Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Verkauf eines Miteigentumsanteils an Mietshaus, §§ 433, 1008 BGB. Kaufpreiszahlung durch Freistellung von Darlehensverpflichtungen. Sachkauf oder Rechtskauf. Rücktritt nach Fristsetzung und Nichtleistung, § 323 BGB. Sachmängelansprüche, § 437 BGB. Einrede des nicht erfüllten Vertrages, § 320 BGB

BGH
Urteil vom 14.2.2020 (V ZR 11/18) NJW 2020, 2104 (für BGHZ vorgesehen)

Fall (Miteigentumsanteil)

V hatte zusammen mit seiner damaligen Ehefrau F ein neu gebautes Mietshaus gekauft und war für den Erwerb hohe Darlehensverpflichtungen eingegangen. Als V und F sich scheiden ließen, wurden Grundstück und Haus in hälftiges Miteigentum von V und F aufgeteilt. Mit notariellem Vertrag vom 7.1. veräußerte V seinen Miteigentumsanteil für 583.500 Euro an die K-GmbH. Von dem Kaufpreis wurden 83.500 Euro bar von K an V gezahlt. 500.000 Euro sollten in der Weise beglichen werden, dass K den Betrag an die Gläubiger des V zahlt; § 4 des Vertrages enthielt eine Verpflichtung der K zur Freistellung des V von den Darlehensverpflichtungen in Höhe von 500.000 Euro. Beide Parteien wussten, dass das Mietshaus Mängel hat, deren Beseitigung von den Mietern verlangt wurde. Dazu enthielt der Vertrag die Feststellung, dass die Kenntnis der K von den Mängeln nicht zu deren Nachteil verwendet werden sollte und dass die Mängel bei der Bestimmung des Kaufpreises nicht berücksichtigt worden sind. V verpflichtete sich in § 5 des Vertrages dazu, ihm zustehende Gewährleistungsansprüche gegen frühere Eigentümer, Handwerker und Schädiger an K abzutreten. Die K-GmbH wurde im Grundbuch eingetragen, und V räumte ihr den Mitbesitz an dem Hausgrundstück ein.

In der Zeit danach verhandelte K mit den Gläubigern des V, ohne dass es zu einer Freistellung des V von den Darlehensverpflichtungen kam. V forderte K mehrfach zur Freistellung auf und setzte schließlich eine angemessene Frist. Nach deren ergebnislosem Ablauf erklärte V gegenüber K den Rücktritt vom Vertrag. K erkennt den Rücktritt nicht an. Sie verweist darauf, dass die Mängel an dem Haus weiter bestehen und dass V ihr auch die in § 5 des Vertrages aufgeführten Ansprüche nicht abgetreten hat. Die Freistellungsverpflichtung sei deshalb noch nicht fällig. Demgegenüber vertritt V die Auffassung, bei einem Vertrag über einen Miteigentumsanteil hafte er nur für das Bestehen des Miteigentums und nicht für Mängel am Haus. Im Übrigen sei die Berufung der K auf eine Mängelbeseitigungspflicht des V nach Fristablauf und Rücktritt verspätet und scheitere auch daran, dass K nicht erklärt habe, welche Art der Mängelbeseitigung sie verlange. Eine Abtretung der Gewährleistungsansprüche sei ihm nicht möglich, weil er die Ansprüche inzwischen an F, die das Haus verwalte und sich um die Mängel kümmere, abgetreten hat. Hat eine - in zulässiger Weise erhobene - Rückabwicklungsklage des V gegen K Aussicht auf Erfolg?

Lösung

Vorbemerkung: Fall und Lösung wurden im Vergleich zum Originalfall vereinfacht. – Besprechungen: Looschelders NJW 2020, 2074; Schwab JuS 2020, 1071.

