Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Sachmangel, § 434 BGB. Anspruch des Käufers auf Nacherfüllung durch Ersatzlieferung, §§ 437 Nr. 1, 439 I Alt. 2 BGB). Verhältnis zur Nacherfüllung durch Mangelbeseitigung (Nachbesserung), § 439 I Alt. 1 BGB. Eigenmächtige Mangelbeseitigung durch Verkäufer. Unverhältnismäßigkeit der Kosten, § 439 IV BGB

BGH
Urteil vom 24. 10. 2018 (VIII ZR 66/17) NJW 2019, 292 (für BGHZ vorgesehen)

Fall (Überhitzungsanzeige)

Zu Beginn des Jahres 2018 kaufte K von einer Zweigniederlassung der B-AG einen von der B-AG hergestellten fabrikneuen SUV-Pkw der Modellreihe B3 zum Preis von 40.000 Euro; anschließend wurde dieser geliefert und von K bezahlt. Wie alle Fahrzeuge dieser Modellreihe ist der Pkw mit einem Schaltgetriebe und einer Software ausgestattet, die bei drohender Überhitzung der Kupplung eine Warnung einblendet. Nachdem K den Pkw einige Zeit im Gebrauch hatte, erschien während der Fahrt auf dem Display des Fahrzeugs mehrfach ein Warnsignal und folgender Text: „Kupplungstemperatur! Vorsichtig anhalten und Kupplung abkühlen lassen. Der Vorgang kann bis zu 45 Minuten dauern. Nach Erlöschen der Meldung ist die Weiterfahrt möglich." K nahm zutreffend an, dass jedenfalls in der Mehrzahl der Fälle, in denen die Warnung erfolgte, eine stärkere Überhitzung nicht vorlag. Er verlangte anlässlich eines Werkstattaufenthalts im Juli 2018 von B, die Elektronik so einzustellen, dass der Text nicht mehr ohne begründeten Anlass erscheint. B reagierte darauf mit dem Hinweis an K, dass nicht notwendig sei, bei Erscheinen der Warnmeldung das Fahrzeug anzuhalten, da die Kupplung auch im Fahrbetrieb abkühlen könne. Als die Warnmeldung weiterhin mehrfach auftrat, forderte K im August 2018 die B durch Anwaltsschreiben zur Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs des Modells B3 gegen Rückgabe des ausgelieferten Pkw auf. Nachdem B das abgelehnt hatte, hat K Klage erhoben. Anfang des Jahres 2019 brachte K den Pkw zur Durchführung eines routinemäßigen Kundendienstes in die Werkstatt der B. Dort wurde ohne Kenntnis des K ein seit Anfang 2019 zur Verfügung stehendes Software-Update aufgespielt, welches den Text der Warnmeldung wie folgt korrigiert: „Kupplung im Stand oder während der Fahrt abkühlen lassen. Häufiges Anfahren und längeres Fahren unterhalb Schrittgeschwindigkeit vermeiden. Nach Erlöschen dieser Meldung ist die Kupplung abgekühlt und nicht beschädigt."

K hält an seinem Ersatzlieferungsverlangen fest und weist noch darauf hin, dass er nicht darüber unterrichtet wurde, ob die - inzwischen nicht mehr erschienene - Überhitzungsanzeige gänzlich abgeschaltet wurde und deshalb auch nicht mehr vor einer drohenden Überhitzung warnt. B bestreitet, dass der Pkw jemals mangelhaft gewesen sei. Einem Ersatzlieferungsverlangen stehe auch entgegen, dass K sich im Juli 2018 verbindlich für eine Mangelbeseitigung entschieden habe, und dass die Fahrzeuge der Modellreihe B3 inzwischen mit einer veränderten und weiter verbesserten Software ausgestattet seien, so dass die Lieferung eines gleichartigen Pkw unmöglich sei. K dürfe auch nicht außer acht lassen, dass Anfang 2019 das Software-Update aufgespielt worden sei. Letztlich scheitere ein Anspruch auf eine Ersatzlieferung daran, dass die Lieferung eines Neuwagens bei ihr zu einem unverhältnismäßigen Schaden führe, weil der Pkw durch die Benutzung durch K bereits im August 2018 einen Wertverlust von 4. 000 Euro erlitten habe und seitdem noch weitere 3.000 Euro Wertverlust hinzugekommen seien. Wie ist über die Klage zu entscheiden?

