Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann
► BGB AT: Willenserklärung; § 119 BGB. ► Schuldrecht: Verschulden bei Vertragsschluss, § 311 II BGB; Rücksichtnahmepflichten, § 241 II BGB. ► Arbeitsrecht: Aufhebungsvertrag beim Arbeitsverhältnis. ► (Keine ) Anwendung der AGB-Regeln nach § 307 III BGB. ► (Kein) Widerrufsrecht bei einem arbeitsrechtlichen Außergeschäftsraumvertrag, § 312 BGB. ► Gebot zum fairen Verhandeln, §§ 311 I Nr. 1, 241 II BGB. ► Rechtsfolgen bei Verletzung des Fairnessgebots.
Bundesarbeitsgericht (BAG) Urteil vom 7. 2. 2019 (6 AZR 75/18) NJW 2019, 1966
Fall (überrumpelt)
Frau K war im Betrieb der B-GmbH als Reinigungskraft beschäftigt. Nachdem sie sich am Morgen des 15.2. beim Geschäftsführer G krank gemeldet hatte, erschien G am Nachmittag unangekündigt in ihrer Wohnung. Ihr Sohn, der G hereingelassen hatte, sagte zu G, seine Mutter sei krank und liege schlafend im Bett. Als G sich mit dieser Auskunft nicht zufrieden gab, wurde Frau K geweckt. G sagte ihr, die Firma B könne sich eine solche Faulheit nicht leisten, und legte ihr ein mit „Aufhebungsvertrag“ überschriebenes und von G unterschriebenes Formular vor. Dieses enthielt die Erklärung, das Arbeitsverhältnis werde zum 15.2. einvernehmlich beendet, und führte weiter aus: „Eine Abfindung wird nicht gezahlt. Die Arbeitnehmerin erhält ihre Arbeitspapiere und ein wohlwollendes Zeugnis. Weitere Ansprüche zwischen den Parteien bestehen nicht.“ Es folgte ein kurzes Gespräch, bei dem K noch schlaftrunken war und unter dem Einfluss von Schmerzmitteln und anderen Medikamenten stand. Nachdem G sie zur Unterschrift aufgefordert hatte, unterschrieb K. Nach Weggang des G las K den Text in dem ihr überlassenen Exemplar genauer, und es wurde ihr bewusst, dass sie durch die Unterschrift praktisch in ihre fristlose Entlassung eingewilligt hatte. Sie holte am 16.2. Rat ein und ließ mit Schreiben vom selben Tage G mitteilen, dass sie ihre Zustimmung zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses widerrufe. Sie habe keine Erklärung abgeben wollen, durch die sie ihre Arbeitsstelle verlieren würde. Dass sie unterschrieben habe, sei durch die ungewöhnlichen Umstände und einen Irrtum über den Inhalt des Formulars bedingt gewesen. Auch sei ein Formular, nach dem ein Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung ohne Abfindung beendet wird, eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers und deshalb unwirksam. Zumindest könne sie ihre Erklärung widerrufen, weil die Vereinbarung nicht, wie üblich, im Betrieb, sondern in ihrer Privatwohnung geschlossen wurde. Insgesamt sei eine derartige Überrumpelung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber grob unfair, wenn nicht sogar sittenwidrig.
G macht geltend, ihm sei nicht aufgefallen, dass K nicht gewusst habe, was sie unterschrieben hat. Der Besuch in der Wohnung K sei notwendig gewesen, weil K wegen der Erkrankung nur dort hätte erreicht werden können. Bei der individuellen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses seien weder eine Angemessenheitskontrolle noch ein nachträglicher Widerruf möglich. Die Vertragsbeendigung habe den berechtigten Interessen der Fa. B entsprochen, weil K schon zum wiederholten Male wegen Krankheit ausgefallen sei.
Frau K bittet um Prüfung, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Fa. B weiter besteht.
Lösung
Vorbemerkung: Besprochen wird das BAG-Urteil von Bachmann/Ponßen NJW 2019, 1969 (im selben Heft wie der Abdruck des Urteils); Schwarze JA 2019, 789; Holler NJW 2019, 2206; Boemke JuS 2019, 1204.
Ursprünglich bestand zwischen K und B ein Arbeitsvertrag, der ein Arbeitsverhältnis begründete. Dieses könnte am 15.2. dadurch erloschen sein, dass zwischen K und B, vertreten durch G, ein Aufhebungsvertrag geschlossen worden ist. Ein solcher Vertrag ist im BGB nicht speziell geregelt, ist aber nach § 311 I BGB möglich und wird in § 623 BGB erwähnt. Die dort vorgeschriebene schriftliche Form wurde durch die Unterschriften von G und K gewahrt. Voraussetzungen sind, dass ein Aufhebungsvertrag geschlossen wurde.
