Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Parken auf privatem Parkplatz; Vertragsschluss nach Realofferte, §§ 145, 151 BGB. Vertragsstrafe, § 339 BGB, wegen Verstößen gegen Parkordnung. AGB-Kontrolle, § 307 BGB. Haftung des Pkw-Halters bei unbekanntem Fahrer. Darlegungs- und Beweislast; Anscheinsbeweis; sekundäre Darlegungslast; Anwendung des § 138 III ZPO

BGH Urteil vom 18.12.2019 (XII ZR 13/19) NJW 2020, 755

Fall
(Erhöhtes Parkentgelt)

Auf dem Grundstück eines Krankenhauses befindet sich ein im Eigentum des Krankenhausträgers stehender Parkplatz. K ist ein Dienstleistungsunternehmen, das fremden privaten Parkraum bewirtschaftet. Das Krankenhaus hat mit K vertraglich vereinbart, dass K die Parkanlage verwaltet. Zur Verwaltung gehört neben der Kontrolle des ruhenden Verkehrs die Ahndung von Verstößen gegen die Parkordnung einschließlich des Inkassos. Der Parkplatz ist durch Schilder als Privatparkplatz gekennzeichnet. Die Schilder enthalten den Hinweis, dass die Benutzung mit Parkscheibe während einer Höchstparkdauer kostenlos ist; ausgenommen sind die dem Krankenhauspersonal vorbehaltenen besonders gekennzeichneten Stellflächen. Gut sichtbare weitere Schilder bestimmen, dass bei widerrechtlich abgestellten Fahrzeugen ein „erhöhtes Parkentgelt von mind. 30 Euro“ erhoben wird.

Frau B ist Halterin eines Pkw, der Anfang Oktober auf dem Parkplatz unter deutlicher Überschreitung der Höchstparkdauer sowie Ende Oktober unberechtigt auf dem Mitarbeiterparkplatz abgestellt wurde. K ließ am Pkw Aufforderungen zur Zahlung eines erhöhten Parkentgelts von 15 Euro im ersten Fall und 30 Euro im zweiten anbringen, die aber nicht zu einer Zahlung führten. Daraufhin ermittelte K durch Halteranfrage Frau B als Fahrzeughalterin. Diese verweigert eine Bezahlung und begründet das wie folgt: Das erhöhte Parkentgelt sei in Wirklichkeit eine Strafe, die K als privates Unternehmen nicht erheben dürfe und die auch wegen der Fassung „mindestens 30 Euro“ zu unbestimmt sei. Davon abgesehen könne sie nachweisen, dass sie an den betreffenden Tagen das Auto nicht gefahren habe. Wer gefahren ist, werde sie definitiv nicht sagen, auch nicht in einem Klageverfahren, weil es sich um eine Angehörige handle, deren Identität sie nicht preisgeben werde. K habe die Möglichkeit, d urch Personal und/oder technische Maßnahmen wie eine Videoüberwachung festzustellen, wer dort parkt. Wenn er das nicht nutze, müsse er die Folgen selbst tragen. K hält demgegenüber Frau B bereits als Halterin für die durch den Pkw begangenen Rechtsverstöße für verantwortlich. Bestätigt werde das durch Regelung im StVG, wonach den Halter eine Kostentragungspflicht treffe, wenn der Fahrer nicht ermittelt werden könne. Außerdem sei davon auszugehen, dass B selbst den Pkw gefahren und dort abgestellt hat. Diese sich aus der Lebenserfahrung ergebende Vermutung könne B nicht durch einfaches Bestreiten widerlegen, sondern nur durch die Auskunft, wer gefahren ist. Verweigere sie die Auskunft, mache sie sich in Höhe des nicht beitreibbaren Betrages schadensersatzpflichtig. Hat K gegen B einen Anspruch auf Zahlung von 45 Euro?

Lösung

Vorbemerkung: Das Urteil ist auch abgedruckt in JZ 202o, 577 mit Anmerkung Beater JZ 2020, 581.