Lösung

Hinweise: Gegenüber dem Originalfall wurden Veränderungen vorgenommen, u. a. bei der zeitlichen Zuordnung. Das ermöglicht, die gesetzlichen Vorschriften in der derzeit geltenden Fassung anzuwenden. Dem wurden auch die Originalzitate angepasst. - Der Fall wird besprochen von Markworth NJW 2019, 266; Looschelders JA 2019, 149; Arnold JuS 2019, 487; Kulke MDR 2019, 513.

K kann Lieferung eines neuen Fahrzeugs des Modells B3 gegen Rückgabe des ausgelieferten Pkw verlangen, wenn ihm ein Anspruch auf Nacherfüllung durch Ersatzlieferung eines mangelfreien Pkw zusteht (§§ 437 Nr. 1, 439 I Alt. 2 BGB). Den hierfür erforderlichen Kaufvertrag (§ 433 BGB) haben K und B Anfang 2018 geschlossen.

I. Für einen Anspruch aus §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB ist Voraussetzung, dass der gelieferte Pkw einen Mangel aufweist, wobei nur ein Sachmangel nach § 434 BGB in Betracht kommt. Eine bestimmte Beschaffenheit des Pkw wurde im Kaufvertrag nicht vereinbart (§ 434 I 1 BGB), auch lässt sich nicht feststellen, dass eine bestimmte Verwendung vorausgesetzt wurde (§ 434 I 2 Nr. 1 BGB). Somit kann sich ein Mangel nur aus § 434 I 2 Nr. 2 BGB ergeben.

1. Nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB ist die Sache mangelfrei, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Aus dem die „gewöhnliche Verwendung“ und die „Beschaffenheit“ verbindenden „und“ ergibt sich, dass ein Mangel vorliegt, wenn eine dieser beiden Voraussetzungen fehlt (BGH NJW 2013, 1671 Rdnr. 13; Medicus/Lorenz, SchuldR II Bes. Teil, 18. Aufl., § 6 Rdnr. 16).

a) BGH [29] Für die gewöhnliche Verwendung eignet sich ein Kraftfahrzeug grundsätzlich nur dann, wenn es…keine technischen Mängel aufweist, die die Zulassung zum Straßenverkehr hindern oder die Gebrauchsfähigkeit aufheben oder beeinträchtigen (vgl. BGH NJW 2017, 153 Rn. 15; NJW 2016, 3015 Rn. 40;… ).

aa) Dass die Kupplung des Pkw des K technische Mängel hat, weil sie zur Überhitzung neigt und dadurch ihre Funktionsfähigkeit verliert, ergibt sich aus dem Sachverhalt nicht. Vielmehr kann dem Hinweis der B von Juli 2018 und dem Anfang 2019 neu gefassten Warntext entnommen werden, dass sich die Kupplung im Falle einer Überhitzung im normalen Fahrbetrieb von selbst wieder abkühlt und keine Schäden auftreten. Allerdings klingt in Satz 2 des neuen Warntextes an, dass im Stop-und-Go-Verkehr eine schädliche Überhitzung eintreten kann. Da sich ein Stop-and-Go-Verkehr etwa bei einem längeren Stau auf der Autobahn nicht vermeiden lässt und eine Kupplung auch in dieser Situation funktionsfähig bleiben muss, wäre das ein technischer Mangel. Jedoch reicht die bloße Aufforderung in dem neuen Warntext, ein bestimmtes Fahrverhalten zu vermeiden, angesichts des Hinweises vom Juli 2018 und des Satzes 1 des neuen Warntextes nicht aus, um auf einen tatsächlich vorhandenen technischen Mangel des Kupplungssystems zu schließen. K hat einen solchen Mangel auch nicht geltend gemacht.