I. Das für eine Einigung erforderliche Angebot des G lag in der Vorlage des unterschriebenen Vertragsformulars. Für eine Annahme durch K ist erforderlich, dass diese eine auf den Abschluss eines Aufhebungsvertrages gerichtete Willenserklärung (WE) abgegeben hat.
1. In der Unterschrift unter das Vertragsformular lag der objektive, äußere Tatbestand einer auf den Abschluss eines Aufhebungsvertrages gerichteten WE. Für die subjektive Seite der WE kommen drei Begriffe in Betracht: der Handlungswille, das Erklärungsbewusstsein und der Geschäftswille (vgl. Brox/Walker, AT BGB, 43. Aufl. 2019, Rdnrn. 84-86).
a) Der Geschäftswille beschreibt im Normalfall der fehlerfreien Willenserklärung den Willen zur Herbeiführung einer bestimmten Rechtsfolge durch Erklärung. Ein fehlerfreier Geschäftswille ist aber nicht Voraussetzung dafür, dass überhaupt eine Willenserklärung vorliegt, wie sich auch aus § 119 BGB ergibt, wonach eine auf einem Irrtum beruhende WE nur anfechtbar ist.
b) Voraussetzung für eine WE ist ein Handlungswille, d. h. das Bewusstsein, die Handlung vorzunehmen, in der andere den äußeren Tatbestand einer WE sehen. Er fehlt, wenn die Handlung unter Zwang, im Zustand der Hypnose oder im Schlaf vorgenommen wird. K hatte diesen Handlungswillen, denn sie wusste, dass sie eine Urkunde unterschreibt. Sie war zwar noch schlaftrunken, aber nicht mehr im Schlaf.
c) Das Erklärungsbewusstsein bedeutet das Bewusstsein, dass die Erklärung irgendeine rechtliche Bedeutung hat.
aa) Früher wurde dieses als Voraussetzung für den Tatbestand der WE verlangt. Schulfall war die „Trierer Weinversteigerung“. Es handelte sich um eine Versteigerung, bei der das Handaufheben die Abgabe eines um 100 Euro erhöhten Gebotes bedeutete. Der zufällig in den Raum getretene X, der dieses Verfahren nicht kannte, winkte einem Bekannten zu, was den Versteigerer veranlasste, ihm den Zuschlag für ein Fass Wein für 500 Euro zu erteilen. In diesem Fall wurde eine WE des X verneint und dies mit dem fehlenden Erklärungsbewusstsein begründet.
bb) Nach heute h. M. ist ein Erklärungsbewusstsein nicht mehr Voraussetzung für den Tatbestand der WE (Brox/Walker § 4 Rdnr. 85, § 6 Rdnr. 137 unter Bezugnahme auf BGHZ 91, 324; 109, 177; Köhler, BGB AT, 42. Aufl. 2018, § 7 Rdnr. 5). Die WE der K kann somit schon deshalb nicht an einem fehlenden Erklärungsbewusstsein scheitern. Im Übrigen hatte K ein Erklärungsbewusstsein. Denn sie hat das mit „Aufhebungsvertrag“ überschriebene Formular gesehen und gewusst, dass ihr Chef wollte, dass sie es unterschreibt. Dadurch wusste sie, dass von ihr eine rechtlich relevante Erklärung abgegeben wurde. Dass sie noch schlaftrunken war und unter Medikamenteneinfluss stand, hatte nicht die Wirkung, dass ihr Bewusstsein ausgeschaltet war. Ihre Beeinträchtigung ist nicht vergleichbar mit der fehlenden Kenntnis des X im Trierer Weinversteigerungsfall.
2. Nach § 105 II BGB ist eine Willenserklärung nichtig, die im Zustand einer vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird. Erforderlich ist, dass die freie Willensbestimmung ausgeschlossen ist (Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Aufl. 2019, § 105 Rdnr. 3). Das war bei K nicht der Fall. Der Zustand beim Aufwachen nach dem Schlaf ist keine Störung der Geistestätigkeit, auch nicht, wenn eine Krankheit und ein Medikamenteneinfluss hinzukommen. Solche Zustände sind nicht so ungewöhnlich, dass sie als Störung der Geistestätigkeit der Fähigkeit entgegenstehen, eine wirksame Willenserklärung abzugeben (BAG [10] unter Bezugnahme auf das LAG als BerGer.).