Für einen Erfolg der Rückabwicklungsklage müsste V gegen K einen Anspruch auf Rückübertragung des Mietshauses haben. Als Anspruchsgrundlage kommt § 346 I BGB in Betracht, wonach im Falle eines Rücktritts von einem geschlossenen Vertrag die empfangenen Leistungen zurückzugewähren sind. Geschlossener Vertrag ist der notarielle Vertrag zwischen V und K vom 7.1.

I. Das für § 346 I BGB erforderliche Rücktrittsrecht kann sich aus § 323 I BGB ergeben. Danach kann bei einem gegenseitigen Vertrag der Gläubiger einer fälligen Leistung, die vom Schuldner n icht oder nicht vertragsgemäß erbracht wird, diesem eine angemessene Frist zur Leistung setzen und nach erfolglosem Ablauf vom Vertrag zurücktreten.

1. Der am 1.7. geschlossene Vertrag begründete Pflichten sowohl des V als auch der K und war als Kaufvertrag ein gegenseitiger Vertrag.

2. § 4 des Vertrages enthält die Verpflichtung der K, durch Zahlung an die Gläubiger des V oder durch eine Vereinbarung mit ihnen V von seinen Darlehensverpflichtungen freizustellen, d. h. in verbindlicher Form sicherzustellen, dass V nicht mehr in Anspruch genommen werden kann. Diese Verpflichtung der K war fällig (§ 271 I BGB). Eine mögliche Einrede der K aus § 320 I BGB, insbesondere wegen Nichterfüllung des § 5 durch V, hindert - entgegen der Auffassung der K - nicht die Fälligkeit der Freistellungsverpflichtung, sondern führt nur zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung und begründet im Übrigen ein begrenztes, noch unter II. zu behandelndes Gegenrecht der K. Im Gegenseitigkeitsverhältnis braucht die nicht erbrachte Leistung nicht zu stehen; sie darf lediglich nicht unerheblich i. S. des § 323 V 2 BGB sein (Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl. 2020, § 323 Rdnr. 1); die Freistellung in Höhe von 500.000 Euro ist nicht unerheblich. Davon abgesehen stand die Freistellungsverpflichtung als Surrogat der Kaufpreiszahlung im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Übertragung des Miteigentumsanteils.

3. K hat diese Verpflichtung bis zur Fristsetzung und zum Rücktritt nicht erfüllt. Bezogen auf den gesamten Kaufpreis, von dem K bereits 83.5000 Euro gezahlt hat, bedeutet das eine Teil-Nichterfüllung. Gleichwohl ist der die teilweise (Nicht-) Erfüllung behandelnde § 323 V 1 BGB nicht auf den Vertrag vom 7.1. anwendbar, weil § 323 V 1 BGB die Frage des Teilrücktritts oder eines vollständigen Rücktritts betrifft und deshalb Teilbarkeit des Vertrages voraussetzt (MüKoBGB/Ernst, 8. Aufl. 2019, § 323 Rdnrn. 203, 204). Die im Vertrag vom 7.1. vereinbarte Übertragung des Miteigentumsanteils ist aber nicht teilbar, so dass ein Teilrücktritt von vornherein ausscheidet. K hat somit die nach § 4 des Vertrages geschuldete Leistung nicht erbracht. Ein Verschulden ist nicht erforderlich (vgl. die Ausschlussgründe des § 323 VI BGB). V hat eine angemessene Frist gesetzt, die ergebnislos abgelaufen ist. Danach liegen die Voraussetzungen des § 323 I BGB vor. Eine Erklärung des Rücktritts durch V (§ 349 BGB) ist erfolgt.