bb) K hat beanstandet, dass in der Mehrzahl der Fälle, in denen die Meldung erschien, eine Überhitzung nicht vorlag. Da diese Annahme laut Sachverhalt zutreffend war, ist davon auszugehen, dass die Software des Pkw den Fahrer öfters grundlos warnt und, da dieser nicht weiß, dass die Meldung unzutreffend ist, ihn für bis zu 45 Minuten an der Weiterfahrt hindert. Eine solche Fehlfunktion beeinträchtigt die Gebrauchsfähigkeit des Pkw. BGH [30, 31] Nach Auswertung eines Sachverständigengutachtens hat das BerGer. mit Recht angenommen, dass ein durchschnittlicher Fahrzeugführer einer solchen Aufforderung, die eine unmittelbare Reaktion verlangt, zur Vermeidung von Schäden nachkommen und das Fahrzeug anhalten wird; sodann wird er mit Rücksicht auf den weiteren Text der Warnmeldung abwarten, bis diese erlischt… Ein Anhalten des Fahrzeugs war indes zum Schutz der Kupplung tatsächlich nicht geboten… Dies blieb dem Fahrer jedoch verborgen. Die Aufforderung zum Anhalten des Fahrzeugs war daher irreführend und beeinträchtigte die gewöhnliche Verwendung des Fahrzeugs als Fortbewegungsmittel im öffentlichen Straßenverkehr.

b) BGH [33, 34] Das Fahrzeug wies - in Ansehung der irreführenden Softwaremeldung - bei Gefahrübergang auch nicht die Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten kann. Dem steht nicht entgegen, dass die von der Software…generierte irreführende Aufforderung, das Fahrzeug anzuhalten, um die Kupplung abkühlen zu lassen, dem maßgeblichen Softwarestand der betreffenden Fahrzeugserie entsprach. Denn § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB bezeichnet als Vergleichsmaßstab zur Beurteilung der Mangelfreiheit eines Kaufgegenstandes ausdrücklich die Beschaffenheit, die „bei Sachen der gleichen Art" üblich ist und die der Käufer „nach der Art der Sache" erwarten kann. Nach dieser Maßgabe ist nicht lediglich eine auf denselben Fahrzeugtyp des Herstellers bezogene fabrikatsinterne Betrachtung anzustellen, sondern ein herstellerübergreifender Vergleichsmaßstab heranzuziehen, der Serienfehler unberücksichtigt lässt (vgl. BGH NJW 2009, 2056 Rn. 9 ff.; Beschluss vom 16. Mai 2017 - VIII ZR 102/16, juris Rn. 3).

c) BGH [28] Danach war das dem K gelieferte Neufahrzeug bei Gefahrübergang schon aufgrund der irreführenden Warnmeldung nicht frei von Sachmängeln. Es eignete sich weder für die gewöhnliche Verwendung noch wies es die Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).

2. Die Mangelhaftigkeit des Pkw bei der Auslieferung könnte dadurch entfallen sein, dass B im Juli 2018 erklärt hat, es sei nicht notwendig, bei Erscheinen der Warnmeldung das Fahrzeug anzuhalten. BGH [36] Zwar mag sich der Fahrzeugführer unter solchen Umständen veranlasst sehen, die irreführende Warnmeldung hinzunehmen, ohne die Fahrt zu unterbrechen. Eine bloß verbale Richtigstellung vermag jedoch nichts daran zu ändern, dass das dem K veräußerte Fahrzeug bei Gefahrübergang der nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB erforderlichen Sollbeschaffenheit nicht entsprach, denn Sollbeschaffenheit ist die Lieferung eines Fahrzeugs ohne Einblendung einer irreleitenden Warnmeldung. Daran ändert es nichts, wenn der Verkäufer, mag er auch der Hersteller des Fahrzeugs sein, dem Käufer mitteilt, die Warnung brauche nicht befolgt zu werden, denn Maßstab ist insoweit die objektiv berechtigte Käufererwartung (vgl. BGH NJW 2009, 2056 Rn. 11; siehe auch BGH NJW 2007, 1351 Rn. 21). Da der Käufer die Erwartung hat, dass ihm kein irreführender Text aufgespielt wird, ist die Mangelhaftigkeit nicht durch den Hinweis von Juli 2018 entfallen.

