Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Der Aufsatz von Weller NJW 2005, 934 zum Übertragungsverbot für Fußball-WM-Tickets berührt sowohl ein aktuelles Thema als auch Fragen des Wertpapierrechts und des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf den Aufsatz.

I. Der Sachverhalt: Die WM-Tickets für die Fußball- Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland werden vom Deutschen Fußballbund (DFB) nur so verkauft, dass diese ausschließlich den darauf namentlich bezeichneten Personen das Recht auf Zutritt zum Stadion einräumen, was durch (verschlüsselte) Zutrittsinformationen auf dem Ticket und Eingangskontrollen in den Stadien gewährleistet wird (Ziff. 2 Allgemeine Ticket-Geschäftsbedingungen =ATGB). Eine Übertragung ist grundsätzlich untersagt (Ziff. 3 ATG, sog. Vinkulierung) und nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Organisationskomitees zulässig. Diese soll nur ausnahmsweise erteilt werden und kann aus sachlichem Grund verweigert werden, insbesondere „wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Inhaber die Weiterveräußerung beabsichtigt“. Bei einer Übertragung ohne Genehmigung soll das Ticket seine Gültigkeit verlieren (Ziff. 4 ATGB). Wird die Genehmigung erteilt, wird für den Erwerber ein neues Ticket gegen eine Gebühr von 10 € ausgestellt.

II. Einordnung der Tickets

1. Normale Eintrittskarten beispielsweise für Bundesliga-Fußballspiele sind sog. kleine Inhaberpapiere i. S. des § 807 BGB (S. 935). Bei ihnen geht der Wille des Ausstellers dahin, an den jeweiligen Inhaber zu leisten, der das Ticket in den Händen hat (§§ 807, 797 BGB). Die materielle Berechtigung daraus wird durch Übereignung nach § 929 BGB übertragen (S. 935). Das Recht auf Besuch der Veranstaltung = das Recht aus der Urkunde folgt also bei Inhaberpapieren dem Recht an der Urkunde.

2. Durch die Regelung des DFB in den ATGB werden WM-Tickets zu Papieren i. S. des § 808 BGB (Hauptanwendungsfall dieser Vorschrift ist das Sparbuch, vgl. dazu JurTel 2005 Heft 9 S. 182). Zwar ist auch hier die Innehabung der Urkunde erforderlich (§ 808 II 1), sie reicht aber nicht aus. Der Inhaber des Papiers muss zugleich materieller Berechtigter (Gläubiger) sein. Das ist der Ersterwerber oder derjenige, der die verbriefte Forderung durch Abtretung erworben hat. Dabei folgt nach § 952 II BGB das Eigentum an der Urkunde dem Recht aus der Urkunde, d. h. Eigentümer des Papiers ist der Gläubiger (S. 936).

III. Rechtswirksamkeit der Regelung in den ATGB

1. Die Ausgestaltung der WM-Tickets als Papiere nach § 808 hat zur Folge, dass ein Gläubiger vorhanden sein muss, dass also dem Papier eine Forderung zu Grunde liegt. Diese besteht in einem Anspruch auf Durchführung eines Fußballspiels, einem Werk i. S. des § 631 BGB (S. 936). Nach § 399 2. Alt. dürfen die Parteien dessen Abtretbarkeit ausschließen. Das kann grundsätzlich auch durch AGB geschehen (S. 936).

2. Dann unterliegen die Ziff. 2 bis 4 ATGB aber auch der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. Sie dürfen die Erwerber der WM-Tickets nicht unangemessen benachteiligen. Bei der hierbei vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Interessen

a) sind zunächst die Gründe des DFB zu würdigen. Es sind dies: Unterbindung des „Schwarzmarkthandels“, ein „fairer und transparenter Verkauf“ der WM-Tickets und Sicherheitsinteressen (S. 934, 936). Jedoch liegt ein „Schwarzmarkthandel“ nur vor, wenn bei diesem gesetzliche Verbote verletzt oder umgangen werden, was beim Weiterverkauf von Fußball-Eintrittskarten durch Private nicht der Fall ist (S. 934/5). Die anderen Gesichtspunkte sind nicht unberechtigt (S. 936).

b) Andererseits kann der Ticketerwerber ein erhebliches Interesse daran haben, den im Erwerb der Eintrittskarte steckenden Vermögenswert durch Veräußerung realisieren zu können, z. B. bei einem unvorhergesehenen Geldbedarf wegen Krankheit oder Arbeitslosigkeit oder weil er das Spiel aus persönlichen Gründen nicht besuchen kann (S. 936/7). Weller S. 937 kommt zu dem Ergebnis, bereits diese Interessen seien überwiegend, woraus die Unwirksamkeit des in den ATGB enthaltenen Übertragungsverbots gemäß § 307 folgt (S. 937). Gesteigerte Bedenken ergeben sich dagegen, dass selbst bei Genehmigung der Übertragung weitere 10 € gezahlt werden müssen und dass bei Übertragung ohne vorherige Genehmigung das Ticket seine Gültigkeit verliert (vorweggenommener bedingter Erlassvertrag nach § 397 BGB durch AGB ?).