Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann
► Schenkung an Schwiegersohn, § 516 BGB; Abgrenzung zur unbenannten Zuwendung. ► Rückforderung einer Schenkung nach Trennung von Tochter und Schwiegersohn. ► Wegfall der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB; Voraussetzungen und Rechtsfolge; Vorrang der Anpassung; Voraussetzungen für Rücktritt
BGH Urteil vom 18. Juni 2019 (X ZR 107/16) NJW 2019, 3511 (für BGHZ bestimmt)
Fall (Trennung nach Hauskauf)
Frau T und Herr B lebten seit zehn Jahren in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen, als sich ihnen die Gelegenheit bot, ein gemeinsames Wohnhaus zu erwerben. Um den Kauf zu ermöglichen, versprach die Mutter K der T einen „Finanzierungsbeitrag für das Familienheim“ und überwies 100.000 Euro auf ein gemeinsames Konto von T und B. Es folgten Hauskauf, Grundbucheintrag von T und B als Eigentümer zu gleichen Teilen und Einzug in das Haus. Knapp zwei Jahre später trennten sich B und T. B zog aus; T wohnte noch etwas mehr als zwei Jahre in dem Haus.
Mutter K hoffte zunächst noch, dass die Trennung nur vorübergehend war. Als sie feststellte, dass sie endgültig war, erklärte sie gegenüber B, dass sie den auf ihn entfallenden Teil des Zuschusses in Höhe von 50.000 Euro zurückverlange. Bei der Zahlung habe sie erwartet, dass T und B lebenslänglich zusammen bleiben und das Haus nutzen, und habe das auch gesagt. B habe dem nicht widersprochen, so dass von einer dahingehenden Vereinbarung auszugehen sei. Die darin liegende Bedingung für die Schenkung sei nicht eingetreten, so dass der Finanzierungsbetrag zurückgezahlt werden müsse. B bestreitet nicht, dass auch er die Vorstellung eines längeren Zusammenlebens mit T hatte. Nach seiner Auffassung könne es jedoch für eine Rückzahlungspflicht nicht ausreichen, dass sich die Verhältnisse anders als erhofft entwickelt haben. Auch sei ihm kein Geldbetrag zugeflossen, sondern die Zuwendung sei ausschließlich für den Hauskauf bestimmt gewesen und dafür auch verwendet worden. In erster Linie sei der Zuschuss der K dazu bestimmt gewesen, ihrer Tochter T eine Wohnung zu verschaffen; da T fast vier Jahre in dem Haus gewohnt habe, sei dieser Zweck auch erreicht worden. Zumindest müsse der Rückzahlungsbetrag um einen diesen vier Jahren entsprechenden Teil gekürzt werden.
Kann K von B Zahlung von 50.000 Euro verlangen?
Lösung
Vorbemerkung: Das Urteil wird besprochen von Löhnig JA 2019, 865.
I. Anspruchsgrundlage für einen Anspruch der K gegen B auf Zahlung von K 50.000 Euro könnten §§ 530, 531 BGB sein. Nach § 530 I BGB kann eine Schenkung widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung des groben Undanks schuldig gemacht hat. Nach § 531 II BGB löst der Widerruf einen Herausgabeanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung aus.
1. Zwischen K und B müsste eine Schenkung erfolgt sein. § 516 I BGB definiert die Schenkung als Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, wobei beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.
a) Durch die Überweisung von 100.000 Euro auf ein gemeinsames Konto von T und B hat K den B durch eine Zuwendung aus ihrem Vermögen bereichert. Der Einwand des B, ihm sei kein Geld zugeflossen, ist unzutreffend, denn ihm ist nicht etwa ein Haus geschenkt worden, sondern Geld, wobei der Hauskauf Verwendungszweck des Geldes war. Da T und B, wie der spätere Hauserwerb zu gleichen Teilen zeigte, bereits B die 100.000 Euro zu gleichen Teilen erhalten sollten, entfielen auf B 50.000 Euro. K hatte erklärt, dass die Zahlung „als Finanzierungsbeitrag“, also unentgeltlich und nicht als Darlehen erfolgen sollte. Auch B hat spätestens durch die Annahme des Geldes deutlich gemacht, dass er die Zahlung als unentgeltliche Zuwendung entgegennehmen wollte. Danach handelte es sich um eine Schenkung.