3. K macht geltend, sie habe sich bei ihrer Erklärung geirrt, so dass eine Anfechtung nach § 119 I BGB in Betracht kommt. Ein Irrtum i. S dieser Vorschrift verlangt ein unbewusstes Auseinanderfallen von Wille und Erklärung (Palandt/Ellenberger § 119 Rdnr. 7). Erklärt hat K, dass sie einem Aufhebungsvertrag zustimmt. Eine davon abweichende Vorstellung hatte sie im Augenblick der Unterschrift jedoch nicht, weil sie sich nicht darüber im Klaren war, was genau sie erklärt hat. Zwar ist ihr später bewusst geworden, dass sie einer Auflösung ihres Arbeitsvertrages zugestimmt hat, ohne diese wirklich zu wollen. Da aber der Erklärungs- oder Inhaltsirrtums im Zeitpunkt der Abgabe der WE vorliegen muss, reicht ein späteres Auseinanderfallen des Willens von der Erklärung nicht aus. Vielmehr kann sich derjenige, der wissentlich eine Erklärung abgibt, über deren Inhalt er keine genauen Vorstellungen hat, nicht auf einen Irrtum berufen. Die Voraussetzungen des § 119 I BGB liegen somit nicht vor (BAG [11]).
Die von K abgegebene Willenserklärung zum Abschluss des Aufhebungsvertrages war wirksam.
II. Der Aufhebungsvertrag könnte nach den Regeln über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 307 - 309 BGB) unwirksam sein. Da einer der Fälle des § 308 BGB (Klauselverbot mit Wertungsmöglichkeit) oder des § 309 BGB (Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit) nicht vorliegt, kommt nur die Generalnorm des § 307 I BGB als Unwirksamkeitsgrund in Betracht.
1. G hat K ein Formular vorgelegt, das vorformulierte Vertragsbedingungen i. S. des § 305 I 1 BGB enthielt. Es kann davon ausgegangen werden, das die Fa. B das Formular auch in anderen Fällen einer Vertragsaufhebung verwendet, so dass es für eine Mehrzahl von Verträgen bestimmt war. Letztlich kann diese Frage aber offen bleiben, weil § 307 I BGB im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist.
a) Nach § 307 Abs. 3 BGB gelten die Absätze 1 und 2 nur für Bestimmungen in AGB, „durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden.“ Da die konkreten Hauptleistungspflichten bei einem Vertrag nicht von einer Rechtsvorschrift, sondern bei Vertragsschluss von den Parteien festgelegt werden, kann bei ihnen weder von einer Rechtsvorschrift abgewichen noch die Vorschrift ergänzt werden. Abreden unmittelbar über den Gegenstand des Vertrages, insbesondere über den Kaufpreis oder das Entgelt bei einem anderen Vertrag, unterliegen aus Gründen der Vertragsfreiheit keiner Inhaltskontrolle (Palandt/Grüneberg § 307 Rdnr. 41; Schwarze JA 2019, 789: sind kontrollfrei; BGH, Urteil vom 11.7.2019 AZ. VII ZR 266/1, LS 1 und [19], für eine in einem Architektenvertragsformular enthaltene Baukostenobergrenze).
b) Bei einem Aufhebungsvertrag sind die Auflösung des Rechtsverhältnisses sowie die Bedingung dafür - mit Abfindung oder ohne? - der Hauptgegenstand des Vertrages und unterliegen ebenso wie die Hauptleistungen keiner Angemessenheitskontrolle. BAG [12] Die hier streitbefangene Beendigungsvereinbarung ist nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung der K unwirksam. Formularmäßige Abreden, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistung und der hierfür zu zahlenden Vergütung unmittelbar bestimmen, sind aus Gründen der Vertragsfreiheit gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB regelmäßig von der gesetzlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgenommen. Darum unterliegt in einem Aufhebungsvertrag die Beendigungsvereinbarung ebenso wenig einer Angemessenheitskontrolle wie eine als Gegenleistung für die Zustimmung des Arbeitnehmers zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindung (BAGE 151, 108).
Die Auflösung des Arbeitsvertrages ist deshalb nicht nach § 307 I BGB nichtig.
III. K könnte den Aufhebungsvertrag nach § 355 I 1 BGB widerrufen haben. Dort ist bestimmt: Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Im vorliegenden Fall sind die dafür geltenden formellen Anforderungen erfüllt: K hat den Widerruf gegenüber G als dem Geschäftsführer des Unternehmers (§ 355 I 2 BGB) erklärt. Aus ihrer Erklärung ging ihr Wille zum Widerruf (§ 355 I 3 BGB) eindeutig hervor. Die 14-Tage-Frist (§ 355 II BGB wurde eingehalten. Materielle Voraussetzungen sind, dass einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt wird.