II. Die Nichterfüllung einer Verpflichtung steht aber einem Rücktritt und damit der Rechtsfolge aus §§ 323 I, 346 BGB entgegen, wenn dem Schuldner ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Ein Recht der K, die Freistellung zu verweigern, könnte sich aus § 320 I BGB ergeben. Nach der dort normierten Einrede des nicht erfüllten Vertrages kann der aus einem gegenseitigen Vertrag Verpflichtete die ihm obliegende Leistung verweigern, solange die Gegenleistung nicht bewirkt wird. K war aus dem gegenseitigen Vertrag vom 7.1. zur Freistellung des V verpflichtet und konnte die Erfüllung dieser Verpflichtung verweigern, wenn V eine ihm obliegende Gegenleistung nicht bewirkt hat. V hat die Gegenleistungen Übereignung und Besitzübertragung (§ 433 I 1 BGB) bewirkt. Weitere von V geschuldete Gegenleistungen könnten sein, dass V zur Mängelbeseitigung und zu einer diese absichernden Abtretung der Gewährleistungsansprüche nach § 5 des Vertrages vom 1.7. verpflichtet war. Diese Verpflichtungen müssten im Zeitpunkt der Fristsetzung und der Rücktrittserklärung bestanden haben, weil sie nur dann dem Rücktritt entgegenstehen konnten.

1. Eine Verpflichtung zur Gewährleistung für Sachmängel hat grundsätzlich einen Sachkauf (§ 433 BGB) zur Voraussetzung. Demgegenüber beruft sich V auf einen Rechtskauf (§ 453 BGB). Zur Abgrenzung zieht der BGH einen Vergleich mit dem Kauf einer Eigentumswohnung, die ebenfalls nur ein Teilrecht am gesamten Haus verschafft. Allerdings wird beim Kauf einer Eigentumswohnung die Frage, ob darin ein Sachkauf oder ein Rechtskauf zu sehen ist, nicht einhellig beantwortet. BGH [48-50] Teilweise wird hierin ein Rechtskauf gesehen (Palandt/Weidenkaff, BGB, 79. Aufl., § 453 Rn. 4). Nach anderer Auffassung liegt zwar ein Rechtskauf vor; er sei aber wie ein Sachkauf zu behandeln (…). Nach einer dritten Meinung ist der Kauf eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück ein Sachkauf (MüKoBGB/Westermann, 8. Aufl., § 433 Rn. 12 a. E.; Staudinger/Beckmann, BGB [2014], § 433 Rn. 9). Die zuletzt genannte Meinung trifft zu. Das Recht des Miteigentümers nach Bruchteilen ist nicht etwa ein neben dem Eigentum stehendes und dieses belastendes Bruchteilsrecht. Es ist vielmehr in seinem Wesen dem Sacheigentum gleichartig, also Eigentum und ein selbständiges Recht in gleicher Art wie das Recht als Ganzes (BGHZ 36, 365, 368 m. w. N.; MüKoBGB/Karsten Schmidt, 8. Aufl., § 1008 Rn. 1; Staudinger/Thole, BGB [2019], § 1008 Rn. 4). Wer einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück erwirbt, erwirbt deshalb nicht ein beschränktes dingliches Recht am Grundstück, sondern eine Beteiligung am Eigentum und am (Eigen-) Besitz an dem Grundstück. Der Kauf eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück unterliegt daher unmittelbar den Regelungen über den Sachkauf… Demgemäß hat der Käufer eines Miteigentumsanteils nach § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB einen Anspruch darauf, dass das Grundstück insgesamt frei von Sach- und Rechtsmängeln ist.

2. Dass das in dem Vertrag vom 1.7. verkaufte Mietshaus Sachmängel hat, ist dem Sachverhalt zu entnehmen. Ein Anspruchsverlust wegen Kenntnis des Käufers nach § 442 I BGB wurde im Vertrag ausgeschlossen.

