB lässt deshalb bei Vertragsänderungen auch die Auslegung zu, dass jede Änderung formbedürftig ist, auch die Herabsetzung des Kaufpreises. Wenn § 311 b I BGB die Beurkundung des ganzen Vertrages vorschreibt, liegt es sogar nahe, auch bei Änderungen auf den ganzen Vertrag abzustellen. Eine endgültige Entscheidung über die Formbedürftigkeit der hier vorgenommenen Änderung lässt sich der Wortlautauslegung aber nicht entnehmen.

b) Bei der weiteren Auslegung ist auf den Sinn und Zweck der Vorschrift abzustellen.

BGH [12] Die Beurkundungspflicht soll den Beweis über die Art und den Inhalt der Vereinbarungen sichern, den Veräußerer und den Erwerber vor übereilten Verträgen bewahren, sie auf die Wichtigkeit des Geschäfts hinweisen und ihnen durch die Mitwirkung des sachkundigen und unparteiischen Notars die Möglichkeit rechtskundiger Belehrung und Beratung eröffnen (Beweisfunktion; Warn- und Schutzfunktion; vgl. BGHZ 69, 266, 269; … 87, 150, 153; DNotZ 2017, 48 Rn. 8). Mit der Durchführung eines strengen Regeln unterworfenen Beurkundungsverfahrens, insbesondere durch die dem Notar in §§ 17 ff. BeurkG auferlegten Prüfungs- und Belehrungspflichten, soll sichergestellt werden, dass der Inhalt der Urkunde dem Willen der mit der rechtlichen Tragweite vertraut gemachten Beteiligten entspricht (Gewährsfunktion; vgl. BGH DNotZ 2017, 48 Rn. 8). Nach § 17 I BeurkG soll der Notar den Willen der Beteiligten erforschen, den Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben. Er soll darauf achten, dass unerfahrene Beteiligte nicht benachteiligt werden.

Das Bedürfnis, Vertragsänderungen zum Zwecke des Beweises zu sichern und den dadurch belasteten Vertragsteil vor für ihn negativen Rechtsfolgen zu warnen und zu schützen, kann auch bei anderen Vereinbarungen in einem Grundstückskaufvertrag als bei der Eigentumsübertragungspflicht bestehen. Es kann sogar stärker sein als beim erstmaligen Vertragsschluss, weil mit dem ursprünglichen Vertrag ein dem damaligen Willen der Parteien entsprechendes Regelwerk vorhanden war und Abweichungen davon einer besonderen Begründung bedürfen, auf die der Notar hinwirken kann. BGH [5] Dem Formzwang des § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB unterliegen alle Vereinbarungen, die nach dem Willen der Parteien zu dem schuldrechtlichen Übereignungsgeschäft gehören (st. Rspr., vgl. BGHZ 63, 359, 361;…74, 346, 348; NJW 1981, 222). § 311 b Abs. 1 BGB findet deshalb grundsätzlich auf Vereinbarungen Anwendung, durch die ein schon beurkundeter Grundstückskaufvertrag nachträglich geändert wird (…). Daher ist eine nachträgliche Herabsetzung des beurkundeten Kaufpreises, wie sie hier vereinbart wurde, an sich formbedürftig (vgl. BGH WM 1982, 157, 158 m. w. N.; Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl. 2019, § 311 b Rdnr. 41).

c) Von diesem Grundsatz gibt es aber Ausnahmen.

aa) Formfrei sind Änderungen, die der Behebung von Abwicklungsschwierigkeiten dienen (Palandt/Grüneberg, § 311 b Rdnr. 43). Das sind nach BGH [5] nachträgliche Änderungen, die lediglich der Beseitigung einer bei der Abwicklung des Geschäfts unvorhergesehen aufgetretenen Schwierigkeit dienen, ohne die beiderseitigen Verpflichtungen wesentlich zu verändern (vgl. BGH WM 1982, 157, 158 m. w. N.;…NJW 2001, 1932, 1933). Im vorliegenden Fall ist K zu der Ansicht gekommen, dass bei der Sanierung bestimmte Aufwendungen sich als nicht notwendig erwiesen haben. V ist dieser Einschätzung zunächst gefolgt, ist später davon aber wieder abgerückt. Eine unvorhergesehene Schwierigkeit kann darin nicht gesehen werden. Auch bedeutet eine Herabsetzung des Kaufpreises um 30.000 Euro, also um ca. 10 % des ursprünglichen Kaufpreises, keine unwesentliche Veränderung.