II. Der Anspruch auf Ersatzlieferung könnte dadurch ausgeschlossen sein, dass die von K anlässlich des Werkstattaufenthalts im Juli 2018 verlangte Nacherfüllung durch Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) bindend war. Das ist jedoch nicht der Fall, BGH [43-46]

1. Die Ausübung des…Nacherfüllungsanspruchs des Käufers ist - anders als die Ausübung des Rücktritts- und Minderungsrechts (vgl. BGH NJW 2018, 2863 Rn. 19, 28 f., Montagsauto; BGHZ 205, 151 Rn. 29) - gesetzlich nicht als (bindende) Gestaltungserklärung ausgeformt worden. Unter diesem Gesichtspunkt ist der Käufer daher nicht gehindert, von der zunächst gewählten Art der Nacherfüllung wieder Abstand zu nehmen.

2. Eine Bindung des Käufers an die zunächst gewählte Art der Nacherfüllung folgt auch nicht aus § 263 Abs. 2 BGB, wonach im Falle einer Wahlschuld (§ 262 BGB) die gewählte Leistung als die von Anfang an allein geschuldete gilt. Das Wahlrecht zwischen den verschiedenen Arten der Nacherfüllung ist entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung (so etwa BeckOK-BGB/Lorenz, Stand: 1. August 2018, § 262 Rn. 11; NK-BGB/Büdenbender, 3. Aufl., § 439 Rn. 19, 23) vom Gesetzgeber nicht als Wahlschuld ausgestaltet worden. Das steht in Einklang mit der im Schrifttum vorherrschenden Sichtweise (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl., § 439 Rn. 5; Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 262 Rn. 5; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2013, § 439 Rn. 9;…MünchKommBGB/Krüger, 7. Aufl., § 262 Rn. 13; Münch-KommBGB/Westermann, a. a. O., § 439 Rn. 4; jeweils m. w. N.). Allein die letztgenannte Auffassung entspricht dem Gesetzeszweck des § 439 Abs. 1 BGB, der dem Käufer eine Befugnis zur Auswahl gewährt und seine Rechte gegenüber dem Verkäufer erweitert. Entsprechend dieser Zielsetzung…hat es der Gesetzgeber des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes als legitim angesehen, den Käufer, der mit der Nacherfüllung das erhalten soll, was er vertraglich zu beanspruchen hat, entscheiden zu lassen, auf welche Weise das Vertragsziel der Lieferung einer mangelfreien Sache doch noch erreicht werden kann (BT-Drucks. 14/6040, S. 231…). Die beiden Arten der Nacherfüllung gemäß § 439 I BGB stehen also nebeneinander in sog. elektiver Konkurrenz (Kulke MDR 2019, 515; Markworth NJW 2019, 267, jeweils m. w. Nachw.). Außerdem hängt jeder Anspruch davon ab, dass der Käufer ihn geltend macht, und ist deshalb ein sog. verhaltener Anspruch (Markworth NJW 2019, 267 m. Nachw. Fn. 8, 9).

3. Eine Grenze für den Übergang von der einen Art der Nacherfüllung zur anderen ergibt sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). BGH [47-49] Im vorliegenden Fall liegt aber kein Verstoß vor, weil der Verkäufer die vom Käufer zunächst gewählte Nachbesserung nicht fachgerecht zuwege gebracht hat und aus diesem Grund die verkaufte Sache zur Zeit der Ausübung des Nachlieferungsverlangens nicht vertragsgerecht war. In einer solchen Fallgestaltung ist es umgekehrt dem Verkäufer unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, den Käufer an der ursprünglich getroffenen Wahl festzuhalten….

