Bearbeiter: Dr. Gernot Schmalz-Brüggemann

Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, §§ 990, 989 BGB. Übereignung nach § 929 BGB durch Vertreter, § 164 BGB. Handlungsvollmacht, § 54 HGB; Anscheinsvollmacht. Schadensersatzpflicht des Bereicherungsschuldners, der in Kenntnis des fehlenden Rechtsgrundes die Sache weiterveräußert hat, §§ 812 I, 819 I, 818 IV, 292 I, 989 BGB. Verpflichtung zur Herausgabe des Erlöses nach §§ 812 I, 819 I, 818 IV, 275 I, 285 BGB. Schaden i. S. des § 989 BGB

BGH
Urteil vom 9. 5. 2014 (V ZR 305/12) NJW 2014, 2790


Fall (Zeitschriftenhandel)

Die Z-GmbH ist Großhändlerin für ausländische, insbesondere aus den USA bezogene Zeitschriften. Ihr Angestellter A war Vertriebsleiter. Die von Z belieferten Händler durften sog. Remissionsware, d. h. Zeitschriften, die nicht verkauft werden konnten, zurückgeben, wobei den Händlern die in Rechnung gestellten Preise wieder gutgeschrieben wurden. Auch im Verhältnis der Z zu ihren Lieferanten, den Verlagen, ließ Z sich die Einkaufspreise für Remissionsware gutschreiben. Obwohl die Remissionsware wegen der erfolgten Gutschriften nicht weiterverkauft werden durfte, veräußerte A innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren im Namen der Z ca. 40.000 retournierte Zeitschriften „als Restposten“ an B, der diese über das Internet verkaufte. Für die Geschäftsführung der Z-GmbH waren die Verkäufe des A nicht erkennbar, weil es A als Insider gelang, die internen Kontrollen teils auszuschalten, teils zu umgehen. Die Verkaufspreise der einzelnen Zeitschriften betrugen zwischen 10 und 18 Euro, ihr Einkaufspreis lag bei durchschnittlich 3,90 Euro. Für die von A an B verkauften Zeitschriften wurde ein Preis von 0,12 Euro pro Zeitschrift vereinbart. Außerdem erklärte B sich bereit, pro Zeitschrift 0,05 Euro auf ein privates Konto des A zu überweisen, wobei B erkannte, dass es sich dabei „um eine schwarze Kasse“ gehandelt hat. Der Gesamterlös des B aus den weiterverkauften Zeitschriften betrug ca. 200.000 Euro.

Nachdem diese Vorgänge in der Firma Z entdeckt worden waren, verlangte Z von B Schadensersatz. Der Schaden bestehe darin, dass Z Ansprüchen ihrer Lieferanten ausgesetzt ist, die diese damit begründen, dass die Zeitschriften von B veräußert wurden, obwohl für sie als Remissionsware kein Einkaufspreis gezahlt worden war; dahingehende Ansprüche haben Lieferanten bereits geltend gemacht. Weiterhin verlangt Z von B Herausgabe der Erlöse abzüglich der gezahlten 0,12 Euro pro Zeitschrift. Zur Begründung seiner Ansprüche beruft sich Z darauf, A habe keine Vollmacht für derartige Verkäufe gehabt, so dass Z Eigentümerin der Zeitschriften geblieben und B zur Weiterveräußerung nicht berechtigt gewesen sei. Auch führe die Abrede, wonach B Zahlungen auf das private Konto des A zu leisten habe, als Bestechung zur Unwirksamkeit der zwischen A und B vorgenommenen Geschäfte. Demgegenüber verweist B darauf, dass die Ware ordnungsgemäß an ihn geliefert wurde, in Paketen mit Firmenstempel der Z, mit Lieferschein und Rechnung, und dass die Kaufpreise durch Lastschriften der Buchhaltung der Z eingezogen wurden; deshalb habe er darauf vertrauen können, dass die Veräußerung im normalen Geschäftsgang und ordnungsgemäß erfolgt sei. Was die Abrede über die Zahlung der 0,05 Euro an A betrifft, sei zu bedenken, dass die Geschäftsbeziehungen zur Firma Z für ihn von existenzieller Bedeutung gewesen seien, weshalb er allen Anlass gehabt habe, sich mit A als Vertriebsleiter der Firma Z gut zu stehen. Überdies seien diese Zahlungen für ihn eher von Nachteil gewesen, weil er sie mangels Rechnungen steuerlich nicht habe geltend machen können. Sind die Ansprüche der Z gegen B auf Schadensersatz und auf Herausgabe des Erlöses begründet?

