Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Girovertrag, Schutzpflichten, §§ 676f, 241 II BGB. Warnpflicht einer Bank gegenüber Kunden vor Anlagebetrüger. Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte, § 328 BGB analog. Drittschadensliquidation. Geldwäschegesetz als Schutzgesetz i. S. des § 823 II BGB

BGH
Urteil vom 6. 5. 2008 (XI ZR 56/07) NJW 2008, 2245 (für BGHZ vorgesehen)

Fall (Auffällige Barabhebungen)

V gründete im Oktober 2007 die V-GmbH, als deren Geschäftszweck die Vornahme von Börsengeschäften im Auftrag Dritter angegeben wurde, und eröffnete im Namen der GmbH bei der B-Bank ein Girokonto. Innerhalb der B-Bank war Frau F für die Betreuung des Kontos zuständig. Sie wusste, dass die auf dem Konto eingehenden Gelder für Rechnung der Kapitalanleger anzulegen waren. In der Folgezeit warb die V-GmbH mit attraktiven Renditeversprechen telefonisch Gelder ein, die die Anleger auf das Konto der GmbH einzahlten, von wo diese in Immobilienfonds weitergeleitet werden sollten. In den folgenden drei Monaten zahlten Anleger (A) insgesamt 995.633 € ein. V wollte das Geld aber nicht anlegen, sondern wollte es veruntreuen und privat verwenden und verbrauchen. Er hob die auf dem Girokonto eingegangenen Beträge regelmäßig, bis zu fünfmal am Tag, in vier- bis fünfstelligen Beträgen in bar vom Konto ab. Später überwies er auch einen Betrag von insgesamt 317.000 € in Raten auf ein privates Konto in der Türkei.

Anfang Dezember 2007 fragte F den V wegen der vielen Barabhebungen nach der Herkunft des Geldes und erhielt die Antwort, das Geld sei für eine Investition in der Türkei bestimmt und der Bartransport sei billiger als Überweisungen. F bat um Unterlagen zwecks Nachprüfung, die V aber verweigerte. Am 22. 1. 2008 nahm F eine bankinterne Meldung nach dem Geldwäschegesetz (GwG) vor, die dazu führte, dass die B-Bank die Polizei einschaltete. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass das gesamte Geld der Anleger verloren war, schlossen diese sich zur A-GmbH zusammen und traten dieser ihre sämtlichen Ansprüche ab. Anschließend erhob die A-GmbH gegen die B-Bank Klage auf Schadensersatz wegen der Gelder, die nach dem 15. 12. 2007 eingezahlt worden waren. Zu den eingeklagten Beträgen gehören 30.000 €, die A1 über sein Konto bei einer Filiale der B-Bank überwiesen hat, und 20.000 €, die A2 als Kunde einer Sparkasse hat überweisen lassen. Ist die Klage hinsichtlich dieser beiden Beträge begründet ?

Hinweis zum Sachverhalt: Der Originalfall ist kompliziert und wurde vereinfacht. Dabei wurden die Bezeichnungen des BGH „Kl., Bekl. zu 1), zu 2) usw.“ durch A (A1, A2), V, F und B ersetzt, teilweise auch in den Originalzitaten. Außerdem wurde der Fall in den Zeitraum 2007/2008 verlegt.

A. Anspruch des A1 auf Ersatz von 30.000 €

Anleger A1, der bei einer Filiale der B-Bank ein Konto hat und über dieses die zu dem Schaden führenden Einzahlungen vorgenommen hat, könnte gegen die B-Bank einen Anspruch wegen Vertragsverletzung haben (§ 280 I BGB).

I. Zwischen A1 und der B-Bank bestand ein Girovertrag (§ 676f BGB), kraft dessen die B für A1 ein Konto führte.

II. Die B müsste eine Pflicht aus diesem Vertrag verletzt haben.

1. Eine der in § 676f auf geführten Leistungspflichten hat B nicht verletzt. Insbesondere hat sie den Überweisungsauftrag über die 30.000 € auf das Konto der V-GmbH auftragsgemäß ausgeführt.

