Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann
► Bankrecht: Zahlungsdienstevertrag, §§ 675f - 675u BGB. ► Anspruch auf Wiedergutschrift einer Kontobelastung, § 675u I 2 BGB. ► Autorisierung eines Zahlungsvorgangs, § 675j I BGB. ► Abgabe und Zugang von Willenserklärungen, speziell: Zugang eines Überweisungsauftrages und dessen Widerruf, §§ 130, 675n BGB
BGH Urteil vom 19.3.2019 (XI ZR 280/17) NJW 2019, 2469 (für BGHZ vorgesehen)
Fall (Überweisung nach Widerruf)
K ist Kunde der B-Bank und unterhält bei ihrer Filiale an seinem Wohnort S ein Girokonto. Er stand in Geschäftsbeziehungen zu der polnischen Firma P, hatte dieser einen Auftrag erteilt und wollte ihr einen Vorschuss in Höhe von 30.000 Euro überweisen. Am Sonnabend, den 22. Februar, warf K einen Überweisungsauftrag über 30.000 Euro zugunsten der Firma P in den dafür vorgesehenen Sammelbehälter der zu dieser Zeit geöffneten Filiale der B ein. Am Ende der Öffnungszeit wurden die Überweisungsträger wie üblich zu einer Zentralstelle gebracht, wo diese am darauffolgenden Montag bearbeitet wurden. Noch am Nachmittag des 22. Februar, aber erst nach Schließung der Filiale der B, erfuhr K, dass sich die Firma P in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand; diese führten später zur Insolvenz der P.
Da die Ehefrau F des K als Innenbetriebsleiterin in der Filiale der B in S beschäftigt war, bat K sie am späten Nachmittag des 22.2., den Überweisungsauftrag am Montag noch vor Dienstbeginn sperren zu lassen. Er übergab ihr einen handschriftlichen Zettel, auf dem er die Zahlungsempfängerin P und die polnische Empfängerbank nebst IBAN der P notiert hatte. Den Überweisungsbetrag von 30.000 Euro teilte er ihr mündlich mit. Am Montag, den 24.2. gab F die Weisung ihres Ehemannes noch vor Öffnung der Filiale um 9.00 Uhr an ihre Kollegin G weiter, die um 8.57 Uhr mit der für den Widerruf von Überweisungsaufträgen zuständigen internen Hotline der B telefonisch Verbindung aufnahm, worauf die dort tätige Mitarbeiterin M eine Sperre für die Ausführung des Auftrags im System vermerkte. Gleichwohl wurde die Überweisung der 30.000 Euro noch am Montag vorgenommen, weil bei der Sperre ein Betrag von 20.000 Euro statt des auf dem Überweisungsauftrag angegebenen Betrages vermerkt worden war. Ob F, G oder M den falschen Betrag weitergegeben hat oder ob ein anderer Fehler vorlag, lässt sich nicht mehr aufklären. K und F behaupten, F habe der G den richtigen Betrag übermittelt. Die polnische Empfängerbank lehnte eine Erstattung des Betrages ab. B hat das Konto des K mit dem Betrag von 30.000 Euro belastet.
K verlangt von B die Wiedergutschrift der 30.000 Euro auf seinem Konto. Er ist der Auffassung, er habe den Auftrag rechtzeitig widerrufen. Seine Ehefrau habe Handlungsvollmacht für B gehabt und kraft dieser den Widerruf des Überweisungsauftrages bereits am Sonnabend und damit vor der Ausführung des Auftrags entgegengenommen. Zumindest habe der Widerruf die B noch am Montag vor Geschäftsbeginn erreicht, was ebenfalls noch rechtzeitig gewesen sei. Demgegenüber ist nach Auffassung der B der Überweisungsauftrag bereits am Sonnabend, spätestens aber am Montagmorgen noch vor dem Widerruf eingegangen, so dass der Widerruf verspätet gewesen sei. Ist der Anspruch des K begründet?