I. Ein Anspruch des K gegen B auf Zahlung von 45 Euro kann sich aus einer Vertragsstrafenvereinbarung ergeben.

1. Entgegen dem Vorbringen der B, wonach Private keine Strafe erheben können, kennt das Privatrecht die in §§ 339 ff. BGB geregelte Vertragsstrafe (auch: Konventionalstrafe). Sie ist allerdings nicht mit einer staatlichen Strafe vergleichbar, sondern hat in dem in § 339 BGB geregelten Fall den Zweck, als Druckmittel den Schuldner zu einem vertragskonformen Verhalten zu veranlassen; ferner sichert sie dem Gläubiger im Verwirkungsfall den Anspruch auf einen Mindestschaden (§ 340 II BGB). Die Vertragsstrafe hat in der Praxis große Bedeutung, insbesondere bei Lieferverträgen, bei Bauverträgen und im Wettbewerbsrecht zur Durchsetzung von („strafbewehrten“) Unterlassungserklärungen.

2. § 339 BGB bestimmt, dass die Vertragsstrafe verwirkt ist, wenn ein Schuldner gegenüber seinem Gläubiger eine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt und mit seiner Verpflichtung in Verzug kommt. Nach den Hinweisen auf den Parkplatzschildern sollen bestimmte Verstöße unterlassen werden, und bei Nichtbeachtung soll ein erhöhtes Parkentgelt gezahlt werden. Zwar liegt darin keine Nichterfüllung einer Verbindlichkeit, mit der ein Schuldner in Verzug gekommen ist. Auch die ergänzenden Vorschriften der §§ 340, 341 BGB, die das Verhältnis zur Erfüllung und zu einem Schadensersatzanspruch behandeln, bestätigen, dass damit nicht Verstöße gegen eine Parkplatzordnung gemeint sind. Da die Vertragsstrafe aber nicht auf die dortigen Fälle beschränkt ist, sondern kraft der Vertragsfreiheit auch andere Verhaltensweisen absichern kann, ist mögliche Anspruchsgrundlage eine vertragliche Vertragsstrafenvereinbarung i. V. mit § 311 I BGB.

II. Voraussetzung für diese Anspruchsgrundlage ist ein Vertrag. Dazu ist zunächst zu entscheiden, ob ein Vertrag unter den Bedingungen für den Krankenhausparkplatz zustande gekommen ist. Ob auch eine Vertragsstrafe Bestandteil dieses Vertrages geworden ist, wird unter III, und wer im konkreten Fall die Parteien des Vertrages sind, wird unter IV 1 behandelt.

1. Durch Abgabe eines Angebots und dessen erklärte Annahme, so wie das im Normalfall den §§ 145 ff. BGB entspricht, kommt ein Vertrag bei der Benutzung eines privaten Parkplatzes nicht zustande.

2. Vielmehr erklärt der Betreiber des Parkplatzes durch Bereitstellen des Platzes schlüssig (konkludent), dass ein Vertrag zustande kommen soll, und der Benutzer nimmt dieses Angebot ebenfalls schlüssig an, ohne dass die Annahme erklärt werden muss (§ 151, 1 BGB). Da im vorliegenden Fall die Benutzung für die Höchstparkdauer unentgeltlich ist, handelt es sich nicht um einen Mietvertrag (§ 535 BGB), sondern um eine Leihe (§ 598 BGB). § 598 BGB bezieht sich auf eine Sache, ohne Beschränkung auf eine bestimmte Art der Sache, so dass auch der Teil eines Grundstücks möglicher Gegenstand einer Leihe ist.