b) Eine abweichende Beurteilung könnte wegen des Zusammenhangs mit den familiären Beziehungen der Beteiligten geboten sein.
aa) Zwischen Eheleuten - und innerhalb einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft - werden Leistungen für die gemeinsame Lebensführung nicht als Schenkung gewertet, sie sind auch sonst nicht auszugleichen (Henke/Keßler JuS 2011, 584).
bb) Darüber hinausgehende Leistungen eines Partners sind ebenfalls keine Schenkung, wenn der Zuwendende die Vorstellung hat, der zugewendete Gegenstand werde der Lebensgemeinschaft und damit auch ihm selbst zugutekommen, ihm also nicht verloren gehen. Bezeichnet werden sie als ehebezogene, ehebedingte oder unbenannte Zuwendungen ( BGHZ 177, 193, 198; Palandt/Weidenkaff, BGB, 78. Aufl. 2019, § 516 Rdnr. 10). Beispiel ist, dass einer der Partner dem anderen einen Anteil am gemeinsamen Wohnhaus überträgt.
Nach früherer Rechtsprechung des BGH war auch eine Zuwendung der Schwiegereltern an den Ehepartner des leiblichen Kindes wie eine unbenannte Zuwendung zu behandeln, was auch auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft im vorliegenden Fall übertragen werden könnte. Jedoch hat der BGH diese Rechtsprechung in BGHZ 184, 190 (ebenso NJW 2015, 1014 [14, 15]) aufgegeben und dazu in BGHZ 184, 190 [25] ausgeführt: Nach der neueren Rspr. des BGH handelt es sich bei unentgeltlichen Zuwendungen von Schwiegereltern nicht um unbenannte Zuwendungen, sondern um Schenkungen. Denn sie erfüllen auch dann sämtliche tatbestandlichen Voraussetzungen des § 516 Abs. 1 BGB, wenn sie um der Ehe des eigenen Kindes willen erfolgen. Insbesondere fehlt es nicht an einer mit der Zuwendung einhergehenden dauerhaften Vermögensminderung beim Zuwendenden, wie sie § 516 Abs. 1 BGB voraussetzt (…). Insoweit unterscheidet sich die Situation von der Vermögenslage, die durch ehebezogene Zuwendungen unter Ehegatten entsteht. Dort ist eine Schenkung regelmäßig deshalb zu verneinen, weil der zuwendende Ehegatte die Vorstellung hat, der zugewendete Gegenstand werde ihm letztlich nicht verlorengehen, sondern der ehelichen Lebensgemeinschaft und damit auch ihm selbst zugutekommen. Demgegenüber übertragen Schwiegereltern den zugewendeten Gegenstand in dem Bewusstsein auf das Schwiegerkind, künftig an dem Gegenstand nicht mehr selbst zu partizipieren. Die Zuwendung aus ihrem Vermögen hat also eine dauerhafte Verminderung desselben zur Folge.
Folglich bleibt es dabei, dass zwischen K und B eine Schenkung erfolgt ist (so BGH im vorliegenden Fall unter [10]).
2. Jedoch liegt der von § 530 BGB geforderte Widerrufsgrund nicht vor. B hat sich nicht durch eine schwere Verfehlung des groben Undanks schuldig gemacht. Der Sachverhalt enthält keine Angaben darüber, wie es zu der Trennung von T und B gekommen ist. Selbst wenn die Trennung von B ausgegangen wäre, könnte darin keine Verfehlung gesehen werden, da die Beendigung einer nichtehelichen Beziehung Gegenstand der freien Entscheidung ist und nicht als Undank gewertet werden kann. Ein Anspruch der K wegen groben Undanks des B scheidet somit aus.
II. K hat sich auf eine schlüssig zustande gekommene Vereinbarung berufen, bei der die Erwartung, dass T und B lebenslänglich zusammen bleiben, Inhalt der Vereinbarung geworden sei.