Somit konnte K von seinem ursprünglich geäußerten Beseitigungs- bzw. Nachbesserungsverlangen auf den Ersatzlieferungsanspruch übergehen.

III. Der Einwand der B, die derzeit hergestellten Fahrzeuge der Modellreihe B3 seien mit einer neuen Software ausgestattet, so dass sie kein gleichartiges Fahrzeug wie das von K gekaufte liefern könne, führt nicht zur Anwendung des § 275 I BGB. An die Unmöglichkeit in diesem Zusammenhang sind hohe Anforderungen zu stellen (Kulke MDR 2019, 515). BGH [41] Der Anspruch auf Ersatzlieferung (§ 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB) richtet sich darauf, dass anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache nunmehr eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und gleichwertige Sache zu liefern ist (vgl. BGHZ 195, 135 Rn. 24; 177, 224 Rn. 18; 168, 64 Rn. 23). In Anbetracht dessen sind mit einer korrigierten Software ausgerüstete Fahrzeuge der hier maßgeblichen Modellversion vom Ersatzlieferungsanspruch umfasst. Der Umstand, dass der Fehler der Fahrzeugsoftware…inzwischen beseitigt sei, bedeutet lediglich, dass die damit ausgerüsteten Fahrzeuge den hier festgestellten Sachmangel nicht mehr aufweisen. Nach Looschelders JA 2019, 150 „wäre es geradezu widersinnig, den Anspruch auf Ersatzlieferung daran scheitern zu lassen, dass neue Modelle den Mangel nicht mehr aufweisen.“

IV. Der Ersatzlieferungsanspruch nach § 439 I BGB entfällt, wenn der Verkäufer den Mangel rechtzeitig beseitigt hat.

1. Eine solche Beseitigung könnte darin gesehen werden, dass B Anfang 2019 ein Software-Update aufgespielt hat, welches den Text der Warnmeldung korrigiert hat, und dass die Warnmeldung inzwischen nicht mehr erscheint.

a) Jedoch hatte K mit der Wahl einer Nacherfüllung durch Ersatzlieferung im August 2018 ein dem § 439 I BGB entsprechendes Recht auf eine Ersatzlieferung erhalten, das B ihm nicht mehr einseitig entziehen konnte (Markworth NJW 2019, 267). BGH [53] Dem Verlangen des K nach einer Ersatzlieferung steht nicht entgegen, dass der Softwarefehler…während des Rechtsstreits behoben worden sein könnte. Denn § 439 Abs. 1 BGB schützt nicht allein das Interesse, eine mangelfreie Sache zu erhalten, sondern - den Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie entsprechend (Erwägungsgründe Nr. 10 Halbs. 1 und Nr. 11 Satz 1 sowie Art. 3 Abs. 2, 3, 5 der Richtlinie 1999/44/EG) - auch das Wahlrecht des Käufers zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung.

b) Auch in diesem Zusammenhang bildet der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Grenze für den Anspruch auf eine Ersatzlieferung. Der BGH bejaht ein treuwidriges Verhalten des Käufers, wenn dieser einer nachträglichen Reparatur zugestimmt hat und gleichwohl an dem Verlangen nach einer Ersatzlieferung festhält. [54, 55] K ist unter dem Gesichtspunkt treuwidrigen Verhaltens (§ 242 BGB) gehindert, an der durch das wirksam ausgeübte Verlangen nach Lieferung einer mangelfreien Sache erlangten Rechtsposition festzuhalten, sofern er mit einer Mangelbeseitigung durch Aktualisierung der Fahrzeugsoftware einverstanden war. Für den Nacherfüllungsanspruch des Käufers gilt insoweit nichts anderes als für den Rücktritt vom Kaufvertrag (siehe dazu BGH NJW 2009, 508 Rn. 23; 2017, 153 Rn. 31 f.). Ein solches Einverständnis lag jedoch nicht vor. Vielmehr ist das Aufspielen ohne Kenntnis des K erfolgt, und dieser hat auch nicht nachträglich zugestimmt. Eine nach Geltendmachung des Ersatzlieferungsanspruchs eigenmächtig vorgenommene Mangelbeseitigung durch den Verkäufer bleibt also folgenlos (Markworth NJW 2019, 269).