BGH [13, 14] Nach der Rspr. des BGH kommt zwischen dem Eigentümer bzw. Betreiber eines entgeltlichen privaten Parkplatzes und dem Fahrzeugführer ein Mietvertrag über einen Fahrzeugabstellplatz zustande, indem der Fahrzeugführer das als Realofferte in der Bereitstellung des Parkplatzes liegende Angebot durch das Abstellen des Fahrzeugs annimmt (§§ 145, 151 BGB). Weiterer Willenserklärungen hierzu bedarf es nicht (vgl. BGH NJW 2016, 863 Rn. 15). Gleiches gilt für die Inanspruchnahme eines wie hier unentgeltlich zur Verfügung gestellten Parkplatzes, die zum konkludenten Abschluss eines Leihvertrags im Sinne des § 598 BGB führt. Mithin ist mit dem jeweiligen Fahrer des von B gehaltenen Pkws an den zwei streitgegenständlichen Terminen ein Leihvertrag über die zeitlich befristete und an die Einhaltung der Parkbedingungen gebundene kostenlose Überlassung der Stellflächen geschlossen worden.

III. Bestandteil dieses Vertrages müsste eine Vertragsstrafenvereinbarung geworden sein.

1. Da der Parkplatz erkennbar nur zu den auf den Schildern enthaltenen Bedingungen zur Verfügung gestellt wurde, ist die Bestimmung über das erhöhte Parkentgelt Vertragsinhalt geworden. Danach verpflichtet sich der Fahrer zur Einhaltung der Parkbedingungen und im Falle der Nichteinhaltung zur Zahlung eines erhöhten Parkentgelts. Darin liegt eine Vertragsstrafenvereinbarung. BGH [15] Dieser Vertrag beinhaltet …ein wirksames Vertragsstrafenversprechen im Sinne der §§ 339 ff. BGB, wonach der Nutzer mindestens 30 Euro als „erhöhtes Parkentgelt" zu entrichten hat, wenn er die vertraglich vorgesehene Rückgabezeit nicht einhält oder sonst gegen die Parkbestimmungen verstößt.

2. Die Klausel über das erhöhte Parkentgelt könnte eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) sein, die nach § 307 I BGB unwirksam ist.

a) AGB sind die für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei als Verwender der anderen Vertragspartei stellt (§ 305 I 1 BGB). Die Vertragsstrafenklausel war von Seiten des Parkplatzbetreibers vorformuliert, sollte für jede Parkplatzbenutzung gelten und war Bedingung für diese Benutzung, mithin wurde sie den Benutzern gestellt. Sie war deshalb eine AGB i. S. des § 305 BGB. BGH [16] Das Vertragsstrafenversprechen ist als AGB wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Insbesondere enthalten die an den Parkplätzen aufgestellten Hinweisschilder den gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB hier ausreichenden Hinweis durch deutlich sichtbaren Aushang, von dessen Inhalt sich der Fahrzeugführer als der Verwendungsgegner auf zumutbare Weise im Sinne des § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB Kenntnis verschaffen kann (…). Mit der Parkplatzbenutzung hat der Fahrer konkludent sein Einverständnis mit der Geltung dieser AGB erklärt.

b) § 307 I BGB ist nach dessen Absatz III anwendbar, weil die Vertragsstrafenklausel eine den Leihvertrag ergänzende Vorschrift ist. Nach § 307 I 1 BGB ist eine AGB- Bestimmung unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders - den Verwendungsgegner - entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist (§ 307 I 2 BGB). BGH [18-24]:

aa) Der Inhaltskontrolle vorgeschaltet ist die Ermittlung des objektiven Inhalts der Klausel durch Auslegung. AGB sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn ausgehend von ihrem Wortlaut einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Kreise verstanden werden.… Danach ist durch die Klausel festgelegt, dass bei einem „widerrechtlichen", also gegen die Parkbedingungen verstoßenden Abstellen des Fahrzeugs eine Vertragsstrafe („erhöhtes Parkentgelt") zu entrichten ist. Deren Untergrenze ist mit 30 Euro angegeben. Durch den Zusatz „mind." behält sich der Verleiher vor, im Einzelfall eine höhere Vertragsstrafe festzusetzen, dann also ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne der §§ 315 ff. BGB auszuüben.