a) Folglich hatte K im Zeitpunkt des Rücktritts durch V einen Anspruch aus § 437 BGB, insbesondere aus §§ 437 Nr. 1, 439 BGB auf Nacherfüllung. Weil § 320 I BGB „Leistung“ und „Gegenleistung“ fordert, muss der Gegenanspruch der K im Gegenseitigkeitsverhältnis zu dem von V geltend gemachten Recht stehen (Palandt/Grüneberg a. a. O. § 320 Rdnr. 4). Ein solches Gegenseitigkeitsverhältnis besteht zwischen dem Anspruch auf Sachmängelfreiheit (§§ 433 I 2, 437 BGB) und dem Freistellungsanspruch als Surrogat des Kaufpreises (§ 433 II BGB); dazu näher BGH [37]. Eine Verdrängung des gesetzlichen Anspruchs der K auf Sachmängelbeseitigung (§ 437 BGB) durch § 5 des Vertrages kann dem Vertrag nicht entnommen werden. Vielmehr ist den Feststellungen im Vertrag, dass die Kenntnis von den Mängeln für K nicht nachteilig sein soll und dass der Kaufpreis wegen der Mängel nicht gemindert wurde, zu entnehmen, dass die Parteien vom Fortgelten der Sachmängelansprüche ausgingen. Auch die Kenntnis der Parteien davon, dass die Mieter deren Beseitigung verlangt haben, spricht dafür, dass eine Mängelbeseitigung zu erfolgen hatte. Allein durch die in § 5 vorgesehene Abtretung der Gewährleistungsansprüche gegen frühere Eigentümer und gegen Handwerker, deren Leistungsfähigkeit nicht gesichert war, konnte sich K keine Mängelfreiheit verschaffen. Folglich kann § 5 des Vertrages nicht als Verzicht der K auf die gesetzlichen Sachmängelansprüche gegen V ausgelegt werden (vgl. auch BGH [64]).

Über eine Minderung des Kaufpreises (§ 437 Nr. 2 BGB) wurde der Sachmangelanspruch nicht erfüllt; insbesondere wurden die Mängel bei der Festsetzung des Kaufpreises nicht berücksichtigt. Eine Beseitigung der Mängel ist nicht erfolgt. Folglich hat V die geschuldete Sachmangelfreiheit (§ 433 I 2 BGB) nicht bewirkt.

b) Eine weitere Gegenleistung, die V schuldete, war die Abtretung der in § 5 des Kaufvertrages aufgeführten Ansprüche. Sie stand zwar formal neben der Verpflichtung aus § 437 BGB und hatte auch nicht den Inhalt des § 437 BGB. Sie wird hier aber nicht als eigenständiger Anspruch neben § 437 BGB, sondern mit diesem zusammen behandelt, weil die Abtretung ebenfalls zur Beseitigung der Mängel führen sollte und K diese Beseitigung nur einmal verlangen konnte. Das von § 320 I BGB geforderte Gegenseitigkeitsverhältnis bestand auch zwischen der der Mängelbeseitigung dienenden Abtretung und der Freistellung (BGH [37]). V ist der Abtretungsverpflichtung nicht nachgekommen, hat also die Abtretung als geschuldete Leistung nicht bewirkt.

Der Einwand des V, er habe die Ansprüche anderweitig an F abgetreten, bleibt an dieser Stelle noch außer Betracht, weil nicht feststeht, dass die anderweitige Abtretung schon im Zeitpunkt der Fristsetzung und des Rücktritts erfolgt war. Es wird deshalb zunächst davon ausgegangen, dass der Anspruch auf Abtretung noch bestand; dessen mögliches Erlöschen wird erst nachfolgend unter 3 a) als Frage der Unmöglichkeit der Leistung behandelt.

Zwischenergebnis ist, dass V im Zeitpunkt der Fristsetzung und des Rücktritts die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Verpflichtungen aus § 437 BGB und aus § 5 des Vertrages nicht bewirkt hat, was grundsätzlich zu einem Leistungsverweigerungsrecht der K nach § 320 I BGB führte.