2. Das Aufspielen des neuen Warntextes hat auch deshalb nicht zu einer Beseitigung des Mangels geführt, weil K nicht weiß, ob die - inzwischen nicht mehr erschienene - Überhitzungsanzeige gänzlich abgeschaltet wurde und deshalb auch dann nicht mehr warnt, wenn eine schadensträchtige Überhitzung droht. Diese Unsicherheit beeinträchtigt weiterhin die Gebrauchstauglichkeit des Pkw.

V. Einem Ersatzlieferungsanspruch könnte entgegenstehen, dass der Pkw inzwischen einen Wertverlust erlitten hat, der im Falle der Lieferung eines neuen Pkw durch B bei dieser zu einem Schaden in dieser Höhe führen würde.

1. Ein Wertverlust allein steht einem Ersatzlieferungsanspruch nicht entgegen. Die Interessen des Verkäufers werden dadurch geschützt, dass er keine unverhältnismäßigen Kosten aufzuwenden braucht (§ 439 IV BGB; dazu noch nachfolgend 2.). BGH [51] Auch wenn bei der Nacherfüllung keine Wertersatzpflicht des Käufers für eine durch bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung besteht und bei einem (hier vorliegenden) Verbrauchsgüterkauf auch keine Wertersatzpflicht des Käufers für Nutzungen besteht (§ 475 III BGB: Nutzungen sind weder herauszugeben noch durch ihren Wert zu ersetzen ), ist es…nicht zu beanstanden, sondern im Gegenteil legitim, den Käufer entscheiden zu lassen, auf welche Weise er das Vertragsziel der Lieferung einer mangelfreien Sache erreichen möchte (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 231). Der Käufer ist dabei in seiner Wahl frei und kann das Wahlrecht grundsätzlich nach seinem Interesse ausüben, ohne das Interesse des Verkäufers in den Vordergrund stellen zu müssen (Staudinger/Matusche-Beckmann, § 439 Rn. 117; Palandt/Weidenkaff, § 439 Rn. 5).

2. Nach § 439 IV 1 BGB kann d er Verkäufer die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung aber verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind die in Satz 2 aufgeführten Kriterien mit heranzuziehen.

a) Zunächst ist zu entscheiden, auf welchen Zeitpunkt abzustellen ist, weil sich im vorliegenden Fall die Höhe des Wertverlustes vom August 2018 bis zur Entscheidung über die Klage verändert hat und außerdem die neue Software, die für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit möglicherweise eine Bedeutung hat, erst ab Anfang 2019 zur Verfügung stand. Die Zeitpunktfrage bei § 439 IV BGB ist umstritten und wird vom BGH unter [67-73] ausführlich behandelt (zum Streitstand auch Looschelders JA 2019, 151 Fn. 10-12). Ergebnis des BGH ist, dass die Geltendmachung des Nacherfüllungsverlangens der maßgebliche Zeitpunkt ist. Denn zu diesem Zeitpunkt muss der Verkäufer die Entscheidung treffen, ob er das Nacherfüllungsverlangen des Käufers als berechtigt ansieht oder ob er es ablehnen darf. Lehnt der Verkäufer ein berechtigtes Nacherfüllungsverlangen ab, so wäre es nicht gerechtfertigt, wenn danach eingetretene Kostensteigerungen dessen Rechtsstellung verbessern würden, indem er nunmehr die Ersatzlieferung verweigern könnte. BGH [72] Für die Feststellung der Unverhältnismäßigkeit der vom Käufer gewählten Art der Nacherfüllung ist grundsätzlich der Zugang des Nacherfüllungsverlangens maßgebend.