bb) Die Klausel könnte, wie B geltend macht, zu unbestimmt sein und damit gegen § 307 I 2 BGB verstoßen. BGH [21]: Jedoch ist die Klausel nicht intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dem steht nicht entgegen, dass sie keine Obergrenze für die Vertragsstrafe enthält. Zwar muss die Strafe nach Höhe und Berechnung bestimmt sein; sie kann aber auch formularmäßig der Leistungsbestimmung des Strafgläubigers nach § 315 BGB überantwortet werden (Staudinger/Rieble, BGB [2015], § 339 Rn. 129). Zudem wird dem Nutzer als dem Verwendungsgegner hier deutlich vor Augen geführt, dass er auch dann, wenn der Verleiher von diesem Leistungsbestimmungsrecht keinen Gebrauch macht, jedenfalls eine Vertragsstrafe von 30 Euro zu gewärtigen hat.

cc) Bei der Angemessenheitsprüfung nach § 307 I 1 BGB ist zunächst festzustellen, dass die Regeln für die Parkplatzbenutzung nicht zu beanstanden sind. Das Krankenhaus ist nicht verpflichtet, einen Parkplatz kostenlos zur Verfügung zu stellen, also darf es auch eine Höchstdauer für das kostenlose Parken festlegen; auch darf es Plätze für das Personal reservieren. Da eine Missachtung von Parkbeschränkungen nicht ausgeschlossen ist, darf zu deren Einhaltung das Mittel der Vertragsstrafe eingesetzt werden; es ist jedenfalls milder als ein Abschleppen falsch geparkter Fahrzeuge.

BGH [23, 24] Eine unangemessene, gegen Treu und Glauben verstoßende Benachteiligung des Schuldners einer Vertragsstrafe kann sich aus einer unangemessenen Höhe der Vertragsstrafe ergeben. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Sanktion außer Verhältnis zum Gewicht des Vertragsverstoßes und den Folgen für den Schuldner der Vertragsstrafe steht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vertragsstrafe einerseits den Schuldner als Druckmittel zur ordnungsgemäßen Erbringung der versprochenen Leistung anhalten und andererseits dem Gläubiger im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung eröffnen soll.… Die Untergrenze von 30 Euro stellt ein geeignetes und angemessenes Druckmittel dar, um Fahrzeugführer von widerrechtlichem Parken abzuhalten. Sie steht auch nicht außer Verhältnis zu den sanktionierten Parkverstößen und belastet den Nutzer nicht über Gebühr. Soweit der Verleiher im Einzelfall eine höhere Vertragsstrafe festlegen kann, ist das mit Blick auf denkbare schwerwiegendere Verstöße wie etwa ein mehrere Tage andauerndes widerrechtliches Parken grundsätzlich gerechtfertigt. Im Übrigen sorgt die Ermessenskontrolle nach § 315 BGB für eine angemessene Begrenzung (Staudinger/Rieble, BGB [2015], § 339 Rn. 163). Durch die Ermessenskontrolle kann insbesondere verhindert werden, dass eine Vertragsstrafe in Fällen verwirkt wird, in denen der Verstoß nicht zu vertreten ist (vgl. Rodi NJW 2020, 758 in einer Anm. zu der BGH-Entscheidung). Folglich ist die Vertragsstrafenklausel nicht nach § 307 BGB unwirksam.

dd) In der Anmerkung von Rodi a. a. O. wird kritisiert, dass der BGH § 312 a III BGB nicht geprüft hat. Nach dieser Vorschrift kann ein Unternehmer gegenüber einem Verbraucher e ine Vereinbarung, die zu einer über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehenden Zahlung verpflichtet, nur ausdrücklich treffen. Zwar ist das konkludente Zustandekommen des Leihvertrags mit Vertragsstrafenklausel keine ausdrückliche Vereinbarung. Jedoch liegen die Voraussetzungen der Vorschrift nicht vor. Bei dem kostenlosen Parkplatzbenutzungsvertrag wurde kein Entgelt als Hauptleistung vereinbart, so dass die Vertragsstrafe keine über eine Hauptleistung hinausgehende Zahlung ist.