1. Nach § 13 BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Der Aufhebungsvertrag war ein solches Rechtsgeschäft, weil K weder gewerblich noch selbständig beruflich tätig war. Dass ein Arbeitnehmer beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages als Verbraucher handelt, ist anerkannt (BAGE 154, 178; im vorliegenden Fall unter [15] im Zusammenhang mit § 310 III BGB; Palandt/Ellenberger § 13 Rdnr. 3).
2. Ein Widerrufsrecht der K könnte sich aus § 312 g I BGB ergeben, wonach dem Verbraucher bei Außergeschäftsraumverträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 zusteht. Der Aufhebungsvertrag vom 15. 2. war ein außerhalb eines Geschäftsraumes geschlossener Vertrag (§ 312 b I Nr. 1 BGB), denn er wurde bei gleichzeitiger Anwesenheit der K als Verbraucherin und des Unternehmers B, für den G gehandelt hat (§ 312 b I 2), an einem Ort geschlossen, der kein Geschäftsraum des Unternehmers B war.
§ 312 g BGB müsste aber auch anwendbar sein. Für die Vorschriftengruppe, zu der §§ 312 g und b gehören, gibt es eine besondere Anwendbarkeitsregelung in § 312 BGB. In § 312 I BGB ist bestimmt: „ Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind nur auf Verbraucherverträge im Sinne des § 310 Absatz 3 anzuwenden, die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben.“ § 312 g (und § 312 b) steht im Untertitel über Verbraucherverträge und besondere Vertriebsformen und dort im Kapitel 2 über Außergeschäftsraumverträge und Fernabsatzverträge, also trifft auf ihn die Voraussetzung „ Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels“ zu. Der Aufhebungsvertrag vom 15. 2. ist auch ein Verbrauchervertrag, wie sich aus den Überlegungen oben III 1 ergibt. Wird lediglich auf § 312 I BGB abgestellt, ist § 312 g BGB anwendbar.
Jedoch handelt es sich bei arbeitsrechtlichen Verträgen, speziell Aufhebungsverträgen, nicht um typische Verbraucherverträge wie solche über den Bezug von Waren oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen, so dass wegen der Eigenart des Aufhebungsvertrages ein Anwendungsausschluss in Betracht kommt. Anwendungsausschlüsse enthält § 312 in den Absätzen 2 bis 6 für bestimmte Verträge, zu denen aber weder arbeitsrechtliche Verträge allgemein noch Aufhebungsverträge speziell gehören. Auch einer der Fälle, in denen das Widerrufsrecht ausgeschlossen wird (§ 312 g Absätze 2 bis 7 BGB), greift nicht ein. Ein Anwendungsausschluss kann sich deshalb nur aus einer Auslegung des § 312 I BGB ergeben.
Bisher wurde, wie BAG [15] ausführt, die Frage eines Widerrufsrechts des Arbeitnehmers bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags in seiner Wohnung unterschiedlich beantwortet. Verneint wurde das Widerrufsrecht von Küttner/Eisemann, Personalbuch 2018, Aufhebungsvertrag Rn. 18; MüKo-BGB/Wendehorst, 7. Aufl., § 312 Rn. 16; Palandt/Ellenberger § 13 Rdnr. 3; vom BAG für die Rechtslage bei den früheren Haustürgeschäften, vgl. BAGE 115, 340. Bejaht wurde es von Palandt/Grüneberg § 312 Rn. 2; Hk-BGB/Schulte-Nölke, 10. Aufl., § 312 Rn. 3. Welcher Auffassung zu folgen ist, ist durch die Auslegung des § 312 I BGB zu entscheiden; dieser wird von BAG [16] der allgemeine Grundsatz vorangestellt: Maßgebend für die Gesetzesauslegung ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers… Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte. Unter diesen Methoden hat keine einen unbedingten Vorrang.
a) [17] Der Wortlaut des § 312 Abs. 1 BGB lässt nicht zweifelsfrei erkennen, ob arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge nach dem Willen des Gesetzgebers zu den Verbraucherverträgen zählen, die von dieser Vorschrift erfasst werden sollen. Dafür ist eine „Leistung“ des Unternehmers erforderlich, die zudem „entgeltlich“ sein muss. Ob das Angebot bzw. der Abschluss eines Aufhebungsvertrags eine Leistung des Arbeitgebers ist, bedarf dabei ebenso der Auslegung wie die Frage seiner Entgeltlichkeit.