3. Jedoch könnten die zugunsten der K festgestellten Gegenansprüche dadurch entfallen sein, dass dem V deren Erfüllung im Zeitpunkt der Fristsetzung und des Rücktritts unmöglich war (§ 275 I BGB).

a) Falls V die Ansprüche gegen die Handwerker und früheren Eigentümer bereits vor dem durch ihn erklärten Rücktritt an F abgetreten hat, sind diese Ansprüche auf F übergegangen und konnten von V nicht wie in § 5 des Vertrages vorgesehen an K abgetreten werden. Gleichwohl wurde es dem V dadurch nicht unmöglich, die Verpflichtung aus § 5 des Vertrages zu erfüllen. BGH [35] Denn das Unvermögen des V (vgl. § 275 Abs. 1 Fall 1 BGB) zur Abtretung tritt nur und erst dann ein, wenn V die F um eine Rückabtretung dieser Ansprüche an ihn oder eine Abtretung der Ansprüche an K bittet und diese ein entsprechendes Ansinnen endgültig ablehnt (vgl. BGH DNotZ 2018, 686 Rn. 25 m. w. N.). Eine solche Entwicklung hat V bisher nicht herbeigeführt. Er hat lediglich auf die Abtretung hingewiesen, was für eine Unmöglichkeit der Erfüllung des Vertrages nicht ausreicht. Da die Abtretung an F somit keine Folgen hat, kommt es auf den Zeitpunkt der Abtretung (vgl. II 2 b) nicht an.

b) Da V nicht mehr im Besitz des Hausgrundstücks ist und außerdem nur Miteigentümer war, kann er eine Mängelbeseitigung nicht allein durchführen, sondern ist auf die Mitwirkung der K als Mitbesitzerin des Hausgrundstücks und der F als der anderen Miteigentümerin angewiesen. BGH [62] Der Verkäufer kann seiner Nacherfüllungspflicht in aller Regel nur nachkommen, wenn der Käufer daran mitwirkt. Deshalb trifft den Käufer eine Obliegenheit, dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben. Sie beschränkt sich nicht auf eine mündliche oder schriftliche Aufforderung zur Nacherfüllung, sondern erfasst z. B. auch die Bereitschaft des Käufers, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen zur Verfügung zu stellen (BGH NJW 2010, 1448 Rn.12 f.). Bei dem Kauf eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück trifft den Käufer die Obliegenheit, dem Verkäufer nicht nur selbst Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben, sondern auch dafür zu sorgen, dass die anderen Miteigentümer der Durchführung der Maßnahmen, soweit erforderlich, zustimmen… Erst wenn es dem Käufer nicht gelingt, die übrigen Miteigentümer dazu zu bewegen, den zur Mängelbeseitigung erforderlichen Maßnahmen zuzustimmen und die dafür entstehenden Kosten entsprechend ihrem Miteigentumsanteil zu tragen, wird der Verkäufer gemäß § 275 Abs. 1 Fall 1 BGB von seiner Verpflichtung zur Nacherfüllung frei. Bisher haben weder V noch K versucht, F zur Mitwirkung bei der Beseitigung von Mängeln zu bewegen. Es ist nicht einmal ersichtlich, dass K an V wegen der Mängelbeseitigung herangetreten ist. Da somit Bemühungen in Richtung auf eine Mängelbeseitigung bisher fehlen, kann ein Unvermögen des V zur Mängelbeseitigung nach § 275 I BGB nicht festgestellt werden.

4. Einem Recht der K aus § 320 I BGB könnte entgegenstehen, dass sie sich bis zum Zeitpunkt der Fristsetzung und des Rücktritts nicht auf ihre Ansprüche auf Sachmängelbeseitigung und Abtretung berufen hat.

a) Im Prozess gewährt § 320 I ZPO eine Einrede, die zu einem Leistungsverweigerungsrecht führt („kann…verweigern“). Deshalb muss sich der Rechtsinhaber darauf berufen. Erhebt er die Einrede nicht, bleibt sie unberücksichtigt.