1. Nach Auffassung der K wurde eine Bedingung vereinbart. Wäre das zutreffend, könnte die Trennung als auflösende Bedingung verstanden werden, die zum Wegfall der Schenkung geführt hat (§§ 516, 158 II BGB) und einen Bereicherungsanspruch nach § 812 I 1, 2 Fall 1 BGB auslöst.
Jedoch rechtfertigt die Äußerung einer - für die Beteiligten im damaligen Zeitpunkt eigentlich selbstverständlichen - Erwartung keine Auslegung als rechtsgeschäftliche Vereinbarung einer Bedingung. Die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung hätte einen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 50.000 Euro auslösen können, hätte also eine schwerwiegende Folge gehabt. Deshalb wäre dafür eine deutlichere Erklärung der K erforderlich gewesen, und auch auf Seiten des B reicht dafür das bloße Unterlassen eines Widerspruchs nicht aus. Erst recht kann K nicht darin gefolgt werden, dass sie ein lebenslanges Zusammenbleiben von T und B zur Bedingung hat machen wollen, denn dann hätte die Schenkung noch nach Jahrzehnten wegfallen können, was für B unzumutbar wäre. Auch hätte eine schlüssige Vereinbarung vorausgesetzt, dass K und B mit dem Scheitern der Beziehung gerechnet haben, was aber gerade nicht der Fall war. Schließlich würde eine solche Bedingung zum Nachteil des B dem Wesen der Schenkung widersprechen, wie BGH [17] im Zusammenhang mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage ausführt: Danach soll der Beschenkte…keinen rechtlichen Bindungen unterliegen. Insbesondere soll die Schenkung kein Dauerschuldverhältnis begründen, das den Beschenkten dauerhaft an die Vorstellungen bände, die die Bereitschaft des Schenkers zur Abgabe des Schenkungsversprechens bestimmt oder jedenfalls beeinflusst haben. Der Beschenkte muss daher grundsätzlich auch bei veränderten Umständen nicht mit einer Pflicht zur Rückgabe des Geschenks rechnen, es sei denn, die Schenkung ist mit Auflagen (§ 525 BGB) oder Zweckabreden (§ 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB) verbunden oder die vom Gesetz dem Behaltendürfen des Geschenks gezogenen Grenzen bei Verarmung des Schenkers (§ 528 BGB) oder groben Undanks des Beschenkten (§ 530 BGB) sind überschritten. Innerhalb dieser Grenzen und insbesondere, wenn der Schenker seine Vorstellungen nicht über eine Auflage oder Zweckabrede zum Vertragsinhalt erhebt, ist für die Schenkung der Wille des Schenkers geradezu konstitutiv, es der Handlungsfreiheit des Beschenkten zu überlassen, wie er mit dem geschenkten Vermögenswert umgeht und ob und in welchem Umfang er den ausgesprochen oder unausgesprochen mit der Schenkung verbundenen Erwartungen des Schenkers Rechnung trägt. Somit lässt sich der Rückzahlungsanspruch nicht mit der Vereinbarung einer (auflösenden) Bedingung begründen.
2. K hat auch keinen Anspruch aus § 812 I 2 Fall 2 BGB wegen Zweckverfehlung. Denn es fehlt aus denselben Gründen wie unter 1. dargelegt an der Vereinbarung einer dafür nötigen Zweckabrede.
Aus einer schlüssigen Vereinbarung hat K keinen Rückzahlungsanspruch.
III. Ein Anspruch der K auf Zahlung von 50.000 Euro könnte sich aus einem Rücktritt wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ergeben (§§ 313 I, III, 346 I BGB). Gegen die Anwendbarkeit des § 313 BGB bestehen keine Bedenken. Zwar regelt das Schenkungsrecht in §§ 527, 528, 530 BGB Sonderfälle einer Störung der Geschäftsgrundlage, diese liegen aber im vorliegenden Fall nicht vor und sind auch nicht abschließend ( BGHZ 184, 190 [27] ). Es müssten die Voraussetzungen des § 313 I BGB erfüllt sein.