I. Ansprüche aus Vertrag bestehen nicht. Dabei kann noch offen bleiben, ob A Verträge mit Wirkung für Z als Verkäuferin schließen konnte. Denn selbst wenn A Kaufverträge hätte schließen können, hätte Z daraus nur einen Kaufpreisanspruch auf 0,12 Euro pro Zeitschrift gehabt, also weder einen Anspruch auf Schadensersatz noch einen Anspruch auf Herausgabe des Erlöses aus dem - im Falle von Kaufverträgen berechtigten - Weiterverkauf der Zeitschriften.

II. Zur Begründung eines Anspruchs auf Schadensersatz beruft Z sich darauf, dass sie Eigentümerin der Zeitschriften geblieben sei und B bei der Weiterveräußerung ihr Eigentum verletzt habe. Gleichwohl kann ein Anspruch aus § 823 I BGB nicht geprüft werden, solange die Möglichkeit besteht, dass die Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis eingreifen, die einer Anwendung des § 823 entgegen stehen (vgl. § 992 BGB, dessen Voraussetzungen offensichtlich nicht vorliegen). Als Anspruchsgrundlage kommen §§ 989, 990 I BGB in Betracht. § 989 BGB ist die auf Schadensersatz gerichtete Anspruchsgrundlage, jedoch liegt die hierfür erforderliche Rechtshängigkeit nicht vor. Es könnten aber die Voraussetzungen des auf § 989 verweisenden § 990 I 1 zu bejahen sein. Das sind: Bestehen eines Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses und Bösgläubigkeit des Besitzers.

1. Ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis i. S. der §§ 987 ff. BGB hat im vorliegenden Fall zur Voraussetzung, dass Z im Zeitpunkt der (Weiter-)Veräußerung durch B noch Eigentümerin der Zeitschriften war. Ursprünglich stand das Eigentum an den vorher nicht verkauften Zeitschriften Z zu. Sie könnte es aber durch eine Veräußerung des A an B verloren haben. Als Veräußerungstatbestand kommt § 929, 1 BGB in Betracht. Hierfür ist zunächst erforderlich, dass A und B sich über den Eigentumsübergang geeinigt haben, wobei A im Namen der Z und mit Vertretungsmacht gehandelt haben müsste (§ 164 I BGB).

a) Indem A dem B die Lieferung der Zeitschriften ankündigte und diese Lieferung auch veranlasste, hat er Angebote zur Übereignung abgegeben, die B angenommen hat.

b) Dabei hat A im Namen der Z gehandelt. Als Vertriebsleiter hatte er Handlungsvollmacht nach § 54 I HGB. Allerdings erstreckte sich diese nur auf die gewöhnlichen Geschäfte. Bei der Veräußerung retournierter Zeitschriften ist fraglich, ob sie noch zu den gewöhnlichen Geschäften eines Vertriebsleiters gehört. Denn solche Geschäfte stehen in Widerspruch damit, dass die Zeitschriften gegenüber den Lieferanten als nicht verkauft bezeichnet und entsprechend abgerechnet wurden. Das spricht dagegen, dass sich die Handlungsvollmacht des A auf solche Veräußerungen erstreckte. Der BGH lässt diese Frage offen und bejaht eine Anscheinsvollmacht des A.

BGH [10 - 15]: A hatte als ihr Vertriebsleiter Handlungsvollmacht nach § 54 Abs. 1 Fall 2 HGB. Diese wird konkludent bereits dadurch erteilt, dass einem Angestellten Zuständigkeiten und Aufgaben zur eigenverantwortlichen Erledigung in einem Unternehmen übertragen werden (…). Zweifelhaft ist allerdings, ob die Veräußerung nicht aktueller, sondern retournierter Zeitschriften noch von der Handlungsvollmacht gedeckt gewesen ist. Das bedarf hier jedoch keiner Entscheidung. Die Frage, ob sich der Handlungsbevollmächtigte bei dem Abschluss des Rechtsgeschäfts noch im Rahmen seiner Handlungsvollmacht bewegt hat, kann dahinstehen, wenn der Inhaber des Handelsgeschäfts sich das Rechtsgeschäft nach den Grundsätzen über die Duldungs- oder die Anscheinsvollmacht zurechnen lassen muss (…).