b) In der Zeit vor einem Prozess kann die ausdrückliche Berufung der Vertragspartei auf ihren Anspruch nicht verlangt werden. Vielmehr kann jede Partei erwarten, dass die andere ihre Verpflichtungen kennt, zu deren Erfüllung bereit ist und dass ihr die gegenseitige Abhängigkeit der Verpflichtungen bewusst ist. Auch im vorliegenden Fall muss es V bewusst gewesen sein, dass der Vertrag Verpflichtungen zur Mängelbeseitigung enthält. Dafür, dass K ihn zusätzlich auf seine Verpflichtungen hätte hinweisen müssen, besteht kein Grund. Vielmehr verhindert der Gegenanspruch der K auf Mängelbeseitigung durch sein bloßes Bestehen die einseitige Durchsetzbarkeit des Freistellungsanspruchs des V. BGH [38, 39] Schon das Bestehen, nicht erst die Erhebung der Einrede des nicht erfüllten Vertrags gemäß § 320 BGB schließt die Durchsetzbarkeit der im Gegenseitigkeitsverhältnis zu der nicht erfüllten Gegenforderung stehenden Forderung und damit einen Rücktritt nach § 323 Abs. 1 BGB aus. Entschieden ist das für den Eintritt des Verzugs… (BGHZ 116, 244, 249; 210, 321 Rn. 98). Für den Rücktritt nach § 323 Abs. 1 BGB gilt nichts Anderes (vgl.…Erman/Westermann, BGB, 15. Aufl., § 323 Rn. 10; MüKoBGB/Ernst, 8. Aufl., § 323 Rn. 47 mit § 286 Rn. 25; Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 323 Rn. 11; Soergel/Gsell, BGB, 13. Aufl., § 323 Rn. 51; Staudinger/Schwarze, BGB [2015], § 323 Rn. B28). Diese Vorschrift macht den Rücktritt zwar…nicht von dem Eintritt des Verzugs, sondern davon abhängig, dass der Schuldner trotz Bestimmung einer angemessenen Frist zur Leistung oder Nacherfüllung durch den Gläubiger eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbracht hat. Unter fälliger Leistung versteht das Gesetz in § 323 Abs. 1 BGB aber nichts Anderes als in § 286 Abs. 1 BGB (MüKoBGB/Ernst, 8. Aufl., § 323 Rn. 47; Palandt/Grüneberg, BGB, 79.Aufl., § 323 Rn. 9). Somit reicht das Bestehen der Einrede aus § 320 I BGB aus, um einen Rücktritt nach § 323 I BGB auszuschließen.

5. Im speziellen Fall der Berufung auf kaufrechtliche Mängelansprüche könnte eine Anwendung des § 320 I BGB daran scheitern, dass - wie V geltend macht - K nicht konkretisiert hat, welche Art der Mängelbeseitigung sie verlangt.

a) Zwar reicht es für die Geltendmachung und Durchsetzung eines Sachmangelanspruchs nicht aus, dass der Käufer sich auf einen „Sachmangel“ beruft, vielmehr muss er den Mangel oder die Mängel benennen und eine Auswahl aus den ihm nach § 437 BGB zur Verfügung stehenden Rechten treffen. Insbesondere muss er sich entscheiden, ob er Nacherfüllung (§ 437 Nr. 1 BGB) oder eine Kaufpreisminderung (§ 437 Nr. 2 zweiter Fall BGB) verlangt. Auch Schadensersatz (§ 437 Nr. 3 BGB) muss er ausdrücklich und unter Beschreibung des Schadens verlangen.