1. Der von § 313 I BGB vorausgesetzte Vertrag ist im vorliegenden Fall der Schenkungsvertrag zwischen K und B.
2. Bei Abschluss des Vertrages muss ein Umstand zur Geschäftsgrundlage gemacht worden sein. Nach ständiger Rechtsprechung sind Geschäftsgrundlage die nicht zum Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien sowie die der einen Vertragspartei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille auf diesen Vorstellungen aufbaut (BGH NJW 2015, 1014 [17]). Im vorliegenden Fall kann dieser Umstand das Fortbestehen der Lebensgemeinschaft zwischen T und B sein. Dass dieser Umstand nicht zum Vertragsinhalt gemacht wurde, ergibt sich aus den Ausführungen oben II. 1. und 2.; er kann deshalb Geschäftsgrundlage sein.
a) BGH [13-19]: Bei der Prüfung, was im Einzelfall Geschäftsgrundlage eines Schenkungsvertrags ist, ist zu berücksichtigen, dass der Schenkungsvertrag keinen Austauschvertrag darstellt, bei dem Leistung und Gegenleistung in einem synallagmatischen Verhältnis stehen. Der Schenkungsvertrag ist vielmehr durch das Versprechen einer einseitigen unentgeltlichen Zuwendung gekennzeichnet, mit der der Schenker einen Vermögensgegenstand weggibt und dem Beschenkten, soweit die Schenkung nicht unter einem Vorbehalt oder einer Bedingung oder mit einer Auflage erfolgt, diesen Gegenstand zur freien Verfügung überlässt. Der Beschenkte schuldet keine Gegenleistung; er „schuldet" dem Schenker nur Dank für die Zuwendung… Den Schenkungsvertrag kennzeichnet damit in zweifacher Hinsicht eine Asymmetrie. Zum einen steht der Leistung des Schenkers keine Gegenleistung des Beschenkten gegenüber, zum anderen ist die Leistung des Schenkers mit der Übertragung des Schenkungsgegenstands erbracht, während die Dankesschuld des Beschenkten andauert.…
Was die Vorstellungen des Schenkers betrifft, gilt: Je mehr der zugewendete Gegenstand nach seiner Art und seinem Wert geeignet ist, die künftige Lebensgestaltung des Beschenkten zu beeinflussen, desto eher wird der Schenker Vorstellungen über diese Lebensgestaltung hegen. Die Zuwendung von Grundeigentum oder von Geldbeträgen, die dem Grunderwerb dienen sollen, ist dafür ein besonders häufiges Beispiel. Der private Grunderwerb ist regelmäßig auf Dauer, zumindest auf eine gewisse Dauer ausgelegt, und es wird regelmäßig angenommen werden können, dass auch der Schenker, der dem Beschenkten ein Grundstück oder einen hierfür zu verwendenden Geldbetrag verspricht, damit die Vorstellung verbindet, dass das Grundstück dem Beschenkten zumindest für einen längeren Zeitraum zur Verfügung stehen wird.
Bei der Annahme, dass Vorstellungen dieser Art die Geschäftsgrundlage der Schenkung bilden, ist jedoch Zurückhaltung geboten. Nicht jede bei Vertragsschluss zutage tretende Vorstellung gehört zur Geschäftsgrundlage des Vertrages. Die Vorstellung muss vielmehr nach § 313 Abs. 1 zur Grundlage des Vertrages geworden sein; der Geschäftswille muss auf dieser Vorstellung aufbauen (BGHZ 25, 390, 392; 120, 10, 23 [zu II 5 b]; NJW 2014, 2638 Rn. 12). Vorstellungen zur möglichen Realisierung von Risiken, die in die Sphäre einer Partei fallen, betreffen den Inhalt des Vertrages, nicht seine Grundlage; erweisen sie sich als unzutreffend, geht dies grundsätzlich zu Lasten der Partei, die vertraglich das Risiko übernommen hat… Die Heranziehung des § 313 BGB darf also nicht dazu führen, dem Schenkungsvertrag im Wege der Vertragsanpassung rechtliche Verpflichtungen zu unterlegen, die in Widerspruch zu der vereinbarten und für ihn charakteristischen unentgeltlichen Zuwendung stehen und die unbedingte und unwiderrufliche unentgeltliche Zuwendung in eine bedingte oder widerrufliche Übertragung eines Vermögensgegenstands umwandeln.