Bei der Anscheinsvollmacht kann sich der Vertretene auf den Mangel der Vertretungsmacht seines Vertreters nicht berufen, wenn er schuldhaft [besser: zurechenbar, s. BGH unter aa)] den Rechtsschein einer Vollmacht veranlasst hat, so dass der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte von einer Bevollmächtigung ausgehen darf und auch von ihr ausgegangen ist (BGH NJW 1998, 1854, 1855).

aa) Es ist der Z zuzurechnen, dass die Veräußerungen den Anschein erweckt haben, von der Handlungsvollmacht des A als Vertriebsleiter umfasst zu sein… Obwohl es Kontrollen gab und A diese in einer Weise ausgeschaltet und umgangen hatte, wie es für die Geschäftsführung der Z-GmbH nicht erkennbar war, sind diese Vorgänge der Z zuzurechnen,weil die nach außen in Erscheinung getretenen Umstände, die den Rechtsschein ordnungsgemäßer Veräußerungen hervorriefen (Auslieferung vom Lager mit Lieferscheinen und Rechnungen; Bezahlung durch Lastschrifteinzug unter Erfassung durch die Buchhaltung der Z), aus der Sphäre ihres Unternehmens stammten… Diese Verteilung der Risiken beruht darauf, dass der kaufmännische Verkehr Rechtsicherheit sowie einfache und klare Verhältnisse erfordert und dass es dem Geschäftspartner nicht zugemutet werden kann, über die Ermächtigung des für den Geschäftsinhaber Auftretenden genaue Ermittlungen anzustellen, solange er nach dem äußeren Anschein anzunehmen berechtigt ist, dass der Geschäftsinhaber das Verhalten des in seinem Namen handelnden Angestellten billigt (vgl. RGZ 100, 48, 49).

bb) B hat auf die Vertretungsmacht des A vertraut und durfte auf diese nach den Umständen gemäß dem Grundsatz von Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auch vertrauen. Die Feststellungen des Berufungsgerichts, dass B den A auf Grund seiner Stellung als Vertriebsleiter als den für die Veräußerung von Zeitschriften zuständigen und bevollmächtigten Mitarbeiter angesehen hat und dass er vor dem Hintergrund der Abwicklung der Geschäfte (mit Lieferscheinen und Rechnungen) auch nicht habe erkennen müssen, dass A zur Veräußerung dieser Zeitschriften nicht berechtigt gewesen sei, sind rechtsfehlerfrei.

Folglich liegt eine Einigung zwischen A und B mit Wirkung für Z vor.

2. Auch eine Übergabe ist zu bejahen. BGH [8]: Die Übergabe nach § 929 Satz 1 BGB stellt einen tatsächlichen Vorgang dar, nämlich die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache (…). Dieser muss ein Konsens über den Wechsel im Eigenbesitz zugrunde liegen, um die Übergabe von einer Besitzverschaffung durch verbotene Eigenmacht (§ 858 Abs. 2 BGB) abzugrenzen (…). Ein solcher Konsens liegt darin, dass die von A im Namen der Z verkauften Zeitschriften dem B in Kartons mit dem Firmenstempel und mit Lieferscheinen der Z zugesandt wurden.

3. Z, für die die Übereignung erfolgte, war auch Berechtigter hinsichtlich des übertragenen Eigentums an den zurückgegebenen Zeitschriften.