b) Was die Gesetzessystematik betrifft, bezieht sich die Überschrift des Untertitels 2 zwar einschränkungslos auf Verbraucherverträge und nicht nur auf besondere Vertriebsformen, was für die Einbeziehung des Aufhebungsvertrages spricht. BAG [18-25] Der systematische Zusammenhang des § 312 Abs. 1 BGB mit den übrigen Vorschriften der Kapitel 1 und 2 des Untertitels 2 spricht jedoch entscheidend dafür, dass arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge nicht dem Anwendungsbereich dieser Regelungen unterfallen sollen. Denn die Regelungen in Kapitel 2… enthalten weit überwiegend Vorgaben, die keinen inhaltlichen Bezug zu arbeitsrechtlichen Aufhebungsverträgen aufweisen.§ 312 c BGB betrifft nur Fernabsatzverträge. Die in § 312 d Abs. 1 Satz 1 BGB vorgesehenen Informationspflichten beziehen sich ihrem Inhalt nach ausschließlich auf Verträge, welche den Kauf von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben… Gleiches gilt für die Rechtsfolgen des Widerrufs gemäß § 312 b i. V. m. §§ 312 g, 355, 357 BGB. § 357 BGB bezieht sich nur auf die Rückabwicklung von Verbrauchsgüterkaufverträgen und Verträgen bzgl. Dienstleistungen oder der Lieferung von Wasser, Gas, Strom, Fernwärme oder digitalen Inhalten. Auf arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge ist die gesetzliche Regelung nicht zugeschnitten. Hinzuzufügen ist noch, dass das in § 312 I BGB enthaltene Erfordernis einer entgeltlichen Leistung des Unternehmers ebenfalls keinen Bezug zu einem arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrag hat. Danach sind §§ 312 b, 312 g BGB auf einen solchen Vertrag nicht anwendbar.
c) Ein Gegenargument könnte sein, dass das Gesetz in § 312 II - VI und § 312 g II - VII BGB zahlreiche Ausnahmen enthält, arbeitsrechtliche Verträge dort aber nicht aufführt. BAG [26-28] Daraus, dass der Gesetzgeber keine Ausnahme für das Arbeitsrecht vorgesehen hat, folgt jedoch nicht, dass er arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge in den von § 312 Abs. 1 BGB eröffneten Anwendungsbereich fallen lassen wollte (…). Vielmehr zeigen die Gesetzesmaterialien, dass der Gesetzgeber diese Verträge nicht erfassen wollte. Nach seiner Konzeption bedurfte es darum insoweit keiner gesonderten Ausnahmeregelung.… Der Gesetzgeber ging ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 312 Abs. 1 BGB entsprechend der Schutzrichtung der umzusetzenden Verbraucherrechterichtlinie davon aus, ein Verbrauchervertrag liege nur vor, wenn sich ein Unternehmer zur Lieferung einer Ware oder Erbringung einer Dienstleistung und der Verbraucher zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet (BT-Drs. 17/12637 S. 45).
[15] Folglich kann ein Arbeitnehmer sein Einverständnis mit einem geschlossenen Aufhebungsvertrag unabhängig vom Ort des Vertragsschlusses nicht gemäß § 312 Abs. 1, §§ 312 b, 312 g Abs. 1, § 355 BGB widerrufen. K steht kein Widerrufsrecht zu.
3. Würde davon abweichend für den Aufhebungsvertrag kein genereller Anwendungsausschluss angenommen, würde sich am Ergebnis nichts ändern. Denn dann müsste für eine Anwendung des § 312 I BGB neben der Bejahung des Aufhebungsvertrages als Verbrauchervertrag noch festgestellt werden, dass der Vertrag eine entgeltliche Leistung des Unternehmers regelt. Darunter fallen Verträge über Waren oder Dienstleistungen, für die der Unternehmer vom Verbraucher ein Entgelt verlangt (Palandt/Grüneberg § 312 Rdnr. 3). Beim Aufhebungsvertrag ist bereits zweifelhaft, ob die Vertragserklärung des Unternehmers eine Leistung ist, denn sie liegt ja im eigenen Interesse und belastet den Arbeitnehmer. Jedenfalls war ein Entgelt in dem Vertrag vom 15. 2. nicht vorgesehen, weder sollte K ein Entgelt zahlen noch B eine Abfindung.
Durch einen Widerruf ist der Aufhebungsvertrag nicht erloschen.