Danach ist die Annahme gerechtfertigt, der Zuwendung von Grundeigentum, das vom Beschenkten bewohnt werden soll, oder von einem entsprechenden zum Grunderwerb bestimmten Geldbetrag wird regelmäßig die Vorstellung des Schenkers zugrunde liegen, die Wohnnutzung des Grundstücks werde jedenfalls von einiger Dauer sein. Insbesondere wird eine solche Zuwendung an ein Kind des Schenkers und dessen Partner, die anlässlich der Eheschließung oder sonstigen dauerhaften Verbindung oder in deren Erwartung erfolgt, regelmäßig mit der Vorstellung verbunden sein, das Hausgrundstück werde jedenfalls für einige Dauer von den beschenkten Partnern und gegebenenfalls deren Kindern als gemeinsame Familienwohnung genutzt werden. Denn typischerweise ist die beabsichtigte Langfristigkeit der Nutzung ein wesentlicher Beweggrund für die Zuwendung privaten Grundeigentums, und regelmäßig ist ohne weiteres die Annahme gerechtfertigt, der Schenker hätte den Geschäftswillen zur Zuwendung nicht entwickelt, wenn er gewusst hätte, dass die (gemeinsame) Nutzung der Immobilie durch die Beschenkten nur kurzfristig sein werde.
b) In Anwendung dieser Grundsätze stimmt der BGH der Auffassung des BerGer. zu, die Zuwendung der K sei in der Erwartung erfolgt, die Beziehung zwischen T und B werde andauern und das zu erwerbende Grundeigentum werde die räumliche Grundlage des weiteren, nicht nur kurzfristigen Zusammenlebens der Partner bilden… Da T und B zum Zeitpunkt der Zuwendung bereits mehrere Jahre zusammenlebten und sich anschickten, dieses Zusammenleben durch den gemeinsamen Erwerb einer Immobilie zu verfestigen, liegt es nahe, dass der Schenkungswille der K auf der Vorstellung aufbaute, ihre Tochter und B setzten ihre Lebensgemeinschaft jedenfalls auf längere Zeit fort. Es entspricht zudem der Lebenserfahrung, dass eine Zuwendung in der in Rede stehenden Höhe an eine Person, welcher der Schenker nicht aus anderen Gründen besonders verbunden ist, regelmäßig nur in der Annahme erfolgt, damit zum dauerhaften Zusammenleben des Beschenkten mit dem eigenen Kind oder einer anderen Person, für die der Schenker in ähnlicher Weise Sorge tragen möchte, beizutragen. Denn 100.000 Euro werden nicht verschenkt, um ein nur kurzzeitiges gemeinsames Wohnen zu ermöglichen.
Da auch B die Vorstellung eines längeren Zusammenlebens mit T hatte, war ihm (so BGH [24]) bewusst, dass die Zuwendung mit dieser Vorstellung erfolgte. B konnte nur in der Annahme, seine Lebensgemeinschaft mit der Tochter der K sei weiterhin und mit dem gemeinsamen Immobilienerwerb erst recht auf Dauer angelegt, die Motivation der K für die an ihn erfolgte Schenkung sehen. Somit war das Fortbestehen der Lebensgemeinschaft zwischen T und B für eine längere Zeit Geschäftsgrundlage der Schenkung.