4. Gleichwohl ist Eigentum nicht auf B übergegangen, wenn die Übereignung ein nach § 138 I BGB sittenwidriges und deshalb nichtiges Rechtsgeschäft war.

a) Nach BGH [17] wäre Sittenwidrigkeit gegeben, wenn B mit A bewusst in arglistiger Weise zum Nachteil der Z zusammengewirkt hätte, um nicht mehr zum Verkauf bestimmte Remissionsware zu erwerben. An einem solchen kollusiven Vorgehen fehlt es hier jedoch, weil B nicht erkannt hat, dass A nicht zum Vertrieb bestimmte Ware an ihn veräußerte, sondern er von einem regulären Verkauf von Restposten durch den für den Verkauf zuständigen Vertriebsleiter ausging.

b) Eine Sittenwidrigkeit könnte sich aus der Abrede über die Zahlungen auf das private Konto des A ergeben. Diese Zahlungsabrede betrifft jedoch nur den Kaufvertrag und nicht die Übereignung. BGH [20]: Die - möglicherweise gegebene - Nichtigkeit des schuldrechtlichen Vertrages nach § 138 Abs. 1 BGB hat nicht ohne weiteres auch die Nichtigkeit des Erfüllungsgeschäfts zur Folge. Dieses ist nur dann ebenfalls nichtig, wenn die Unsittlichkeit gerade im Vollzug der Leistung liegt, wenn also mit dem dinglichen Rechtsvorgang sittenwidrige Zwecke verfolgt werden oder in ihm die Sittenwidrigkeit begründet ist (…). So verhält es sich hier nicht. Die Abrede über die an A zusätzlich zu leistenden Zahlungen betraf allein das schuldrechtliche Geschäft; sie erhöhte die Summe des von B für den Erwerb der Zeitschriften zu zahlenden Entgelts.

Somit sind die Zeitschriften rechtswirksam an B übereignet worden. Z hat ihr Eigentum daran durch Rechtsgeschäft verloren. Ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis bestand nicht. Z hat keinen Anspruch aus §§ 989, 990 BGB (in direkter Anwendung). Zugleich steht fest, dass Z keinen Anspruch aus § 823 I BGB hat.

III. Ein Schadensersatzanspruch könnte deshalb bestehen, weil der Kaufvertrag wegen der 0,05-Euro-Abrede nichtig und B deshalb zur Herausgabe der Zeitschriften verpflichtet war, weiterhin B die Nichtigkeit kannte, deshalb verschärft haftete und für die Unmöglichkeit der Rückgabe der Zeitschriften einzustehen hat (§§ 812 I 1, 819 I, 818 IV, 292 I, 989 BGB).

1. Z müsste gegen B einen Anspruch aus § 812 I 1 BGB gehabt haben. Da A im Namen und mit Anscheinsvollmacht für Z an B die Zeitschriften übereignet hat, lag darin eine Leistung der Zeitschriften durch Z an B. An einem Rechtsgrund dafür fehlte es, wenn der Kaufvertrag nichtig war. Er könnte wegen der Nebenabrede über eine Zahlung von 0,05 Euro an A privat nach § 138 I BGB sittenwidrig und nichtig sein.

a) BGH [23, 24]: Derartige Vereinbarungen eines Angestellten…mit dem Geschäftsgegner zum eigenen Vorteil hinter dem Rücken und zum Schaden des Geschäftsherrn verstoßen gegen die guten Sitten und sind daher nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig (…). Sie widersprechen einfachsten und grundlegenden Regeln geschäftlichen Anstandes und kaufmännischer guter Sitte (…). An der Sittenwidrigkeit der Abrede änderte es nichts, wenn B davon ausgegangen ist, dass die Zahlungen auf das Konto des A teilweise auch anderen Mitarbeitern der Z zugutekommen sollten. Für die unter § 299 StGB fallenden Schmiergeldzahlungen hat der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt, dass es für eine Bestechung unerheblich ist, ob der Vorteil dem Angestellten selbst oder einem Dritten zugute kommt (BT-Drucks. 13/5584, S. 15).