IV. Bei den bisherigen Überlegungen konnte der Einwand der K, es habe eine Überrumpelung stattgefunden, die grob unfair, wenn nicht sogar sittenwidrig sei, nicht berücksichtigt werden, so dass ihm nunmehr nachzugehen ist. Wird zunächst eine Sittenwidrigkeit nach § 138 I BGB mit der Folge der Nichtigkeit in Betracht gezogen, so ist diese zu verneinen. Sittenwidrigkeit kann sich aus dem Inhalt oder dem Gesamtcharakter des Rechtsgeschäfts ergeben, wobei auch beim Gesamtcharakter der Inhalt bedeutsam ist (Palandt/Ellenberger § 138 Rdnr. 7, 8). Nach seinem Inhalt war der Aufhebungsvertrag aber nicht sittenwidrig; hätte K ihn bewusst gewollt, wäre er auf keine Bedenken gestoßen.
G als Vertreter der B könnte aber eine durch Aufnahme der Vertragsverhandlungen über den Aufhebungsvertrag nach § 311 II Nr. 1 BGB entstandene Pflicht der B, Rücksicht auf die Rechte und Interessen der K zu nehmen (§ 241 II BGB), schuldhaft verletzt haben (auch als culpa in contrahendo bezeichnet).
1. Das für die Anwendung des § 241 II BGB erforderliche Schuldverhältnis kann das Arbeitsverhältnis zwischen K und B sein, das den Arbeitgeber zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitnehmers verpflichtet. Da es aber primär um die Umstände bei der Verhandlung über den Aufhebungsvertrages geht, sind vorrangig die bei der Anbahnung eines Vertrages bestehenden Pflichten. BAG [31] Die Rücksichtnahmepflicht im Zusammenhang mit der Verhandlung eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrages ist eine durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen begründete Nebenpflicht i. S. des § 311 Abs. 2 Nr. 1 i. V. mit § 241 Abs. 2 BGB, weil der Aufhebungsvertrag ein eigenständiges Rechtsgeschäft ist (…). Bei der Bestimmung der Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB ist aber auch zu berücksichtigen, dass sich die Parteien eines Aufhebungsvertrags zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen bereits in einem Schuldverhältnis, nämlich ihrem Arbeitsverhältnis, befinden. Die aus dem Arbeitsverhältnis stammenden Verpflichtungen zur wechselseitigen Rücksichtnahme gemäß § 241 Abs. 2 BGB strahlen auf die Verhandlungen bzgl. der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus.
2. Die Formulierung der Rücksichtnahmepflicht in § 241 II BGB ist sehr allgemein (Palandt/Grüneberg § 241 Rdnr. 7: Blankettnorm), so dass eine Konkretisierung durch Fallgruppen geboten ist. In Fällen, in denen das Schuldverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist und die Rücksichtnahmepflicht Vertragsverhandlungen betrifft, gilt ein Gebot zu einem fairen Verhandeln ( Fairnessgebot).
a) BAG [31-34] Nach der Rspr. des BAG kann der Gefahr einer möglichen Überrumpelung des Arbeitnehmers bei Vertragsverhandlungen, z. B. weil diese zu ungewöhnlichen Zeiten oder an ungewöhnlichen Orten stattfinden, mit dem Gebot fairen Verhandelns begegnet werden (BAGE 114, 97; 109, 22; vgl. bereits Däubler NZA 2001, 1329, 1334)… Dieses Gebot erfasst auch Vertragsverhandlungen, bei denen die Parteien durchaus gegenläufige Interessen haben können. § 241 Abs. 2 BGB zwingt nicht zu einer Verleugnung der eigenen Interessen, sondern zu einer angemessenen Berücksichtigung der Interessen der Gegenseite. So obliegt dem Arbeitgeber beispielsweise zwar keine allgemeine Pflicht, die Vermögensinteressen des Arbeitnehmers wahrzunehmen. Nach § 241 Abs. 2 BGB kann er aber verpflichtet sein, von sich aus geeignete Hinweise zu geben bzw. entsprechende Aufklärung zu leisten (…BAGE 161, 245). Erteilt er Auskünfte, müssen diese richtig, eindeutig und vollständig sein.