2. B könnte aber eine Sorgfalts-, Rücksichtnahme- oder Schutzpflicht (§ 241 II BGB) verletzt haben.

a) B könnte die Pflicht gehabt haben, ihren Kunden A1 davor zu warnen, ohne (nochmalige) Prüfung weitere Gelder auf das Konto der V-GmbH zu zahlen, weil möglicherweise die verabredete Verwendung der Gelder nicht gewährleistet war und Bedenken gegen das Geschäftsgebaren des V bestanden.

aa) BGH Rdnr. 14: Die Vertragsparteien haben sich bei der Abwicklung eines Schuldverhältnisses so zu verhalten, dass die Rechtsgüter, auch das Vermögen, des anderen Teils nicht verletzt werden (BGHZ 157, 256, 266 m. w. Nachw.). Aus einem Girovertrag ergibt sich für ein Kreditinstitut die Schutzpflicht, die Interessen seines Kunden zu wahren (BGH WM 1976, 474). Im bargeldlosen Zahlungsverkehr werden Kreditinstitute zwar nur zum Zweck der technisch einwandfreien, einfachen und schnellen Abwicklung tätig und haben sich schon wegen dieses begrenzten Geschäftszwecks und der Massenhaftigkeit der Geschäftsvorgänge grundsätzlich nicht um die beteiligten Interessen ihrer Kunden zu kümmern. In Ausnahmefällen können aber Warn und Hinweispflichten der Kreditinstitute zum Schutz ihrer Kunden vor drohenden Schäden bestehen (vgl. BGH WM 2004, 1625, 1626).

bb) Eine solche Pflicht ist im Überweisungsverkehr anzunehmen,

- wenn der Überweisungsbank der ersichtlich unmittelbar bevorstehende wirtschaftliche Zusammenbruch des Überweisungsempfängers oder der Empfängerbank bekannt ist (BGH…WM 1986, 1409 f.),
- wenn unklar ist, ob die erteilte Weisung fortbesteht (BGH WM 1991, 57, 59) oder
- wenn sich der Verdacht des Missbrauchs der Vertretungsmacht aufdrängen muss (BGH WM 1976, 474).

Im Lastschriftverkehr bestehen entsprechende Warnpflichten (Siol, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch 3. Aufl. § 44 Rdn. 89). Auch im Scheckverkehr werden, jedenfalls bei erkennbar strafbaren Handlungen des Scheckeinreichers gegenüber dem Aussteller, Warnpflichten angenommen (Staub/Canaris, HGB 4. Aufl. Bankvertragsrecht Rdn. 107; Siol, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch 3. Aufl. § 44 Rdn. 93).

cc) Rdnr. 15: Nach diesen Grundsätzen hat ein Kreditinstitut, das aufgrund massiver Anhaltspunkte den Verdacht hegt, dass ein Kunde bei der Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr durch eine Straftat einen anderen schädigen will, diesem gegenüber eine Warnpflicht. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Täter in einer dem Missbrauch der Vertretungsmacht vergleichbaren Weise als mittelbarer Stellvertreter des zu warnenden Kunden handelt. Eine Bank, die weiß, dass der Inhaber eines bei ihr geführten Girokontos darauf eingehende Zahlungen für fremde Rechnung anzulegen hat, und die aufgrund massiver Verdachtsmomente argwöhnt, der Kontoinhaber veruntreue die Gelder, hat jedenfalls dann eine Warnpflicht, wenn der Kontoinhaber auf einen entsprechenden Vorhalt den Verdacht nicht ausräumen kann. Unter diesen Umständen besteht die Warnpflicht nicht nur, wenn die Veruntreuung der Bank bekannt ist, sondern auch wenn sie aufgrund massiver Verdachtsmomente objektiv evident ist.

dd) Rdnr. 16: Die Bank wird durch die Warnpflicht nicht unzumutbar belastet. Sie muss weder generell prüfen, ob die Abwicklung eines Zahlungsverkehrsvorgangs Risiken für einen Beteiligten begründet, noch Kontobewegungen allgemein und ohne besondere Anhaltspunkte überwachen. Eine Warnpflicht besteht unter den genannten Voraussetzungen erst dann, wenn die Bank ohne nähere Prüfung im Rahmen der normalen Bearbeitung eines Zahlungsverkehrsvorgangs aufgrund einer auf massiven Verdachtsmomenten beruhenden objektiven Evidenz (…) den Verdacht einer Veruntreuung schöpft.