bb) Nicht formbedürftig sind Änderungen, die nach Erfüllung des Vertrages erfolgen und nicht erneut unter den Tatbestand des § 311 b BGB fallen (Palandt/Grüneberg, § 311 b Rdnr. 44). Denn dann besteht im Hinblick auf den ursprünglich geschlossenen und durch Erfüllung abgewickelten Vertrag weder ein Beweisbedürfnis noch ein Bedürfnis nach Warnung und Schutz der Beteiligten. Die auf der Grundlage des Schreibens vom 4. Juli vorgenommene Änderung fällt nicht unter diese Ausnahme, weil eine Erfüllung i. S. des § 362 I BGB noch nicht eingetreten war. Zwar hat V die Auflassung erklärt und damit seine Leistungshandlung vorgenommen. Nach § 433 I 1 BGB schuldete er aber auch die Eigentumsverschaffung als Leistungserfolg; Eigentum an den Wohnungen war jedenfalls am 24.7. formfrei möglich sind, vorverlegt werden, indem auf die nach §§ 873 II, 925 I 1 BGB durch die Auflassung eingetretene Bindung abgestellt und von diesem Zeitpunkt ab eine formfreie Änderung zugelassen wird. Im vorliegenden Fall sind die Auflassungserklärungen von V und K abgegeben und notariell beurkundet worden; sie waren daher nach § 873 II BGB bindend. Ob eine daran anknüpfende Ausnahme anzuerkennen ist, ist umstritten.

a) Eine in der Literatur vielfach vertretene Auffassung erkennt eine solche Ausnahme nicht an. BGH [7] verweist dazu u. a. auf BeckOGK/Schreindorfer, BGB, Stand: 1.9.2018, § 311 b Rn. 242 ff.; Erman/Grziwotz, BGB, 15. Aufl., § 311 b Rn. 59; MüKoBGB/Kanzleiter, 7. Aufl., § 311 b Rn. 59; Staudinger/Schumacher, BGB [2018], § 311 b Rn. 206 ff. Dieser Auffassung war im vorliegenden Fall auch das BerGer. (OLG Stuttgart) gefolgt, dessen Ausführungen von BGH [3] wie folgt wiedergegeben werden: Die nachträgliche Änderung der Kaufpreisvereinbarung ist auch dann formbedürftig, wenn sie nach der Auflassung und vor der Eigentumsumschreibung erfolgt. Für die Beurkundungspflicht solcher Änderungen sprechen der Wortlaut, die Systematik und der Zweck des § 311 b Abs. 1 BGB. Die Beweisfunktion der Beurkundung ist in der Zeit zwischen Auflassung und Eigentumsumschreibung nach wie vor relevant. Auch die Warnfunktion der Beurkundung und das Schutzbedürfnis von Veräußerer und Erwerber vor übereilten Entscheidungen kommen bei einer Änderung eines notariell beurkundeten Vertrags nach Auflassung und vor Eintragung zum Tragen. Das gilt insbesondere dann, wenn, wie hier, die Kaufvertragsparteien den Notar angewiesen haben, Ausfertigungen oder beglaubigte Abschriften der Urkunde, welche die Auflassung enthält, erst bei Nachweis der Kaufpreiszahlung zu erteilen. Auch Schwab JuS 2019, 391/2 folgt dieser Auffassung.

b) Demgegenüber stellt der BGH in st. Rspr. darauf ab, dass bezogen auf die Eigentumsverschaffungspflicht des Verkäufers (§ 433 I BGB) und die Erwerbspflicht des Käufers (§ 433 II BGB) die Vertragsparteien nach der bindenden Auflassung und dem Antrag ans Grundbuchamt ihre Leistungshandlungen vorgenommen haben. Die auf die Grundstücksübertragung bezogene Beweis- und Schutzfunktion des § 311 b BGB hat sich damit erledigt. Insoweit könnte eine Beurkundung der Vertragsänderung nichts mehr bewirken.