Somit ist im vorliegenden Fall auf den Zugang des Anwaltsschreibens bei B im August 2018 abzustellen. Daraus folgt, dass der Wertverlust des Pkw nur 4.000 Euro betrug, der weitere Wertverlust also unberücksichtigt bleibt und wirtschaftlich zu Lasten des B geht. Die seit Anfang 2019 zur Verfügung stehende Software bleibt außer Betracht.

b) Die Verhältnismäßigkeit ist bei § 439 IV BGB nicht, wie im öffentlichen Recht anhand eines Vergleichs zwischen Nutzen und Schaden einer Maßnahme zu prüfen, sondern ist (so BGH [59]) aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung und Würdigung aller maßgeblichen Umstände des konkreten Einzelfalls und unter Berücksichtigung der in § 439 Abs. 4 BGB genannten Kriterien festzustellen (vgl. BGHZ 200, 350 Rn. 41, 45…).

aa) Eines der Kriterien des § 439 IV 2 BGB ist „ die andere Art der Nacherfüllung“, d. h. im Fall des K die Nacherfüllung durch Nachbesserung gemäß § 439 I BGB. Jedoch darf nach BGH [76] der auf Ersatzlieferung in Anspruch genommene Verkäufer den Käufer nicht unter Ausübung der Einrede der Unverhältnismäßigkeit (§ 439 Abs. 4 BGB) auf Nachbesserung verweisen, wenn der Verkäufer den Mangel dadurch nicht vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigen kann. Denn die Nacherfüllung zielt darauf ab, die gekaufte Sache in einen vertragsgemäßen Zustand zu versetzen, wie er nach § 433 Abs. 1 Satz 2, § 434 Abs. 1 BGB geschuldet ist (vgl. BGHZ 163, 234, 242 f.; NJW 2013, 1365 Rn. 12;… MünchKommBGB/Westermann § 439 Rn. 10…). Da sich im August 2018 gezeigt hatte, dass B den Mangel nicht wie geschuldet hat beseitigen können, scheidet eine Verweisung auf die Nachbesserung aus.

bb) Von den in § 439 IV 2 BGB genannten Kriterien steht die Bedeutung des Mangels für den Käufer im Vordergrund. Sie war im Falle des K hoch, weil die grundlose Warnung, die das Weiterfahren für eine nicht unerhebliche Zeit verhinderte, die Gebrauchsfähigkeit des Pkw schwerwiegend beeinträchtigte. BGH [64, 65]) Zu Recht hat das BerGer. die Bedeutung der irreleitenden Warnmeldung als erheblich beurteilt und dies damit begründet, dass sie objektiv nicht gebotene Fahrtunterbrechungen von bis zu 45 Minuten verursache und die Gebrauchsfähigkeit des Fahrzeugs aus diesem Grunde spürbar eingeschränkt sei. Zwar hat sich, wie oben I 2 ausgeführt wurde, nach dem Hinweis der B im Juli 2018 die Befürchtung des K vor einem Schaden abgemildert, doch enthält die danach noch mehrfach aufgetretene, mit dem Hinweis in Widerspruch stehende Software-Warnung nach wie vor eine erhebliche Störung.

Wird diesem Umstand gegenübergestellt, dass sich der auf B entfallende Vermögensnachteil auf 4.000 Euro beläuft, ist die Wertung geboten, dass ein Verlust in dieser Höhe einem Autohersteller und -verkäufer, der ein mangelhaftes Auto geliefert hat und den Mangel nicht hat abstellen können, noch zuzumuten ist, um den Anspruch des Käufers auf eine mangelfreie Kaufsache zu erfüllen. Also sind die in der Wertminderung steckenden Kosten der B noch nicht unverhältnismäßig. § 439 IV BGB steht dem Anspruch des K nicht entgegen.

VI. Zu der nach § 439 V BGB erforderlichen Rückgabe des gelieferten Pkw ist K bereit. Somit hat K gegen B einen Anspruch auf Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs des Modells B3 gegen Rückgabe des ausgelieferten Pkw. Der von K erhobenen Klage ist stattzugeben.


Zusammenfassung