Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann
► Rechtsanwaltskosten als zu ersetzender Schaden. ► Geltendmachung von unbegründeten Rechten innerhalb eines Vertragsverhältnisses als Pflichtverletzung, § 280 I BGB; gerichtliche und außergerichtliche Geltendmachung. ► Rücksichtnahmepflichten nach § 241 II BGB. ► Objektive Bestimmung der Pflichtverletzung nach § 280 I BGB. ► Verschulden bei Geltendmachung unberechtigter Rechte, §§ 280 I 2, 276 BGB
BGH Urteil vom 16. 1. 2009 (V ZR 133/08) NJW 2009, 1262 (für BGHZ vorgesehen)
Fall (Außergerichtliche Rechtsverteidigungskosten)
Bauträgerin K kaufte von V mit notariellem Vertrag vom 8. 9. 2005 ein mit einem abzubrechenden Gebäude bebautes größeres Grundstück für 351.000 EUR. Auf dem Grundstück wollte K nach Parzellierung sechs Einfamilienhäuser errichten und weiterverkaufen. In dem Kaufvertrag hieß es: „Die Vertragsparteien sind zur Erbringung ihrer Leistungen verpflichtet, sobald die Baugenehmigung für die Häuser und die Teilungsgenehmigung erteilt sind.“
Die Abwicklung des Vertrages verzögerte sich, weil ein Nachbar einen Rechtsbehelf gegen den Bauvorbescheid eingelegt hatte und weil die Baubehörde gegenüber K den vorherigen Abbruch des Gebäudes zur Bedingung für die Teilungsgenehmigung gemacht hatte. Letzteres war V nicht bekannt, ebenso nicht, dass K deshalb die Baugenehmigung noch nicht beantragt hatte.
Als V im Juli des folgenden Jahres den Kaufpreis noch nicht erhalten hatte, ließ er mit anwaltlichem Schreiben vom 21. 7. 2006 K zur Zahlung bis 16. 8. 2006 auffordern. Auch K schaltete einen Anwalt ein, der die Aufforderung mit der Begründung zurückwies, die Baugenehmigung sei noch nicht erteilt (Anwaltskosten der K hierfür: 3.301 EUR). Auf Anfrage des V teilte ihm die Bauaufsichtsbehörde am 23. 8. 2006 mit, die Baugenehmigungsanträge seien noch nicht gestellt. Die hiermit konfrontierte K schrieb an V am 5. 9. 2006, selbstverständlich seien die Anträge gestellt. Daraufhin kam V zu der Überzeugung, K hintertreibe die Baugenehmigung, um den Kaufpreis nicht zahlen zu müssen. Er erklärte mit Schreiben vom 12. 9. 2006 den Rücktritt vom Vertrag. K ließ auch diesen durch anwaltliches Schreiben zurückweisen (Kosten: 1.660 EUR).
Inzwischen wurde der Kaufvertrag beiderseits erfüllt. K verlangt von V Ersatz der entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 4.961 EUR. Zu Recht ?
Hinweis: Im Originalfall hat die Grundstückskäuferin den Anspruch im Wege der Widerklage geltend gemacht. Da dies das Verständnis erschwert, wurden hier die Parteirollen getauscht, auch in den Originalzitaten.
Einleitend wird ein Überblick über die verschiedenen Fälle gegeben, in denen die Erstattung von Rechtsanwaltskosten verlangt wird; in diese wird der vorliegende Fall eingeordnet.
(1) Rechtsanwaltskosten, die aus Anlass eines Prozesses entstanden sind, werden im Wege eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs (ZPO Titel 5, §§ 91 ff.) geltend gemacht, wobei der Anspruch vom Ausgang des Prozesses abhängt.
(2) Im vorliegenden Fall geht es um die Kosten für eine außergerichtliche Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts. (Zu dieser Fallgruppe gehört auch die vorprozessuale Einschaltung eines Rechtsanwalts, soweit die Kosten nicht auf die späteren Prozesskosten angerechnet werden; dazu Deckenbrock NJW 2009, 1247 in einer Besprechung der hier behandelten BGH-Entscheidung.)