Die zwischen B und K verbindlich vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmen unter 13.1: „Geschäftstag. Die Bank unterhält den für die Ausführung von Zahlungen erforderlichen Geschäftsbetrieb an allen Werktagen, mit Ausnahme von Sonnabenden, dem 24. und 31. Dezember.“ – Weitere AGB haben für die Fallbearbeitung keine Bedeutung.
Lösung
I. Anspruchsgrundlage für den von K gegen die B-Bank geltend gemachten Anspruch auf Wiedergutschrift der abgebuchten 30.000 Euro ist § 675u Abs. 1 S. 2 BGB. Danach ist ein Zahlungsdienstleister, der einen nicht autorisierten Zahlungsvorgang ausgeführt und das Konto des Zahlers belastet hat, dem Zahler gegenüber verpflichtet, dessen Konto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die Belastung durch den nicht autorisierten Zahlungsvorgang befunden hätte.
1. Voraussetzung für § 675u BGB ist ein Zahlungsdienstevertrag. Diesen gibt es als Einzelvertrag (§ 675f I BGB) und als Rahmenvertrag (§ 675f II BGB). Der zwischen der B-Bank und K geschlossene Vertrag über die Einrichtung eines Girokontos ist ein Rahmenvertrag, weil er auf eine Mehrzahl von Überweisungen und Gutschriften gerichtet ist (Medicus/Lorenz, SchuldR II, 18. Aufl. 2018, § 43 Rdnr. 12; HK-BGB/Schulte-Nölke, 8. Aufl. 2014, § 675f Rdnr. 1). Nach diesem Vertrag ist die B-Bank Zahlungsdienstleister, K ist Zahlungsdienstnutzer und nach Erteilung eines Auftrags Zahler.
2. Durch die Überweisung der 30.000 Euro am Montag, den 24.2. hat B zu Lasten des K einen Zahlungsvorgang (§ 675f III 2 BGB) ausgeführt.
3. Um den Anspruch auf Wiedergutschrift auszulösen, muss die für den Zahlungsvorgang erforderliche Autorisierung gefehlt haben.
a) Nach § 675j I BGB ist ein Zahlungsvorgang gegenüber dem Zahler wirksam, wenn dieser zugestimmt hat (Autorisierung). Die Zustimmung kann entweder als (vorherige) Einwilligung oder, sofern das zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde, als (nachträgliche) Genehmigung erteilt werden (vgl. §§ 183, 184 BGB). Eine Vereinbarung zwischen B und K liegt nicht vor, auch hat K die Überweisung nicht nachträglich genehmigt. Deshalb kommt nur der Normalfall in Betracht, dass die Einwilligung durch einen Überweisungsauftrag erteilt wird (Palandt/Sprau, BGB, 79. Aufl. 2020, 675j Rdnr. 4), genauer (so Brox/Walker, Bes. SchuldR, 43. Aufl. 2019, § 29 Rdnr. 58): durch die Unterschrift auf einem Überweisungsträger.
K hat am Sonnabend, den 22.2. einen Überweisungsauftrag zugunsten der Firma P ausgefüllt und in der Filiale S der B in den dafür vorgesehenen Sammelbehälter, eine Art Briefkasten, eingeworfen. Der Überweisungsauftrag führt, weil bereits der Rahmenvertrag besteht, nicht zu einem weiteren Vertrag, sondern ist als Zahlungsauftrag (§ 675f III 2 BGB) eine Weisung innerhalb des bestehenden Vertrages (Medicus/Lorenz, SchuldR II, § 43 Rdnr. 8). Sie ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung (Palandt/Sprau § 675j Rdnr. 3). Diese löst eine Rechtsfolge nur aus, wenn sie rechtswirksam ist. Hierfür sind bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen Abgabe und Zugang der Erklärung erforderlich. Beim Zahlungsauftrag des K liegt die Abgabe, für die es keine gesetzliche Regelung gibt, in dem Einwerfen des Überweisungsauftrags in den Briefkasten der B-Filiale. Zum Zugang bestimmt § 675n I 1 BGB, dass ein Zahlungsauftrag wirksam wird, wenn er dem Zahlungsdienstleister zugeht. Bei den Voraussetzungen für den Zugang einer Willenserklärung ist zwischen nicht verkörperten (mündlichen) und verkörperten (schriftlichen) Erklärungen zu unterscheiden und weiterhin, ob sie unter Anwesenden oder Abwesenden abgegeben werden (MüKo/Einsele, 8. Aufl. 2018, Rdnrn. 16-30; Greiner/Kalle JZ 2018, 535/6; S. 537 ff. zum Zugang bei Verwendung elektronischer Kommunikationsformen). Beim schriftlich erteilten Überweisungsauftrag handelt es sich um die Abgabe einer verkörperten Erklärung und, da ein gesetzlicher Vertreter der B nicht anwesend war, in Abwesenheit des Empfängers; allgemein geregelt ist dieser Zugangsfall in § 130 I 1 BGB.