Bei Verhandlungen über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages kann eine Seite gegen ihre Verpflichtungen aus § 241 Abs. 2 BGB verstoßen, wenn sie eine Verhandlungssituation herbeiführt oder ausnutzt, die eine unfaire Behandlung des Vertragspartners darstellt (…). § 241 Abs. 2 BGB schützt mit den „Interessen“ nach dem Willen des Gesetzgebers auch die Entscheidungsfreiheit des anderen Vertragspartners… Das Gebot fairen Verhandelns wird missachtet, wenn die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners in zu missbilligender Weise beeinflusst wird (vgl. Lorenz JZ 1997, 277, 281 f.…). Es geht dabei um ein Mindestmaß an Fairness im Vorfeld des Vertragsschlusses. Allerdings ist eine rechtlich zu missbilligende Einschränkung der Entscheidungsfreiheit noch nicht gegeben, nur weil der eine Auflösungsvereinbarung anstrebende Arbeitgeber dem Arbeitnehmer weder eine Bedenkzeit noch ein Rücktritts- oder Widerrufsrecht einräumt… Eine Verhandlungssituation ist vielmehr erst dann als unfair zu bewerten, wenn eine psychische Drucksituation geschaffen oder ausgenutzt wird, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners erheblich erschwert oder sogar unmöglich macht (…). Dies kann durch die Schaffung besonders unangenehmer Rahmenbedingungen, die erheblich ablenken…, geschehen. Denkbar ist auch die Ausnutzung einer objektiv erkennbaren körperlichen oder psychischen Schwäche oder unzureichender Sprachkenntnisse. Die Nutzung eines Überraschungsmoments kann ebenfalls die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners beeinträchtigen (Überrumpelung).…Das Gebot fairen Verhandelns schützt also unterhalb der Schwelle der von §§ 105, 119 ff. BGB erfassten Willensmängel die Entscheidungsfreiheit bei Vertragsverhandlungen.
(Allgemein zum Gebot fairen Verhandelns Plum MDR 2020, 69; ferner Holler NJW 2019, 2207 Fn. 11, 12; auf S. 2208/9 lehnt Holler das Gebot zum fairen Verhandeln als dogmatisch nicht begründbar ab.)
b) Im vorliegenden Fall bedeutete das unangekündigte Erscheinen des G in der Wohnung der K und damit das Eindringen in deren Privatsphäre ein Überraschungsmoment, das G zur Erlangung der Unterschrift der K ausgenutzt hat. Hierfür bestand kein Anlass, vielmehr (so BAG [46]) ist es einem Arbeitgeber bei einer Kurzerkrankung des Arbeitnehmers zumutbar, dessen Genesung vor der Aufnahme von Beendigungsverhandlungen abzuwarten und ihn nicht unaufgefordert in der Wohnung mit einem Aufhebungsvertragsentwurf zu konfrontieren. Diese Wertung deckt sich mit der Rspr. des BAG bzgl. der Ausübung des Direktionsrechts gegenüber erkrankten Arbeitnehmern. Ist ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, hat der Arbeitgeber bei der Ausübung der ihm verbleibenden Weisungsrechte wegen der latenten Gefahr einer Beeinträchtigung des Genesungsprozesses die Erteilung von Weisungen auf dringende betriebliche Anlässe zu beschränken und sich bzgl. der Art und Weise, der Häufigkeit und der Dauer der Inanspruchnahme (z. B. für Personalgespräche) am wohlverstandenen Interesse des Arbeitnehmers zu orientieren (vgl. BAGE 157, 153).
Vor allem war die Situation der K durch ihre Krankheit, die Beeinflussung durch Schmerzmittel und andere Medikamente sowie dadurch gekennzeichnet, dass K geschlafen hatte und durch das Aufwecken gerade erst aus dem Schlaf erwacht war. Daraus folgte eine für G erkennbare körperliche und psychische Schwäche der K, die es ihr erheblich erschwerte, frei und überlegt über den Abschluss des Aufhebungsvertrages zu entscheiden. Verstärkt wurde die für K ungünstige Situation dadurch, dass G mit dem unberechtigten Vorwurf der „Faulheit“ eine aggressive Stimmung herbeigeführt hatte, die es K erschwerte, mit G wenigstens einigermaßen gleichberechtigt zu verhandeln. Auch hat G den Inhalt des geplanten Vertrages offenbar nicht deutlich genug mit K besprochen, so dass K nicht hinreichend über die Folgen informiert war.
Insgesamt handelte es sich bei dem Vorgehen des G um eine Überrumpelung der K (BAG [34]). Diese ist auch dann nicht berechtigt, wenn, wie G geltend macht, K zum wiederholten Male wegen Krankheit ausgefallen ist. Folglich hat G mit Wirkung gegenüber B das Gebot zu einem fairen Verhandeln schuldhaft verletzt.