(a) Die außerprozessualen Kosten können aus einer Auseinandersetzung stammen, die außervertraglicher Art ist; z. B. Kosten aufgrund einer Abmahnung wegen einer angeblichen Rechtsverletzung (vgl. BGH NJW 2007, 1458; Deckenbrock NJW 2009, 1249, dort Fn. 18 zu den möglichen Anspruchsgrundlagen).
(b) Im vorliegenden Fall stehen die Kosten im Zusammenhang mit einem Vertragsverhältnis. Hier ist Anspruchsgrundlage § 280 I BGB. BGH Rdnr. 8: Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass sich ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihrer vorprozessualen Rechtsverteidigungskosten nur aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung vertraglicher Pflichten ergeben kann. Die Geltendmachung unberechtigter Ansprüche und nicht bestehender Rechte kann zwar unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten zu einem Ersatzanspruch führen (dazu BGH NJW 2007, 1458). Liegt sie aber - wie hier - darin, dass der eine Partner eines (gegenseitigen) Vertrags aus diesem Vertrag Ansprüche gegen den anderen Partner und Gestaltungsrechte ableitet, die ihm nach dem Vertrag nicht zustehen, kommt allein ein Anspruch aus der Verletzung vertraglicher Pflichten in Betracht.
Nachfolgend sind die Voraussetzungen des § 280 I BGB zu prüfen.
I. Zwischen K und V bestand ein Schuldverhältnis, der am 8. 9. 2005 formgerecht abgeschlossene Grundstückskaufvertrag. K war Käuferin, V war Verkäufer.
II. V müsste seine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt haben.
Eine Leistungspflicht hat V nicht verletzt; vielmehr ist der Vertrag von beiden Seiten erfüllt worden.
V könnte aber eine Rücksichtnahmepflicht i. S. des § 241 II BGB verletzt haben. Nach § 241 II kann das Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Der vorliegende Fall betrifft die Fallgruppe, bei der die eine Partei gegenüber der anderen einen unberechtigten Anspruch oder ein unberechtigtes Gestaltungsrecht geltend gemacht und dadurch Rechtsverteidigungskosten verursacht hat. V hat zunächst mit Schreiben vom 21. 7. 2006 K zur Zahlung des Kaufpreises aufgefordert. Der Kaufpreis war aber noch nicht fällig, weil dessen Fälligkeit nach der Vereinbarung im Vertrag von der Erteilung der Baugenehmigung abhängig war und die Baugenehmigung noch nicht erteilt war. Objektiv bestand auch kein Grund zu der Annahme, K habe die Erteilung pflichtwidrig verzögert. BGH Rdnr. 10: Der Kaufpreis war nicht fällig, weil die Baugenehmigung noch nicht erteilt und ihre Erteilung von der Klägerin nicht treuwidrig hintertrieben worden war. Deshalb hatte V auch keinen Rücktrittsgrund, so dass sein Schreiben vom 12. 9. 2006 ebenfalls nicht berechtigt war.
Es fragt sich deshalb, inwieweit die Geltendmachung vermeintlicher, nicht bestehender Rechte innerhalb eines Vertragsverhältnisses eine Pflichtverletzung ist.
1. Obwohl es, wie einleitend ausgeführt, im vorliegenden Fall nur um außergerichtliche Kosten geht, behandelt der BGH die Problematik grundsätzlich und stellt an die Spitze seiner Ausführungen den Grundsatz, dass die gerichtliche Geltendmachung von Rechten keine Rechts- oder Pflichtverletzung ist.
BGH Rdnr. 12: In der Rspr. des BGH ist anerkannt, dass allein in der Erhebung einer Klage oder in der sonstigen Inanspruchnahme eines staatlichen, gesetzlich geregelten Rechtspflegeverfahrens zur Durchsetzung vermeintlicher Rechte weder eine unerlaubte Handlung im Sinne der §§ 823 ff. BGB (BGHZ 36, 18, 20 f.;…164, 1, 6; BGH NJW 2008, 1147, 1148) noch eine zum Schadensersatz verpflichtende Vertragsverletzung gesehen werden kann (BGHZ 20, 169, 172;…BGH NJW 1988, 2032, 2033; NJW-RR 2005, 315, 316; NJW 2008, 1147;… a. A.…Haertlein, Exekutionsintervention und Haftung, 2008, S. 352 ff.; Kaiser NJW 2008, 1709, 1710 f.). Für die Folgen einer nur fahrlässigen Fehleinschätzung der Rechtslage haftet der ein solches Verfahren Betreibende außerhalb der im Verfahrensrecht vorgesehenen Sanktionen grundsätzlich nicht, weil der Schutz des Prozessgegners regelmäßig durch das gerichtliche Verfahren nach Maßgabe der gesetzlichen Ausgestaltung gewährleistet wird (…). Ein dadurch nicht abgedeckter Schaden ist damit auch materiell-rechtlich nicht ersatzfähig (…). Diese Rechtsprechung wird wesentlich von der Überlegung bestimmt, dass andernfalls der freie Zugang zu staatlichen Rechtspflegeverfahren, an dem auch ein erhebliches öffentliches Interesse besteht, in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise eingeschränkt würde.