b) Im vorliegenden Fall verfolgt K jedoch nicht aktiv einen Sachmangelanspruch, sondern beruft sich auf den Sachmangelanspruch zur Abwehr des Rücktritts des V. In diesem Fall ist ausreichend, dass ein Sachmangelanspruch besteht und der Verkäufer den Mangel kennt (Looschelders NJW 2020, 2076 Rdnr. 18), was der Feststellung im Sachverhalt zu entnehmen ist, dass den Parteien das Vorhandensein von Mängeln bekannt war. Für eine darüber hinausgehende Verpflichtung zur Spezifizierung der lediglich im Rahmen des § 320 I BGB herangezogenen Sachmängelansprüche besteht kein Grund. BGH [52] Ist die Kaufsache mangelhaft, kann die Kaufpreisforderung nicht durchgesetzt werden, weil dem Käufer auch dann die Mängeleinrede nach § 320 Abs. 1 BGB zusteht, wenn er weder Mängel geltend gemacht noch konkretisiert hat, welche Rechte er aus etwaigen Mängeln ableiten möchte. Zu beidem ist er im Grundsatz nicht verpflichtet.

Somit scheitert eine Anwendung des § 320 I BGB nicht daran, dass K ihre Sachmängelansprüche nicht näher konkretisiert hat.

6. Da K nur einen Miteigentumsanteil erworben hat, könnten ihr Sachmängelansprüche nur in Höhe ihrer Eigentumsquote zustehen.

a) Allerdings würden auch quotenmäßig beschränkte Sachmängelansprüche für eine Anwendung des § 320 I BGB ausreichen. Denn auch diese sind Ansprüche auf eine - nicht bewirkte - Gegenleistung i. S. des § 320 I BGB. Ein bestimmter Umfang der Gegenleistung ist nicht vorgeschrieben.

b) BGH [44-50] behandelt die Frage gleichwohl relativ ausführlich und vergleicht den Fall wiederum (wie oben II 1) mit der vergleichbaren Fragestellung beim Kauf einer Eigentumswohnung, nämlich ob dem Käufer ein Anspruch auf Nacherfüllung auch in Bezug auf Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums zusteht oder ob er einen auf die Quote des Miteigentumsanteils beschränkten Anspruch auf Freistellung von den Mängelbeseitigungskosten hat. Bei der Darstellung des Streitstands gibt der BGH als zweite und überwiegend vertretene Meinung wieder, dass dem Käufer einer neu errichteten Eigentumswohnung ein voller Nachbesserungsanspruch zusteht (folgen Nachw.). Im Vordergrund der Betrachtung steht dabei zwar regelmäßig die Fallkonstellation einer neu errichteten oder neu zu errichtenden Eigentumswohnung, in der den Erwerbern Gewährleistungsansprüche gegen den Bauträger zustehen. Die Frage nach einem Anspruch auf Nacherfüllung in Bezug auf Mängel des Gemeinschaftseigentums kann sich aber auch bei dem Kauf einer Bestandswohnung stellen… Für den Kauf eines Miteigentumsanteils an einem nicht in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstück ist die Frage im Sinne der zweiten Ansicht zu entscheiden. Zur Begründung ist an die Ausführungen oben II 1 anzuknüpfen, wonach der Kauf eines Miteigentumsanteils ein Sachkauf ist und der Käufer einen Anspruch darauf hat, dass das Hausgrundstück insgesamt frei von Sach- und Rechtsmängeln ist. Das wäre mit einem lediglich quotierten Anspruch nicht zu erreichen. Auch die Abtretungsverpflichtung aus § 5 des Vertrages lässt keine Auslegung dahin zu, dass sie sich nur auf die Hälfte der Gewährleistungsansprüche bezieht.

Eine Quotierung der Gegenansprüche der K hätte also auf die Rechtsstellung der K keinen Einfluss und findet auch nicht statt.

Ergebnis: Den zunächst zugunsten des V bejahten Rücktrittsvoraussetzungen aus § 323 I BGB stand entgegen, dass K Sachmängelansprüche aus § 437 BGB und aus der Abtretungsverpflichtung nach § 5 des Vertrages hatte, die über § 320 I BGB zu einem Ausschluss des Rücktrittsrechts führten. Die Rückabwicklungsklage des V ist unbegründet.


Zusammenfassung