IV. Es sind die Parteien des Vertrags im vorliegenden Fall zu bestimmen.

1. Da in der bisherigen Lösung zugrunde gelegt wurde, dass Gläubiger der „Parkplatzbetreiber“ ist, ist nunmehr ist zu bestimmen, wer im vorliegenden Fall den Parkplatz betreibt ist. Das Krankenhaus ist zwar Eigentümer des Grundstücks, handelt aber nicht selbst. Im Innenverhältnis zwischen Krankenhaus und K sollte K tätig werden und den Platz verwalten. Im Außenverhältnis zu den Benutzern kann das bedeuten, dass K entweder als Vertreter des Krankenhauses auftritt oder dass er im eigenen Namen handelt. Ob die aufgestellten Schilder darüber etwas bestimmen, ergibt sich aus dem Sachverhalt nicht und war auch im Originalfall nicht geklärt. Der BGH hat unter [14, 11] offen gelassen, ob Verleiher der K oder die Grundstückseigentümerin war. Denn selbst wenn das durch K vertretene Krankenhaus Vertragspartner war, kann K den Anspruch jedenfalls als Einziehungsermächtigter im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft im eigenen Namen geltend machen (vgl. BGH NJW 2014, 1963 Rn. 11 f., 18 m. w. N.). Hier wird davon ausgegangen, dass der Vertrag zwischen Krankenhaus und K, nach dem K den Platz verwaltet, Verstöße gegen die Parkordnung ahndet einschließlich des Inkassos, von K so durchgeführt wird, dass er im eigenen Namen handelt (gleiches Ergebnis im Fall BGH NJW 2016, 863). Somit ist K Vertragspartner des Leihvertrages und Gläubiger der Vertragsstrafe, sofern diese berechtigt ist.

2. Da K Zahlung von B verlangt, müsste diese Schuldnerin aus der Vertragsstrafenklausel des Leihvertrags sein.

a) Im Normalfall ist der Autofahrer als Benutzer des Parkplatzes Vertragspartei. Allerdings bestreitet B, das Auto gefahren zu haben. Da ihr das nicht widerlegt werden kann, kann nicht festgestellt werden, dass sie als die Person, die das Auto tatsächlich gefahren hat, aus der Vertragsstrafenvereinbarung haftet. Eine andere Person, die das Auto geparkt hat, ist nicht bekannt.

b) B könnte als Halterin des Pkw ebenso haften wie der Fahrer.

aa) Dass ein Kfz-Halter über seine ausdrücklich geregelten Verpflichtungen wie die Haftung nach § 7 StVG hinaus verantwortlich sein kann, ist anerkannt. Im Fall BGH NJW 2016, 863 hatte der Halter den Pkw einem nicht bekannten Dritten überlassen, der den kostenpflichtigen Parkplatz ohne Bezahlung benutzt hatte. Der BGH hat eine Eigentums- bzw. Besitzstörung angenommen, für die der Halter mitverantwortlich war, so dass der Halter zur Unterlassung künftiger Verstöße verurteilt wurde. Im Fall BGH NJW 2016, 2407 hatte die Halterin den Pkw ihrer Tochter überlassen, die ihn unberechtigt auf einem Kundenparkplatz abgestellt hatte, von wo er abgeschleppt wurde. Die Halterin musste die Abschleppkosten zahlen. (Zu diesen Fällen auch BGH [27])