Es spricht auch viel dafür, dass die Nebenabrede unter § 299 StGB fiel: A hat als Angestellter eines geschäftlichen Betriebes im geschäftlichen Verkehr durch die 0,05 Euro-Abrede einen Vorteil für sich als Gegenleistung dafür versprechen lassen, dass er dem B die Zeitschriften für nur 0,12 Euro überlassen hat, was bei einem Einkaufswert von ca. 3, 90 Euro eine unlautere Bevorzugung bedeutet (Bestechlichkeit nach § 299 I). Dementsprechend hat B dem A, einem Angestellten eines geschäftlichen Betriebes, einen Vorteil dafür versprochen und gewährt, dass er ihn bei dem Bezug der Zeitschriften in unlauterer Weise bevorzugt hat (Bestechung). Dann wäre die Nebenabrede auch wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot i. S. des § 134 BGB nichtig.

b) BGH [25]: Die Vereinbarung über die zusätzlichen Zahlungen an A hat die Nichtigkeit der abgeschlossenen Kaufverträge zur Folge. Zwar führen sittenwidrige Abreden über an den Vertreter zu leistende Zahlungen nur dann zur Nichtigkeit des Hauptvertrags nach § 138 Abs. 1 BGB, wenn sie auch zu einer für den Geschäftsherrn nachteiligen Gestaltung geführt haben (…BGHZ 141, 357, 361). Bei den sittenwidrigen Absprachen über besondere Zuwendungen an den Vertreter ist das jedoch zu vermuten (BGH NJW 1989, 26, 27). Diese Vermutung ist insbesondere dann begründet, wenn die Zahlungen an den Vertreter dem Vertretenen als (zusätzlicher) Kaufpreis hätten gewährt werden können und der Vertreter dadurch - für den Vertragspartner erkennbar - seiner Pflicht zuwiderhandelt, Verträge zu den für den Vertretenen günstigsten Preisen abzuschließen (vgl. BGHSt 50, 299, 315).

Folglich hat B die Zeitschriften ohne Rechtsgrund erlangt und schuldete ihre Rückgabe aus § 812 I 1 BGB.

2. B könnte den Mangel des rechtlichen Grundes gekannt haben, so dass er nach § 819 I BGB verschärft haftete. Diese Voraussetzung ist für eine Schadensersatzpflicht des B erforderlich, weil ein Bereicherungsschuldner grundsätzlich nur die noch vorhandene Bereicherung herzugeben hat (§ 818 I, III BGB) und nicht auf Schadensersatz haftet.

BGH [27 - 30]: Eine verschärfte Haftung setzt voraus, dass der Bereicherungsschuldner sowohl die die Sittenwidrigkeit begründenden Tatsachen als auch die sich daraus ergebende Rechtsfolge der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts kennt (BGHZ 133, 246, 250). Kennenmüssen und Zweifel des Schuldners genügen nicht. Den Mangel des Rechtsgrunds kennt aber auch derjenige, der, um sich die Vorteile aus dem Geschäft zu sichern, sich bewusst der Einsicht verschließt, dass das Verpflichtungsgeschäft nichtig ist. Der sittenwidrig handelnde Bereicherungsschuldner, der die Tatsachen kennt, aufgrund derer sich die Rechtsgrundlosigkeit seines Erwerbs aufdrängt, verdient keinen Schutz (…). Davon ist hier nach dem eigenen Vortrag des B auszugehen… Dieser hat eingeräumt, ihm sei bekannt gewesen, dass A eine Nebenkasse für private Rechnung führte, von der er vermutet habe, dass es sich um eine „Schwarzkasse“ gehandelt habe. Diese Vorgehensweise sei… für ihn insofern nachteilig gewesen, als er diese Zahlungen mangels Rechnung nicht habe steuerlich nutzbar machen können… B kannte danach alle den Treubruch des A begründenden und zur Nichtigkeit der Verträge führenden Tatsachen. Ein redlich Denkender, der nicht vom Gedanken an den eigenen Vorteil beeinflusst gewesen ist (…), wäre vor diesem Hintergrund zu der Überzeugung gelangt, dass die für Z nachteiligen Kaufverträge nichtig sind. Wenn B das nicht erkannt haben will, kann das nur darauf beruhen, dass er - um sich die Vorteile aus den Lieferungen zu sichern - sich bewusst dieser Einsicht versperrt hat.