b) B müsste diese Pflicht verletzt haben.

aa) BGH Rdnr. 18: B muss sich das Wissen der F zurechnen lassen. Nach § 166 Abs. 1 BGB ist ihr das Wissen aller Mitarbeiter zuzurechnen, die sie bei der Bearbeitung eines konkret in Rede stehenden Geschäfts vertreten oder daran bestimmungsgemäß mitgewirkt haben (vgl. BGH WM 2005, 375, 377; WM 2007, 1651, 1652; Nobbe, in: Neues Schuldrecht und Bankgeschäfte Wissenszurechnung bei Kreditinstituten, Bankrechtstag 2002 S. 121, 141 ff.; Siol, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch 3. Aufl. § 43 Rdn. 24). Diese Voraussetzungen erfüllt F, weil sie bestimmungsgemäß mit dem Konto der GmbH befasst war und die Möglichkeit hatte, einzugreifen und die Gutschriften der eingehenden Zahlungen zu verhindern.

bb) BGH Rdnr. 17: F wusste, dass V die auf dem Konto der GmbH eingehenden Gelder für Rechnung der geworbenen Kapitalanleger anzulegen hatte. Sie hatte aufgrund der Vielzahl der Barabhebungen den Verdacht geschöpft, V veruntreue die Gelder. Dieser hatte den Verdacht mit seiner Erklärung, der Transport des Geldes in bar sei preisgünstiger als Überweisungen, nicht überzeugend entkräften können. Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass diese Voraussetzungen aufgrund einer auffälligen Häufung von Abhebungen jedenfalls seit dem 15. Dezember 2007 vorlagen und die Veruntreuung der Einzahlungen seitdem objektiv evident war, berücksichtigt alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände und läuft weder Erfahrungssätzen noch Denkgesetzen zuwider.

c) B könnte allerdings aus besonderen Gründen daran gehindert gewesen sein, eine Warnung auszusprechen.

aa) BGH Rdnr. 20: Die Pflicht, das Bankgeheimnis gegenüber der GmbH zu wahren, hinderte sie nicht, ihre Warnpflicht gegenüber den Einzahlern zu erfüllen. Die Kollision zwischen diesen Pflichten ist durch Interessenabwägung zu lösen (BGHZ 107, 104, 109). Angesichts des massiven Verdachts von Straftaten zum Nachteil der Kapitalanleger überwog die Warnpflicht die Verschwiegenheitspflicht der B-Bank (vgl. BGH WM 1986, 1409, 1410; Bruchner/Krepold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch 3. Aufl. § 39 Rdn. 91).

bb) Rdnr. 21: Auch § 11 Abs. 5 GwG (Geldwäschegesetz) stand der Erfüllung der Warnpflicht, anders als die Revision meint, nicht entgegen. Diese Vorschrift untersagt es Banken zwar, den Auftraggeber einer Finanztransaktion von einer Verdachtsanzeige oder einem daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahren zu unterrichten. Sie verbietet aber nicht die Warnung vor einer drohenden Veruntreuung.

III. Nach § 280 I 2 besteht ein Schadensersatzanspruch nicht, wenn B die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Aus den Überlegungen zur Pflichtverletzung (oben b) ergibt sich aber, dass F in vorwerfbarer Weise von einer rechtzeitigen Warnung abgesehen hat. Dieses schuldhafte Verhalten des F muss B sich nach § 278 BGB zurechnen lassen.

IV. Der Verlust der von A1 nach dem 15. 12. 2007 eingezahlten 30.000 € ist ein Schaden des A1 (§ 249, 1 BGB). Folglich hat B dem A1 die 30.000 € aus Vertragsverletzung zu ersetzen.

V. Demgegenüber greift § 826 BGB als weitere mögliche Anspruchesgrundlage nicht ein.Dabei kann offen bleiben, ob B für eine unerlaubte Handlung der F einzustehen hätte (vgl. BGH Rdnr. 48). Denn F hat die Anleger nicht vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt.