bb) In vorstehenden Fällen wurden gegen den Halter Ansprüche aus Gesetz geltend gemacht. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber um einen Anspruch aus einem (Leih-) Vertrag, an dem B als Halterin nicht beteiligt war. Würde sie daraus haften, wäre der Vertrag ein Vertrag zwischen K und dem Fahrer zu Lasten der B als Dritter. Verträge zu Lasten Dritter widersprechen der Vertragsautonomie und sind - im Unterschied zum Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) oder zum (ähnlichen) Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte - nicht zulässig. BGH [28] Demgegenüber hat der Halter nicht für den allein auf dem zwischen Verleiher und Fahrzeugführer geschlossenen Vertrag beruhenden Vertragsstrafenanspruch des Verleihers einzustehen. An dieser Vertragsbeziehung ist er nicht beteiligt. Nichts anderes folgt aus der Bestimmung des § 25 a Abs. 1 Satz 1 StVG, nach der dem Halter eines Kfz die Kosten eines Bußgeldverfahrens wegen eines Halt- oder Parkverstoßes im öffentlichen Raum auferlegt werden können, wenn der Führer des Kfz, der den Verstoß begangen hat, nicht ermittelt werden kann oder seine Ermittlung einen unangemessenen Aufwand erfordern würde. Denn es fehlt bereits an einer für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke (vgl. Rebler DAR 2018, 228, 231 m. w. N. auch zur Gegenauffassung). Der Gesetzgeber hat in Kenntnis der möglichen Personenverschiedenheit von Kfz-Halter und -Fahrer die Fälle abschließend geregelt, in denen sich Rechtsfolgen aus der Haltereigenschaft ergeben.

Somit reicht die Stellung der B als Halterin des Pkw für eine Haftung nicht aus.

V. K könnte gegen B einen Anspruch in Höhe der 45 Euro als Schadensersatz haben. Da eine unerlaubte Handlung (§§ 823 ff. BGB) zumindest wegen fehlenden Verschuldens der B ausscheidet, kommt nur ein Anspruch aus Vertrag in Betracht. Aus dem Leihvertrag ist B, wie ausgeführt, nicht verpflichtet. Für einen selbstständigen Anspruch auf Auskunft, der verletzt sein könnte, fehlt es an einer vertraglichen oder gesetzlichen Grundlage. BGH [29, 30] Allein die Tatsache, dass jemand über Sachverhalte informiert ist oder sein könnte, die für einen anderen von Bedeutung sind, begründet noch keine Auskunftspflicht. Ein Anspruch folgt auch nicht wegen der Weigerung zur Benennung des Fahrzeugführers aus §§ 242, 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1, 249 BGB. Denn den Halter trifft gegenüber dem Verleiher keine entsprechende Auskunftspflicht.

VI. B könnte aufgrund einer Regelung über die Darlegungslast oder die Beweislast als Fahrerin des Pkw gelten. Zwar ist nach der Aufgabenstellung nur ein materieller Anspruch zu prüfen und nicht über eine erhobene Klage zu entscheiden. Wenn sich jedoch feststellen lässt, dass K in einem Prozess aufgrund der der Darlegung- oder Beweislast eine Verurteilung der B erreichen kann, steht das einem Anspruch gleich (ebenso wie - umgekehrt - ein materieller Anspruch, der vom Schuldner nicht anerkannt wird und der sich gerichtlich nicht durchsetzen lässt, wertlos ist).

1. BGH [34] Grundsätzlich muss ein Kläger alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Macht er wie hier einen vertraglichen Anspruch geltend, so hat er die Umstände darzulegen und zu beweisen, die zum Vertragsschluss mit der beklagten Partei geführt haben. In diesem Satz bezieht sich „behaupten“ auf die Darlegungslast, „beweisen“ auf die die Beweislast. Kommt der Kläger dem nicht nach, wird die Klage abgewiesen.