3. Diese Geschäftsgrundlage müsste sich schwerwiegend verändert haben, was insbesondere der Fall ist, wenn sie weggefallen ist. Im vorliegenden Fall haben T und B das Haus bezogen und darin noch knapp zwei Jahre gewohnt, bevor sie sich getrennt haben. Deshalb hängt die Bejahung eines Wegfalls davon ab, ob die zwei Jahre ein nur kurzfristiges Zusammenleben waren, das der Erwartung der K nicht entsprach, oder ob sie für den Eintritt der Erwartung der K ausreichten. Da K und B keine Vorstellungen über die Frist hatten, verweist BGH [21] auf die Auslegung des § 1579 Nr. 1 BGB, wonach ein Unterhaltsanspruch nach der Scheidung zu versagen ist, wenn die Ehe nur „von kurzer Dauer“ war. Dazu ist anerkannt, dass eine Ehe, die nicht länger als zwei Jahre gedauert hat, nur kurz war, und dass selbst bei einer dreijährigen Ehe noch eine nur kurze Dauer bejaht werden kann (MüKo-BGB/Maurer, 6. Aufl. 2013, § 1579 Rdnr. 8 m. w. N. Fn. 31; Palandt/Brudermüller, BGB, 78. Aufl. 2019, § 1579 Rdnr. 7; Hk-BGB/Kemper, 10. Aufl. 2019, § 1579 Rdnr. 6). Auch wenn keine Bezugnahme auf § 1579 Nr. 1 BGB erfolgt, erscheint die Annahme als sachgerecht, dass eine Zuwendung von insgesamt 100.000 Euro in keinem vernünftigen Verhältnis zu einem Zusammenleben von nur knapp zwei Jahren steht und deshalb als nur kurz beurteilt werden muss. BGH [25]: Im vorliegenden Fall ist die Geschäftsgrundlage der Schenkung weggefallen, da sich T und B weniger als zwei Jahre nach der Schenkung getrennt haben und sich die der Zuwendung zugrunde liegende Annahme, die Partner würden die Lebensgemeinschaft nicht lediglich für kurze Zeit fortsetzen, als unzutreffend erwiesen hat.
Dass T noch zwei Jahre in dem Haus gewohnt hat, ist unerheblich. Wie BGH [33] ausführt, kommt es für den Anspruch aus § 313 BGB auf den Zeitpunkt der Trennung an. Die weitere Nutzung der Immobilie durch die Tochter der K ist hierfür ohne Bedeutung.
4. § 313 I BGB erfordert weiterhin, dass die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie die Veränderung vorausgesehen hätten („Relevanz des Umstands für den Vertragsschluss“, so Looschelders, SchuldR AT, 13. Aufl. 2015, Rdnr. 754). Da K und B, wie unter 2. ausgeführt, eine Schenkung dieses Umfangs nur für den Fall gewollt haben, dass T und B längerfristig zusammen leben, hätten sie, wenn sie gewusst hätten, dass T und B sich bereits nach knapp zwei Jahren trennen, von der Schenkung Abstand genommen (und wahrscheinlich auch das Haus nicht gekauft). Ein mindestens zwei Jahre übersteigendes weiteres Zusammenleben von T und B war also relevant für den Vertragsschluss.
5. Nach dem letzten Satzteil des § 313 I BGB ist weitere Voraussetzung, dass K das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Aus den Überlegungen unter 2. - 4. ergibt sich, dass die Schenkung nur für den Fall gewollt war, dass T und B länger als zwei Jahre zusammenlebten, und dass dieser Fall nicht eingetreten ist. Dann kann nur angenommen werden, dass es K nicht zuzumuten ist, dem B die 50.000 Euro weiterhin zu überlassen. BGH [30] Ist die Schenkung mit der für den Beschenkten erkennbaren Vorstellung erfolgt, damit zur Grundlage eines (weiteren) dauerhaften Zusammenlebens der (Ehe-)Partner beizutragen, und rechtfertigt sich die Annahme, dass das Schenkungsversprechen nicht gemacht worden wäre, wenn für den Schenker das alsbaldige Ende dieses Zusammenlebens erkennbar gewesen wäre, kann dem Schenker regelmäßig nicht zugemutet werden, unverändert an der Zuwendung festzuhalten.
Die Voraussetzungen des § 313 I BGB liegen somit vor.
IV. Damit K die 50.000 Euro zurückverlangen kann, muss auch die Rechtsfolge des § 313 BGB auf eine Rückforderung gerichtet sein.