1. Insbesondere hat sie nicht in kollusivem Zusammenwirken mit V gehandelt. Im Originalfall hatten das die klagenden Anleger zwar behauptet, jedoch hatte sich das nicht beweisen lassen. Dagegen spricht wesentlich, dass sie später eine Anzeige erstattet hat.

2. BGH Rdnr. 46: Allerdings haftet nach § 826 BGB nicht nur, wer die die Sittenwidrigkeit seines Handelns begründenden Umstände positiv kennt, sondern auch, wer sich dieser Kenntnis bewusst verschließt (BGHZ 129, 136, 175 f.; …BGH WM 1989, 1047, 1048 f. und ZIP 1994, 789, 792) und etwa seine Berufspflichten in solchem Maße grob fahrlässig und leichtfertig verletzt, dass sein Verhalten als bedenken- und gewissenlos zu bezeichnen ist (BGH WM 1975, 559, 560;…WM 1992, 184, 1187). Aus der Art und Weise des sittenwidrigen Handelns kann sich die Schlussfolgerung ergeben, dass mit Schädigungsvorsatz gehandelt worden ist (BGHZ 129, 136, 177). Von vorsätzlichem Handeln ist auszugehen, wenn der Schädiger so leichtfertig gehandelt hat, dass er eine Schädigung des anderen Teils in Kauf genommen haben muss (BGH WM 1986, 904, 906;…WM 1991, 2034, 2035). Jedoch kann F im wesentlichen nur vorgeworfen werden, dass sie mit der (internen) Anzeige bis 22. 1. 2008 gewartet hat, statt bereits am 15. 12. 2007 Anzeige zu erstatten. Daraus lässt sich kein Vorwurf eines bedenken- und gewissenlosen Verhaltens herleiten.

VI. Die Klage des A1 auf Ersatz der 30.000 € ist wegen Vertragsverletzung begründet.

B. Anspruch des A2 auf Ersatz von 20.000 €

I.
Mit der Begründung, die oben A. zu einem Anspruch des A1 geführt hat, lässt sich ein Anspruch des A2 nicht bejahen. Denn zwischen A2 und der B-Bank bestand kein Girovertrag. Der Girovertrag, kraft dessen A2 die 20.000 € überwiesen hat, bestand nur gegenüber der Sparkasse.

II. A2 könnte einen Anspruch wegen Verletzung eines Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte haben (§§ 328 analog, 280 I BGB).

1. Vertrag könnte die Vereinbarung sein, die der Zusammenarbeit der an einem Überweisungsvorgang beteiligten Banken zu Grunde liegt. Im vorliegenden Fall waren beteiligt: die Sparkasse als Überweisungsbank des A2 und die B-Bank als Empfängerbank des V. Sie handelten auf Grund des Rahmenabkommens der Banken über die Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Dieses Abkommen begründete Schutzpflichten der B zu Gunsten der Sparkasse; eine solche Schutzpflicht könnte durch Unterlassen einer Warnung vor V verletzt worden sein.

2. Entscheidende Frage ist, ob dieser Vertrag Schutzwirkung für A2 als Kunden der Sparkasse hat.

a) Der BGH legt unter Rdnrn. 23 ff. zunächst dar, dass die Frage, ob die Verträge zwischen den am bargeldlosen Zahlungsverkehr beteiligten Banken Schutzwirkung für deren Kunden haben, stark umstritten ist. In der Rspr. hat der BGH früher diese Frage bejaht (BGHZ 69, 82, 85 ff.; 96, 9, 17…). Dem sind viele Gerichte gefolgt, andere haben dagegen eine Drittschutzwirkung verneint. In der Literatur hat die Annahme einer Drittschutzwirkung im bargeldlosen Zahlungsverkehr teilweise Zustimmung gefunden (Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB 33. Aufl. (7) BankGesch C/10, D/4, E/6; Staub/Canaris, HGB 4. Aufl. Bankvertragsrecht Rdn. 25 f., 395 f., 617 ff., 735; Palandt/Grüneberg, BGB 67. Aufl. § 328 Rdn. 17 a, 23…Assmann JuS 1986, 885, 889; Bayer JuS 1996, 473, 476 ff.…). Überwiegend werden Schutzpflichten zugunsten Dritter im bargeldlosen Zahlungsverkehr vom Schrifttum jedoch generell abgelehnt (van Gelder, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch 3. Aufl. § 58 Rdn. 198 ff.; Krepold, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 6/333 ff.; …Hadding, in: Festschrift Werner S. 165, 193 ff.; Hellner ZHR 145 (1981) 109, 115 ff., 136; Hüffer ZHR 151 (1987) 93, 101 f.; 105 f.). Abgelehnt wird insbesondere die Übertragung der Rechtsprechung zum Lastschrift- und Scheckeinzugsverfahren auf den Überweisungsverkehr (MünchKomm/Häuser, HGB, ZahlungsV Rdn. B 43;…).