2. Zu den Anspruchsvoraussetzungen für den Anspruch auf die Vertragsstrafe aus Vertrag gehört, dass B den Pkw gefahren hat.

a) K hat vorgetragen, es sei davon auszugehen, dass B den Pkw gefahren hat. Folglich ist er seiner Darlegungslast nachgekommen.

b) Da B das Fahren des Pkw bestreitet, müsste K diese Tatsache beweisen, was ihm aber nicht möglich ist. Gleichwohl könnte davon auszugehen sein, dass B gefahren ist, wenn zu Gunsten des K ein Anscheinsbeweis (auch: Prima-facie-Beweis) eingreifen würde. BGH [32] Der Beweis des ersten Anscheins greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist… Typizität bedeutet in diesem Zusammenhang allerdings nur, dass der Kausalverlauf so häufig vorkommen muss, dass die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist (st. Rspr., vgl. BGH NJW 2017, 1961 Rn. 19 m. w. N.; vgl. auch Stück JuS 1996, 153). Beispiel ist ein Auffahrunfall, bei dem prima facie angenommen wird, dass der Auffahrende den Unfall verschuldet hat. Dass der Halter eines Fahrzeugs auch dessen Fahrer ist, stellt jedoch keinen derartigen typischen Geschehensablauf dar. Vielmehr fallen Halter- und Fahrereigenschaft in der Lebenswirklichkeit häufig auseinander. Denn zu der Lebenswirklichkeit gehört, dass zunehmend ein Auto von mehreren Familienangehörigen benutzt wird.

3. Neben der unter 2a) behandelten primären Darlegungslast des Klägers gibt es auch eine sekundäre Darlegungslast (Laumen MDR 2019, 193, der den Begriff der sekundären Behauptungslast verwendet). Diese könnte zu Lasten der B eingreifen mit der Folge, dass ein einfaches Bestreiten ihrer Fahrereigenschaft nicht ausreicht.

a) BGH [35] Eine sekundäre Darlegungslast trifft den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei dann, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (st. Rspr., vgl. etwa BGHZ 200, 76 Rn. 17 m. w. N.; BGH NJW 2017, 886 Rn. 19 m. w. N.). Beispiel ist, dass die unterhaltsberechtigte geschiedene Ehefrau Anhaltspunkte dafür hat, dass sich das Einkommen des Ehemanns erhöht hat, sie den Betrag aber nicht kennt; dann muss der Ehemann darüber Auskunft geben. Gestützt wird diese Rechtsfigur auf § 138 II ZPO, wonach j ede Partei sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären hat (BGHZ 160, 320; Laumen MDR 2019, 195). Die sekundäre Darlegungs- und Beweislast hat große praktische Bedeutung; nach Laumen S. 194 macht die Rspr. davon „in fast inflationärer Weise“ Gebrauch.

b) BGH [36-41] Ob den wegen unberechtigten Abstellens eines Pkws auf einem Privatparkplatz auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch genommenen Fahrzeughalter eine solche sekundäre Darlegungslast trifft, ist umstritten.

aa) Eine Meinung in Rspr. und Lit. lehnt das vor allem deswegen ab, weil der Parkplatzbetreiber grundsätzlich ausreichende andere Erkenntnismöglichkeiten habe (LG Schweinfurt DAR 2018, 517, 519; Stamer DAR 2018, 519 f.;…).

bb) Demgegenüber wird eine solche sekundäre Darlegungslast auch bejaht (…). Jedenfalls für ein Leihverhältnis als unentgeltliches Geschäft ist die letztgenannte Auffassung zutreffend.