3. Rechtsfolge des § 819 I ist eine Haftung des B „ wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.“ Nach § 818 IV BGB haftet der Schuldner vom Eintritt der Rechtshängigkeit an „nach den allgemeinen Vorschriften.“ Zu diesen gehört § 292 I BGB. Danach haftet ein Schuldner, der einen Gegenstand herauszugeben hat - im vorliegenden die ohne Rechtsgrund erlangten Zeitschriften -, vom Eintritt der Rechtshängigkeit an wegen „einer…Unmöglichkeit der Herausgabe“ „nach den Vorschriften, welche für das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer von dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Eigentumsanspruchs an gelten…“

4. Darin liegt eine Verweisung auf § 989 BGB. Nach dieser Vorschrift ist der Besitzer dem Eigentümer für den Schaden verantwortlich, der dadurch entsteht, dass infolge seines Verschuldens die Sache nicht herausgegeben werden kann.

a) BGH [31]: B hat es zu vertreten, dass er die Zeitschriften infolge der Veräußerungen an Dritte nicht an Z herausgeben kann. Die freiwillige Veräußerung der Sache durch den verschärft haftenden Bereicherungsschuldner…stellt eine schuldhafte Verletzung seiner Herausgabepflicht dar (…Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 989 Rn. 18; Soergel/Stadler, BGB, 13. Aufl., § 989 Rn. 12…).

b) Als Schaden bezeichnet Z die drohende Inanspruchnahme durch ihre Lieferanten. Allerdings ist dieser Nachteil keine unmittelbare Folge dessen, dass B die Zeitschriften nicht mehr zurückgeben kann, sondern erst eine Folge der Vertragsbeziehungen zwischen Z und ihren Lieferanten.

aa) BGH [34]: Nach der früher im Schrifttum herrschenden Auffassung haftete der Besitzer nach § 989 BGB nicht auf den Ersatz des subjektiven Interesses des Eigentümers, sondern - anstelle der ihm nicht möglichen Herausgabe - allein auf den objektiven Verkehrswert der Sache (…). Nach heutiger Auslegung der Vorschrift hat der auf Herausgabe verklagte Besitzer dem Eigentümer jedoch sämtliche Vermögensschäden zu ersetzen, die diesem daraus entstehen, dass er die Sache nicht herausgeben kann. Der Eigentümer kann den vollen Ersatz seines Schadens einschließlich eines entgangenen Gewinns verlangen (BGH NJW 1982, 1751; NJW-RR 1993, 626, 627;…Soergel/Stadler, BGB, 13. Aufl., § 989 Rn. 16; Staudinger/Löwisch/Feldmann, BGB [2009], § 292 Rn. 10; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 989 Rn. 24). Dem verklagten Besitzer ist die Pflicht auferlegt, sich als Verwalter einer fremden Sache zu betrachten und dafür zu sorgen, dass sie an den Eigentümer herausgegeben werden kann (…). Verletzt der Besitzer diese Pflicht, haftet er - wie bei der Verletzung anderer schuldrechtlicher Pflichten - dem Eigentümer auf den Ersatz der diesem daraus entstandenen Vermögensschäden. Der Besitzer hat danach beispielsweise auch Ersatz für eine dem Eigentümer entgangene staatliche Subvention (Milchprämie) zu leisten, die der Eigentümer erhalten hätte, wenn der Besitzer ihm die Sache (Viehbestand) hätte herausgeben können (BGH NJW-RR 1993, 626, 627). Gemessen daran hat B der Z nach § 989 BGB auch den auf den besonderen Verhältnissen des Zeitschriftenvertriebs beruhenden Vertriebsschaden zu ersetzen, welcher daraus entsteht, dass Z von ihren Lieferanten auf Rückvergütung der erstatteten Einkaufspreise wegen erneuten Vertriebs dieser Zeitschriften in Anspruch genommen wird.

bb) Allerdings fragt sich, ob die Gefahr der Inanspruchnahme durch die Lieferanten nicht bereits durch die Veräußerung der Zeitschriften von A an B eingetreten ist, weshalb die Weiterveräußerung durch B für den Schaden nicht kausal wäre. Jedoch ist diese Frage, auf die der BGH nicht eingegangen ist, zu verneinen. Die Veräußerung von A an B war noch kein Vertrieb an Letztverbraucher, sondern an einen Händler. Es bestand deshalb die Möglichkeit, dass die Zeitschriften für B nicht mehr verkäuflich waren und wiederum zurückgegeben werden konnten. Dann wären die Gutschriften durch die Lieferanten berechtigt gewesen und hätten nicht zu einer Inanspruchnahme der Z geführt. Auch hätte vor einer Weiterveräußerung durch B die Z die Zeitschriften zurücknehmen und B die von diesem gezahlten Beträge erstatten können, so dass auch in diesem Fall die Remission der Z im Verhältnis zu ihren Lieferanten berechtigt gewesen wäre und eine Inanspruchnahme der Z durch die Lieferanten verhindert hätte. Folglich ist der endgültige Schaden der Z noch nicht durch den Verkauf des A an B, sondern erst durch die Weiterveräußerung des B eingetreten.