1. Rechtsfolge des § 313 I BGB ist die Anpassung des Vertrages. BGH [30] Der Vorrang der Anpassung gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Parteien in Voraussicht der veränderten Umstände den Vertrag nicht mit anderem Inhalt, sondern gar nicht geschlossen hätten. Also reicht allein der Umstand, dass K und B von der Schenkung bei Kenntnis der späteren Entwicklung abgesehen hätten, für die von K gewünschte Rückforderung nicht aus. Vielmehr bleibt es zunächst bei dem Anpassungsgebot. Jedoch lässt sich über eine Anpassung die Rückforderung der 50.000 Euro nicht begründen, weil damit die Schenkung vollständig wegfallen würde und von dem Schenkungsvertrag nichts übrig bliebe.
2. Nach § 313 III BGB besteht ein Recht zum Rücktritt, wenn eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar ist. Während es oben III. 5. um die Frage ging, ob K ein Festhalten am unveränderten Vertrag zuzumuten war - was verneint wurde -, geht es nunmehr um das Festhalten am Vertrag mit einem veränderten, dem Wegfall der Geschäftsgrundlage angepassten Inhalt.
a) Unmöglich ist eine Anpassung nicht, denn sie könnte durch eine Herabsetzung des Rückforderungsbetrages erfolgen (das BerGer. hatte eine solche Herabsetzung vorgenommen). Eine Anpassung könnte aber für K unzumutbar sein. Eine Anpassung durch Herabsetzung würde bedeuten, dass B einen Teil des geschenkten Geldes behält. Das stünde jedoch im Widerspruch damit, dass K die Schenkung davon abhängig gemacht hat, dass T und B länger zusammen leben (oben II. 2.), dass dieser Fall nicht eingetreten ist (oben III. 3.) und dass K und B bei Kenntnis dieser Entwicklung die Schenkung nicht vorgenommen hätten (oben III. 4.). Wenn K dem B nichts geschenkt hätte, braucht sie ihm auch keinen Teilbetrag zu belassen. Folglich ist auch ein teilweises Festhalten an der Schenkung nicht zumutbar. BGH [37, 39] Hat sich die Vorstellung einer dauerhaften gemeinsamen Nutzung des Grund- oder Wohnungseigentums nicht verwirklicht, ist die Annahme gerechtfertigt, der Schenker hätte in Kenntnis dieses Umstands von der Schenkung abgesehen, und es ist ihm in diesem Fall, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, nicht zuzumuten, dem Beschenkten das Geschenk auch nur teilweise zu belassen… K hätte in Voraussicht des Umstands, dass die Lebensgemeinschaft kurze Zeit später scheitern würde, die Schenkung unterlassen und B folglich auch keinen geringeren Betrag zugewendet. Eine Anpassung des Schenkungsvertrags auf einen geringeren Betrag ist für K deshalb nicht zumutbar.
Braucht somit K dem B keinen Teilbetrag zu belassen, kann auch dem Einwand des B nicht gefolgt werden, die Rückzahlungspflicht müsse um einen der Nutzung entsprechenden Zeitraum gekürzt werden. BGH [40] Dem Umstand, dass die Immobilie für eine gewisse Zeit von den Partnern genutzt werden konnte, wird dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass B, anders als bei einem Rückforderungsanspruch des Schenkers wegen Verarmung (BGHZ 218, 227), die seit der Schenkung gezogenen Nutzungen nicht herauszugeben hat. Der Nutzungsvorteil verbleibt ihm daher bis zum Zeitpunkt des Rücktritts. Dass B die Nutzungen nicht zu ersetzen braucht, steht nicht mit § 346 I BGB in Widerspruch, weil Gegenstand der Schenkung die 50.000 Euro waren und die Nutzung des Hauses keine Nutzung dieses Geldbetrages war. K hatte somit ein Rücktrittsrecht nach § 313 III 1 BGB.
b) Die nach § 349 BGB erforderliche Rücktrittserklärung liegt in der Rückforderung der 50.000 Euro durch K gegenüber B.
Folglich hat K von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht und kann nach § 346 I BGB die gezahlten 50.000 Euro von B zurückverlangen.
Zusammenfassung