3. Fraglich ist die Rechtsfolge, die die Pflichtverletzung für den Aufhebungsvertrag hat.
a) BAG [35-42] Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die nach § 311 Abs. 2 Nr. 1 i. V. mit § 241 Abs. 2 BGB geschuldeten Rücksichtspflichten ergeben sich aus § 280 Abs. 1 i. V. mit §§ 249 bis 253 BGB.
aa) Der BGH geht in st. Rspr. davon aus, dass ein Vertragspartner, der durch ein Verhandlungsverschulden geschädigt ist, … so zu stellen ist, wie er ohne das Zustandekommen des Vertrags stünde, was grundsätzlich zu einem Anspruch auf Befreiung von dem abgeschlossenen Vertrag und damit im Ergebnis dazu führt, dass der Vertrag gemäß § 249 Abs. 1 BGB rückgängig gemacht wird (vgl. BGHZ 205, 117). Das Rückgängigmachen erfolgt entweder durch rückwirkende Aufhebung des Auflösungsvertrages oder durch einen neuen Arbeitsvertrag (für Letzteres Holler NJW 2019, 2210; w. Nachw. zur Frage der Rechtsfolge dort S. 2209/10 Fn. 61-73).
bb) Demgegenüber kommt das BAG zu dem Ergebnis: Liegt ein schuldhafter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns im Sinne einer Nebenpflichtverletzung gemäß § 241 Abs. 2 BGB vor, ist der Aufhebungsvertrag im Regelfall unwirksam.… Zur Beseitigung des Aufhebungsvertrags im Wege des Schadensersatzes bedarf es keines Neuabschlusses des Arbeitsvertrags (vgl. BAGE 93, 179). Begründet wird dieses für den Arbeitnehmer günstigere Ergebnis wie folgt: Vergleichbar der Vermutung aufklärungsgemäßen Verhaltens bei Verletzung von Hinweis- und Aufklärungspflichten (vgl. hierzu …MüKoBGB/Emmerich 8. Aufl. § 311 Rn. 207 ff.) kann bezogen auf die Kausalität zwischen Verhandlungsverschulden und Schaden davon ausgegangen werden, dass ein Arbeitnehmer ohne die unfaire Behandlung seine Eigeninteressen in vernünftiger Weise gewahrt und den Aufhebungsvertrag nicht abgeschlossen hätte (vgl. BAG 17. Oktober 2000 - 3 AZR 605/99 - zu II 4 e der Gründe)… Deshalb trägt die Unwirksamkeit des Auflösungsvertrages dem Zweck der Naturalrestitution Rechnung. Diese ist hier auf den Entfall der Rechtswirkung des Vertragsschlusses gerichtet. Folglich leuchtet es nicht ein, weshalb die Naturalrestitution erst durch Abgabe einer nach § 894 ZPO fingierten Willenserklärung erreicht werden soll.
Allerdings hat das BAG bei der Verletzung von Aufklärungspflichten vor Abschluss eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrags angenommen, dass ein Schadensersatzanspruch nur finanzielle Entschädigungsansprüche zur Folge habe, aber nicht die Nichtigkeit des Aufhebungsvertrags begründen könne… Dies gilt aber im hier bestehenden Regelungszusammenhang nicht. Der Schutzbereich der Aufklärungspflicht unterscheidet sich von dem des Gebots zu fairem Verhandeln. Die Aufklärungspflicht bezieht sich nicht auf die mit dem Aufhebungsvertrag eintretende Beendigung des Vertragsverhältnisses. Schließt ein nicht hinreichend informierter Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag, ist er sich nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als solche im Unklaren, sondern über deren Konsequenzen, z. B. in steuer- oder sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht.… Demgegenüber soll das Gebot fairen Verhandelns den Abschluss eines zum Arbeitsplatzverlust führenden Aufhebungsvertrages gänzlich verhindern, falls der Arbeitnehmer durch unfaire Verhandlungsbedingungen in seiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt wird… Dem Zweck des Gebots fairen Verhandelns wird daher nur Genüge getan, wenn dem Vertrag, der nicht hätte geschlossen werden dürfen, im Wege der Naturalrestitution die Rechtswirkungen genommen werden.
(Das unmittelbare Entfallen der Rechtswirkungen des Aufhebungsvertrages als Folge der Naturalrestitution wird in den Besprechungen von Holler NJW 2019, 2210, Schwarze JA 2019, 791, Boemke JuS 2019, 1205 kritisiert; Holler stimmt dem BAG aber im Ergebnis zu.)
4. Ergebnis: Der Aufhebungsvertrag vom 15.2. ist wegen Verletzung der §§ 311 II Nr. 1, 241 II BGB nach § 249 I BGB unwirksam. Er hat das Arbeitsverhältnis zwischen K und der Fa. B nicht beendet, vielmehr besteht dieses fort. Eine von K vor dem Arbeitsgericht erhobene Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch den Vertrag vom 15.2. nicht aufgelöst worden ist, hätte Erfolg.
Zusammenfassung