Das gilt auch für den praktisch wichtigen Fall der Schutzrechtsverwarnung, z. B. dem Vorgehen des Inhabers eines Patents gegen einen anderen wegen einer angeblichen Patentverletzung. BGH Rdnr, 14: Erfolgt der Eingriff unmittelbar durch Anrufung der Gerichte, entfällt - wie auch sonst - die Haftung (BGHZ 164, 1, 6). Diese Privilegierung findet ihre Rechtfertigung zum einen in einer förmlichen Beteiligung des zu Unrecht in Anspruch Genommenen an dem gerichtlichen Verfahren und zum anderen in der verschuldensunabhängigen Haftung des Klägers nach §§ 717 Abs. 2, 945 ZPO für den Fall einer Vollstreckung aus einem später geänderten vorläufig vollstreckbaren Urteil (BGHZ 164, 1, 7 f.). Als weiterer Grund für die Privilegierung der gerichtlichen Geltendmachung kann man anführen, dass dem unberechtigt Klagenden die Auferlegung der gesamten Prozesskosten droht, was in den meisten Fällen eine wirksame Bremse gegen unberechtigte Klagen ist.
2. Weniger eindeutig ist die Behandlung von Kosten, die durch eine außergerichtliche Geltendmachung von Rechten entstehen.
a) Es wird die Ansicht vertreten, die Überlegung oben 1. könnte auch auf die außergerichtlich verursachten Kosten übertragen werden. BGH Rdnr. 13: Richtig ist, dass diese Überlegung teilweise auf die außergerichtliche Geltendmachung einer nicht bestehenden Forderung übertragen wird (KG Urt. v. 18. August 2005, 8 U 251/04, juris, Rdn. 142, im Ergebnis bestätigt durch BGH, Beschl. v. 7. Dezember 2006, IX ZR 167/05, juris; OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 746; Bamberger/Roth/Grüneberg/Sutschet, BGB, 2. Aufl., § 241 Rdn. 54), und zwar auch in der Rspr. des BGH (BGH NJW 1996, 389, 390; Beschl. v. 7. Dezember 2006, BeckRS 2007, 00791; vor allem aber im Vorlagebeschluss NJW 2004, 3322, 3323). Für diese Gleichstellung…werden im Wesentlichen zwei Argumente angeführt: Zum einen könne die außergerichtliche Geltendmachung von in Wirklichkeit nicht bestehenden Ansprüchen und Rechten nicht anders behandelt werden als deren gerichtliche Geltendmachung. Zum anderen gebe es auch in bestehenden Schuldverhältnissen ein Recht, in subjektiv redlicher Weise - wenn auch unter fahrlässiger Verkennung der Rechtslage - Ansprüche geltend zu machen, die sich als unberechtigt erwiesen (KG a. a. O.).
b) Im vorliegenden Fall entscheidet der BGH die Streitfrage dadurch, dass er die vorgenannten zwei Argumente überprüft und für nicht stichhaltig erachtet.