b) Nunmehr folgt der BGH der Auffassung, die eine Drittschutzwirkung ablehnt, und begründet das mit dem Fehlen der für einen Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte bestehenden Voraussetzungen. Diese sind:

(1) Leistungsnähe des Dritten.
(2) Schutzwürdiges Interesse des Vertragspartners an der Einbeziehung des Dritten.
(3) Erkennbarkeit des einbezogenen Personenkreises für den Schuldner.
(4) Schutzwürdigkeit des Dritten, insbesondere kein eigener Anspruch gegen den Schuldner.

BGH Rdnr. 27: Um die vom Gesetzgeber gewollte unterschiedliche Ausgestaltung von vertraglicher und deliktischer Haftung nicht aufzugeben, ist bei Vermögensschäden eine Beschränkung auf eng begrenzte Fälle geboten (BGHZ 66, 51, 57; 70, 327, 330; 126, 297, 302 f. …). Der Kreis, der in den Vertragsschutz einbezogenen Dritten ist daher unter Beachtung einer sachgerechten Abwägung der Interessen der Beteiligten dahin zu begrenzen, dass der Dritte mit der Hauptleistung bestimmungsgemäß in Berührung kommt, ein schutzwürdiges Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung des Dritten besteht, den Interessen des Schuldners durch Erkennbarkeit und Zumutbarkeit der Haftungserweiterung Rechnung getragen wird und der Dritte schutzbedürftig ist (BGHZ 133, 168, 173; MünchKomm/Gottwald BGB 5. Aufl. § 328 Rdn. 119a ff.; Palandt/Grüneberg, BGB 67. Aufl. § 328 Rdn. 16 ff.; Janoschek, in: Bamberger/Roth, BGB 2. Aufl. § 328 Rdn. 50 ff.).

Zu (1) Rdnr. 29: Schon die bestimmungsgemäße Leistungsberührung des Bankkunden fehlt…. Erforderlich ist eine gegenständliche oder zumindest unmittelbare Leistungsberührung (vgl. BGHZ 49, 350, 354; 70, 327, 329; 166, 84, 97 Tz. 52). Der Bankkunde kommt hingegen mit den wechselseitigen vertraglichen Leistungen der beteiligten Banken im bargeldlosen Zahlungsverkehr weder bestimmungsgemäß noch faktisch unmittelbar in Kontakt. Er hat angesichts der bestehenden Girovertragskette nur mit der von ihm beauftragten Bank zu tun.

Zu (2) Rdnr. 30, 31: Weiter fehlt es an einem erkennbaren berechtigten Interesse der Banken an einer Einbeziehung ihrer Kunden. Ein personenrechtlicher Einschlag, der ein Einbeziehungsinteresse begründen kann (vgl. BGHZ 56, 269, 273; 66, 51, 57 f.; 133, 168, 173…), ist im bargeldlosen Zahlungsverkehr im Verhältnis zwischen der Bank und ihrem Kunden ersichtlich nicht gegeben. Im allgemeinen Überweisungs-, Scheck- oder Lastschriftverkehr werden Banken nur zur technisch einwandfreien, einfachen und schnellen Abwicklung des Zahlungsverkehrs tätig und müssen sich grundsätzlich nicht um die Interessen ihrer beteiligten Kunden kümmern (BGH WM 1978, 588, 589 und WM 2004, 1625, 1626). Einem Einbeziehungsinteresse stehen auch die Rahmenabkommen der Banken über die Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs entgegen. Diese bestimmen ausdrücklich, dass die Abkommen Rechte und Pflichten nur zwischen den beteiligten Kreditinstituten begründen (Nr. 6 des Überweisungsabkommens…).