c) Ein Mitverschulden (§ 254 I BGB) auf Seiten der Z lässt sich nicht feststellen. Offenbar hat es bei Z ein an sich ausreichendes Kontrollsystem gegeben, das nur infolge der Insider-Kenntnisse des A versagt hat. Die schädigenden Handlungen selbst waren laut Sachverhalt für die Geschäftsleitung nicht erkennbar und damit auch nicht vermeidbar.

Folglich ist der Schadensersatzanspruch der Z begründet.

IV. Ein Anspruch auf Herausgabe des Erlöses kann sich nicht aus § 816 I BGB ergeben, weil B Eigentümer der Zeitschriften geworden war und deshalb nicht über sie als Nichtberechtigter verfügt hat. Er kann aber eine Folge der Verpflichtung des B zur Rückgabe der Zeitschriften aus § 812 I 1 BGB sein.

1. Wie unter III. ausgeführt wurde, haftet B wegen §§ 819 I, 818 IV nach den allgemeinen Vorschriften. Zu diesen gehören auch §§ 275, 285 BGB. B ist die Herausgabe der Zeitschriften nicht mehr möglich (§ 275 I). Für diesen Fall bestimmt § 285 I, dass der Schuldner den stattdessen erlangten Ersatz herauszugeben hat. Hierzu gehört der Erlös beim Verkauf der Sache. BGH [38]: Ein Anspruch auf Herausgabe des von B erzielten Erlöses aus der Veräußerung der Zeitschriften kann sich ebenfalls aus der verschärften Bereicherungshaftung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1, § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 285 Abs. 1 BGB ergeben. Der verschärft haftende Bereicherungsschuldner hat, wenn ihm die Herausgabe des Empfangenen infolge einer Veräußerung an einen Dritten nach § 275 Abs. 1 BGB unmöglich geworden ist, dem Gläubiger auf dessen Verlangen das rechtsgeschäftlich erlangte Surrogat herauszugeben (…).

2. Die Höhe des Erlöses beträgt laut Sachverhalt 200.000 Euro. Da Z aber bereit ist, von B gezahlte 0,12 Euro pro Zeitschrift sich abziehen zu lassen, vermindert sich der Betrag auf 195.200 Euro. Z kann von B Zahlung dieses Betrages verlangen.

3. Für das Verhältnis dieses Erlösanspruchs zum unter III. begründeten Schadensersatzanspruchs gilt:

a) Grundsätzlich bestehen beide Ansprüche nebeneinander.

b) Jedoch bestimmt § 285 II: Kann der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangen, so mindert sich dieser, wenn er von dem in Absatz 1 bestimmten Recht Gebrauch macht, um den Wert des erlangten Ersatzes. Z kann nicht mehr die Leistung, d. h. die Rückgabe der Zeitschriften verlangen, sondern statt dessen Schadensersatz. Also ist der Erlös in Höhe von 195.200 Euro vom Anspruch Schadensersatz abzuziehen. Wegen der Höhe des Erlöses besteht deshalb die Möglichkeit, dass Z im Ergebnis keinen Schadensersatz, sondern nur den Erlös verlangen kann. BGH [46]: Z kann den Anspruch auf Schadensersatz nach § 989 BGB neben dem Anspruch auf Herausgabe des von B erzielten Veräußerungserlöses nach § 285 BGB geltend machen. Allerdings mindert sich ihr Schadensersatzanspruch nach § 285 Abs. 2 BGB um den Wert des von B erlangten Ersatzes (vgl. BGH NJW 1958, 1040, 1041).


Zusammenfassung