aa) BGH [21-23] Nach h. M. setzt der Zugang gemäß den zu § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB entwickelten Grundsätzen zu Erklärungen unter Abwesenden voraus, dass der Zahlungsauftrag so in den Machtbereich des Zahlungsdienstleisters gelangt, dass unter normalen Verhältnissen damit zu rechnen ist, er könne vom Inhalt der Erklärung Kenntnis erlangen (MünchKommBGB/Jungmann, 7. Aufl., § 675n Rn. 2, 11; Staudinger/ Omlor, BGB, Neubearbeitung 2012, § 675n Rn. 4 f.; Soergel/Werner, BGB, 13. Aufl., § 675n Rn. 2;…). Nimmt der Zahlungsdienstleister tatsächlich früher vom Zahlungsauftrag Kenntnis, so liegt darin zugleich der Zugang (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Aufl., § 130 Rn. 5)… K hat seinen Zahlungsauftrag während der Öffnungszeit der Filiale in S in den von B dafür bereitgestellten Sammelbehälter für Überweisungen eingeworfen, der regelmäßig nach Schließung der Filiale geleert wurde. Der Auftrag befand sich damit nicht nur in dem Macht- und Empfangsbereich der B, sondern wurde an diesem Tag als solcher auch tatsächlich in Empfang genommen, als Mitarbeiter der B aus dem Sammelbehälter den Überweisungsauftrag des K entnahmen und ihn zum Zwecke der Weiterbearbeitung an die Zentralstelle sandten.
bb) Allerdings wird hierzu vereinzelt vertreten, dass der Begriff des Zugangs in § 675n Abs. 1 Satz 1 BGB richtlinienkonform auszulegen sei… Danach sei lediglich der Eingang des Auftrags bei dem Zahlungsdienstleister erforderlich (Schinkels in Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl., Kapitel 16 Rn. 38, 42). Diesem Verständnis entspricht die Regelung in den AGB der Banken, wonach der Zugang durch den Eingang des Auftrags in den dafür vorgesehenen Empfangsvorrichtungen des Zahlungsdienstleisters erfolgt, ohne dass es auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme ankommt. Danach ist der Auftrag des K der B erst recht zugegangen, so dass es auf diese Streitfrage nicht ankommt (BGH [23]). Der Überweisungsauftrag ist der B zugegangen.