Beim Parken auf einem privaten Parkplatz handelt es sich um ein anonymes Massengeschäft, bei dem der Parkplatz nicht einem bestimmten Vertragspartner, sondern der Allgemeinheit zur regelmäßig kurzzeitigen Nutzung angeboten wird (vgl. BGH NJW 2016, 863 Rn. 18). Zu einem persönlichen Kontakt zwischen dem allein durch Bereitstellung des Parkplatzes anbietenden Betreiber und dem nur durch Nutzung annehmenden Fahrer als den beiden Vertragsparteien kommt es dabei regelmäßig nicht. Dies hat aber zwangsläufig zur Folge, dass dem Verleiher die Person des Fahrzeugführers als des Entleihers nicht bekannt ist. Dass der Parkplatzbetreiber das Abstellen des Fahrzeugs nicht von einer vorherigen Identifizierung des Fahrzeugführers abhängig macht, ist Bestandteil dieses Massengeschäfts, liegt im Interesse der auf den einfachen Zugang auch zu privaten Parkplätzen angewiesenen Verkehrsöffentlichkeit und ist vom Betreiber auch nicht zu verlangen.
Entgegen der von B vertretenen Auffassung hat der Verleiher keine zumutbare Möglichkeit, die Identität seines Vertragspartners bei Vorliegen eines unberechtigten Abstellvorgangs…in Erfahrung zu bringen. Als privates Rechtssubjekt könnte er selbst dann, wenn er mittels gesteigertem Personalaufwand den Fahrer bei dessen Rückkehr zum Fahrzeug anhält, dessen Personalien (und deren eventuelle Übereinstimmung mit denen des Halters) ebenso wenig ohne weiteres feststellen wie auf der Grundlage etwa von Videoaufnahmen.

Im Gegensatz dazu ist es dem Halter…regelmäßig auch noch mit einem gewissen zeitlichen Abstand möglich, jedenfalls die Personen zu benennen, die im fraglichen Zeitraum die Möglichkeit hatten, das Fahrzeug als Fahrer zu nutzen. Ein solcher …Vortrag ist ihm auch unschwer möglich und zumutbar, da er es regelmäßig in der Hand hat, wem er das Fahrzeug überlässt. Dass zu den zu benennenden Personen dann gegebenenfalls auch Angehörige zählen, steht der Zumutbarkeit nicht entgegen. Insoweit verhält es sich nicht anders als bei den Fällen, in denen dem Inhaber eines häuslichen Internetanschlusses, von dem aus eine Urheberrechtsverletzung begangen wurde, im Rahmen der sekundären Darlegungslast Vortrag zu den den Anschluss nutzenden Personen obliegt (vgl. dazu BGH NJW 2018, 68 Rn. 13 und NJW 2017, 1961 Rn. 15).


c) BGH [31] Folglich darf B sich als Halterin des Pkws nicht auf ein einfaches Bestreiten beschränken, sondern hätte im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast dazu vortragen müssen, wer als Nutzer des Pkws im fraglichen Zeitpunkt in Betracht kam. Dieser Obliegenheit ist B nicht nachgekommen und hat eine Auskunft auch definitiv ausgeschlossen, selbst im Fall eines Prozesses. Ob B auch auf andere Tatsachen verweisen könnte, wonach sie nicht die Fahrerin war (dazu Rodi NJW 2020, 759), kann offen bleiben, weil K auch insoweit nur behauptet hat, dass sie das nachweisen könne, ohne dazu konkret vorzutragen.

Für die weitere Rechtsfolge wird § 138 III ZPO herangezogen. Danach gelten die von einer Partei vorgetragenen Tatsachen, die von der anderen Partei nicht bestritten werden, als zugestanden. In der Situation der sekundären Darlegungslast gilt als Nichtbestreiten auch, wenn der von der sekundären Darlegungslast geforderte, über das Bestreiten hinausgehende Vortrag nicht erfolgt. BGH [35] Genügt der Anspruchsgegner seiner sekundären Darlegungslast nicht, gilt die Behauptung des Anspruchstellers nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (st. Rspr., vgl. etwa BGH NJW 2018, 2412 Rn. 30 m. w. N.). Somit gilt die Behauptung des K, dass B gefahren ist, als von B zugestanden. Auf Basis dieser - gegenüber oben IV 2a geänderten - Tatsachengrundlage ist B Vertragspartnerin aus dem Leihvertrag geworden und schuldet den Betrag aus der Vertragsstrafenvereinbarung.

Ergebnis: K kann von B Zahlung der 45 Euro verlangen.


Zusammenfassung