aa) Das erste Argument, wonach die außergerichtliche und die gerichtliche Geltendmachung nicht unterschiedlich behandelt werden dürften, hat der BGH (Großer Senat für Zivilsachen BGHZ 164, 1) im Fall der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung zurückgewiesen und an der Rspr. des BGH festgehalten. Rdnr. 14: Nach dieser Rechtsprechung kann eine unberechtigte außergerichtliche Schutzrechtsverwarnung einen rechtswidrigen Eingriff in eine nach § 823 Abs. 1 BGB geschützte Rechtsposition sowohl des Verwarnten als auch desjenigen Gewerbetreibenden darstellen, dessen Kundenbeziehungen durch die unberechtigte Geltendmachung eines Ausschließlichkeitsrechts gegenüber dem verwarnten Abnehmer schwerwiegend beeinträchtigt werden (…). Zur Begründung verweist der BGH auf die Gründe für eine Privilegierung der gerichtlichen Geltendmachung (oben vor 2.): die Beteiligung des Gegners im Verfahren und eine verschuldensunabhängige Haftung. An beidem fehlt es, wenn eine unberechtigte Verwarnung außergerichtlich erfolgt. Bei der unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen liegt es nicht anders.
bb) Zum „Recht auf Irrtum“ dessen, der ein vermeintliches Recht zu Unrecht in Anspruch nimmt, BGH Rdnr. 15: Das…“Recht auf Irrtum" bei der unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen und Rechten erkennt der BGH bei bestehenden Schuldverhältnissen nicht an. Er geht im Gegenteil davon aus, dass sie gerade hier im Grundsatz pflichtwidrig ist.
Rdnr. 16: Anerkannt ist das…für die unberechtigte Kündigung. Kündigt der Vermieter das Mietverhältnis, ohne dass ein Kündigungsgrund besteht, kann er zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet sein (BGHZ 89, 296, 301 ff.… NJW 2005, 2395, 2396). Entsprechendes gilt, wenn der Vermieter, ohne zu kündigen, unberechtigt Räumung verlangt (BGH NJW-RR 2002, 730, 731). Das ergibt sich in diesen Fallkonstellationen allerdings schon daraus, dass der Vermieter mit der Kündigung bzw. dem Räumungsverlangen das Besitzrecht des Mieters in Frage stellt und damit zugleich seine eigene vertragliche Leistungspflicht zur Überlassung der Mietsache verletzt. Ähnlich liegt es bei dem Käufer, der den Vertrag unberechtigt "annulliert" (RGZ 57, 105, 113), oder dem Verkäufer, der sich unberechtigt weigert, den Käufer weiter zu beliefern (RGZ 67, 313, 317). Auf einen solchen - bei der Geltendmachung von nicht bestehenden Ansprüchen fehlenden - Bezug zu der Nichterfüllung eigener Leistungspflichten kommt es aber nicht entscheidend an. Vielmehr kommt eine Haftung auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB auch dann in Betracht, wenn eine Vertragspartei, ohne eigene Leistungspflichten zu verletzen, unberechtigte Ansprüche an die andere Vertragspartei stellt (BGH NJW 2007, 1458 f.… Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 280 Rdn. 27;…Kaiser, NJW 2008, 1709, 1711). Dies hat der BGH auch bei einem unberechtigten Mängelbeseitigungsverlangen angenommen (NJW 2008, 1147, 1148). Für ein unberechtigtes Zahlungsverlangen gilt nichts anderes.
cc) Damit kommt der BGH zu dem Ergebnis, Rdnr. 17 und LS a): Eine Vertragspartei, die von der anderen Vertragspartei etwas verlangt, das nach dem Vertrag nicht geschuldet ist, oder ein Gestaltungsrecht ausübt, das nicht besteht, verletzt ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB und handelt im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB pflichtwidrig.
Dazu Deckenbrock NJW 2009, 1248: Damit bestimmt der BGH den Begriff der Pflichtverletzung ausschließlich objektiv. Das entspricht insoweit der Konzeption des § 280 BGB, als es um die Leistungspflicht aus dem Vertrag geht, d. h. allein das Nichterbringen der Leistung ist objektiv pflichtwidrig. Bemerkenswert ist, dass der BGH dies auf die Verletzung von Schutz- bzw. Rücksichtnahmepflichten ausdehnt.
3. BGH Rdnr. 18: Nach diesen Maßstäben waren sowohl die Aufforderung des Bekl. an die Klägerin zur Zahlung des Kaufpreises als auch sein Rücktritt vom Vertrag nicht nur sachlich unbegründet, sondern auch im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB pflichtwidrig.