b) Nach den vorstehenden Ausführungen sind die Voraussetzungen für einen Zugang des Überweisungsauftrags am Sonnabend, den 22.2. erfüllt. Etwas anderes könnte sich aber daraus ergeben, dass nach den AGB der B der Sonnabend kein Geschäftstag ist und § 675n I 2 BGB bestimmt: „ Fällt der Zeitpunkt des Zugangs nicht auf einen Geschäftstag des Zahlungsdienstleisters des Zahlers, gilt der Zahlungsauftrag als am darauf folgenden Geschäftstag zugegangen.“ Der auf den Sonnabend folgende Geschäftstag ist der Montag. Wie diese Regelung sich zum unter a) gewonnenen Ergebnis verhält, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt (vgl. BGH [25]). Das BerGer. hatte dem § 675n I 2 BGB entnommen, dass ein Zugang erst am Montag erfolgt ist (vgl. BGH [13]). Der BGH entscheidet diese Frage dahin, dass zwischen dem Tatbestand des Zugangs zum tatsächlichen Zugangszeitpunkt und der Verschiebung des Zugangszeitpunktes durch § 675n I 2 BGB zu trennen ist. Danach ist der Zugangstatbestand am Sonnabend verwirklicht worden, soweit aber Rechtsfolgen vom Zugangszeitpunkt abhängen, ist gemäß § 675n I 2 BGB auf den Montag abzustellen. Dazu BGH [25-29]:
Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB („Fällt der Zeitpunkt des Zugangs nicht auf einen Geschäftstag…"), der gerade voraussetzt, dass ein Zugang an einem Tag stattgefunden hat, der nach der Organisation der Bank kein Geschäftstag ist (…). Danach bestimmt die Norm (allein) für einen nicht an einem Geschäftstag erfolgten Zugang einen vom tatsächlichen Zugangszeitpunkt abweichenden maßgeblichen Zeitpunkt für die aus dem Zugang resultierenden Rechtsfolgen.… Dies ergibt sich auch aus einer systematischen Auslegung der in § 675n Abs. 1 BGB getroffenen Regelungen: § 675n Abs. 1 Satz 3 BGB ermöglicht dem Zahlungsdienstleister eine Verlegung des Eingangszeitpunkts für Zahlungsaufträge, die nahe am Ende eines Geschäftstags eingehen. Danach kann der Zahlungsdienstleister festlegen, dass solche Zahlungsaufträge als am darauf folgenden Geschäftstag zugegangen gelten. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt voraus, dass der Zahlungsauftrag dem Zahlungsdienstleister am Geschäftstag zugegangen ist, um aufgrund der Festlegung des Zahlungsdienstleisters erst am darauf folgenden Geschäftstag „als zugegangen zu gelten". Sinn dieser Regelung ist, den Beginn der strengen Frist des § 675s I BGB auf den nächsten Tag zu verschieben.
Sowohl § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB als auch § 675n Abs. 1 Satz 3 BGB erfordern damit für die Verlegung des grundsätzlich nach § 675n Abs. 1 Satz 1 BGB zu bestimmenden Zeitpunkts des Zugangs, dass letzterer entweder an einem Nicht-Geschäftstag (§ 675n Abs. 1 Satz 2 BGB) oder an einem Geschäftstag (§ 675n Abs. 1 Satz 3 BGB) bereits erfolgt ist.
c) Somit ändert § 675n I 2 BGB nichts daran, dass bei dem Überweisungsauftrag der Zugangstatbestand bereits am Sonnabend verwirklicht wurde. Auf der Grundlage der Überlegungen oben a) ist der Überweisungsauftrag wirksam geworden und hat die Autorisierungswirkung ausgelöst. Für die Rechtsfolgen gilt die Zeitpunktverschiebung nach § 675f I 2 BGB; welcher genaue Zeitpunkt danach maßgebend ist, wird im Zusammenhang mit dem Widerruf unten II 3 behandelt.
II. Jedoch entfällt die Autorisierungswirkung des Überweisungsauftrags, wenn K den Auftrag rechtzeitig widerrufen hat. In Übereinstimmung mit der allgemeinen Regelung in § 130 I 2 BGB bestimmt § 675j II BGB, dass die in dem Zahlungsauftrag liegende Zustimmung vom Zahler durch Erklärung gegenüber dem Zahlungsdienstleister solange widerrufen werden kann, wie der Zahlungsauftrag noch nicht unwiderruflich geworden ist.
1. Als K seine Ehefrau am späten Nachmittag des 22.2. gebeten hat, den Überweisungsauftrag am Montag noch vor Dienstbeginn sperren zu lassen und ihr einen handschriftlichen Zettel ausgehändigt hat, hat er einen Widerruf formuliert. Der Widerruf bedarf keiner besonderen Form. Dass der Überweisungsbetrag lediglich mündlich mitgeteilt wurde, ist unschädlich, weil der zu widerrufende Auftrag durch Angabe des Zahlungsempfängers P und die polnische Empfängerbank nebst IBAN der P ausreichend identifiziert wurde.