Zu (4) Rdnr. 34, 35: Schließlich fehlt es auch an der Schutzbedürftigkeit des Bankkunden. Er wird auch ohne Einbeziehung in die Schutzwirkung des Girovertrages der Banken durch andere Ersatzansprüche ausreichend geschützt.

Ein solcher anderer Ersatzanspruch des A2 gegen B kann sich über eine Drittschadensliquidation ergeben. Diese enthält Ausnahmen von dem sich aus § 249 BGB ergebenden Grundsatz, dass nur ein eigener Schaden geltend gemacht werden kann. Wesentlicher Aspekt dafür ist, dass eine Schadensverlagerung auf einen Dritten vorliegt; hier: von der Sparkasse auf A2.

(a) Grundlage hierfür ist die Rechtsbeziehung zwischen der von A2 beauftragten Sparkasse und der B-Bank. Liegt in diesem Verhältnis eine Schutzpflichtverletzung der B vor - eine solche wäre auch für einen Anspruch aus einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte erforderlich -, so kann die Sparkasse den Schaden ihres Kunden (A2) geltend machen. BGH Rdnr. 35: Die Situation im mehrgliedrigen Zahlungsverkehr entspricht der für die Drittschadensliquidation anerkannten Fallgruppe der mittelbaren Stellvertretung (van Gelder, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch 3. Aufl. § 58 Rdn. 211 ff.). Die vom Kunden beauftragte Bank handelt bei der Beauftragung der in der Girokette nächsten Bank im eigenen Namen, aber für Rechnung und im Interesse ihres Kunden. Im Zuge der Weiterleitung des Auftrags kann dem Kunden durch eine Sorgfaltspflichtverletzung der nächsten Bank ein Schaden entstehen, für den die von ihm beauftragte Bank nicht haften muss, der aber einen vertraglichen Ersatzanspruch seiner Bank gegen die von ihr beauftragte Bank begründen kann. Damit liegt die für eine Drittschadensliquidation erforderliche Schadensverlagerung vor (a.A. Staub/Canaris, HGB 4. Aufl. Bankvertragsrecht Rdn. 26).

(b) Allerdings entsteht der Anspruch, mit Hilfe dessen der Drittschaden geltend gemacht werden kann, in der Person der Überweisungsbank (Sparkasse). Wenn A2 ihn geltend machen will, muss er sich ihn von der Sparkasse abtreten lassen,; darauf hat er aber einen Anspruch. Danach steht ihm ein eigener Anspruch gegen die B-Bank zu, der die für einen Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte erforderliche Schutzwürdigkeit ausschließt.

BGH Rdnr. 35 - 38: Der Bankkunde hat die Möglichkeit, bei Sorgfalts- oder Warnpflichtverletzungen durch vertraglich mit ihm nicht verbundene Banken Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht seiner Bank nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation geltend zu machen (vgl. BGHZ 27, 241, 247 und WM 1976, 904, 906 f.; Erman/Westermann, BGB 12. Aufl. § 328 Rdn. 24; Nobbe, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch 3. Aufl. § 61 Rdn. 126; Hadding, in: Festschrift Werner S. 165, 195 ff.…).

Da der Bankkunde einen vertraglichen Anspruch gegen seine Bank auf Abtretung ihres Schadensersatzanspruchs gegen die von ihr beauftragte Bank hat, wird er durch die Grundsätze der Drittschadensliquidation nicht wesentlich anders gestellt als bei der Annahme einer Drittschutzwirkung. Bei dieser bestimmt sich der Inhalt der haftungsbegründenden Schutzpflichten der Bank ebenfalls nach dem Vertrag zwischen den Banken; insbesondere muss sich der Bankkunde im Interbankenverhältnis geltende Haftungsausschlüsse oder -begrenzungen entgegenhalten lassen (vgl. BGHZ 56, 269, 272; 127, 378, 385; Palandt/Grüneberg, BGB 67. Aufl. § 328 Rdn. 20;…).