III. V müsste weiterhin auch schuldhaft gehandelt haben (§§ 280 I 2, 276 I, II BGB).
1. BGH Rdnr. 20: Fahrlässig handelt der Gläubiger nicht schon dann, wenn er nicht erkennt, dass seine Forderung in der Sache nicht berechtigt ist. Die Berechtigung seiner Forderung kann sicher nur in einem Rechtsstreit geklärt werden. Dessen Ergebnis vorauszusehen kann von dem Gläubiger im Vorfeld oder außerhalb eines Rechtsstreits nicht verlangt werden. Das würde ihn in diesem Stadium der Auseinandersetzung überfordern und ihm die Durchsetzung seiner Rechte unzumutbar erschweren (Haertlein MDR 2009, 1, 2 f.). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) entspricht der Gläubiger nach der Rspr. des BGH vielmehr schon dann, wenn er prüft, ob der…eigene Rechtsstandpunkt plausibel ist (vgl. BGH NJW 2008, 1147, 1148). Mit dieser Plausibilitätskontrolle (ähnlich Kaiser, NJW 2008, 1709, 1712: Evidenzkontrolle) hat es sein Bewenden. Bleibt dabei ungewiss, ob tatsächlich eine Pflichtverletzung der anderen Vertragspartei vorliegt, darf der Gläubiger die sich aus einer Pflichtverletzung ergebenden Rechte geltend machen, ohne Schadensersatzpflichten wegen einer schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen, auch wenn sich sein Verlangen im Ergebnis als unberechtigt herausstellt… Bei Rdnr. 26 verwendet der BGH die Formulierung, dass ein Verschulden ausscheidet, wenn die Auffassung des (vermeintlichen) Gläubigers jedenfalls vertretbar ist.
2. BGH Rdnr. 21, 22: Gemessen an diesen Anforderungen hat der Bekl. weder sein unberechtigtes Zahlungsverlangen noch seinen unberechtigten Rücktritt zu vertreten, weil er weder im einen noch im anderen Fall fahrlässig gehandelt hat. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Bekl. Grund zu der Annahme, die Klägerin führe die Erteilung der Baugenehmigung als Voraussetzung der Fälligkeit des Kaufpreisanspruchs treuwidrig nicht herbei… Angesichts der langen Zeit, die seit Abschluss des Kaufvertrages vergangen war, konnte V erwarten, dass er im Falle von sachlichen Gründen für die Verzögerung der Baugenehmigung informiert wurde. Da das aber offensichtlich nicht der Fall war, durfte er an der Vertragstreue der K zweifeln. BGH: Die Auskunft der Klägerin in ihrem Schreiben vom 5. September 2006, der Bauantrag sei "selbstverständlich" gestellt, habe den Verdacht des Bekl., die Erteilung der Baugenehmigung werde von der Kl. hintertrieben, verstärken müssen. Durch eine Mitteilung der zuständigen Behörde vom 23. August 2006 sei er nämlich darüber unterrichtet worden, dass der Antrag bis dahin in Wirklichkeit nicht gestellt worden war. Das genügt der gebotenen Plausibilitätskontrolle.
Mangels Fahrlässigkeit des V bei seinem rechtlichen Vorgehen gegen K liegen die Voraussetzungen des § 280 I BGB nicht vor.
IV. Obwohl es nicht mehr darauf ankommt, geht der BGH noch kurz auf die weitere Voraussetzung des § 280 I ein, wonach Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden bestehen muss. Rdnr. 28: Die von der Kl. geltend gemachten Rechtsberatungskosten könnten schließlich auch nur ersatzfähig sein, wenn sie durch die Pflichtverletzung des Bekl. adäquat kausal verursacht worden sind. Das kann wiederum nur angenommen werden, wenn damit zu rechnen war, dass die Kl. Rechtsrat einholte, bevor sie sich mit dem von dem Bekl. zur Begründung seines Vorgehens angeführten Verdacht befasste, sie hintertreibe die Erteilung der Baugenehmigung (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH NJW 2008, 1658, 1660). Das ist zweifelhaft, bedarf aber keiner Entscheidung, da eine Haftung des Bekl. schon dem Grunde nach ausscheidet.
V. § 823 BGB greift als Anspruchgrundlage nicht ein, weil K lediglich einen reinen Vermögensschaden erlitten hat und weder die Voraussetzungen des Abs. 1 noch die des Abs. 2 vorliegen. Somit kann K von V keinen Ersatz der Rechtsanwaltskosten verlangen.
Zusammenfassung