2. Der Widerruf müsste abgegeben und der B zugegangen sein. Dabei ist auch der Zeitpunkt wesentlich, weil ein Widerruf, der erst nach dem Zugang des Auftrags erfolgt ist, nach § 675p I BGB nicht mehr möglich war. Es kommt deshalb auf das zeitliche Verhältnis zwischen dem Zugang des Auftrags und dem des Widerrufs an.
a) Abgabe und Zugang sind bereits am Sonnabend erfolgt, wenn Frau F den Widerruf von K kraft einer Handlungsvollmacht als Vertreterin der B (§ 164 III, I BGB) entgegengenommen hat. Ob F eine solche Handlungsvollmacht hatte, ist nicht bekannt, kann aber offen bleiben. BGH [18] Denn selbst wenn F Handlungsvollmacht gehabt hätte, erstreckte sich eine solche Vollmacht nach § 54 Abs. 1 HGB nur auf Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb des Handelsgewerbes oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringen (…). Dazu zählt nicht die Entgegennahme von rechtsgeschäftlichen Erklärungen außerhalb des zugewiesenen Arbeitsplatzes und außerhalb der für die Mitarbeiter vorgesehenen Arbeitszeiten….
b) Auch als Empfangsbotin für B hat F nicht gehandelt. Vielmehr hat sie den Widerruf am Montag als Erklärungsbotin des K weitergeleitet. BGH [17] Sie hat eine von K abgegebene Willenserklärung übermittelt und stand im Lager des K. Dies ergibt sich auch daraus, dass die Ehefrau des K die entsprechende Bitte ihres Ehemanns nicht selbst umgesetzt hat, sondern zuständigkeitshalber an ihre Kollegin G weitergeleitet hat….
c) Der Widerruf ist deshalb am Montag, den 24.2. kurz vor 9:00 Uhr von F der Bankangestellten G gegenüber erklärt worden und zugleich der B zugegangen.
3. Da der Widerruf nach Zugang des Zahlungsauftrags nicht mehr wirksam erfolgen konnte (§ 675p I BGB), ist der - oben I 3 c noch offen gebliebene - genaue Zeitpunkt des Zugangs des Überweisungsauftrags zu bestimmen.
a) Die oben I 3 b behandelte Vorschrift des § 675n I 2 BGB, nach der ein an einem Nicht-Geschäftstag zugegangener Auftrag als am nächsten Geschäftstag zugegangen gilt, ist auch im Zusammenhang mit dem Widerruf anwendbar. BGH [32] Wird durch § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB der Zeitpunkt des Zugangs und damit der Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Auftrags auf den darauf folgenden Geschäftstag verschoben, entspricht es dem Grundgedanken des § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass der Zahlungsdienstenutzer in diesem Fall bis zum hinausgeschobenen Zeitpunkt den Auftrag widerrufen kann. LS 3: Die Geschäftstagsregelung des § 675n Abs. 1 Satz 2 BGB gilt auch im Rahmen des § 675p Abs. 1 BGB bei der Frage der Unwiderruflichkeit eines Zahlungsauftrags.
b) Da die Verschiebung auf den nächsten Geschäftstag erfolgt, hängt der genaue Zeitpunkt, in dem Überweisungsauftrag des K am Montag zugegangen ist, vom Begriff des Geschäftstages ab. Nach § 675n I 4 BGB ist Geschäftstag jeder Tag, an dem der Zahlungsdienstleister den für die Ausführung von Zahlungsvorgängen erforderlichen Geschäftsbetrieb unterhält.