BGH [13, 15] Die Parteien bedürfen des Schutzes nicht mehr, wenn der Zweck des § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB erreicht ist. Hiervon ist auszugehen, wenn die schuldrechtlichen Erklärungen von Veräußerer und Erwerber beurkundet worden sind und diese zudem die für die angestrebte Rechtsänderung erforderlichen (dinglichen) Erklärungen in bindender Form abgegeben haben. Das ist der Fall, wenn die Auflassung bindend geworden ist (§ 873 Abs. 2 BGB).…Dafür macht es keinen Unterschied, ob die Auflassung, wie heute regelmäßig, zusammen mit dem Kaufvertrag oder, wie früher, später beurkundet wird. Die für den Eintritt der Bindung nach § 873 Abs. 2 BGB einzuhaltenden Förmlichkeiten, insbesondere die Belehrung über die Bedeutung der Auflassung durch den beurkundenden Notar, gewährleisten, „dass nicht übereilt und leichtfertig über die Rechte an Grund und Boden verfügt wird“ (vgl. BGHZ 46, 398, 399; NJW 2012, 3372 Rn. 8).… Für die Frage der Formbedürftigkeit von nachträglichen Änderungen kommt es nicht auf die Erfüllung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB, sondern darauf an, dass die geschuldeten Leistungshandlungen unwiderruflich erbracht sind. Dazu gehört die Eintragung nicht, da sie eine behördliche Tätigkeit ist, die die Vertragsparteien aus Rechtsgründen nicht besorgen können (…). Mit der bindend gewordenen Auflassung haben Veräußerer und Erwerber alles getan, quasi einen Automatismus in Gang gesetzt, um den Eigentumswechsel zur Eintragung zu bringen. Das rechtfertigt es, den Schutzzweck des § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB als erreicht anzusehen und weitere Vereinbarungen der Parteien…von der Beurkundungspflicht auszunehmen.

Als weiteres Argument verweist BGH [16-18] darauf, dass die Bejahung der Formbedürftigkeit der Änderung im Zweifel zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages führen würde (§§ 125, 139 BGB). Es wäre nicht einmal eine Heilung nach § 311 b I 2 BGB durch Auflassung (und Eintragung im Grundbuch) möglich, weil die Änderung erst nach der Auflassung erfolgt ist. In solchem Fall hat die Auflassung keine heilende Wirkung, weil sie nicht in Erfüllung der formnichtigen Vereinbarungen erfolgt sein kann. Die heilende Wirkung von Auflassung und Eintragung erstreckt sich nur auf die Gesamtheit der vertraglichen Vereinbarungen, die bei der Auflassung Inhalt des Vertrages waren (mit Nachw., auch auf die a. A. in der Literatur). Dadurch würde eine Rechtslage eintreten, die der Klarheit und Rechtssicherheit im Rechtsverkehr abträglich wäre.

Für die Formfreiheit ist, wie ausgeführt, die Verbindlichkeit der Auflassung (§ 873 II BGB) maßgeblich. Ihr steht die im Vertrag vom 4.5. unter 4. getroffene Abrede, dass der Notar die Unterlagen erst beim Grundbuchamt einreicht, wenn der Kaufpreis auf einem Treuhandkonto eingezahlt worden ist; nicht entgegen. BGH [19-21] Um den Verkäufer davor zu schützen, dass er das Eigentum an seinem Grundstück verliert, ohne den Kaufpreis zu erhalten, wird meist eine Treuhandtätigkeit des Notars nach § 24 BNotO vereinbart. Dem Notar wird die Anweisung erteilt (vgl. § 53 Abs. 2 BeurkG), die Eintragung des Eigentumswechsels erst zu beantragen, wenn ihm die Zahlung des Kaufpreises nachgewiesen ist oder der Kaufpreis auf dem Notaranderkonto auszahlungsreif hinterlegt ist (Vorlagensperre)… In Betracht kommt auch, dass in der Kaufvertragsurkunde die Bewilligung der Eigentumsumschreibung noch nicht erklärt, sondern dem Notar Vollmacht erteilt wird, die Eintragungsbewilligung namens des Veräußerers zu erklären, sobald ihm die Kaufpreiszahlung nachgewiesen ist (Bewilligungslösung;…)…. Solche Abreden ändern nichts daran, dass die Auflassung ohne Vorbehalt erklärt wird und verbindlich ist. Denn nur so kann sie ihren Zweck, zu dem Eigentumsübergang zu führen, erfüllen. Insbesondere stellen Veräußerer und Erwerber ihre Einigungserklärungen nicht unter eine Bedingung, was unwirksam wäre (§ 925 Abs. 2 BGB). Es handelt sich vielmehr um vollzugstechnische Abreden, die gerade deshalb erforderlich sind, weil die Auflassung bindend ist.

Ergebnis: Die im Anschluss an das Schreiben des K vom 24.7. in Schriftform vorgenommene Herabsetzung des Kaufpreises brauchte nicht nach § 311 b BGB notariell beurkundet zu werden. Sie war deshalb wirksam und hat zu einer Verminderung des Kaufpreises um 30.000 Euro geführt. Der Anspruch der V auf Zahlung weiterer 30.000 Euro ist nicht berechtigt.


Zusammenfassung