c) Schließlich spricht gegen einen Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte, dass nach § 676b Abs. 1, § 676c Abs. 1 Satz 3 und § 676e Abs. 1 BGB der Überweisende sich bei Fehlern einer zwischengeschalteten Bank grundsätzlich zunächst an die erstbeauftragte Bank halten muss, die ihrerseits Ersatz von der Zwischenbank verlangen kann (vgl. Schimansky, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch 3. Aufl. § 49 Rdn. 149 f.).

d) Aus diesen Gründen ist eine vertragliche Schutzwirkung für Dritte im bargeldlosen Zahlungsverkehr grundsätzlich abzulehnen. Dem Bankkunden stehen bei der Verletzung von Sorgfalts- oder Warnpflichten durch die beteiligten Banken vertragliche Ersatzansprüche aus eigenem Recht nur gegen die von ihm beauftragte Bank zu, während er gegen die übrigen beteiligten Banken Ansprüche aus abgetretenem Recht seiner Bank im Wege der Drittschadensliquidation geltend machen kann. Im vorliegenden Fall scheidet somit der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte zur Begründung eines Anspruchs des A2 aus.

III. Aus Drittschadensliquidation ergibt sich kein Anspruch des A2, weil dieser sich keine Ansprüche seiner Sparkasse hat abtreten lassen.

IV. Möglicherweise haben F/B die Anzeige wegen eines Verdachtsfalles nach § 11 GwG (Geldwäschegesetz) zu spät erstattet. Dann könnte sich eine Schadensersatzpflicht aus §§ 823 II BGB, 11 GwG ergeben. Voraussetzung hierfür ist, dass das GwG ein Schutzgesetz zugunsten (möglicherweise) geschädigter Anleger ist.

1. BGH Rdnrn. 51 - 53: Schutzwirkung kommt einer Norm zu, wenn sie, sei es auch nur neben dem Schutz der Allgemeinheit, dazu dient, den Einzelnen oder bestimmte Personenkreise gegen die Verletzung eines Rechtsguts zu schützen. Es genügt, dass die Norm auch das Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Nicht ausreichend ist aber, dass der Individualschutz durch Befolgung der Norm nur als ihr Reflex objektiv erreicht wird; er muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen. Außerdem muss die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruches sinnvoll und im Licht des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheinen (vgl. BGHZ 66, 388, 390; 84, 312, 314; BGH NJW 2005, 2923, 2924 und NJW 2006, 2110, 2112 Tz. 17 m. w. Nachw.).

Ziel des Geldwäschegesetzes ist es, die Weiterverwendung von Gewinnen aus Straftaten, insbesondere aus organisierter Kriminalität, zu unterbinden (BTDrucks. 12/2704 S. 1, 10). Soweit die Identifizierungs- und Anzeigepflichten auch eine Sicherstellung der inkriminierten Gelder ermöglichen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber neben der Abschöpfung der illegalen Gewinne auch den Schutz einzelner Geschädigter bezweckte. Dagegen spricht, dass die Bundesregierung die Verschärfung der Identifizierungsvorschriften (§§ 2, 8 GwG) zunächst abgelehnt hat, weil nennenswerte Erkenntnisgewinne für die Strafverfolgungsbehörden dadurch nicht zu erzielen seien (BTDrucks. 12/2747 S. 2 f.), und auch die spätere Verschärfung der Vorschriften nicht mit dem Schutz privater Interessen begründet hat (BTDrucks. 14/8739 S. 14).… Hinzu kommt, dass der Bundesrat bereits bei Schaffung des Geldwäschegesetzes die Normierung einer Ersatzpflicht der Bankinstitute bei Verletzung ihrer Mitteilungspflicht in Verdachtsfällen gefordert hat (BRDrucks. 672/93), dass entsprechende Vorschriften aber bislang selbst in der beschränkten Form einer Haftung nur gegenüber dem Staat (BTDrucks. 12/6784 S. 7, 9 f., 21 f.) nicht geschaffen worden sind.


2. Somit sind die Vorschriften des GwG keine Schutzgesetze zu Gunsten der Bankkunden, also auch nicht des A2. Ihm steht kein Anspruch aus §§ 823 II BGB, 11 GwG zu.

V. Da eine weitere Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich ist, folgt als Ergebnis, dass A2 keinen Anspruch gegen die B-Bank auf Ersatz der 20.000 € hat.


Zusammenfassung