aa) Teilweise wird vertreten, wegen der Bezugnahme auf den Geschäftsbetrieb werde nur der Zeitraum erfasst, in dem ein Geschäftsbetrieb stattfindet, was nur während der Öffnungs- und Arbeitszeiten der Bank der Fall ist (MünchKommBGB/Jungmann, 7. Aufl., § 675n Rn. 26, 41; Staudinger/Omlor, BGB, Neubearbeitung 2012, § 675n Rn. 10; Soergel/Werner, BGB, 13. Aufl., § 675n Rn. 2); danach wäre der Auftrag erst am Montag um 9:00 Uhr eingegangen und der Widerruf kurz vor 9:00 Uhr noch rechtzeitig gewesen.
bb) Dagegen ist nach der Auffassung des BGH wesentlich auf den Begriffsteil „Tag“ abzustellen. Bereits aus dem Wortlaut von „Tag“ ergibt sich, dass eine tageweise Bestimmung zu erfolgen hat. Auch der in den allgemeinen Vorschriften der §§ 187 ff. BGB mehrfach verwendete Begriff des Tages meint den gesamten Tag und nicht nur die übliche Öffnungs- oder Arbeitszeit. [36-43] Entsprechend den Grundsätzen der §§ 187 Abs. 1, 188 BGB beginnt er um 0.00 Uhr und endet um 24.00 Uhr…Auch in den weiteren Vorschriften der Zahlungsdiensterichtlinie sowie den entsprechend umgesetzten nationalen Normen wird ausnahmslos der Geschäftstag als (voller) Kalendertag verstanden.…So ordnet § 675s Abs. 1 Satz 1 BGB an, dass der Betrag, der Gegenstand des Zahlungsvorgangs ist, spätestens am Ende des folgenden Geschäftstags dem Konto des Zahlungsempfängers gutgeschrieben wird. Die Wendung „Ende des folgenden Geschäftstags" meint erkennbar nicht das Ende des Arbeitstages, sondern das Ende des Kalendertages. Weiter können nach § 675s Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB der Zahler und der Zahlungsdienstleister eine Frist von maximal vier Geschäftstagen vereinbaren oder die Frist für in Papierform ausgelöste Zahlungsvorgänge um einen weiteren Geschäftstag verlängern. Eine Frist bezeichnet einen Zeitraum, innerhalb dessen oder nach dem ein bestimmtes Ereignis eintreten oder eine bestimmte Handlung, hier: die Ausführung des Zahlungsvorgangs, vorgenommen werden soll. Würde Geschäftstag mit dem Zeitraum gleichgesetzt, in dem der Zahlungsdienstleister den Geschäftsbetrieb zur Ausführung des jeweiligen Zahlungsvorgangs vorhält, müsste konsequenterweise nur diese Zeit zu einer zeitlichen Verlängerung führen. Ein solches Verständnis legen die Vorschriften indes nicht zugrunde… Auch § 675x Abs. 5 BGB, wonach eine Verpflichtung zur Erstattung oder Mitteilung der Ablehnung „innerhalb von zehn Geschäftstagen" nach Erhalt eines Erstattungsverlangens besteht, setzt volle Kalendertage voraus.
4. Somit ist der Zahlungsauftrag des K am Montag, den 24.2. 0.00 Uhr eingegangen. Der erst kurz vor 9:00 Uhr zugegangene Widerruf war verspätet und hat die Autorisierung des Zahlungsvorgangs der B nicht beseitigt. Vielmehr war dieser autorisiert, so dass die Voraussetzungen des § 675u I 2 BGB nicht vorliegen. Der von K gegenüber der B geltend gemachte Anspruch auf Wiedergutschrift der 30.000 Euro ist nicht begründet.
Ergänzender Hinweis: Mit Zugangsproblemen befassen sich auch BAG NJW 2019, 3666, dazu Bruns NJW 2019, 3618, = JZ 2020, 47 mit Anmerkung Foerste S. 49, Besprechung Boemke JuS 2020, 266, speziell zu der Frage, wann nach der Verkehrsanschauung mit der Kenntnis einer in den Hausbriefkasten eingeworfenen schriftlichen Willenserklärung (Kündigungsschreiben) zu rechnen ist.
Zusammenfassung